[Rom-Mogontiacum] Im Auftrag des Mars

  • "Victor?"
    "Asina?"
    "Dort hinten ist schon wieder eine Weggabelung. Rechts oder Links?"
    "Ja wat weiß ich, du hast doch auf der Karte geschaut."
    "Ich muss gestehen, ich bin nicht besonders versiert im Umgang mit Kartenmaterial."
    "Wat? Und dat sachst du jetzt! Weißt du überhaupt noch wo wir sind?"
    "Nun, irgendwo in Germania. Hoffe ich."
    "Boah ne!"
    "Keine Sorge, Victor, Mars wird uns bis nach Mogontiacum leiten. Bisher hat er das ja auch."
    "Jo, da gings auch nur über die Alpen..."
    "Nun beschwere dich nicht, wir werden eine Münze werfen und die Götter werden sie lenken."
    "Ououou..."


    Bei der Weggabelung angekommen sitzen Iunius Asina und Victor ab. Vic zieht eine Linie in den Staub.


    "So, und nu wirf die Münze."


    Vic schaut Asina dabei zu, wie er eine Münze hervorkramt und sie in die Luft wirft. Dann beugen sich beide über den Boden. Die Münze liegt ziemlich genau auf dem gezogenen Strich.


    'Boah ne, der Typ kann noch nich ma ne Münze wefen!'


    "Jo, dat wird schwer. Ich würd sagen, nen Stück mehr rechts."
    "Es könnte aber auch noch als Links durchgehen. Was meinst du, sollen wir nochmals werfen?"
    "Dat wird ja auch nich besser."
    "Gibt es vielleicht einen Weg geradeaus durch und die Götter wollen uns darauf hinweisen?"
    "Wat? Durch dieses Gestrüpp? Die Götter müssten verrückt sein, wenn sie das wollten."
    "Die Wege der Götter sind unergründlich, Victor. Also, was meinst du, welchen Weg sollen wir wählen?"
    "Ich bin dafür, dat wir auf dem rechten Weg bleiben."
    "Gut, ich denke auch, dass man die Münze eher so auslegen könnte."


    Asina nimmt die Münze wieder auf und sitzt auf. Vic schwingt sich kopfschüttelnd auf sein Pferd und sie reiten weiter.

  • Später.


    "Wat? Schon wieder Pause? Sachma, wir ham doch eben erst Rast gemacht."
    "Eben erst? Das ist schon einen halben Tag her. Mir tut mein Hinterteil weh, meine Schenkel schmerzen."
    "Wieso dat denn?"
    "Vom Reiten natürlich. Ich reise sonst in einer Sänfte oder auf einer Kutsche. Ich bin es nicht gewohnt, auf einem Pferd zu sitzen!"
    "Oh Mann, so kann dat ja Wochen dauern, bis wir in Mogontiacum sind."
    "Wieso haben wir auch keinen Wagen genommen. Ich hätte mich nicht von dir beschwatzen lassen sollen."
    "Wenn ich dat gewusst hätte, dat du alle paar Stunden ne Pause brauchst, wär ich erst gar nich auf die Idee gekommen vorzuschlagen, dat wir reiten. Wenn ich dir sach, wat wir früher für Strecken bei da Ala zurückgelecht ham, da wärn wir schon fast da. Hab ich dir schon erzählt, wie wir da bei de Ala..."


    Asina verdreht die Augen. Von der glorreichen Ala hat er an diesem Tag schon genug hören müssen. Und mehr als ein mal kommt ihm die Frage, warum die Götter Victor nicht in der Ala und ihm seinen Frieden gelassen hatten.

  • Rast.


    "Junge, Junge, ich hoff nur, hier hocken keine Germanen im Gebüsch."
    "Germanen? Das hoffe ich allerdings auch. Aber Mars wird uns schon schützen."
    "Dat is wahr. Wat meinste, jetzt wär doch nen guter Zeitpunkt für nen kleines Marsopfer."
    "Eine gute Idee, Victor."
    Asina schaut sich um. "Doch was könnten wir opfern? Ich habe nur ein paar Kleinigkeiten dabei."
    Vic grinst. "Na überleg ma, schau dich doch nur um."
    "Was meinst du, Victor?"
    "Na guck ma unter deine Sandalen, Asina. Wir könnten die ganze Wiese abfackeln."
    "Wahrlich, du hast recht, Victor. Ein Grasopfer sollte hier kein Problem darstellen. Andererseits fürchte ich, es ist viel zu nass hier, als dass man das Gras räuchern könnte."
    "Mann, Mann, Mann, du hast ja keine Phantasie, Junge."


    Vic kramt aus Asinas Vorrat einen Bogen Papyrus hervor. Dann rupft er etwas Gras aus, legt es auf das Papyrus und packt nochn bisschen Aloeholz und Weihrauchharz dazu. Das ganze rollt er zu einer Tüte. Er hält das eine Ende an die Glut des kleinen Lagerfeuers, so dass es sich entzündet. Das Röllchen fängt mächtig an zu Qualmen.


    "Boah, dat steint! Wat nen Dampf! Also wenn Mars dat nicht gefällt, dann weiß ich auch nich."


    Es dauert nicht lange, bis der Rauch Asina und Vic fast komplett einhüllt.


    "Dat haut rein, Junge, dat zieht, hrhr!"

  • Später.


    "Mann, Mann, Mann. Dieser ganze Wald dahinten macht einem scho Angst."
    "Wieso das denn?"
    "Na kennste nich die Geschichten?"
    "Geschichten?"
    "Jo, über die Germanen und so."
    "Nein."
    "Für jeden Baum in dieser Provinz gibts nen wilden Germanen. Und drum steht auch hinter fast jedem von diesen Bäumen nen wilder Germane mit seiner Axt und wartet nur drauf, dat ihm nen braver, römischer Bürger zu nahe kommt. Ritsch-Ratsch, Kopf ab."
    "Ritsch-Ratsch Kopf ab?"
    "Jo."
    "Und in den Städten?"
    "Na da hamse ja schon alle Bäume deswegen gefällt."
    "Ach tatsächlich? Beruhigend."
    "Jo. Trotzdem hätt ich mich nich freiwillig gemeldet um hier zu leben. Naja, wird schon nich so schlimm werden, wat?"
    "Ja. Bestimmt."


    Eine Weile reiten sie schweigend nebeneinander her. Vic glaubt ab und zu ein leises, gemurmeltes 'Ritsch-Ratsch' zu hören. Er überlegt, ob er Asina auch noch die Geschichten von den Kinderfressern und so erzählen soll, lässt es aber lieber bleiben. Wat den Asina wohl dazu getrieben hat, Priester eines Kriegsgottes zu werden...

  • Rasten.


    "Sag mal, Victor, weshalb bist du eigentlich im Cultus Deorum?"
    "Och, dat is ne lange Geschichte."
    "Dann erzähle sie mir. Wir haben ja viel Zeit."


    Vic stöhnt auf, erzählt Asina dann aber von der Schlacht bei Uttarae, von der großen Siegesfeier und dem Traum von Mars, bis zu seinem Eintritt in den Cultus. Und weil Asina zuhört und ihn nicht unterbricht erzählt er auch gleich noch von der Ausbildung bei der Tiberia Claudia.


    "Es ist dir also Ernst mit dem Priester werden."
    "Jo, dat isses. Sonst wär ich nich hier."
    "Darf ich dir dann einen gut gemeinten Ratschlag geben?"
    "Jo, klar."
    "Du solltest dir einen Griechen suchen..."
    "WAT? Sach ma spinnst du! Ich weiß ja, dat der halbe Cultus auf Griechen abfährt, aber wenn dat Vorraussetzung is, Priester zu werden, ey, dann kannste dat knicken! Lieber lass ich mich vom göttlichen Blitz treffen und..."
    "Victor! So lass mich doch ausreden. Suche dir einen Griechen und mache einen Rhetorikkurs. So wie du redest wirst du es nie weit bringen."
    "Wat? Wie red ich denn?"
    "Du verschluckst Buchstaben. Machst aus dem das ein dat und aus dem was ein wat. So kannst du in höheren Kreisen nicht reden, Victor."


    Vic stöhnt auf. Genau den selben Kram hatte die Claudia doch auch schon gesagt.


    "Jo, klasse. Ich kann hochgestochen daherreden, wenn ich will. Aber warum sollt ich? Dat macht mich auch nich zu nem andren Menschen. 'Du kannst ne Nutte ausm Lupanar holen, aber nich dat Lupanar aus der Nutte.' sacht mein Oppa immer. Also nich, dat ich jetzt... also... weiß schon, wat ich mein."
    "Ja, ich verstehe, was du sagen willst, Victor. Du brauchst auch kein anderer Mensch zu werden. Es reicht, wenn die anderen einen anderen Menschen in dir sehen. Also überlege es dir. Ich könnte dir Adressen von ein paar guten Rhetorikern in Rom nennen."


    Vic schüttelt den Kopf und beist in sein trockenes Brot. Erst eine ganze Weile später antwortet er.


    "Naja, ich könnts ja mal testen. Aber nu lass uns weiterreiten, dat wir heut noch in Mogontiacum ankommen."

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