Manius Aurelius Eugenius kehrt zurück.

  • Was für eine Neuigkeit! Erfreut legte ich mein Buch zur Seite. Ich legte Wert auf Bildung, immer wieder zog es mich in die hauseigene Bibliothek. Onkel Manius also. Hm, wie sah er doch noch gleich aus? Ich kramte in meiner Erinnerung, während ich die Stufen hinabeilte. Bevor ich das Atrium erreichte verhielt ich meinen Schritt. So ohne Etikette eilte ich nur durch die Gegend, wenn ich allein oder innerhalb meiner Familie war.
    Oh, und ich wusste jetzt nicht mehr, wie der Onkel war. Hatte er eine gütige Ader, war er streng? Ob er sich wohl noch erinnerte, dass ich immer so ein Wirbelwind war?


    Aufgeregt betrat ich das Atrium und schaute mich um.

  • Eugenius hörte Schritte herannahen und sah schließlich eine wunderschöne junge Frau ankommen. War sie es? "Deandra?" Fragte er noch nach, während er automatisch ein paar Schritte in ihre Richtung machte um ihr Gesicht zu erkennen. Seine Augen waren ja auch nicht mehr die besten. Sein Blick war musternd, als seine Augen nach Ähnlichkeiten zu dem jungen Mädchen von einst suchten, welches ihm als lebenslustig in Erinnerung war. Schließlich stellte er mit einem Lächeln fest. "Beim allmächtigen Iuppiter!" Da wurden in ihm wieder längst verblasste Erinnerungen geweckt. "Venus hat aus Dir eine wahre Schönheit gemacht. Erinnerst Du Dich noch an mich?"

  • Eifrig nickte ich, als ich meinen Namen hörte. Ich strahlte über das ganze Gesicht, als ich auf ihn zu eilte. Diese Augen und die Stimme … Oh ja, jetzt erinnerte ich mich.


    „Onkel Manius“, flüsterte ich, als ich unmittelbar vor ihm stand und nicht wusste, durfte ich oder durfte ich nicht? Blieb ich, wie Mutter und Vater es immer gerne sagen, gesittet oder blieb ich einfach ich? Ach, egal. Die beiden sahen es ja nicht und Onkel Manius würde es hoffentlich nicht verraten. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.


    Etwas verlegen, aber zugleich mit blitzenden Augen blieb ich schließlich vor ihm stehen.


    „Was für eine Freude, dich wiederzusehen! Ich erinnere mich an dich und deine Geschichten, aber es liegt sehr lange zurück.“

  • Oh... Etwas verdutzt und mit offenen Armen nahm Eugenius überrascht von der ungehaltenen Begrüßung seiner Nichte die herzliche Umarmung entgegen. "Deine kindliche Lebenslust ist ungebrochen geblieben, Deandra." Bemerkte er beiläufig und mit einem Lächeln. Als sie dann wieder von ihm abließ und vor ihr stand fuhr der alte Mann ihr liebevoll mit der Außenseite seiner Hand über die Wange; dabei sah er ihr in ihre vor Freude strahlenden Augen. "Bei allen Göttern, was bist Du doch groß geworden. Ja, es sind viele Jahre an Land und Leuten vorbeigegangen. Ich weiß noch wie Du als kleines Mädchen immer ungehalten mit ungetrübter Lebenslust durch die Gärten stürmtest, oder wie ich Dir Geschichten erzählte wenn ich bei meinem Bruder, Deinem Vater zu Besuch war. Ja, lange ist es her." Eugenius gab ihr mit einer in Richtung Fauces ausschwenkenden Geste seiner Hand zu verstehen das Atrium zu verlassen. "Ich habe viele Fragen und ihr sicher auch. Komm, geh'n wir ein Stück zusammen."

  • Kindliche Lebenslust? Ich musste schmunzeln. Oh ja, manche hatten sogar ihre Probleme damit. Mit einer Neigung des Kopfes bedankte ich mich für die folgenden lieben Worte und schlenderte in die vorgeschlagene Richtung.


    „Frag mich, was du möchtest, Onkel Manius. Soweit ich kann, werde ich dir alles beantworten. Natürlich, dann habe auch ich Fragen.“


    Kurz fragte ich mich, ob Vater wohl heute nach Hause kommen würde, dann war meine Aufmerksamkeit wieder ganz bei Eugenius.

  • Er lächelte und nickte ab. Aufrechten Ganges schritt Eugenius also mit Deandra durch die Fauces der Villa Aurelia, wobei sein Blick zunächst umher schweifte... Nach einer Weile begann er dann das Wort erneut zu ergreifen.


    "Ist mein Bruder, Dein Vater, wieder aus Asia zurück? Und wie ist der Ruf über die Aurelier inzwischen? Genießen wir auch weiterhin Ansehen am Kaiserhof und beim Kaiser?"


    Manius wollte Deandra nicht mit Fragen überschütten; weshalb er zunächst nicht viele und einfache Fragen an sie richtete.

  • Spontan nickte ich, als die Rede auf meinen Vater kam.


    „Ja, Vater ist zurück. Die letzte Zeit lebte er in Syria. Jahre war er dort verwalterisch tätig. In Rom begann er eine Karriere bei den Cohortes Urbanae. Der Ruf der Aurelier?“


    Hm, so eine Frage hatte mir lange niemand gestellt, um ehrlich zu sein noch nie jemand. In Gedanken ging ich Schnittstellen zum Kaiserhof durch, Gespräche in der Factio, solche mit Sophus …


    „Der Gensbegründer Crassus, der etwa vor einem Jahr von uns gegangen ist, pflegte einen äußerst engen Kontakt zum Kaiser. Nach seinem Tod hatte die Familie bisher keinen Senator mehr gestellt. Sein Sohn Sophus hätte zwar das Zeug dazu, aber nach seiner Quaestortätigkeit zu Beginn des Jahres war er leicht politikverdrossen geworden. Das Amt eines Aedils fehlt noch, dann könnte er sofort in den Senat. Er hat es noch im Auge - meines Wissens -, aber ist gleichsam durch die Legion sehr eingespannt.
    Die Ambitionen meines Vaters kenne ich kaum, dem Eintritt in den Cursus Honorum ist allerdings ein guter militärischer Rang zuträglich und der dauert seine Zeit.


    Als patrizische Gens gibt es selbstverständlich ein Standesband, was uns mit dem Kaiserhaus verbindet.“

  • Eugenius hörte Deandra aufmerksam zu, während sie ihre Ausführungen zu seinen Fragen machte. Es interessierte ihn daher, weil er die Absicht hatte ebenfalls nach durchlaufen des Cursus Honorum in den Stande eines Senators aufzusteigen, wo ihm diplomatische Ämter offen stehen würden.


    "Interesant, aber nun stelle bitte auch deine Fragen."


    Nicht, das ihm die Antworten von Deandra nicht gefallen hätten, aber alles weitere würde er mit der Zeit schon in Erfahrung bringen. Er wollte sowieso viel lieber Deandra wieder von seinen Geschichten durch ferne Länder erzählen, die ihr ja schon früher gefallen hatten.

  • Natürlich machte ich mir Gedanken, warum Onkel Manius solche Fragen stellte. Da ich ein kluges Mädchen war, hatte ich auch schnell eine Vermutung.


    „Kann es sein, dass du Onkel Crassus nacheifern möchtest? Ich würde das gut finden und zwar aus zweierlei Gründen. Zum einen, weil ich stolz wäre, wieder einen Aurelier im Senat zu wissen und zum anderen auch deshalb, weil einerseits wir Patrizier im Senat mehr als unterrepräsentiert sind und daraus folgend andererseits sich zu wenige um den Erhalt der Traditionen im Reich bemühen. Es sind einige neumodische Dinge eingerissen.“


    Langsam schlenderte ich weiter.


    „Auch wenn du jetzt nicht gefragt hast, möchte ich dazu noch etwas sagen. Um gute Chancen, als Kandidat für den Cursus Honorum auch gewählt zu werden, muss man sich zuvor einen Namen machen. Das bedeutet, du musst dich an relevanten Stellen der Hauptstadt zeigen, vielleicht auch ab und an gute Reden halten, besuche die Tempel, nehme an gesellschaftlichen Leben teil. Wenn du möchtest gestatte ich dir, mich dafür zu benutzen. Ich bin stadtbekannt, sogar über die Provinz hinaus. Wer sich mit mir zeigt, läuft „Gefahr“ in der nächsten Ausgabe der Acta zu stehen.“


    Belustigt sah ich zur Seite. Das Plappermaul, was für den letzten Actaartikel verantwortlich war, hatte bereits seine verdiente Strafe erhalten.


    „Denk jetzt nicht schlecht von mir. Ich bin unbefleckt wie eine weiße Lilie, aber es ist schon wahr. Ich bin bekannt. Wer mich nicht kennt, der ist entweder taub und gleichzeitig blind oder vollkommen neu in der Stadt. Wenn du dich mit mir zeigst, fällst du auf und Aufmerksamkeit, natürlich im positiven Sinne kannst du bei deinem Vorhaben gut gebrauchen.“


    Dann fiel mir Eugenius Aufforderung ein.


    „Ich wüsste sehr gern, wo du gewesen bist und was dich letztlich zur Rückkehr bewegt hat. Auch wollte ich fragen, ob du mir wieder einmal Geschichten erzählst. Ich liebe Geschichten, aber schon sehr lange habe ich keine mehr genießen können.“

  • "Deine Vermutung trifft zu." Bemerkte Eugenius knapp mit einem Lächeln, ohne große Ausführungen zur Politik zu machen. Für ihn war die Reichspolitik Männersache. "Rom braucht mehr Traditionalisten in der Politik, die an Altbewährten festhalten; das schließt auch das Prinzipat und eine angemessene Standesrepräsentation der Patrizier im Senat ein." Fügte er jedoch noch dazu. "Dein Angebot will ich gerne in nächster Zeit ergreifen."


    Sie kamen zu den Gärten...


    "Nun, hast Du von Ägypten gehört? Weite Wüsten und schweißtreibende Hitze findet man dort, aber auch Unvergessliches; die Baukunst der Ägypter ist im höchsten Maße beeindruckend. Die Begräbnisstätten ihrer alten Pharaonen, die unseren Kaisern ähneln, nennen sie Pyramiden, gebaut, größer als das Kolosseum..."

  • Es hörte sich wunderbar an, dass endlich ein neuer Traditionalist kam, um sich für das alt Bewährte einzusetzen. Wunderbar, das würde etliche Leute aus meinem Bekanntenkreis freuen.
    Ich erwiderte jedoch nichts darauf. Als eine der ganz wenigen Frauen im Reich verzichtete ich auf die neumodischen Möglichkeiten für Frauen, sich in der Politik zu profilieren. Bereitwillig ging ich auf das neue Thema ein.


    „Oh, Ägyptus! Zu dieser Provinz habe ich eine ganz besondere Beziehung. Ich habe seit fast genau einem Jahr eine Pferdezucht, die ich mir durch ägyptische Vollbluthengste aufgebaut habe. Über diese edlen Rösser weiß ich alles, nicht aber über den Landstrich. Weißt du mehr davon zu berichten?“


    Vor Interesse begannen meine Augen zu glänzen. Gespannt blickte ich meinen Onkel während des Laufens an.

  • Interessiert hörte sich Eugenius an was Deandra von ihrer Pferdezucht berichtete und führte danach weiter aus was er für ein Bild von Ägypten er auf seinen Reisen gewonnen hatte.


    "Der größte Fluss und zugleich Herz Ägyptens ist der Nil. An seinen Ufern ist das Land fruchtbar und hier wird die meiste Landwirtschaft betrieben; nicht umsonst heiß es landläufig, Ägyptus sei die Kornkammer des Römischen Reiches. Es ist schon ein Land von dem ich viele Eindrücke mitgenommen habe. Als ich das Westufer des Nils bereiste und bei der Stadt Gizeh halt machte, bestaunte ich zum Einen die Große Sphinx, aber auch drei der Pyramiden, von denen ich Dir erzählt habe. Die Sphinx war eine Statue eines männlichen Löwen mit einem Menschenkopf; sehr beeindruckend. Einfach phantastische Bauwerke. Und dann wäre da noch Alexandria; der Handelsknotenpunkt am Mittelmeer..."

  • Vor meinem geistigen Auge entstanden Bilder, die bestimmt weit von der Wirklichkeit abwichen. Ich selbst hatte diese Provinz noch nie gesehen, aber das soeben Gehörte machte mich sehr neugierig.


    „Ob es wohl Zeichnungen darüber gibt? Ich muss nachher gleich einmal die Bibliothek danach absuchen gehen. Ist es wahr, was man sich erzählt? Dass es in Ägypten wundervolle Tempelgärten gibt, in denen die verschiedensten Gewächse kultiviert werden?“


    Mein Blick streifte durch den Garten der Villa Aurelia. Auch er war mit selten Pflanzen überaus reichlich bestückt. Selbst im Atrium wusste ich eine große Pflanzenvielfalt.

  • "Allerdings. Ich besuchte einige der Tempelanlagen und war erstaunt von der Pflanzenaufzucht die ich dort vorfand. Die Ägypter erklärten mir, wie sie ihr Wasser durch ein weitverzweigtes Netz von Kanälen, Dämmen und Schleusen über das Land verteilten. Es erinnerte mich an unsere Aquädukte. Ich denke Du würdest Dich in Ägypten wohlfühlen, wäre da nicht diese stechende Hitze." Eugenius lächelte und holte aus seinem Gewand eine Papyrusrolle hervor die er aufrollte so das Deandra den Inhalt sehen konnte.


    "Ich habe eine Zeichnung der Sphinx anfertigen lassen."


    http://tinypic.com/ibkqc2.png
    [SIZE=7](Bild bei Webspace Anbieter http://tinypic.com/ hochgeladen)[/SIZE]

  • Interessiert betrachtete ich die Abbildung. Solch merkwürdiges Gebilde hatte ich noch nie zuvor gesehen. Es musste eine Gottheit sein.


    „Besitzt du noch immer Kontakte nach Ägypten? Ich hatte damals Händler, die mit Beduinen verhandelt hatten. Wüstenbewohner wie man mir gesagt hatte.“


    Ich sinnierte geraume zeit über die Ägypter und ihr wundersames Land, dann kam mir ein anderer Gedanke.


    „Ich würde es schön finden, wenn sich die Familie einmal wieder trifft. Würde das in deine nächsten Pläne passen?“

  • "Die nomadisch lebenden Beduinen, ja. Ich reiste selbst eine Zeit lang mit einer ihrer Karawanen und lernte ein wenig über ihre Lebensart und -weise. Interessante Menschen, und widerstandsfähig sind sie. Ich hatte also direkten Kontakt im Umgang mit diesen Wüstenbewohnern gehabt; mit einem Stammesführer bin ich sogar befreundet. Und es ist nicht leicht ihre Gunst zu erlangen. Über ihn laufen jedenfalls auch einige meiner Geschäfte in Ägypten. Er hat ein Händchen dafür seltene Waren aufzutreiben, musst Du wissen. Die meisten Geschäfte schloss ich selber mit den Bewohnern ab, und als ich weiter reiste, nach Syria, waren es Handelskarawanen in meinem Sold die meine Geschäfte in Ägypten abschlossen."


    Mit einem freudig gemimten Gesicht schaute sich Eugenius die Flora in seiner Umgebung etwas näher an.


    "Ja, für so ein Treffen würde ich sogar ein wichtiges Geschäft oder einen wichtigen Termin platzen lassen. Familienbande sind mir wichtiger."

  • So sehr ich auch gespannt den interessanten Ausführungen meines Onkels gelauscht hatte, ein Satz reichte aus, er wischte all diese Eindrücke mit einem Mal fort. Nichts hörte ich lieber als das.


    „Die Familie ist alles für mich, Onkel. Du hast mit deinen Worten soeben meine ganze Sympathie gewonnen. Nichts, aber auch gar nichts ist wichtiger als die Familie und die Pflege dieser Bande. Lass uns ein Treffen planen. Bis ich alles koordiniert habe, wird er sicher dauern. Maxentius ist Magistratus und muss sich frei machen. Noch schwieriger ist das für die Männer, die beim Militär dienen. In etwa drei Wochen? Ist dir das recht?“


    Ich war stehen geblieben und sah nun erwartungsvoll zu Eugenius.

  • Eugenius war über die Worte seiner Nichte erfreut. Sie war noch nicht so durch das Stadtleben verdorben wie so manch anderer Römer.


    "Ja, das wäre mir recht, Deandra. Doch nun werde ich mich etwas von der Überfahrt nach Ostia ausruhen und ein Mahl zu mir nehmen. Magst Du mir noch Gesellschaft leisten oder Dich gleich um die Organisation des Treffens kümmern?"

  • "Hm, beides ist verlockend. Was wäre dir lieber?"


    In Gedasnken setzte ich bereits Briefe auf, die ich an Vater, Mutter, Maxentius und Sophus senden wollte. Sicher würde es nicht leicht sein, alle auf einen Termin einzuschwören, aber schön wäre es schon, wenn das klappen könnte. Zur Not musste das Treffen eben bis zu einem geeignetem Termin hinausgezögert werden.

  • "Eure Gesellschaft weiter zu genießen wäre mir lieb." Antwortete Eugenius und gab mit einigen Schritten die Richtung zu den Fauces der Villa an. Er war etwas in Gedanken versunken. Er überlegte wie er seinen Bekanntheitsgrad für seine Kandidatur beim Cursus Honorum erhöhen könnte. Das Forum Romanum erschien ihm natürlich der geeignete Ort zu sein.

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