• Sie murmelt nur noch mürrisch etwas dazu. "Nur hat er nichts davon, wenn mein Zukünftiger ein netter Kerl ist."
    Hat ja eh keinen Sinn, sich aufzuregen weils nichts ändert. Also läßt sie sich ohne Widerspruch in den Arm nehmen, drückt Vic fest an sich als ob sie ihn überhaupt nicht mehr loslassen wollt.
    "Hmm." Es war kein Hmm der Zustimmung sondern nur ein Zeichen des Verständnisses.
    "Na gut. Ich hab mich wieder beruhigt."

  • 'Tief durchatmen, ganz ruhig bleiben.' Vic würde sich nie daran gewöhnen, dass Amatia seine Schwester ist. Es fehlt einfach die natürliche Nähe und dennoch natürliche Distanz welche Vic mit seinen leiblichen Schwestern verbindet. Daher kann er fast nicht anders, als auf ihre feste weibliche Umarmung auf ganz natürlich männliche Weise zu reagieren. 8)


    Bevor er jedoch anfängt, mit dem falschen Organ zu denken, schiebt er sie sanft von sich und grinst schief. "Siehste, ist doch alles gar nich so schlimm. Außerdem entscheidet sich dat ja eh nicht alles von heut auf morgen. Also mach dir nich immer gleich so nen Kopp."

  • Nachdem Victor sein Büro in der Regia verlassen hat, ist er über einen kleinen Umweg bei einem speziellen Händler zur Casa del Sev et Vic zurückgekehrt. Das Atrium lässt er zur großen Verwunderung der Hunde links liegen und geht zielstrebig in sein Cubiculum. Razor und Blade folgen ihrem Herrn neugierig, schaffen es aber nicht schnell genug in das Zimmer, bevor die Tür zu geht. Victor bleibt mitten im Raum stehen und zieht die Augenbrauen zusammen. Als wäre er zum ersten mal in diesem Zimmer schaut er sich um und stellt fest, dass es fast genauso leer ist, wie sein Officium. Ein Schrank, von dem er weiß, dass nicht viel drin ist, ein Bett welches er nur selten nutzt, und ein Altartisch mit einer Marsstatue, einem Bacchusrelief und einem Ianuskopf, davor eine Opferschale, einige Kerzen, eine Räucherschale und ein Kästchen mit besonders gutem Weihrauch.


    Vic tritt an den Altar und entzündet die Kerzen und die Kohle im Räucherbecken, dann holt er den kleinen Beutel hervor, den er samt Inhalt gekauft hat. Seufzend sinkt er auf die Knie nieder, holt etwas Weihrauch aus dem Beutel und legt ihn Vorsichtig auf die Kohle. "Anfang und Ende." Heller Rauch steigt aus der Schale auf, zieht hoch bis unter die Decke des Raums. Victor pustet und schaut dabei zu, wie der Rauch verwirbelt, dann legt er noch mehr von der Räuchermischung aus Ladanum, Cannabis, Styrax, Opium und Lorbeer auf die Kohlen. "Ianus, Anfang und Ende aller Dinge, du kennst die Zwiespältigkeit wie kein anderer, die Zerrissenheit und Entzweiung. Zwei Seiten, Anfang und Ende, Eingang und Ausgang, du kennst es genau. Darum frage ich dich, Herrscher aller Dinge, ob es ein Anfang ist und zugleich ein Ende, oder ob es nur die eine Seite der anderen ist? Weise mir eine Tür, deus deorum, möge sie Anfang oder Ende sein, oder beides." Eine weitere Hand voll Räucherung landet in der Schale. Dicke Schwaden hängen unter der Decke des Cubiculums und nebeln langsam den ganzen Raum ein. Wieder und wieder legt Vic einige Körner und Blätter auf die Kohlen, bis schließlich der ganze Beutel leer und das Zimmer eingeräuchert ist. Victor lässt sich zurücksinken, bleibt vor dem Altar auf dem Boden sitzen und atmet den Rauch tief ein.

  • Eine hohe Mauer türmt sich vor Victor auf, er spürt die Kälte des Steins, als er seine Hand dagegen legt. "Vic..." Es ist nur ein Flüstern, so, als wär es direkt hinter seiner Schulter, doch als sich Vic umdreht, ist da niemand. "Vio?" Victor schaut angestrengt durch die weißen Nebelschwaden. Unsicher streckt er seine Hand aus und geht langsam vorwärts. Der Nebel lichtet sich nach einigen Meter, doch Victor steht schon wieder vor einer Wand. Aber dort gibt es zwei Türen. Auf der einen steht in großen blauen Lettern 'Eingang', auf der anderen in gleicher Schrift 'Ausgang'. "Hmm." Victor nimmt den Ausgang, denn er will aus dieser Situation heraus. Er tritt durch die Tür und steht im Circus Maximus, vor den Mauern ist das Rauschen des Meeeres zu hören, denn der Circus steht am Strand von Malaca. Der Sand unter seinen Füßen ist heiß und Vic bohrt seine Zehen hinein. "Vic..." Er kennt nur eine Person, die seinen Namen auf diese Weise aussprechen kann, dass ihm ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Er dreht seinen Kopf und sieht Vio auf sich zukommen, ihr Lächeln ist so verführerisch wie eh und jeh und ihre Figur eine Wucht. "Hrhr. Was hälste von nem Ritt draußen am Strand?" Vic legt seine Arme um ihre Hüfte und küsst sie lang und innig. "Immer noch wie..." Er hält erschrocken inne, reißt die Augen weit auf und schiebt die Frau vor sich hastig von sich fort. "Iulia!" Er stolpert verwirrt rückwärts, fällt und schlägt hart auf dem Boden auf...



    Als Victor die Augen öffnet, sieht er Helenas Gesicht über sich. Sie bewegt ihre Lippen, schaut ihn eindringlich an, doch Vic kann nicht verstehen, was sie sagt. Sie scheint so nah und doch so weit entfernt. Er versucht seine Hand zu heben, um ihr Gesicht zu berühren, doch sein Körper ist so furchtbar schwer, dass er sich nicht rühren kann. Helena lächelt, streicht ihm über die Stirn und geht von ihm weg. Nach einigen Schritten dreht sie sich nochmal um, winkt ihm zu, dann wird sie vom Nebel verschluckt.



    Vic setzt sich benebelt auf. Von irgendwoher dringt Musik zu ihm durch. Er blickt sich um und sieht einen bärtigen Mann auf sich zukommen, singend und swingend:

    ~ Und jetzt, kurz vor dem Ende,
    und bevor der letzte Vorhang fällt,
    ich sage es dir deutlich, mein Freund,
    ich werde meine Prinzipien offenlegen,
    von denen ich überzeugt bin. ~


    Er tanzt in einem Dreischritt, wie ihn der archaische Kriegstanz vorschreibt, auf Victor zu, der perplex sitzen bleibt.

    ~ Ich lebte ein erfülltes Leben,
    ich reiste und fuhr auf allen Straßen,
    aber vor allem, was viel wichtiger ist,
    ich blieb auf meinen Weg. ~


    Der Mann dreht sich, doch statt sich von hinten zeigt er ein zweites Gesicht, welches weitersingt:

    ~ Bereut habe ich Einiges,
    aber es wäre zu wenig es zu erwähnen.
    Ich tat, was ich tun mußte
    und zog es ohne Ausnahme durch,
    ich plante jeden vorgezeichneten Weg,
    jeden vorsichtigen Schritt auch auf Nebenwegen.
    Aber vor allem, was viel wichtiger ist,
    blieb ich auf meinen Weg. ~


    Von der Musik angetrieben, steht Victor langsam auf. Der Mann dreht sich wieder, immer wieder, doch egal, welches Gesicht er zeigt, er singt unbeirrt weiter:

    ~ Sicherlich gab es Zeiten, die du sicher auch kennst,
    wo man mehr abbeißt, als man kauen kann.
    Aber immer wenn es Zweifel gab,
    aß ich sie auf und spuckte sie aus.
    Ich trotzte allem, blieb standhaft
    und ging meinen Weg.
    Ich habe geliebt, gelacht und geweint,
    ich war meistens der Verlierer
    und jetzt wo die Tränen verflogen sind,
    kann ich nur noch darüber lachen.
    Wenn ich über das was ich tat nachdenke
    darf ich ohne Hemmungen sagen,
    oh, nein, nein nicht ich: Ich ging meinen Weg! ~


    Eine unglaubliche Kraft durchströmt Victor, er kannt nicht anders, als in das Lied des Gottes einzustimmen:

    "Was ist ein Mann, was hat er erreicht?
    Wenn er nicht er selbst ist, ist er ein Niemand.
    Sagen was man wirklich fühlt,
    und von Anderen keine Befehle annehmen,
    die Vergangenheit zeigt es,
    ich steckte die Schläge ein!
    Und ging meinen Weg!
    Und gehe meinen Weg, und gehe meine Weeeeg."

  • Ein dumpfes Pochen reißt Victor aus dem Schlaf. "Arghhh." Er fasst sich an den Kopf, um ihn herum dreht sich alles. Mit einem lauten Kreischen schabt die Tür über den Boden, als sie geöffnet wird. "Ahhh!"
    "Herr?"
    Hulc schaut unschlüssig, als er Victor auf dem Fußboden vorfindet. Doch der beißende Geruch, der ihm entgegenschlägt erklärt einiges. "Ich werde die Tür offen lassen, damit hier frische Luft reinkommt. Möchtest du etwas zu Essen, bevor du in die Regia aufbrichst? Die Sonne steht schon weit am Horizont."
    "Argh!"
    Victor setzt sich langsam auf und sinkt gegen das Bett. "Mach die Tür wieder zu! Dieses Licht, die Frischluft, das unerträgliche Gebrüll der Vögel! Lass das draußen!"
    Hulc beeilt sich, in den Raum zu treten und die Tür zu schließen, auch wenn die Luft im Raum kaum atembar ist.
    "Boah, is mir schlecht... Hilf mir auf." Hulc hebt eine Augenbraue und hilft Victor, sich aufs Bett zu setzen. Dieser kippt aber gleich wieder stöhnend zur Seite und schaut dumpf die gegenüberliegende Wand an. "Ich geh heut nirgendwohin... ich sterbe..."
    Die Augen verdrehend schüttelt Hulc den Kopf. "Das kommt vom vielen... Opfern. Die Luft hier drin ist so dick, dass man sie mit einem Gladius schneiden könnte. Ich werde durchlüften und dir etwas zu trinken bringen, Herr. Dann wird es dir bald wieder besser gehen."
    "Mir schnuppe... lass mich nur einfach in Ruhe... sterben..."

    Wenn der Mensch in der Lage wäre, die Augen einmal um 360° zu drehen, so würde Hulc das in diesem Augenblick tun. So beschränkt er sich darauf, sie so weit wie möglich nach oben zu drehen und verlässt das Zimmer. Victor zieht die Füße aufs Bett, dreht sich zur Wand hin und ist wenig später wieder eingeschlafen.

  • Einige Tage nach seinem Rauchopfer steht Victor in seinem Cubiculum und lässt sich von Saeva die Togafalten richten.


    Nach der Nacht auf dem kalten Boden hatte ihn eine heftige Erkältung erwischt und einige Tage von der Arbeit abgehalten. Am liebsten hätte er sich unter der Decke verkrochen und einfach alles verschlafen, doch Hulc war schlimmer als seine Mutter gewesen und hatte sich wie eine Glucke um ihn gekümmert. Ständig war er mit heißen Lappen, heißer Hühnerbrühe oder heißem Kräutersud gekommen. Dazu waren regelmäßig Saccus und Flaccus hereingeschneit und gaben ihre dämlichen heißen Tips zum Besten. Dabei hätten Vic in seinem Zustand nichtmal heiße Bräute interessiert, einzig den heißen Mulsum hat er ohne Murren hingenommen und runtergeschluckt, bevor er sich wieder umgedreht und weiter geschlafen hat. Er hatte von Helena geträumt und von Vio. Beides hatte ihm den Schweiß auf die Stirn getrieben, was Hulc hocherfreut zur Kenntnis genommen hatte, denn dies war seiner Ansicht nach immer noch die beste Medizin gegen Erkältung - schwitzen, nicht von Frauen träumen, schon gar nicht von fremden. Doch Hulc meckerte nicht, denn er hatte den Schweiß auf seine heißen Mittel zurückgeführt.


    Zum Glück für Victor ist das nun alles vorbei. Erkältung im Sommer, das würde ihm auch keiner glauben. "Nu mach schon hinne." schnauzt er die Sklavin an. Er hat schlechte Laune, denn seine Arbeit ist sicher in seinem Büro aufgelaufen. Wer hätte sie auch sonst machen sollen? Saeva fummelt noch etwas an ihm herum und tritt dann unterwürfig zurück. "Na endlich. Sag Hulc, er soll für heut Abend wat gescheites kochen, ich hab jetzt schon Kohldamf nach dem flüssigen Fraß der letzten Tage." Er geht an der Sklavin vorbei, nicht schnell, das lässt die Toga nicht zu, aber keinen Zweifel daran lassend, dass er endlich mal wieder raus muss.

  • Als Vic am Abend nach Hause kommt und seine Toga in sein Cubiculum aufs Bett schmeißt, fällt ihm eine Briefrolle auf, die unter dem Stoff hervorschaut. "Wat soll dat denn?" Er hebt die Toga an und findet nicht nur eine, sondern gleich zwei Rollen auf dem Bett. "Mann, der Hulc is vielleicht nen Penner, wat schmeißt er dat Zeug hier her, dat find ich doch im Normalfall nie." Da er es aber trotzdem gefunden hat, setzt er sich aufs Bett, ungeachtet der Toga die draufliegt, und öffnet den ersten Brief, eine Einladung von Octavius Victor, dem Praefectus Urbi. "Ou, wie komm ich denn zu dieser Ehre? Gesellige Diskussionsrunde... hmm, sicher ne Art Gaius-Fest." Er legt die Einladung zur Seite und nimmt sich vor Hulc mit einer Nachricht zu schicken. Dann widmet er sich der zweiten Einladung. "Wow, nen Platz auf der Ehrentribühne bei der Verabschiedung vom Patron. Mann, Mann, Mann, da kriegste ja zuviel. Da muss der Hulc aber noch die Toga waschen. Hulc!" Vic steht auf, um den Sklaven zu suchen.

  • Es ist kalt, dicke Nebelschwaden ziehen vor Vics Augen dahin und er kann nichtmal bis zum Boden schauen, so dicht sind sie. "Mann, heut ist wieder einer der verdammten Tage, die ich kaum ertrage und mich ständig selber frage, warum mich all diese Gefühle plagen, die ich nicht kannte oder nur vom Hörensagen. Denn bisher rannte ich durch meine Welt und war der König. Doch alles was mir gefällt ist mir jetzt zu wenig, alles was mich kickte, von dem ich nie genug kriegte, lass ich lieber sein denn ich fühl mich allein"


    Anteros tritt aus dem Nebel heraus und schüttelt missbilligend den Kopf. "Du fühlst dich nicht nur allein, Mann, du bist es. Drum laß das Gejammer sein denn so ist es nun mal auf dieser Welt. Auch wenns dir nicht gefällt, spielst dein eigenes Theater und bist dein eigener Held."


    Vic nickt traurig. "Ja, Mann, irgendwie hast du ja recht und trotzdem gehts mir schlecht. Echt beschissen, denn ich möchte mal wissen welches Stück auf dieser Welt den Applaus erhält, in dem die weibliche Hauptrolle fehlt. Denn sie ist weg und ich bin wieder allein. Sie ist weg, davor wars schöner allein zu sein. Ich raff es nicht ab, was ist daran schlimm, dass ich jetzt nicht mehr der Mann für sie bin? Da sitz ich und dröhn mich zu und beginn zu denken, dass ich keine andere find."


    Der kleine Gott verdreht die Augen und winkt ab. "Die eine ist weg na und? War sie fur dich nicht nur Mittel zum Zweck und Grund sich hinter ihr zu verstecken? Andere abzuchecken war tabu, doch jetzt kommst du!"


    "Hmm, wie gesagt es ist krass, dass ich dachte ich verpass was wenn ich die Finger von den andern lass. Was ich machte, denn ich dachte diesen Spaß gibst du dir wenn du die eine nicht mehr hast und jetzt was? Jetzt ist sie weg und ich versteck mich kläglich, hab keine Lust auf andere also leck mich. Sie ist weg und ich bin wieder allein. Sie ist weg, davor wars schöner allein zu sein. Ich erinner mich, wir waren beide verdammt cool. Doch innerlich raffte ich Spinner null, denn als immer ich dachte ich tu alles für sie war das was ich machte doch irgendwie ... Mit dieser Philosophie fuhr ich einwandfrei, sorgenfrei an ihr vorbei. Schätze bin ein bißchen hochgeflogen, ungelogen, und hab sie dabei mit mir selbst betrogen." Er schaut Anteros erwartungsvoll an. "Kluge Worte was? Hinterher weiß man immer mehr, doch so sehr ich mich auch dagegen wehr, bleibt es schwer aber wahr. Ich bin leer denn sie ist nicht da."


    "Jaja, wunderbar, tolle Rede, Mann. Hört ich dich nicht mal sagen dich lässt jede ran? Und jetzt schau dich an wo bist du hingekommen?"
    "Ich sags dir, Mann, sie ist weg und hat mich mitgenommen. Jetzt ist sie weg, und ich bin wieder allein. Sie ist weg, davor wars schöner allein zu sein.*" Vic kickt vor sich gegen einen Kieselstein, der sich in die Luft erhebt und gegen einen Vogel knallt. Das Tier stürzt aus dem Himmel herab und landet mit einem dumpfen 'Plöp!' auf dem Boden. Es ist eine Taube. Es war eine Taube. Denn jetzt ist sie tot. "Scheiße, verdammte."


    Stunden später lichtet sich der Nebel, dafür marschiert eine Legion durch Victors Kopf. Mindestens eine, vielleicht auch mehr. Er dreht sich grummelnd auf seinem Bett um, schmeißt die Decke auf den Boden und pennt weiter. Der vergangene Abend mit mehreren Kannen Wein und einer starken Räucherung steckt ihm noch zu sehr in den Knochen - und im Hirn.



    *[SIZE=7]Ein Dank an die Fantastischen Vier für den inspirierenden Text.[/SIZE]

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