Casa Germanica - Atrium

  • Verwirrung stand wohl auch in ihrem Gesicht, denn er nannte Callidus ebenfall Vater, und dabei war sie das einzige Kind gewesen, zumindest hatte Sedulus das gesagt und er musste es wohl am besten wissen, war Callidus doch sein Bruder gewesen. Oder nannte er ihren Vater nur Vater, weil dieser dies gewesen war. So viele Fragen standen zwischen den jungen Menschen aber wirklich Antworten bekamen sie nur stückchenweise, den Rest reimten sie sich zusammen.


    "Wieso nennst du ihn Vater?" fragte sie, ohne auf seine Frage einzugehen. Sie empfand es nicht als wirklich wichtig, ihm diese zu beantworten, dass hatte noch Zeit, erst einmal wollte sie ihre Fragen beantwortet wissen...


    Schließlich gab sie ihm doch eine kurze Antwort: "Ich bin bei der Familie meiner Mutter aufgewachsen. Callidus und sie hatten eine kurze Affäre!" zumindest war das nah genug an der tatsächlichen Wahrheit dran, als das es als Lüge gelten konnte. Das sie unehelich war, wusste die ganze Familie, zumindest jene die in Rom lebten....

  • Catus hörte ihre Worte und nickte langsam. "Ich verstehe... Ich bin der Sohn von Germanicus Patientiam. Doch dieser starb, als ich noch ein kleines Kind war auf der Überfahrt nach Hispania. Meine Mutter verwandt den Verlust nicht und starb bald nach ihm. Callidus nahm mich dann auf. Er war der einzige Vater, den ich je kannte, deshalb nenne ich ihn Vater." Er verstand ihre Verwirrung, denn seine war nicht viel kleiner. Doch langsam kamen sie der Wahrheit näher.

  • Sie hatte mit ihrer Vermutung richtig gelegen und ein wenig beneidete sie ihn darum. Er hatte ihren Vater kennen lernen dürfen, während sie mit ihrer Mutter und den Gauklern übers Land gezogen war. Was sie betrübte war, dass ihr Vater nie von ihr erfahren hatte. Ob er sie ebenso freundlich aufgenommen hätte, wie ihr Onkel? Fragen auf die sie niemals eine Antwort bekommen würde, also brauchte sie diese nicht zu stellen. Sie lebte in der Gegenwart und Dinge die hätten sein können, würden an ihrer Situation nichts ändern können.


    Er klang traurig, als er von seiner Mutter erzählte. Warum hatte sie ihren Sohn zurück gelassen? Für sie war es nicht nachvollziehbar, dass eine MUtter ihr Kind jemand anderem überließ und es nicht aufzog.


    "Warum hat dich deine Mutter nicht mitgenommen?" fragte sie.

  • "Das ist eine Frage, die mir bisher keiner beantworten konnte. Aber im Nachhinein bin ich nicht traurig darum. Ich hatte in deinem Vater und meinem Ziehvater Callidus einen guten Vater und ich möchte nichts anderes sein als ein Römer." Er hielt kurz inne und warf einen Blick in die Richtung, in der der Sklave verschwunden war. Warum dauerte es nur so lange, bis einer der Herren Senatoren kam? Natürlich war der Junge ungeduldig.
    Dann kam ihm ein ganz anderer Gedanke und er wandte seinen Blick wieder Calvena zu. "Eigentlich ist es eine sehr seltsame Situation. Du bist die leibliche Tochter von Callidus und ich war sein Ziehsohn. Eigentlich sind wir ja so etwas wie Pflegegeschwister, nur daß wir uns noch nie gesehen haben..." Er grinste ein wenig und zog die Schultern hoch.

  • Nachdenklich hörte sie ihm zu. Er war ähnlich wie sie aufgewachsen, nur hatte man ihm andere Werte vermittelt, nein, ihr Vater hatte ihm andere Werte vermittelt. Sie Beide waren nicht bei ihre leiblichen Eltern aufgewachsen, sondern hatten andere Menschen gehabt, die sich um sie gesorgt hatten und ihrer angenommen hatten. Er wollte ein echter Römer sein, war er das denn nicht? Nur weil er anders aussah. In ihren Augen sah sie keinen Unterschied, aber es war ihr auch bewusst, dass andere Menschen nicht so offen und freundlich aufnehmen würden. Selbst eine angesehene Gens wie die Duccier wurde hier in Rom als Barbaren angesehen, da sie germanische Wurzeln hatte. Wieder einmal sah sie vor ihrem inneren Auge ein weites großes Geflecht der Politik und Intrigen.


    Er ihr Ziehbruder? Es war zwar ein hübscher Gedanke, aber sie war da etwas realistischer.... "Ich weiß nicht ob wir wirklich Ziehgeschwister sind.... zumal Calidus nichts von mir wusste!" meinte sie ernst. Und wieder drückte ihre Ungewisse Verwandschaft etwas aufs Gemüt. Es gab zwar genug Beweise das Calidus ihr Vater gewesen war, aber auch genug begründete Zweifel. Zweifel die sie mit unter teilte.

  • Calvena reagierte nicht so, wie Catus sich das vorgestellt hatte. Offenbar gab es Dinge in ihrer Vergangenheit, die sie immer noch bedrückten. Er ließ die Schultern sinken und das Grinsen verschwand von seinem Gesicht. "Es tut mir leid, wenn ich etwas Falsches gesagt habe." Um das Thema zu wechseln kam er auf eine ihrer Fragen zurück, die sie ihm vor einigen Minuten schon gestellt hatte. "Ich weiß noch nicht, wohin ich zur Armee gehen werde. Das wollte ich alles mit dem Pater Familias klären. Welche Zukunftspläne hast du denn?"

  • "Du hast nichts falsches gesagt!" sagte sie und bereute es ein wenig, ihm die Freude an seiner Vorstellung, dass sie Ziehgeschwister sein konnten, genommen zu haben. "Es ist eben nicht immer einfach, als uneheliches Kind... man kämpft gegen Vorurteile und auch Misstrauen an... Ich hätte ihn gern kennen gelernt!" meinte sie aufrichtig.


    "Du willst mit Avarus reden...." meinte sie nachdenklich. Schließlich hatte sie den Pater Familias noch nicht wirklich kennen gelernt. Bisher hatten sie nur ein Gespräch gehabt und das hat sich meist nur sie gedreht.
    "Er kann etwas furchteinflössend sein.... aber ansonsten ist er sehr nett!" meinte sie um ihn vorzuwarnen.

  • "Ich danke dir für deine Warnung." Er lächelte wieder freundlich und ein wenig verschmitzt.
    Dann sah er sich kurz im Atrium um, konnte aber außer ihnen beiden im Moment niemanden entdecken. "Könnte ich vielleicht etwas zu Trinken bekommen?" Er wußte ja nicht genau, wie man hier in der Casa einen der Sklaven auf sich aufmerksam machte, wenn man keinen von ihnen sehen konnte.

  • Auch sie lächelte ihm zu und für einander schien es so, als seien sie Beide zwei Verschwörer mit einem Geheimnis. NIcht nur ihre JUgend verband sie, sondern wohl auch ein paar andere Dinge, wortloses Verständnis. Sie konnten wirkich Geschwister sein, doch vorher mussten sie sich näher kennen lernen.
    Auf seinen Wunsch hin, etwas zu trinken, winkte sie mit herrischer Geste, das beherrschte sie schon recht gut, einen Sklaven heran und trug diesem auf, verdünnten Wein, etwas Obst und OLiven zu bringen. Schließlich bedeutete sie Catus sich zu setzen.


    "Mach es dir bequem, gleich wird der Wein gebracht!" sagte sie lächelnd.


    "Willst du eigentlich hier in Rom bleiben oder wo anders hingehen um der Arnee beizutreten?" fragte sie.

  • Catus folgte gern ihrer Einladung und nahm Platz. "Ich danke dir. Die Erfrischung wird mir sicher gut tun." Er wartete, bis auch Calvena sich gesetzt hatte und fuhr dann in ihrer Unterhaltung fort. "Ich weiß nicht, wohin ich zur Armee gehe. Wie gesagt, wollte ich auch das mit dem Pater Familias besprechen. Hast du denn eine Idee für mich?" Er lächelte wieder freundlich und Calvena konnte eigentlich nicht den Eindruck haben, daß er die Frage nicht ernst meinte, dachte er zumindest.

  • Der Sklave, welchem sie aufgetragen hatte, Erfrischungen zu bringen, kam schon nach wneigen Augenblick wieder zurück und stellte auf einen niedrigen Tisch eine Karaffe mit verdünntem Wein, eine Schale mit frischem Obst und saftige glänzende Oliven.
    Mit einer Handbewegung bedeutete sie Catus, das er sich bedienen sollte.


    "Ich weiß nicht.... hier in Rom hast du auch einige Möglichkeiten, die Cohortes Urbanae und die Cohortes Praetoriae suchen immer junge Rekruten, dann hast due Möglichkeiten nach Misenum zu gehen und dich der Flotte anzuschließen. Und natürlich Germanien steht dir auch offen..... aber das müsstest du ja wissen?" meinte sie nachdenklich.


    "Es liegt also an dir was du willst!" meinte sie lächelnd und schob sich eine Olive in den Mund.

  • Catus löschte zuerst seinen Durst, indem er einen Becher verdünnten Wein in einem Zug leerte. Dann nahm er sich ebenfalls eine Olive und lächelte leicht während er Calvena lauschte. "Bei den Prätorianern kann man sich ja nicht als Neuling bewerben. Die Cohortes Praetoriae suchen sich ihre Männer aus wohlgedienten Soldaten der Legion. Aber mit der Cohortes Urbanae hast du recht, das wäre eine Möglichkeit, hier in Rom zu bleiben."

  • Leicht zukcte sie mit den Schultern. "So vertraut mit dem Militär bin ich nicht!" gab sie lächelnd zu. Es störte sie nicht, dass sie etwas falsches gesagt hatte, Catus nahm es ihr weder übel, noch lachte er sie aus, stattdessen verbesserte er sie freundlich.


    "Was möchtest du denn? Du hast doch sicherlich Vorstellungen davon wie dein Leben aussehen soll. Siehst du dich in Rom oder fern von der Gens?" fragte sie nach, nur so würde er die Entscheidung treffen können, die sein Leben verändern würde. "Überleg dir was du willst, denn es dein Leben und das was du daraus machen wirst liegt in deinen Händen! Nur du kannst entscheiden wohin dein Weg dich führen wird."


    Kurz nippte sie an ihrem eigenem Becher mit Wein.

  • Catus nickte langsam mit nachdenklichem Blick. "Du hast recht, ich muß das entscheiden." Er sagte eine Weile nichts mehr und sah Calvena hernach von der Seite an, während er offensichtlich seinen Gedanken nachging.
    Schließlich nickte er mit entschlossenem Blick und es schien ein wenig so, als würde er aus seinen Gedanken in die Wirklichkeit zurückkehren. "Ich denke, ich werde zur Cohortes Urbanae gehen. Wenn ich hier in Rom so freundliche Verwandte wie dich habe, möchte ich meinen Teil dazu beitragen, daß diese sich auf den Straßen Roms sicher bewegen können." Er lächelte sie freundlich an.

  • Ruhig nickte sie. Er musste für sich selbst entscheiden was er wollte und wie seine Zukunft aussehen sollte. Dies kontne ihm niemand abnehmen. Während es bei ihr schon etwas anders aussah. Sie war eine Frau und als Frau würde sie früher oder später verheiratete werden, um die politische Stellung, Macht und Geld der Gens und einer anderen Gens zu steigern. Diese Aussicht war für sie nicht wirklich erhebend, aber sie hatte sich damit abgefunden. Ansonsten würde sie sich etwas suchen, was sie erfüllte und ihr eine Möglichkeit gab, die Gens zu unterstützen.


    Sie lächelte Breit, als er seine Entscheidung kundtat. "Es freut mich einen weiteren Verwandten hier zu haben... zumal es sehr schön ist, jemanden zu haben, der genauso alt ist wie ich!" meinte sie.


    "Wir können Schwung in die Gens bringen und die Casa aufmischen!" scherzte sie.

  • Den letzten Satz von Calvena bekam der Hausherr mit, als er um die Ecke ins Atrium einbog. Er verengte aber nur kurz die Augen, denn der Zusammenhang war ihm völlig unbekannt. Der Gast hatte also nicht allein warten müssen und bereits ein lebhaftes Gespräch am Laufen.


    Avarus trat ins Licht des Raumes und begrüßte den Gast.


    "Man unterrichtete mich, das Germanicus Catus zu Besuch gekommen ist. Nun ich kenne nur einen Titus Germanicus Catus, Sohn des Germanicus Patientiam."


    Das war natürlich gelogen, denn ohne die Aufzeichnungen über die Chronik der Gens wäre Germanicus Avarus nie auf die Verbindung gekommen. Viele Jahre waren ins Land gezogen seit dem Patientiam auf dem Feldzug gegen Aufständige in der Provinz tragisch ums Leben kam. Seit jenem Tag brach ein Zweig der Familie ab und wollte nie wieder neu gedeihen. Doch nun stand er hier: Germanicus Catus und sah seinem leiblichen Vater sehr ähnlich.


    "Willkommen Titus." sprach er erkennend dieser Ähnlichkeit aus. "Du warst lange fort, sehr lange." und das ohne wenigstens zu schreiben, fügte Avarus in Gedanken hinzu. Aber das 'sehr lange' unterstrich auch schon so genug seine Verplüffung.


    Er hatte den Spross dieser Familie erreicht und blieb nun vor ihm stehen.

  • Knallrot lief Calvena an, als Avarus den Raum betrat und ihr einen kurzen seltsamen Blick zuwarf. Anscheinend hatte er ihren scherz mitbekommen und ihn falsch aufgefasst. Völlig aus dem Zusammenhang gerissen klang es wohl fast danach als würde sie mit Absicht Unruhe stiften wollen. Zumal Avarus ihr ja nicht wirklich vertraute, sondern sie genau im Auge behielt. Am liebsten hätte sie sich auf die Zunge gebissen und wäre auf der Stelle im Erdboden versunken.


    „Salve, Avarus!“ stammelte sie kurz und verbarg ihr Gesicht hinter dem Weinbecher. Mit großen Augen folgte sie wie die graue Eminez der Gens Germanica sich vor dem neuen Mitglied aufbaute und auch mehr oder weniger in wenigen Sätzen die verwandtschaftlichen Beziehungen zusammenfasste.
    Sie kannte den prüfenden Blick von Avarus und wusste wie sehr dieser einschüchtern konnte, sie war heilfroh, nicht im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Aber vermutlich würde sie sich noch etwas anhören dürfen, wegen ihrem kleinen Scherz. Warum hatte er auch diesen Moment auswählen müssen um den Verwandten zu begrüßen.

  • Es war unhöflich gewesen Germanica Calvena nicht wenigstens auch zu begrüßen. Der Hausherr wandte sich daher von dem Neuankömmling im Hause Germanica ab und grüßte die Halbtochter des Germanicus Callidus förmlich. "Auch dir ein Salve, Calvina. Wie ich sehe wurdet ihr bereits mit etwas zu Trinken versorgt." Dieser Spruch war noch nicht ganz im Raum verhallt, da reichte ein Sklave auch dem Senator einen gut verdünnten Tropfen. Natürlich in einem angemessenen Becher aus Silber.


    MIt dem Trinkgefäß in den Händen stand er dann da und wartete ab, was Germanicus Catus zu seiner Entschuldigung vorzutragen hatte derart lang das Haus der Familie in Rom gemieden zu haben. 8)

  • Der Türsklave geleitete den Besucher ins Atrium. Dort angekommen meinte er an den Decimer gewandt.


    Wenn du kurz hier warten möchtest Herr. Ich werde die beiden Senatoren über deinen Besuch benachrichtigen.


    Er nickte kurz und verschwand.

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