[Triclinum] Speisezimmer

  • Nachdem Silanus eine ganze Weile gewartet hatte, wurde er mit einer herausgeputzten und erstaunlich gut gelaunten Narcissa belohnt, die mit einem sanften Lächeln auf den Lippen den Raum betrat. Wie immer folgte ihr die junge Phila wie ein Schatten und hielt sich bemerkenswert dich bei ihrer Herrin, ihr wortlos die Wünsche an den Augen ablesend. Fürs erste trat die schwarzhäutige Sklavin hinter die Cline, auf welcher Narcissa mit einer narzistischen Selbstverständlichkeit Platz nahm. Silanus sah müde aus, fand die junge Iunia, er hatte einen langen Tag gehabt und viele neue und wahrscheinlich aufregende Dinge erlebt. Nicht so wie Narcissa, der die Langeweile der Reise noch immer in den Knochen steckte. Aber wenigstens hatte sie genügend Zeit gehabt ihren Körper ausgiebig zu pflegen und sich verwöhnen zu lassen. Ein Luxus, dem sich Silanus anscheinend noch nicht hingegeben hatte. Einer spontanen Idee folgend, flüsterte sie Phila ins Ohr, die sich sogleich aufmachte und hinter Silanus trat und begann, seinen Nacken mit sanften Knetbewegungen zu massieren. Narcissa beobachtete dies, immer noch mit dem Lächeln im Gesicht, bevor sie ihre Stimme erhob.


    "Guten Abend Silanus. Ich hoffe das Warten hat dir nicht deinen Hunger vertrieben."

  • Silanus war anfangs noch etwas verärgert darüber, dass Narcissa ihn so lange warten ließ, hatte er doch seiner Ansicht nach rechtzeitig einen Sklaven nach ihr geschickt. Natürlich war ihm bewusst, dass Frauen gerne länger brauchten, doch diese Verspätung war ein wenig übertrieben. Schließlich kam sie doch noch und der Iunier musste zu seiner Überraschung feststellen, dass sie vermutlich wirklich die ganze Zeit damit verbracht hatte sich hübsch zu machen Ob das ihm galt? Er vermutete eher nicht. Dennoch nahm er es mit einem wohlwollenden Lächeln auf den Lippen auf und erhob sich kurz, als Narcissa gefolgt von ihrer Leibsklavin den Raum betrat. Anders als heute Nachmittag schien sie außerordentlich gut gelaunt zu sein, was den jungen Mann wieder etwas mehr stutzig machte. Als sie sich gesetzt hatte, machte es sich auch Silanus wieder auf seiner Liege bequem. Kaum hatte er wieder Platz genommen, entfernte sich die zierliche Sklavin von ihrer Herrin und kam auf ihn zu. Ehe er wusste wie ihm geschah, hatte sie sich auch schon hinter seiner Liege in Position gebracht und begann seinen Nacken zu massieren. Er konnte nicht behaupten das es ihm nicht gefiel, doch hatte er nicht damit gerechnet und vor Narcissa war ihm diese Behandlung sogar etwas unangenehm. Dennoch rang er sich ein verlegenenes Lächeln ab und erwiderte die begrüßenden Worte seines hübschen Gegenübers.


    "Guten Abend Narcissa. Keine Sorge. Nach einem solch anstrengenden Tag wie heute wäre das wohl nicht möglich. Wenn du nun möchtest, dann kann ich das Essen gleich servieren lassen."

  • Mhh, er schien nicht wirklich böse, dass sie ihn hatte warten lassen. Narcissa nahm sich direkt vor ihn beim nächsten Mal noch länger warten zu lassen, nur um zu gucken, wie weit sie gehen konnte. Grenzen austesten gehörte irgendwie zu ihren Hobbys, ihr Verlobter machte da erst recht keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil! Sie wollte einfach sehen, wie und wann sie seinen Ärger heraufbeschwören konnte. Heute mittag war er sicherlich genervt von ihr gewesen, aber er war nicht laut geworden. Oder sonst wie böse. Er war einfach viel zu nett und viel zu nachgiebig.


    Außerdem, was sie sehr amüsant fand, bekam sie den Eindruck, dass ihm die Behandlung ihrer Sklavin unangenehm war. Für sie war es genauso, als wenn sie die Massage selber gegeben hätte, ihre Leibsklavin tat schließlich genau, was sie wollte. Würde er ebenso verschüchtert reagieren, wenn sie es selbst machen würde? Ob er etwa noch keine "Nähe" zu Frauen erlebt hatte? Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen. Selbst sie, selbstverständlich noch Jungfrau, war nicht so schüchtern und unbedarft. Sie grinste freudig. Wieder eine neue Angriffsfläche. So langsam bekam sie fast schon Spaß an seiner Gesellschaft.


    "Ja, gerne. Ich gebe zu, dass ich doch recht hungrig bin. War dein erster Tag sehr anstrengend?"

  • Auf diese Antwort hatte er gewartet. Silanus gab einem der Haussklaven einen Wink, was diesen sofort mit einem unterwürfigen Nicken hinter der nächsten Türe verschwinden ließ. Dann wandte er sich wieder Narcissa zu, um ihre Frage zu beantworten. Die Sklavin war nach wie vor hinter dem Iunier und massierte seinen Nacken. Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt und das erste Unbehagen schien von ihm abgefallen zu sein.


    "Durchaus. Es gab viel mit dem Statthalter und meinem Vorgänger zu besprechen. Aber nun sollte alles weitestgehend geklärt sein. Vinicius Lucianus war zufrieden und ist noch heute nach Mogontiacum aufgebrochen. Für morgen habe ich eine Besprechung mit den Decuriones angesetzt. So haben sie die Möglichkeit ihren neuen Kommandanten persönlich kennen zu lernen und wir können die ersten offenen Fragen klären."


    Silanus wusste nicht, ob Narcissa dies wirklich alles so genau wissen wollte, doch der Tag war tatsächlich aufregend gewesen und so sprudelte es nur aus ihn heraus.

  • Männer und Gespräche. Es gehörte zusammen wie Germanien und Langeweile, fand Narcissa und nickte reichlich uninteressiert. Was die wohl immer den ganzen Tag lang besprachen? Hatte sie denn keine Angst irgendwann mal alle Wörter aufgebraucht zu haben? Narcissa lächelte sanft und machte es sich bequemer. Das Warten war immer das Schlimmste am Essen und ihr Hunger machte sich in einem leisen Knurren ihres Magens bemerkbar. Mit der gönnerhaften Ruhe einer Mutter, die den aufgeregten Ausführungen ihres Kindes zu einem neuen Spielzeug zuhörte, so lauschte die junge Iunia auch ihrem Verlobten und nickte hin und wieder. Er sollte schließlich nicht sofort mitkriegen, dass es sich nicht einen Deut interessierte. Auch wenn sie nicht mehr sauer war, wie noch zuvor als er sie aufgesucht hatte. Stattdessen zeigte sie eine eher abwartende Haltung und fragte sich zum wiederholten Male, wie lange sie es in Confluentes überhaupt aushalten würde. Mit ihm an ihrer Seite.


    "Das klingt doch gut. Du musst dich ja erstmal in die Arbeit deines Vorgängers einarbeiten und auch seine Arbeitsweise kennenlernen. Das Haus macht jedenfalls einen gepflegten Eindruck. Ich dachte daran mir später noch ein Bad zu gönnen. Magst du mich begleiten?"


    Ha! Zu schade, dass er nicht gerade einen Schluck Wein im Mund hatte, das peinliche Verschlucken, dass jetzt sicherlich folgen würde, wäre mit verschlucktem Wein doch gleich noch ansehnlicher. Narcissa lächelte ganz unschuldig und blickte ihn an, nur ihre blitzenden Augen verrieten die böse Absicht hinter ihren so unschuldig hervorgebrachten Worten.

  • Als Narcissa das gepflegte Haus erwähnte sah Silanus sich kurz im Triclinum um und nickte zustimmend. Sie hatte vollkommen Recht. Er selbst war ein sehr genügsamer Mensch und hätte sich ohnehin mit allem zufrieden gegeben was er vorgefunden hätte, doch das Haus machte tatsächlich einen fast herrschaftlichen Eindruck auf den Iunier, der sich bereits sorgen darüber machte, in diesem riesigen Gebäude etwas verloren zu sein. Aber neben ihm und seiner Verlobten lebten ja noch eine stattliche Anzahl von Sklaven, Schreibern und sonstigen Angestellten im Haus, die hier sowohl ihre Arbeitsräume, als auch ihre eigenen Wohnbereiche hatten. Richtig alleine war man also nie.


    Gerade als sein Blick wieder ungeduldig bei der Türe hängen blieb, durch die eben der Sklave verschwunden war, ließ Narcissa die Bemerkung mit dem geplanten Bad fallen und gleich darauf die unerwartete Einladung. Fast erschrocken sah er wieder in ihre Richtung und räusperte sich.


    "Dich…… äähm….. begleiten?"


    Meinte sie das tatsächlich ernst? Nach ihrer eher schlechten Stimmung in den letzten Tagen war es schon verwunderlich, dass sie plötzlich eine derart gute Laune zu haben schien. Doch mit einer solchen Einladung hätte selbst Silanus nicht gerechnet. Vor allem, da sie ja bisher alles andere als Interesse an ihm gezeigt hatte. Und gerade deshalb wollte er Narcissas Stimmungsumschwung nicht wieder durch eine Absage gefährden. Auch wenn es ihm doch etwas plötzlich erschien und er nicht genau wusste, was die junge Frau damit bezwecken wollte oder was ihr gerade durch den Kopf ging lächelte er freundlich.


    "Nun.....Natürlich gerne, wenn du meine Gesellschaft wünscht."


    Das Bad war wie das restliche Haus äußerst geräumig und bot in seinem großen Becken problemlos mehreren Gästen komfortabel Platz. Es war daher nichts Verwerfliches daran mit der jungen Frau das Bad zu teilen und vor allem war es das erste Mal seit sie sich kennen gelernt hatten, das die beiden sich auf eine solche Art und Weise näher kamen.

  • Richtig erschrocken hatte er sich zu dem Bedauern der Schwarzhaarigen nicht, er machte zwar einen gehetzten Gesichtsausdruck, beinahe sogar etwas argwöhnisch, aber sie hatte auf eine stärkere Reaktion gehofft. Ein irritierter Blick und ein Räuspern, dieser Mann war einfach zuuuuuu langweilig. Innerlich verdrehte sie die Augen, doch dann war es an ihr sich zu wundern. Er sagte zu! Damit hätte sie nun wiederum nicht gerechnet und sie hatte auch gar nicht vorgehabt mit ihm das Bad zu teilen! Natürlich. Gerne. Äffte sie ihn in Gedanken nach. Doch einen Rückzieher wollte sie jetzt auch nicht machen und lächelte daher brav weiter. Dann würde sie eben mit ihm baden müssen. Da hatte sie sich selbst reingeritten, auch wenn es schwer fiel zuzugeben. Ob er sie wohl anziehend fand und deswegen mitwollte? Ob er annahm, dass mehr geschehen würde als ein Bad? Narcissa schnaubte kurz und wollte gerade losreden, als die Sklaven kamen und ihr Essen auftrugen. Was für Narcissa richtig gutes Timing war, denn sie wußte noch gar nicht genau, was sie sagen wollte. Wie konnte er es nur wagen, sie so zu überrumpeln!?


    Erst als alle Leckereien auf dem Tisch waren, winkte sie wieder nach der kleinen, schwarzen Sklavin Phila, die ihrer Herrin etwas unverdünnten Wein einschenkte.


    "Ja, aber natürlich. Das Bad ist äußerst luxeriös und geräumig, wir dürften uns nicht in die Quere kommen. Und es ist doch angenehmer, wenn man jemanden zum reden hat, oder nicht?"

    Das kaufte er ihr jetzt wahrscheinlich eh nicht ab, aber daran störte sich das junge Mädchen nicht. Sie freute sich viel lieber darauf, wie nervös er sein würde, wenn sie dann tatsächlich baden würden. Sie ging davon aus, dass er schon mal mit Frauen geschlafen hatte und sie wußte selbst auch wie sowas von statten ging. Aber sie war Jungfrau, das war ihr selbst wichtig. Dennoch würde sie ihn etwas foltern, er konnte sich auf etwas gefasst machen. Sie lächelte ihn süffisant an.


    "Ich wünsche dir einen guten Appetit."

  • Silanus nickte nur auf die ihm gestellte Frage, da bereits das Essen eintraf und sogleich serviert wurde. Immer noch etwas überrascht durch die ganze Sache sah er den Skalven etwas geistesabwesend zu, wie sie nach und nach die Schalen und Teller auf die kleinen Beistelltischchen räumten, die zwischen den Klinen standen. Sie wollte also jemanden zum reden. Nichts Ungewöhnliches – vor allem wenn man als einzige römische Frau in einem Castellum wohnte. Doch das sie dafür ausgerechnet Silanus auswählte, dem sie bisher eher aus dem Weg gegangen oder mit ihrem Unmut konfrontiert hatte, machte ihn etwas stutzig. Erst die Worte Narcissas rissen ihn wieder ziemlich unsanft aus seinen Gedanken.


    "Ich danke dir. Das wünsche ich dir selbstverständlich auch."


    Dann wartete er darauf das einer der Sklaven seinen Becher füllte und griff bei den aufgetischten Köstlichkeiten zu. Während er die ersten Bissen mit einem kräftigen Schluck verdünnten Honigwein hinunterspülte wandte er sich wieder an Narcissa.


    "Und? Wie hast du dich bisher eingelebt? Hattest du bereits Gelegenheit das ganze Haus zu erkundigen?"

  • Auch Narcissa griff zu, bevor ihr Magen sich noch lautstark bemerkbar machen konnte, denn sie war wirklich hungrig. Auf der Reise hierhin hatte sie zwar auch gegessen, aber nicht viel und vor allem nicht sowas leckeres wie hier. Sie blickte einen langen Augenblick über die Teller und Schalen und Töpfe und Platten, bevor sie sich entscheiden konnte und zugriff. Da auch Silanus erstmal etwas aß, war es für wenige Augenblicke ruhig. doch er unterbrach die Stille und Narcissa blickte ihn an. Er saß mehr auf der Cline als das er lag und er trug nur eine Tunika, relativ schlicht und wahrscheinlich war das seine Freizeitkleidung für im Haus. Ganz anders als Narcissa, die als Inbegriff einer römischen Herrin in einem edlen Kleid steckte, feine Sandalen trug und sowohl sich selbst als auch ihr langes Haar ausgiebig gepflegt und herausgeputzt hatte. Eigentlich schade, dass das alles im Bad nachher wieder verschwinden würde. Sie lag bequem ausgetreckt und beugte sich nur gelegentlich vor, wenn sie etwas zu essen nahm. Doch das war etwas, dass sich Narcissa auch genauso vorgestellt hatte. Wenn sie schon Silanus heiraten mußte, was sie immer noch nicht wollte, dann konnte sie ja immerhin alle Vornehmlichkeiten mitnehmen, die das ergab. Sie war mal ein einfaches und liebes Mädchen gewesen, schließlich war sie keinesfalls im Luxus aufgewachsen und auch nicht sonderlich verwöhnt, aber die Umstände ihrer Anreise nach Rom hatten sie verändert. Wenn sie schon nicht ihren Willen bekam, dann wollte sie es wenigstens so angenehm wie möglich haben.


    "Einen kleinen Rundgang habe ich schon gemacht, ja. Aber leider habe ich noch nicht alles sehen können. Es macht einen guten Eindruck, das Haus hier, sehr geräumig und gepflegt. Die Sklaven sind ein eingespieltes Team und alle sehr höflich. Nur Schade, dass man hier so fernab von allem ist."
    Sie trank einen großen Schluck Wein und ließ Phila nachfüllen.
    "Vielleicht kannst du dir ja mal einen Vormittag Zeit nehmen und wir erkunden Confluentes?"

  • "Du wirst sehen, dass sich das alles im Laufe der Zeit ändern wird. Hier im Haus sind ja nicht nur die Sklaven und unser Haushalt untergebracht. Im Seitenflügel gibt es auch einige Büros und Wirtschaftsräume die morgen von den Angestellten bezogen werden. Darunter sind auch einige zivile Angestellte aus Confluentes und der Umgebung. Es wird also immer etwas los sein rund um dich."


    Silanus versuchte seiner jungen Verwandten so etwas Mut zu machen. Natürlich war es für sie nicht nur der Umzug in eine neue Provinz, sondern vielmehr eine vollkommen neue und ungewohnte Umgebung mit der sie zurechtkommen musste. Vor allem die ganzen Soldaten und das straffe und eher streng wirkende Leben in einer Kaserne konnten für eine junge Frau äußerst gewöhnungsbedürftig sein. Aber ihr sollte es an nichts fehlen – dafür wollte Silanus sorgen.


    "Vermutlich wirst du dich auch erst in die Wachen gewöhnen müssen, die hier teilweise im Praetorium verteilt sind. Aber keine Sorge – es ist mehr eine Tradition und eine Prestigesache, als das ich wirklich um unsere Sicherheit fürchten würde."


    Das war natürlich nicht ganz richtig, aber er wollte Narcissa nicht noch mehr verunsichern. Die Wachen waren eigens ausgewählte und durchwegs loyale Männer, die auch schon Silanus Vorgänger als Leibwache gedient hatten. Der neue Kommandant machte sich da nichts vor – ob romanisiert oder nicht, er befehligte keine Römer. Narcissa wechselte aber auch gleich erneut das Thema und sprach einen Ausflug nach Confluentes an, was auch Silanus als eine ausgezeichnete Abwechslung für sich und seine junge Verwandte betrachtete.


    "Gerne. Ich denke gegen Ende der Woche sollte es gehen. In den nächsten Tagen habe ich noch einiges Aufzuarbeiten und mit meinen Offizieren zu besprechen. Außerdem möchte ich die Gegend erkundigen. Aber ich verspreche dir, dass ich mir in den nächsten Tagen etwas Zeit für einen gemeinsamen Ausflug nach Confluentes nehmen werde."

  • "Ein Ausflug wäre nett. Ich würde auch gerne noch ein paar Kleinigkeiten für das Haus hier kaufen." Das mit dem Wirtschaftsräumen wußte sie noch gar nicht und zog überrascht eine Augenbraue hoch. Waren das jetzt gute Neuigkeiten? Selbst wenn zivile Angestellte hier waren, die mussten erstens arbeiten und zweitens nur aus reiner Höflichkeit nett zu ihr sein. Damit sie nichts böses zu Silanus sagte, das kannte sie schon. Die Verlobte zu sein hatte eben auch Nachteile, denn man würde sie nur in Bezug auf Silanus wahrnehmen. Da machte sie sich nichts vor. Aber wenigstens waren dann noch ein paar Menschen mehr im Haus und sie hatte Zerstreuung, wenn auch nur kurzweilige. Die Sache mit den Wachen hatte auch einen entscheidenden Nachteil, denn neben der Sicherheit hieß das vor allem Überwachung. Noch mehr Augen und Ohren im Haus die jeden Schritt von Narcissa sehen würden. Nicht, dass sie in den nächsten Tagen etwas schlimmes geplant hätte, aber es war nunmal so, dass sie sich dann noch weniger erlauben konnte. Sie seufzte kurz und trank noch mehr Wein. Einen großen Schluck Wein, so dass Phila den Becher direkt nochmal füllte.


    "Nur leider gibt es hier keine anderen Frauen in der Nähe, das fehlt mir. Zu hause war da meine Schwester Vestina mit der ich viel Zeit verbacht habe und mit Zenon natürlich, meinem Hund. Und hier habe ich nur die stumme Phila und dich und du hast anderes zu tun."


    Sagte sie kleinlaut, überrascht darüber wieviel sie eigentlich von sich preisgegeben hatte. War es ihr nicht eigentlich egal ob er ihre Situation verstand oder nicht? Er war schließlich der Feind, Schuld daran, dass sie ihre Familie verlassen musste, dass man sie verheiraten wollte. Und jetzt sympathisierte sie doch nicht etwa mit ihm? Narcissa senkte den BLick und griff noch mal nach etwas zu Essen, mit der fließenden Bewegung konnte sie einen Teil ihres Unwohlseins verstecken.

  • "Ich verstehe dich nur zu gut Narcissa."


    Silanus wirkte einen kurzen Moment nachdenklich und lächelte schließlich erfreut.


    "Ich mache dir einen Vorschlag. Wenn wir nach Confluentes gehen, werden wir eine Sklavin für dich kaufen. Natürlich keine die Phila als deine Leibsklavin ersetzen soll, aber eine die vielleicht ein wenig Bildung mitbringt und des Latein mächtig ist. So hast du jemanden mit dem du dich unterhalten kannst und der für ein wenig Zerstreuung sorgen kann."


    Der Iunier hielt das für eine wirklich wunderbare Idee und hoffte, dass Narcissa es ebenso empfand. Natürlich konnte eine Sklavin nur bedingt richtige römische Freundinnen ersetzen, doch es war immerhin ein Anfang und vielleicht lebten in Confluentes auch einige römische Familien, mit denen man sich anfreunden konnte.

  • Silanus war zu nett! Diese Feststellung hatte Narcissa bereits einige Male gemacht und jetzt gerade wieder. Er wollte ihr eine neue Sklavin kaufen, jemand mit Bildung, der ihr die Zeit vertrieb. Entweder hatte er keine bessere Verwendung für sein Geld oder er wollte tatsächlich, dass sie sich besser fühlte. Wobei Narcissa beide Beweggründe nicht nachvollziehen konnte, es war der berühmt-berüchtigte goldene Käfig. So sehr er sich auch bemühte und ihr Geschenke machte, Narcissa fühlte sich trotzdem alleine. Unverstanden, einsam, benachteilt, gegen ihren Willen gezwungen ihr Leben mit ihm zu verbringen und alles woran er dachte war eine neue Sklavin. Sie hätte ihn wahrscheinlich schnell um den Finger wickeln können um sich ihre (materiellen) Wünsche erfüllen zu lassen und sie dachte auch daran, es zu tun. Doch im Grunde würde sie das auch nicht glücklich machen. Sollte sie ihm den Versuch anrechnen oder als das abstempeln, dass er war? Nur ein Trostpflaster...


    "Danke. Das wäre vielleicht eine Idee, gibt es denn in Confluentes einen Sklavenmarkt?"

  • Sie schien sich tatsächlich über Silanus Vorschlag zu freuen, was wiederum auch den Iunier mit Freude erfüllte. Anscheinend hatte er es geschafft sie mit diesem Versprechen ein wenig aufzumuntern und erst jetzt viel ihm zum ersten Mal auf, dass Narcissa irgendwie anders war. Während der Reise nach Germanien und selbst noch heute Vormittag hatte sie entweder kaum mit ihm gesprochen oder ihn mit Unfreundlichkeiten überhäuft. Doch jetzt wirkte sie irgendwie offener, entspannter und vor allem freundlicher. Vielleicht hatte er es endlich geschafft das Eis zwischen ihnen ein wenig aufzubrechen. Er lächelte daher über beide Ohren und strahlte sie regelrecht an.


    "Ich denke schon. Confluentes sollte eigentlich groß genug für einen Sklavenmarkt sein. Wenn nicht dann schauen wir nach Mogontiacum. Die Provinzhauptstadt ist wie du ja schon selbst weißt nur eine halbe Tagesreise mit dem Wagen entfernt. Dort sollten wir in jedem Fall fündig werden."

  • Das ausdauernde Grinsen auf Silanus Gesicht sah regelrecht kindisch aus, er freute sich gerade wie ein kleiner Junge über ein neues Spielzeug. Er freute sich darüber für sie Geld auszugeben! Narcissa musste schmunzeln, das konnte er haben, wenn er wollte. Geld ausgeben konnte einfach jede Frau gut und wahrscheinlich würde er früher oder später merken, dass er ihr dieses Angebot nicht hätte machen dürfen. Eher später, so lieb wie er war.


    "Ja, mit dem Wagen. Aber zu Pferde ist man viel schneller. Ich kann reiten, weißt du? Natürlich nicht so gut wie du, aber ich kann mich sehr gut oben halten, auch wenns schneller wird. Wir könnten ja nach Mogontiacum reiten?"


    Und dann kannst du mir da ein schickes Pferd kaufen! dachte sie noch. Aber sagen würde sie darüber erstmal nichts, sie wußte ja gar nicht was er davon hielt, dass sie reiten konnte. Sie kannte genügend Männer, denen das nicht gefiel, ihrem Vater zum Beispiel. Aber als sie noch Kind war, ging sie immer zu einem Bauern der in der Nähe gewohnt hatte und ritt dort die Pferde. Das waren zwar schwere Arbeitstiere gewesen und eigentlich gar nicht zum reiten gedacht, aber wenn sich so ein Muskelberg erstmal in Bewegung gesetzt hatte und der Boden unter ihm zu donnern anfing. Das war mit nichts auf der Welt zu vergleichen.

  • "Reiten…… soso……"


    Das war die erste Reaktion die Narcissa von ihrem Gegenüber zu hören bekahm. Er versteckte sein Gesicht dabei hinter seinem Becher, den er gerade ansetzen wollte, um mit einem Schluck die Fleischreste hinunter zu spülen, die sich in seinen Mund angesammelt hatten. Als er ihn wieder absetzte, war sein Gesichtsausdruck zwar immer noch freundlich, aber sein Lächeln war wieder verschwunden. Natürlich hatte er bereits so manche junge Mädchen bereits auf den Rücken eines Pferdes gesehen, aber eine feine junge Dame passte dabei irgendwie nicht in das Bild eines Reiters. Es war einfach zu undamenhaft und mit einem schönen Kleid – so wie Narcissa sie öfters trug – auch gar nicht machbar. Doch wie sollte er Narcissa seine Ansichten klar machen, ohne dabei wieder einen Streit zu riskieren. Er räusperte sich kurz und suchte dann nach passenden Worten.


    "Nunja. Ich denke, dass es vermutlich nicht wirklich zu einer feinen Dame wie du eine bist passt, sich auf den Rücken eines Pferdes zu setzen. Außerdem - wie willst du dich da oben denn halten wenn du die Beine durch dein Kleid nicht auf beiden Seiten herunterhängen lassen kannst?"

  • Ja ja ja ja. Das hatte sie alles schon gehört, diese Argumente kannte sie zur genüge. Sowas macht man nicht, das gehört sich nicht oder auch Was sollen denn die Nachbarn denken? Typische Antworten die sie von ihrer Familie erwartet hätte, aber nicht unbedingt von Silanus. Bisher hatte er eher den Eindruck gemacht ihr jeden Wunsch erfüllen zu wollen, aber diesen einen anscheinend nicht. Gefährliche Blitze zischten durch Narcissas blaue Augen, als sie ihre Augen zusammenkniff. Ihr wurde auch wirklich alles genommen was Spaß machte! Sollte sie nun etwa für den Rest ihres Lebens in Wagen herum transportiert werden?


    "Wenn das Kleid weit genug ist, geht das gut. Oder ich ziehe es etwas hoch, das geht auch." Antwortete sie schnippisch und funkelte ihn an.

  • Die rechte Augenbraue des Iuniers wanderte langsam Richtung Haaransatz und sein sichtlich verständnisloser Blick ruhte auf Narcissas angespanntem Gesicht. Was glaubte sie eigentlich? War es ihr denn immer noch nicht klar, dass sie eine junge hübsche Frau unter hunderten von Männern war. Eine derartige Entgleisung konnte sie sich nicht leisten. Ihre jugendliche Naivität machte sie vielleicht Blind für derartige Gedanken, doch Silanus wusste nur zu gut, dass eine Frau sehr viele Probleme in einem Castellum anrichten konnte. Vor allem wenn sie zu großzügig im Umgang mit ihrer Weiblichkeit war. Doch auch hier wusste Silanus, dass es keinen Sinn hatte eine Diskussion zu beginnen und so tat er die ganze Sache einfach ab.


    "Wir werden sehen."


    Dann widmete er sich wieder dem Essen. Die wenigen Stücke Fleisch auf seinem Teller waren bereits verspeist und so legte er sich etwas nach. Auch ein kräftiger Schluck aus seinem Becher durfte dabei nicht fehlen. Nach einer kurzen Gesprächspause, brach Silanus wieder die Stille.


    "Ich habe übrigens vor einige der Offiziere zu einem gemeinsamen Essen einzuladen. Vermutlich nächste Woche. So hast du die Möglichkeit einige neue Gesichter kennen zu lernen."

  • Was? Das war alles? Ein lapidares "Wir werden sehen" und die Sache war für ihn erledigt? Narcissas Augenbraue wanderte ebenso nach oben, gefolgt von fest zusammengepressten Lippen, so dass sie wie ein dünner hellrosa Strich aussahen. Glaubte er allen Ernstes, dass sie sich mit so einer Antwort würde abspeisen lassen? Sie verschränkte die Arme und beobachtete ihn, wie er weiter aß als wäre nichts passiert. Für einen Moment überlegte sie, denn wenn sie nun zu streiten anfangen würde, dann würde sie sich auch aus der Geschichte mit dem gemeinsamen Bad retten. Obwohl sie sich ja irgendwie sogar fast darauf freute. Natürlich nur um ihn zu ärgern. Allerdings wollte es einfach nicht in ihren hübschen Kopf, warum hier niemand sie auf ein Pferd lassen wollte. Sie konnte schließlich reiten. Nun ja, sie konnte sich oben halten, wenn sie an ein liebes Pferd geriet - aber sie würde niemals zugeben eine schlechte Reiterin zu sein. Schon gar nicht vor Silanus, den sie im Moment mindestens soviel hasste wie ihren Vater. Obwohl das schon schwer zu übertreffen war. Ach, wäre sie doch nur bei Vestina geblieben. Plötzlich machte Silanus einen Gedankensprung, dem Narcissa aber nicht folgte. Diese neuen Gesichter würden sie noch von einer ganz anderen Seite kennenlernen! Pah! Mal sehn was Silanus so richtig peinlich war... sie würde seine Autorität untergraben, sich absolut liebenswürdig geben oder, ja, oder einfach ein Kotzbrocken sein. Kratzbürste war sozusagen ihr zweiter Vorname, wenn sie nur wollte. Die Frage war einfach, wollte sie?


    "Ist das deine Antwort?" fragte sie, das neue Thema völlig ignorierend. Ihre Arme waren immer noch verschränkt, sie hatte sich aufgesetzt und ihr Gesicht glich einer erstarrten Maske, so undruchdringlich war ihr Ausdruck. Aber man brauchte kein Philosoph und Menschenkenner zu sein um zu erkennen, dass sie stinkwütend war und ihre Wut nur lapidar unterdrückte. "Ich will nach Mogontiacum reiten und es ist mir egal, ob sich das schickt oder nicht. Du kannst mir nicht alles verbieten." sagte sie klipp und klar. Das war keine Frage, das war keine Forderung, sondern eine Tatsache.

  • "Es ist weder schicklich zu reiten, noch sein Kleid dabei hoch zu ziehen."


    Nun war es soweit. Zum ersten Mal, seit sich die beiden begegnet waren und trotz der unzähligen Stimmungsschwankungen die Silanus bereits über sie ergehen lassen musste, platze ihm nun der Kragen. Konnte dieses dumme Ding denn nicht verstehen, dass er ihr mit derartigen Verboten keineswegs etwas zu Fleiß machen wollte, sondern dabei immer einzig und allein um ihre Sicherheit besorgt war? Der Iunier versuchte seinen Ärger zurück zu halten, was ihn nur mäßig gelang, als er seine Gedanken in Worte fasste und eine äußerst emotionale Predigt über Narcissa hereinbrach.


    "Verdammt noch mal Narcissa! Willst oder kannst du es einfach nicht verstehen? Du bist hier in einem Castellum…. umgeben von hunderten Soldaten, die nicht sehr oft das Vergnügen haben, eine Frau in ihrer unmittelbaren Umgebung zu haben. Noch dazu sind es Männern, die zum größten Teil nicht einmal Römer sind! Was denkst du wie sie reagieren auf eine junge hübsche Frau wie dich? Denkst du das es dann leicht für mich ist die Moral in der Truppe aufrecht zu erhalten, wenn die Verlobte des Kommandanten halb nackt durchs Castellum reitet oder marschiert? Ich musste bereits jetzt meinen Offizieren den Befehl geben besonders Aufmerksam zu sein und darauf zu achten das dir nichts geschieht, wenn du durch das Lager spazierst - und das weil ich dich eben nicht hier einsperren möchte, so wie es vielleicht ein anderer Mann in meiner Situation machen würde. Hast du denn auch nur die geringste Vorstellung was passieren könnte, wenn hier im Lager auch nur ein einziger ist, der für einen kurzen Moment vergisst, dass er unter dem Kommando eines Römers dient, wenn er dich dann vor Augen hat? Hast du das?!.............


    Kannst du dir denn vorstellen, was passieren würde, wenn dich einige von ihnen in die Finger bekommen und ihren bisher heimlichen Wünschen und Bedürfnissen freien Lauf lassen? Willst du denn riskieren, dass sich die Stimmung in diesem Lager voller Peregrini noch mehr anheizt. Es ist auch so schon schwer genug. Wir sind hier nicht in Achaia und wir sind auch nicht in einer Legion voller Römer. Und selbst dort würden mich dieselben Sorgen plagen wie hier! Viele Männer kommen hier her, weil es ihre letzte Möglichkeit ist ein Dach über den Kopf und jeden Tag eine warme Mahlzeit zu erhalten. Hier gibt es keine Ehrenmänner oder ritterliche Offiziere. Das hier ist kein Urlaub Narcissa.............. und es geht mir bei allem um deine Sicherheit Narcissa."


    Nach diesem langen Redeschwall musste Silanus durchatmen. In sein Gesicht war etwas Röte getreten und er wirkte sichtlich angespannt und sogar untypisch für ihn – etwas erzürnt über Narcissas Naivität bei diesem Thema. Die letzten Sätze klangen jedoch wieder wesentlich ruhiger, als der Beginn seiner Rede. Eindringlich sah er sie an und hoffte, dass sie ihn nun endlich verstanden hatte.

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