Seereise nach Carthago Nova

  • Ich sah dem Hafen von Tarraco noch lange nach. Ich musste lächeln. Nein, ohne Pentesilea wäre ich wirklich aufgeschmissen. Ich schloss die Augen, sog die gute Luft ein. Die Seereise würde ein Vergnügen werden, denn auch wenn ein guter Wind ging - so nahe an der Küste würde es keine Probleme geben. Wir hatten einen erfahrenen Kapitän und er schien sehr sympathisch. Ich wandte mich vom Heck ab und näherte mich dem Bug um mich dort hinzusetzen und Metellus entgegen zu sehen.

  • Ich wurde von dem leichten Geschaukel langsam aber sicher ein wenig schläfrig und blinzelte öfters gegen die helle, aber kalte Novembersonne. Eigentlich keine besonders geeignete Jahreszeit um mit dem Schiff zu reisen, doch es bot sich an. Mein Blick hing selten an der fernen Küste, ich sah hauptsächlich auf das unglaublich weite Meer. Kalte Schauer liefen mir bei dem wunderschönen Anblick den Rücken hinunter. Ich versank völlig in diesem Anblick, als ich bemerkte, dass neben mir jemand stand. Ich schrak zusammen und sah den Mann an, der mich anlächelte.


    "Na, Hübsche!"


    Bei der Ansprache musste ich stark an mich halten um nicht die Stirn zu runzeln. Doch ich ließ mir nichts anmerken und lächelte sanft zurück. Ich war zu glücklich um jetzt sauer zu sein.


    "Salve! Ein wunderschöner Tag, nicht wahr?"


    antwortete ich mit einem Lachen in der Stimme. Ich könnte wie ein kleines Kind auf dem Schiff herumtollen um einfach mein Glück zum Ausdruck bringen zu können. Er betrachtete mich eine kurze Weile und mir war nicht ganz geheuer dabei, sodass ich den Blick wieder abwandte. Er durfte auch nur ein paar Jahre älter sein als ich.


    "Ja schöne Frau, da hast du Recht. Die Weite des Meeres fasziniert dich sehr, nicht wahr? Sie hat mich zu dem Schluss gebracht, dass ich Seemann werden möchte. Doch bei der Aussicht so schöne Wesen durch die Gegend zu fahren, könnte ich mich zu einem Dienst bis ans Ende meines Lebens entscheiden!"


    Das Gespräch gefiel mir immer weniger. Doch ich ließ mir wieder nichts anmerken, sondern stand lieber auf. Ich lehnte mich gegen die Reeling und sah ihn wieder an.


    "Ja, ich fahre zu gerne zur See. Auch wenn es nicht sehr häufig ist. Oder gerade deshalb?"
    "Ich schätze gerade deshalb, wunderschöne Nereide!"


    Er hielt den Blick und darum wandte ich ihn wieder ab. Die Sonne war mittlerweile über Mittag hinweg und bald würden wir sicherlich in Valentia angelangen. Gegessen hatte ich nicht an Bord, dafür war mir die Gesellschaft zu rauh und das Essen zu schlecht.


    "Verzeih, aber ich würde gerne ein wenig ausruhen."
    "Solange es mir gestattet ist dich weiterhin zu bewundern."
    "Tu was du nicht lassen kannst!"


    erwiderte ich trocken und setzte mich wieder. Ich ließ den Blick wieder über die leichten Wellen gehen, während er mich weiterhin ansah. Es gefiel mir immer weniger und als er endlich fortgerufen war, seufzte ich vor Erleichterung.

  • Der restliche Tag verlier relativ ruhig - wenn man davon absah, dass dieser Marcellus mir kaum eine Stunde ohne Komplimente gönnte. Nun langsam begann es zu dämmern und wir näherten uns immer mehr Valentia. Vielleicht war er ja sogar dort? Doch ich würde nach Carthago Nova reisen. Es war sicherer. Die Sonne versank dort ganz weit hinten und das Meer schimmerte in warmen Farben. Diesen Moment nutzte ich und hielt eine kleine Amphore geöffnet und kopfüber ins Wasser, sodass der kostbare Falerner in dieses floss.


    "Neptun erhöre meine Bitte! Ich habe mir als Ziel Carthago Nova gesetzt und wünsche mir eine sichere und rasche Ankunft in dieser Stadt! Ich bringe dir dieses Opfer direkt in dein Reich dar, um mir dies zu erbitten!"


    sagte ich in normalem Tonfall und erhob meine Arme während der letzten Worte gen Himmel. Und ich hoffte sehr, dass ihn dieses Opfer gnädig stimmen würde. Ich hatte ihm schon viele Opfer für Nauticus beigebracht und trotzdem hatte Neptun ihn in sein Reich geholt und ins Elysium geschickt.


    "Wir erreichen bald Valentia!"


    hörte ich eine Stimme hinter mir und schrak zusammen. Ich hatte ihn wieder nicht gehört und verdrehte die Augen gen Himmel. Doch lächelnd stand ich wieder von meinen Knien auf und sah ihn an.


    "Legen wir in der Nacht eine Rast dort ein, oder reisen wir weiter?"
    "Wir werden weiter reisen, meine Liebe, damit wir Carthago Nova noch am nächsten Abend erreichen können!"
    "Und wir schaffen das sicher?"
    "Warum machst du dir solche Sorgen? Ich bin über jede Minute deiner Anwesenheit froh!"
    "Weil dort jemand auf mich wartet!"


    antwortete ich in mittlerweile leicht gereiztem Tonfall. Ich sah Eifersucht in seinen Augen aufblitzen, die ich kein bisschen nachvollziehen konnte. Eigentlich musste er doch sogar damit rechnen, dass ich verheiratet war. Ich seufzte tief.


    "Ich muss mich beeilen Carthago zu erreichen um wieder schnell zurückkehren zu können. Ich bin Pontifex und kann Tarraco nicht so lange allein lassen, da die Möglichkeit eines Vorfalls besteht."
    "Also steckt unter diesem göttergleichen Haupt noch ein gescheites Wesen!"


    Ich warf ihm nach diesen Worten nur einen leicht spöttischen Blick zu und ging wortlos an ihm vorbei. Ich würde mich nun schlafen legen. Meinen Gedanken an Metellus hatte ich bei diesem schönen Sonnenuntergang nicht nachhängen können. In meiner Kabine angekommen, die eigentlich für mehrere Männer ausgelegt war, legte ich mich auf meine Kabine. Ich hatte einen Dolch in meiner Hand, als ich mich schlafen legte...

  • Es dauerte dennoch eine Weile bis ich endlich einschlafen konnte. Viele Gedanken kamen mir noch in den Sinn, auch wenn das sachte auf und ab des Schiffes sehr zu meiner Müdigkeit beitrug. Meine Gedanken waren bei Metellus. Wir hatten bereits in Valentia angelegt, die letzten Kisten gingen momentan von Bord und sicher ginge es bald wieder weiter. Morgen würde ich ihn endlich sehen können. Ich war mir sehr sicher, dass ich ihn nicht verpassen würde. Ich fühlte den Brief an meiner Brust und lächelte sanft. Eine Liebe die nicht gestattet war und eine Frau in dieser, die ständig als Helena von Troia bezeichnet wurde. Vielleicht hatten die Götter doch etwas Anderes als nur unser Leid im Sinne. Ich sah in Richtung der Tür, doch dort war nirgendwo auch nur der Hauch von Röte zu sehen. Es schien draußen schon vollkommen dunkel zu sein. Und ich fühlte die bleierne Schwere meiner Augenlider und schloss sie. Es dauerte nicht lange, ehe ich einschlief. Das leise Rauschen der Wellen, die knarrenden Holzbalken und die gute Luft tat ihr übriges.


    Doch die Ruhe währte nicht lange. Es erwies sich als weise, dass ich mit meinem Dolch in der Hand schlafen gegangen war. Das einzig Dumme an der ganzen Sache war nur, dass ich ihn nicht so schnell griffbereit hatte, als ich ihn dringend brauchte...


    Mit einem merkwürdigem Gefühl wachte ich auf. Ich brauchte kurz, ehe ich mich orientieren konnte und feststellen konnte, ob ich wachte oder träumte. Doch das Gefühl von fremden Lippen auf den Meinen war definitiv nicht geträumt. Ich tastete vorsichtig nach meinem Dolch, brauchte ihn dringend. Doch durch mein schnelleres Atmen hatte ich mich verraten und noch ehe ich ihn finden konnte, wurden meine Arme hinuntergedrück. Ich versuchte ihn abzuschütteln, doch es gelang mir nicht, denn er war zu stark. Ich war mir sicher, dass es ein 'er' war, denn ich war die einzige Frau auf dem Schiff. Außerdem hatte ich schon einen ganz bestimmten Verdacht, wer das sein konnte. Da endlich lösten sich diese fremden Lippen von mir und sofort begann er zu sprechen.


    "Na meine Schöne..."


    Ich erkannte die Stimme sofort und Abscheu regte sich in mir. Doch zugleich wusste ich ziemlich sicher, dass mir nichts geschehen würde. Er konnte meinen Tod nicht riskieren.


    "Ich hoffe du hast gut geschlafen."
    "Ich hoffte es wäre ein angenehmeres Erwachen!"
    "Aber, aber... Du musst dich doch nicht sträuben. Ich tu dir doch nichts, meine schöne Nereide..."
    "Wenn du mich nicht sofort in Ruhe lässt werde ich schreien!"
    "Sei doch ehrlich, du findest mich doch mindestens genauso attraktiv wie ich dich, nicht wahr?"
    "Wenn du das sagst..."


    Doch ich ließ diesem von sich selbst sehr eingenommenen Menschen gar nicht die Möglichkeit zu antworten sondern schnellte hoch und bis ihm hart in die Schulter. Er gab einen leisen Schmerzensschrei von sich, der aber wohl nicht für Alarmierung reichen würde. Doch schnell hielt er mir den Mund zu, damit ich nicht schreien konnte.


    "Wie kannst du nur, verleugne doch deine Lust nicht..."
    "Hrmpf!"
    "Wie kommt es nur dass eine so schöne junge Frau alleine durch die Welt zieht?"


    Als würde ich das tun. Ich biss ihm hart in die Hand und rechnete schon beinahe mit einer Ohrfeige, als ich einen Ruck spürte. Er war plötzlich nicht mehr auf mir drauf und ich saß sofort aufrecht im Bett, als ich eine brummige, ältere Stimme vernahm.


    "Schlafe beruhigt weiter. Um den hier werden wir uns schon noch kümmern!"
    "Danke, Herr Kapitän!"


    Ich war sehr verwirrt, doch ich vernahm wie der werte Marcellus unter lautem Gepolter aus meiner Kabine herausgeschleift wurde. Ein wenig verängstigt ließ ich mich zurücksinken und tastete nach dem Brief. Er war noch da. Sacht begann ich wieder einzuschlafen, doch es war nur ein sehr oberflächlicher und unruhiger Schlaf, da ich Angst hatte ein weiteres Mal überrumpelt werden zu können.

  • Dieses Mal schlief ich bis zum Morgengrauen und länger. Ich träumte wirre Dinge, doch sie sollten mir bis zum Erwachen völlig entfallen sein. Ich wurde durch ein sanftes Rütteln an der Schulter geweckt werden und als ich die Augen aufschlug, sah ich den Kapitän neben mir stehen. Ich streckte mich kurz und sah ihn dann lächelnd an.


    "Guten Morgen, Pontifex!"


    begrüßte er mich schmunzelnd. Ich rieb mir noch einmal schläfrig die Augen, ehe ich diesen Gruß erwiderte. Dann setzte ich mich aufrecht hin, gähnte noch einmal herzhaft.


    "Ist es schon lange hell?"
    "Naja, einige Stunden sicherlich. Bald ist schon Mittag angesagt!"
    "Mittag??"
    "Sehr wohl. Erweist du uns heute die Ehre mit uns zu speisen?"


    zwinkerte er mir zu, mir, die doch noch so entsetzt ob der Zeit war. Ich stand rasch auf und warf mir mein Schultertuch über - hier am heute recht stark schaukelnden Schiff würde es wenig Sinn machen, sich zurechtzumachen. Also ging ich nun so Seite an Seite mit ihm hinaus. Ich war erstaunt ob des starken Windes, welcher mich hier nun empfing. Ich schloss kurz die Augen.


    "Also?"
    "Was?"
    "Na, beehrst du uns heute?"
    "Oh... Ja sehr gern!"


    Doch kaum ausgesprochen bereute ich meine Zusage. Ich dachte an grauenhafte Geschichten die mir häufig erzählt wurden, doch nun ließ es sich nicht rückgängig machen. Er nickte mir zu und begab sich wieder zu seinem Steuermann, ehe ich mich wie am Vortag auch dem Bug zuwandte. Der Seegang war heftiger und manches Mal brach ich mit meinem Bein weg. Der Wind zerrte an meinem Haar und ich genoss es sehr. Es war ein Gefühl von Freiheit, welches ich selten empfand. Doch nun tat ich es. Ganz vorne stehend verschränkte ich meine Arme vor der Brust, denn mich fröstelte. Den Blick richtete ich nach vorn, auf die Wellen die das ganze Meer überzogen. Ich musste kurz an den Anblick des gräsernen Meeres mit Pentesilea und Minervina denken. Und ganz besonders an die nächste Zeit. Erst einmal würde ich Metellus dort hinten irgendwo antreffen können. Ich hoffte sehr, er würde sich über mich freuen und ich ihn nirgendwo stören. Ein leichtes, wenn auch trauriges, Lächeln lag in meinen Zügen. Ich musste an das Gespräch zwischen mir und Valeria zurückdenken. Sie war nicht mit Maximian verwandt und hatte trotzdem das Problem, dass sie nicht zu ihm stehen durfte. Alle mussten in dem Glauben bleiben, dass sie doch verwandt waren, durften sich dennoch nicht lieben. Und nun war sie schwanger. Diese Schwangerschaft trieb sie in eine Enge. Ich würde versuchen ihr dort zu helfen. Als ihre Freundin. Ich hatte sie schätzen gelernt und mochte sie sehr gerne. Ich dachte lächelnd an unsere künftige gemeinsame Zeit. Sie würde meine Schülerin sein. Ich durfte sie nicht bevorzugen, auch wenn sie meine Freundin war. Ich musste da klar zwischen Beruf und Privat trennen.


    "Liebster, auch für uns wird es einen Weg geben... So hoffe ich."


    flüsterte ich leise und schloss ein paar Augenblicke die Augen. Obwohl der kalte Wind durch meine Kleider pfiff, wurde mir wohlig warm ums Herz. Ich sah sein Lächeln vor mir, auch wenn ich es nicht tun sollte. Ich sollte mich eher an Maximus richten, wenn dieser Gedanke mich auch mit starkem Schmerz erfüllte. Doch ich konnte meine Gefühle nicht verleugnen. Sie machten mich aus, bestimmten mein Handeln. Musste es sein, ließ ich meinen Kopf und Verstand beurteilen, doch hier... Ich sollte es tun, doch er wurde stets niedergerungen, was mich auch froh stimmte. Es mochte ungerecht sein, doch ich war froh, dass mich etwas von meinem Kummer ablenkte, auch wenn Maximus' Verlust noch sehr schwer auf mir lastete. Doch sah ich ihn wirklich auch als mehr als nur 'Ablenkung' und 'sexuelle Befriedigung' an? Doch, es war auch Liebe da. Große Liebe, die allerdings von Angst beschattet war. Nicht jene Angst, dass wir es nicht ausleben durften. Jene Angst, dass ich allein in dieser Traumwelt lebte und er ganz anders empfand. Sein Brief hatte mir anderes gezeigt. Ich fühlte diesen an meiner Brust, wärmte er mein Herz? Ich musste weiterhoffen. Solange er meine Liebe erwiderte und ich diese innere Sicherheit hatte, brauchte ich nicht völlig trauern - die Liebe blieb uns, auch wenn wir sie nicht unbedingt ausleben durften. Doch vielleicht würde sich ja sogar das eines Tages ändern? Solange es nicht ein solches Ende wie bei meiner Vergleichsperson Helena von Troia nahm... Ich wollte meinen Metellus nicht verlieren, lieber starb ich.


    Ich öffnete meine Augen wieder, war selbst ein wenig über diesen Gedankengang überrascht - doch er stimmte. Ich würde mit dem Gedanken nicht leben können, ihn auch noch zu verlieren. Meine Liebe zu Maximus ließ sich nicht abstreiten, doch vermutlich musste ich wirklich lernen, nicht mehr auf ihn zu hoffen. Wie Meridius es sagte. Ich konnte nicht mein ganzes Leben in Trauer verbringen, auch wenn sein Tod nicht sicher war. Meine Kinder, meine Freunde und vor Allem Rom brauchte mich im Hier und Jetzt und auch nur so konnte ich den Göttern wirklich dienen. Den Göttern die ich liebte und verehrte. Selbstbewusst und vielleicht auch ein wenig stolz richtete sich mein Blick auf das Wasser. Ganz weit in der Ferne konnte ich Möwen kreischen hören und als ich in die Richtung sah, sah ich Küste. Ich musste meine Augen zusammenkneifen um Genaueres erkennen zu können, aber es war Küste. Ich wandte meinen Blick nun in die Gegenrichtung, in das weite offene Meer. Dort hinten, wo die schwarze Wolkenfront erkennbar war, musste der Sturm noch heftiger toben. Ich war sehr erleichtert, dass es nicht regnete. Und ich war erleichtert, dass ich nicht so leicht seekrank wurde. Ich musste an Pentesilea denken, mit welcher nahezu jede Schiffreise einer Katastrophe gleich kam. Leichtes Schmunzeln umspielte meine Lippen. Mit langsamen Schritten ging ich zu der Reling und lehnte mich an diese - furchtlos, dass es wegbrechen könnte. Ich vertraute Fortuna, sie würde mich schon nicht im Stich lassen. Da hörte ich auf einmal ein lautes Rufen und erschrocken wandte ich mich um.


    "Helena!!! Schau, dort!"


    Ich hatte es mir also nicht eingebildet. Der Kapitän deutete lachend vor das Schiff, worauf ich gar nicht mehr geachtet hatte. Mein Blick war wie so häufig in die Ferne gerichtet. Doch da konnte ich Delphine sehen. Ich versuchte sie zu zählen und schätzte sie auf 3 bis 4, doch da sie immer wieder untertauchten konnte ich mir nicht sicher sein. Zwei waren es zumindest. Ein warmes Lächeln erschien auf meinem Gesicht - war dies ein Zeichen Neptuns, dass er mein Opfer angenommen hatte? Ich wusste, dass Seeleute sehr gerne Delphine sahen und auch stets nach Nereiden Ausschau hielten. Mein Blick erkaltete leicht, als ich an die Geschehnisse des letzten Tages und der Nacht dachte. Ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter und ich sah mich um - dort hinten stand er. Also hatte mich mein Gefühl nicht betrogen, ich wurde tatsächlich beobachtet. Er sah mich ein wenig traurig und doch nicht ohne Begierde an. Schaudernd wandte ich den Blick wieder ab. Ich mochte gar nicht daran denken, wie das alles ohne den Kapitän ausgegangen wäre. Was für eine Strafe er wohl erhalten hatte? Was hatte ihn überhaupt dazu veranlasst, dass er mich so überrumpelte? Meine Ablehnung während des Tages vielleicht? Ich schüttelte leicht den Kopf. Ich würde kein weiteres Wort mehr verlieren. Weder ihm noch dem Kapitän gegenüber.


    So stand ich noch eine ganze Weile mit meinem Blick in die Ferne gerichtet. Bis sich dann der Kapitän zu mir gesellte. Er sah mich nicht an und auch ich hatte nicht das Bedürfnis zu ihm zu schauen. In stillem Einverständnis standen wir eine Weile so und betrachteten die raue See. Ich hatte sie selten so aufgewühlt gesehen und zugleich gespürt. Doch das Gefühl sagte mir zu, wenn viele andere sich auch unwohl fühlen würden.


    "Du bist eine sehr ruhige und nachdenkliche, aber auch liebende Person."
    "Wie?"
    "Nun, das erkenne ich an deinem Blick. Es ist leicht das alles zu erkennen, so wie du deinen Blick in die Ferne richtest und dein junges Lächeln auf die Lippen legst. Du schaust gerne in die See?"
    "Ja, auch wenn ich nicht so häufig die Gelegenheit habe. Vielleicht liegt es daran, dass ich viel Zeit auch in Rom verbracht hab, wo mir diese Möglichkeit leider nicht geblieben war."
    "Das ist wohl wahr. Ich möchte mich noch einmal für meinen Mann entschuldigen. Es ist ungewöhnlich, dass er sich so verhält, denn eigentlich habe ich eine sehr saubere Mannschaft."
    "Nein, es ist schon gut. Es ist ja nichts passiert..."
    "Wollen wir essen?"


    Ich lächelte den brummigen Bärtigen an und nickte leicht. Dann folgte ich ihm, ich hatte Hunger. Auch wenn es nun höchstwahrscheinlich etwas gab, worauf ich es nicht besonders anlegte, doch ich ließ mich überraschen.

  • Gesunden Zustandes hatten wir endlich den Hafen von Carthago Nova erreicht. Mein Herz hatte heftig geklopft, als ich in der Ferne den Hafen erkennen konnte. Noch war es Sonnenuntergang und Carthago Nova lag in einem wunderschönen Dämmerlicht. Die restliche Fahrt hatte ich lange mit dem älteren Herrn gesprochen und auch einige Blicke von 'Jemandem' ertragen müssen. Nun wandte ich mich mit einem sanften Lächeln ab und verließ mit meiner Stute das Schifff. Ich war die letzte 'Fracht' die von Bord ging und ich sah dem Schiff hinterher. Dank des Sturmes legte es ein ordentliches Tempo vor. Als es langsam dunkler wurde, riss ich mich von dem Anblick los und betrat Carthago Nova.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!