Ein Haus in Trauer...

  • Aus dem Tempel der Venus Libitina kommend, wo ich die schreckliche Nachricht vom Tode Didia Sinonas erfahren hatte, ließ ich in der Casa Didia die Familia zusammenrufen.


    Unterdessen schenkte ich für Quintus Caecilius Aventurinus, Sinonas Verlobten, und mich Wein ein. Wein, den wir beide bitter nötig hatten und den wir rasch tranken, während wir schweigend unseren traurigen Gedanken nachhingen.


    Bald darauf hatte sich die Familia versammelt und ich begann zu sprechen.


    "Ein sehr trauriger Anlaß ist es, der mich euch heute zusammenrufen ließ. Mein Herz schmerzt mir, euch sagen zu müssen...", jedes Wort fiel mir schwer, "...das meine liebe Schwester Didia Sinona nie mehr in unser Haus zurückkehren wird und es für uns alle kein Wiedersehen mit ihr geben wird. Sinona befand sich an Bord eines Schiffes, welches sie nach Cyprus bringen sollte, im Dienste des von ihr geführten Venuskultes. Dort jedoch kam sie niemals an, denn vorher holte sie Neptun zu sich in sein Reich..."


    Große Bestürzung breitete sich in den Gesichtern der Anwesenden aus und Klagerufe wurden laut. So manche und so mancher brach in Tränen aus, während ich ihnen all das berichtete, was mir Fausta erzählt hatte.


    "Wir müssen jetzt alle sehr tapfer sein. Ihr Tod ist für uns alle ein schmerzlicher Verlust."


    Selbst des Trostes bedürftig, war es meine Aufgabe als Pater Familias den anderen Familienmitgliedern Trost zu spenden.


    "An uns ist es nun, Sinona die letzte Ehre zu erweisen und ihr einen würdigen Abschied zu bereiten."


    Ich ließ der Familia noch etwas Zeit, um ihre Trauer zum Ausdruck zu bringen, bevor ich begann Anweisungen zu erteilen.


    "Das Haus laßt uns jetzt schmücken mit den Zeichen unserer Trauer. Stellt Töpfe mit Zedern vor die Tür und hängt Tannenzweige in alle Räume. Die Totenmasken der Ahnen müssen blankgeputzt werden. Hier im Atrium richtet eine Totenbahre her. Auf diese legen wir Sinonas Bild, welches in meinem Arbeitszimmer hängt, denn ihren Körper gab uns Neptun nicht wieder. Die Totenbahre wird Didia Fausta schmücken, welche wie Sinona es tat, im Dienst der Göttin Venus steht."

  • Ich betrat mit Veronia den Saal. Die Haussklaven trugen schon alle Trauergewänder und auch ich trug hellgrüne Gewänder. Bei der Bahre klagten schon die gemieteten Frauen und davor standen in Trauer gefesselt alle Familienmitglieder, die in roma weilten.
    Ich trat zur Bahre und betrachtete das Bild. Ich hatte es schon immer gemocht.

  • Ich liess Sklaven Gewänder und Schmuck von Sinona holen. Ich drapierte alles kunstvoll unter das Bild. Dann schmückte ich die Bahre mit Blumenkränzen, wobei die Lilie als unsere Wappenblume dominierte. Dazu kamen rote Rosen und immergrüne Tannenzweige. Als mein persönliches Geschenk legte ich eine keline Holzstatuette der Göttin auf die Bahre.
    Ich sprach in die Runde:
    "Hat noch jemand ein persönliches Geschenk, dass er Sinona mit auf den Weg geben möchte?"

  • Aventurinus schaute aufmerksam zu, wie Didia Fausta die Totenbahre für Sinona schmückte. Wo es erforderlich war, faßte er gern mit zu. Jedoch war er sehr froh darüber, dass die Sacerdos Veneris diese Dinge in die Hand nahm. Man sah, sie hatte große Erfahrung in diesen Dingen, gleichzeitig spürte er aber ihre tiefe Anteilnahme und Trauer.


    Als die Bahre vollständig geschmückt war, starrte Aventurinus minutenlang voll innerer Ergriffenheit auf das große Bild mit Sinonas Porträt. Der Künstler hatte sie wirklich gut getroffen, dachte er.


    Mit feucht schimmernden Augen wickelte Aventurinus dann behutsam die drei Geschenke aus dem mitgebrachten Tuch, welche er der Liebsten auf ihren letzten Weg mitzugeben gedachte.


    Zunächst placierte er eine kleine elfenbeinerne Statue der Venus auf den Bahre. Die Gesichtszüge hatten Ähnlichkeit mit denen von Sinona, fand er.


    Anschließend fand ein kostbares Seidengewand seinen Weg unter Sinonas Bild. Sündhaft teuer war es gewesen, mit sündhaft wenig Stoff und sündhaft schön hätte Sinona darin ausgesehen, wußte er.


    Zuletzt hielt Aventurinus einen goldenen Ring in der Hand. Den Ring, den er für Sinona gekauft hatte, um ihn ihr bei der Hochzeit überzustreifen... Tränen benetzten den Ring in seiner Hand, bevor er ihn niederlegte.


    Stumm trat er dann etwas zurück, damit auch andere ihre Geschenke auf die Bahre legen konnten, und verweilte in Andacht...

  • Tief bewegt verfolgte ich, wie Aventurnus seine Geschenke vor das Bild von Sinona llegte. Als ich sah, wie er ihr als letztes einen goldenen Ring schenkte, konnte ich einige Tränen nicht vermeiden. War ich mir doch sicher, dass genau dieser Ring von Aventurinus für einen ganz anderen Anlaß vorgesehen gewesen war.


    Nun traf ich rasch meine Entscheidung, welche Geschenke ich der Verstorbenen bringen würde.


    Ein Schreibtisch, der mir gehörte, an dem sie aber so manche Stunde gearbeitet hatte, würde Sinona auf ihrer letzten Reise begleiten. Dazu eine Perlenkette und schließlich ein Paar luxuriöser Damensandalen. Auf die Idee hatte mich Aventurinus mit dem wunderschönen Seidenneglige gebracht, welches er ihr unter anderem schenkte, und die Sandalen waren eine hervorragende Ergänzung dazu. So würde Sinona im Jenseits über ausreichend Wechselwäsche verfügen, denn Fausta hatte natürlich bereits ihre schönsten Kleider ausgewählt.


    Nachdem ich meine Geschenke dargebracht hatte, trat auch ich etwas zurück und gedachte ihr.

  • Nachdem die Bahre nun fertig gestellt war, kniete ich nieder und erbat den Segen der göttin, auf dass Sie Sinonas Seeele finden und sicher geleiten mochte. Ich liess mir von einer der Klageweibern eine schwarze Taube reichen, die ich mit geübten Griffen vor der Totenbahre opferte und das Blut im Foculus auffing. Einen Teil der Blutes schmierte ich an ausgewählte Stellen der Bahre. Dann stellte ich den Foculus mit dem Rest vor die Bahre, fügte Weihrauch, Mastix, rosenöl, und Blütenblätter dazu. Diese zündete ich an. Während sich der wohltuende Duft ausbreitete, der die Aufmerksamkeit der Göttin wecken sollte, stimmten die Klagefrauen von neuem in Ihr weinen und klagen ein.
    Ich trat zu Falco und Aventurinus und fragte:
    "Habt Ihr schon den Herold, der die Beerdigung ausruft?
    Als sie mir sagten, er sei schon unterwegs, um die Beerdigung auszurufen, fragte ich Falco:
    "Ist die Rede fertig, wollen wir aufs Forum?"

  • "Fausta, du bist eine wahre Perle.", lobte ich sie, als ich sah, wie gekonnt und gleichzeitig liebevoll sie die Totenrituale vollzog.


    "Ich bin bereit. Die Rede werde ich aus dem Stehgreif halten. Ich werde mein Herz sprechen lassen. Wünschen täte ich mir, dass es den Anlaß für diese Rede nicht gäbe...", beantwortete ich dann mit düsterer Stimme ihre Frage.


    "Ich lasse gleich die anwesenden Familienmitglieder zusammentrommeln. Aber vorher sag, Fausta, welche Kleidung legen wir für die pompa funebris an?"

  • "Die Frauen tragen ein einfaches Grün und gehen schmucklos und mit offenen Haaren hinter der Bahre. Die Männer tragen traditionell alte und fleckoge Togen. Vielleicht solltest du einen deiner freigelassenen darum bitten?" schlug ih vor.
    "Ausserdem tragen die Männer der Familie die Bahre. Ich werde als Dissignator vorangehen."
    Während Falco alle instruierte gab ich die letzten Anweisungen an die Sklaven und bildete die Prozession vor der Haustür.

  • Es war gar nicht so einfach in der Casa Didia genügend Togen zu finden, die den Anforderungen eines Trauerzuges genügten. Irgendwie brachte es mein Hauspersonal aber trotzdem zuwege und bald waren alle Männer mit oft getragenen Kleidungsstücken ausstaffiert. Mit unseren tagelang unrasierten Gesichtern sahen wir einer Bande Strauchdiebe am Ende nicht unähnlich, aber so war es nun mal seit altersher Brauch und wir Didier legten stets viel Wert auf Tradition.


    Die am Trauerzug teilnehmenden Frauen der Familia hatten inzwischen auch ihre grünen Gewänder angelegt und standen abmarschbereit da.


    "Auf geht´s.", gab ich das Kommando.

  • Die Augen voller Tränen und das Herz voll von Trauer stand Aventurinus nun gekleidet in eine fleckige alte Toga und folgte Falco und Fausta stumm nach draußen vor die Casa Didia, damit der Leichenzug seinen Anfang nehmen konnte.

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