Winter in Germanien

  • Es war ein kalter Morgen, wie viele andere auch um diese Jahreszeit. Ein grauer Reif lag auf den Wiesen und über den kahlen Bäumen, die Natur hatte sich in den Winterschlaf begeben, einzig der Schnee war bisher ausgeblieben. Tristes Wetter, die Bauern blickten besorgt zum Himmel, denn würde das Weiß ausbleiben, wüsste man, welche Folgen dies für die Ernten im nächsten Jahr haben würde.


    Dann - endlich! - erschienen die ersten Flocken, tanzten langsam zur Erde nieder, wurden dichter und dichter, entschlossen sich den Boden zu bedecken. Zentimeter um Zentimeter schichtete sich so auf, die Knöchel der Füße waren bereits erreicht, und gegen Abend versank auch der größte Römer bis zu den Knien im Weiß.


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  • Die ganze Nacht über hatte es geschneit. Nicht, dass es in Germania momentan irgend etwas anderes tun würde, es schneite andauernd. Aber in dieser Nacht war wirklich viel Schnee heruntergekommen.


    Schon vor der Mansio, in der ich übernachtet hatte, hatten die Wägen Probleme auf die Straße zu kommen. Eine Händlergruppe aus dem Süden hatte lautstark vor ihren Karren stehend geflucht, dass sie so niemals bis nach Confluentes kommen würden. Im Angesicht ihrer Wägen war es nicht schwer gewesen, ihnen recht zu geben. Was reisten sie aber auch mit Sommerrädern im Winter durch Germania.


    Doch auch gut ausgerüstet kam man dem Winter kaum entgegen. Ich war mittlerweile nur noch einige tausend Passus vor Mogontiacum. Immer wieder war ich an Wägen vorrüber gekommen, die im Schnee steckengeblieben waren, andere waren umgekippt, manche sogar in die Gräben gestürzt. Zum Glück waren die Hilfstruppen überall unterwegs und sorgten dafür, dass wenigstens kein Mensch zu schaden kam.


    Mir selbst ging es noch ganz gut, mal davon abgesehen, dass mir ziemlich kalt war. Eigentlich hätte ich schon längst in Mogontiacum sein können. Doch ich hatte in der Mansio ausgerechnet ein Pferd aus Hispania erwischt. Zu sagen, dass es sich vor dem Schnee fürchtete, so weit wäre ich nicht gegangen. Doch es mochte den Schnee nicht und es mochte nur dort laufen, wo zuvor schon jemand einen Weg in den Schnee getreten oder gefahren hatte. Also ritt ich die ganze Zeit hinter einem Wagenzug her, genauer hinter dem letzten Wagen einer Kolonne, die Holz nach Mogontiacum hineinbrachte. Und das ging nicht besonders schnell. Ich hatte viel Zeit, mir die herrlich verschneite Landschaft anzuschauen, auf die ich liebend gern verzichtet hätte.


    Als ich schon die Stadt vor mir sehen konnte, hörte dann alles auf. Mehrere Wägen blockierten den Weg, einer war umgekippt, ein anderer hineingeschlittert. Es gab kein Vorbeikommen, und obwohl vorn schon fleißig angepackt wurde, konnte es noch Stunden dauern. Die Fuhrleute vor mir packten ihre Brotzeit aus und machten es sich auf ihrem Wagen gemütlich. Ich schüttelte verärgert den Kopf, ich war Tabellarius im Dienst, ich hatte keine Zeit für solcherlei Verzögerungen!


    Beherzt lenkte ich mein Pferd in den Schnee auf den Seitenstreifen neben dem Weg und zog die Zügel. Der Gaul schüttelte nur missmutig die Mähne und tat keinen Schritt. Ich zog die Zügel und trat ihm in die Flanken. Das Pferd wieherte, bäumte sich leicht auf und tat keinen Schritt.


    Fluchtend und zeternd sprang ich hinab in den Schnee. Verdammte hispanische Gäule! Ich setzte mich vor das Pferd, stapfte gefrustet los und riss am Zügel. Natürlich, sobald ich einen Weg vor ihm in den Schnee trampelte, folgte der blöde Gaul. Ich fluchte auf die germanischen Götter, welche ihre Provinz so eisig kalt werden ließen, fluchte auf die hispanischen Pferdezüchter, fluchte auf meinen Bruder, der andauernd die Route nach Hispania bekam und dankte dem Cursus Publicus dafür, dass zur Winterausrüstung für die Route Germania auch eine von diesem furchtbar aussehenden, dafür aber unglaublich warm haltenden Hosen gehörte.


    Bis ich in Mogontiacum ankam, spürte ich meine Füße schon nicht mehr. Verdammtes germanisches Wetter!

  • Die Tage wurden spürbar länger, die grauen Wolken des Winters zeigten immer häufiger Lücken und gaben den Blick auf einen blauen Himmel frei. Die Sonne spendete wärmende Strahlen und Schnee fiel keiner mehr vom Himmel.


    Es herrschte Tauwetter in Germanien und der Frühling konnte nicht mehr weit sein.

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