[Habitatio] Livillas Wohnung

  • "Du trägst doch noch den Namen deiner Kindheit, oder? So schlimm kann der Streit mit deinem Vater also nicht gewesen sein", erwiderte Livilla und drehte sich wieder zu ihm um. "Sonst hätte er dich aus der Familia geworfen, meinst du nicht?"

  • Ich musste lachen.


    "Seinen Sohn aus der Familie zu werfen, wäre ein Eingeständnis gewesen versagt zu haben. Das bringt mein alter Herr nicht fertig. Ausserdem hing Mutter an mir. Auch wenn er immer das Sagen hatte, Mutter war sein schwacher Punkt. Trotzdem reiste er nach Alexandria um seinen Studien nachzugehen. Ich bin damals von zu Hause ausgebrochen, habe mich in Rom herumgetrieben."


    Warum erzählte ich ihr dies alles?


    "Jedenfalls solange, bis ich mich entschloss, doch noch etwas aus meinem Leben zu machen. Die Erkenntnis kam spät, doch sie kam, ich ging zur Legion, wählte mir die Legio IX Hispana, weil diese weitweg von Rom lag und so kam eines zum anderen.


    In der Zwischenzeit denke ich, ist mein Vater vielleicht sogar stolz auf mich. Ich brachte es zum Tribunen, und bin nun Regionarius. Das ist schon was."

  • Livilla hörte ihm aufmerksam zu und nickte leicht. "Man sieht dir deine Zeit in der Legion noch jetzt an. Allerdings frage ich mich, ob es dort nicht sehr rauh zugeht. Auf den ersten Blick scheint man keine Narben bei dir festzustellen, dein Körper wirkt unversehrt, das wundert mich", antwortete sie leise und wurde wieder etwas lockerer.

  • Ich nickte mit dem Kopf. In der Tat war mein Körper nicht übel. Ich hatte aber auch klange daran gearbeite und viel trainiert. Schon als Junge.


    "Die Legion ist hart. Doch ich konnte durch meine Herkunft schon als Unteroffizier anfangen. Ich habe es schnell verstanden mich aus dem Gröbsten herauszuhalten und Feinde hab ich mir nie gemacht. Und als ich dann Tribun war und die Legionskavallerie befehligte, verstand ich es rechtzeitig auf meine jetzige Stelle zu wechseln. Das war noch bevor der Feldzug gegen die Rebellen in Uttarae stattfand. Du siehst, ich war nie in Gefahr. Und wenn dann erst in neuerer Zeit als Regionarius. Man muss höllisch aufpassen. Erst vor ein paar Wochen hätte mich fast einer abgestochen..."


    Ich dachte an die Ereignisse in der Insula Galina.

  • Livilla lächelte leicht bei seiner Erzählung. Ein Kriegsheld war er also nicht gerade, seine Lorbeeren hatte er sich dort wohl nicht verdient.


    "Du bist geschickt, dich aus Problemen heraus zu halten. Und es wäre wirklich schade gewesen, wenn man dich abgestochen hätte wie ein Schwein. Ich meine - es ist nicht so, dass du manchmal ein ziemliches Schwein sein kannst, aber das gute überwiegt dann doch und ich müsste glatt darum trauern, nicht in den Genuss deiner Künste kommen zu können", zwinkerte sie und machte sich noch einmal an der Tunika zu schaffen.

  • Ich schüttete hier mein Innerstes aus, und sie war rotzfrech. Nunja, ich war selbst schuld, warum musste ich auch eloquent sein, nur weil wir miteinander geschlafen und etwas Spaß gehabt hatten. Ich sah sie schräg von der Seite an, bemerkte dann aber, dass sie lächelte. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal bemerkt, was sie gerade gesagt hatte.


    "Ich danke dir für die Anteilnahme. Aber ich war schneller, das war meine einzige Lebensversicherung."


    Ich grinste.

  • Livilla ließ wieder von der Tunika ab und wandte sich zu ihm um, lächelte ihn warmherzig an. Es tat gut, einmal nicht sofort zum nächsten Kunden zu rennen, sondern noch ein wenig Zeit mit dem letzten zu verbringen und ihn näher kennen zu lernen. Abgesehen davon, dass er sowieso kein Kunde in diesem Sinne war, natürlich.


    "Und wann bist du so klug, die Stelle als Regionarus aufzugeben? Immerhin scheint sie gefährlicher zu sein als in der Legion zu dienen."

  • Ich musste schmunzeln.


    "Ich weiß es nicht. Tarraco ist zwar kein kleines Nest, aber im Vergleich zu Rom... Ich fühl mich wohl hier und kann mein Leben einigermaßen Gestalten. Es redet mir niemand rein."


    Sie hatte eine nette Art Fragen zu stellen.


    "Was macht meine Tunika?"

  • Livilla lachte leise ob seiner Frage. "Sie weicht ein", antwortete sie. "Du wirst meine Anwesenheit also noch eine Weile ertragen müssen", zwinkerte sie und schob den Pott von der direkten Hitze des Herdes. Jetzt hieß es warten, bis das restliche Wasser vom Gewebe aufgesogen war.


    "Gibt es schon eine Frau in deinem Leben? Abgesehen von mir und meinen Kolleginnen natürlich", fragte sie grinsend und lehnte sich lässig an den Rand des Ofens.

  • Jetzt ging das Thema deffinitiv zu weit. DARÜBER wollte ich mit Sicherheit nicht sprechen. Weder über die Geschichten, die in Rom, Missenum oder Ostia gelaufen waren, und schon gar nicht über die beiden Decima-Schwestern in die ich mich verkuckt hatte.


    "Ich denke dieses Thema lassen wir.
    Ich hab eh schon zu viel geredet. Erzähl du mal was..."

  • Livilla blickte ihn verdutzt an. Warum war er auf einmal so barsch? Nunja, bei seinem Liebesleben konnte man sich das ja dann doch denken.


    "Und was willst du wissen?", fragte sie lächelnd nach und wartete gespannt ab. Er wusste, dass sie etliche Dinge für sich behielt und andere dennoch sehr frei erzählen würde.

  • Livilla kniff die Augen zusammen und stützte sich auf den Tisch, beugte sich vor und wirkte wie eine Raubkatze, die zum Sprung ansetzte.


    "Und wenn ich dir keine bringe? Wann komme ich schon einmal in den Genuss, einen so stattlichen Mann nackt in Ruhe betrachten zu können?", fragte sie leise, ehe sie sich aufrichtete, in ihr Schlafzimmer ging und schließlich mit einer dünne Decke zurückkam, die sie Balbus über die Schultern legte. "Nicht, dass sich mein großer, starker, ehemaliger Heerführer noch erkältet."


    Livilla lehnte sich wieder an den Ofen und blickte ihn eine Weile nachdenklich an.


    "Was interessiert dich besonders? Meine Kindheit? Wie ich dazu kam, Lupa zu werden?"

  • Ich war ihr für die Decke dankbar. Was interessierte mich an ihr? Ich musste nachdenken. Vieles und nichts. Sie war eine Lupa, eine gute Liebhaberin und was den Sex betraf wirklich begabt. Als Gesellschafterin hatte sie noch zu lernen, doch sie würde es und ansonsten war sie ein nettes Mädchen.


    "Ich weiß nicht. Erzähl einfach das, was du erzählen möchtest.
    Und das andere lass weg."

  • Livilla nickte leicht und lächelte dann, als sie zurück dachte.


    "Ich wurde irgendwo in einem Dorf geboren. Die Ebenen waren sehr weit und meine Kindheit war an und für sich unbeschwert. Ich spielte viel und solche Dinge, was man als Kind halt so macht. Irgendwann zogen meine Eltern mit mir in die Stadt, sie hatten ihren Hof wegen mehrer Missernten aufgeben müssen. Und dort in der Stadt wurde das Geld auch nicht gerade mehr, bis mein Vater sich gezwungen sah, meine Mutter und mich als Lupas zu verkaufen."


    Livilla hielt inne. Eigentlich hatte sie noch nie jemandem davon erzählt und sie wusste nicht, wie weit sie gehen durfte. Immerhin hatte sie das Temperament Balbus' schon einige Male erlebt.

  • Ich hörte ihr zu und nickte verständnisvoll mit dem Kopf, als sie mir ihre Geschichte erzählte. Es war oft die selbe Geschichte, ich hatte sie bei Lupas schon oft gehört und doch, für jeden einzelnen war es ein Einschnitt in das bisherige Leben.


    "Und dann? Wie ging es weiter?"


    Ich nahm einen Schluck von dem Wein.

  • "Irgendwann fand mein Vater eine Stellung und verdiente genug Geld, um auf das Geld, das wir verdienten, zu verzichten. Allerdings hatte ich da schon einen Kunden gehabt, der mir Lust auf mehr machte: Vater wollte mich davon abhalten und seit dem streune ich alleine durch die Gegend", erzählte sie stark verkürzt weiter.

  • Auch das hatte ich schon gehört, wenn auch nicht so häufig. Eine Frauen blieben bei dem Beruf, weil er ihnen Spaß machte, jedenfalls so lange, bis sie eines Tages schwanger oder krank wurden und ab da an nichts anderes mehr fanden. Wieder andere konnten es ihrem Vater nie verzeihen und flohen in eine Welt, in der sie ausser auf diesem Wege sich sonst nicht zu ernähren wussten.


    Ich nickte mit dem Kopf.


    "Danke."


    sprach ich nur und nahm wieder einen Schluck.

  • Livilla hob überrascht eine Augenbraue und verschränkte die Arme vor der Brust. "Wofür?", fragte sie verwirrt, denn das konnte sie sich nun wirklich nicht erklären. Dankte er ihr für die Nacht? Oder doch dafür, dass sie ihm von sich erzählt hatte?

  • "Einfach so!"


    sagte ich und stellte den Weinkrug dann ab. Ich blickte zu meiner Tunika und dann fragend zu Livilla. Wenn das heute noch was werden sollte, müsste sie sie langsam aus dem Wasser holen.


    "Eine Frage habe ich noch. Wozu, wenn Du nur einen Fleck beseitigen musst, schmeißt Du die ganze Tunika in den Kessel? Sie wird zigmal so lange brauchen um wieder trocken zu werden..."

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