• "Du kennst sie sicher. Sie hat immer mit dir gespielt, als du noch kleiner warst. Sie hat sich immer als große Schwester gefühlt. Das hat sie mir erzählt." sagte Turia sanft lächelnd. Arria ging nun los und Turia folgte ihr. Sie lächelte bei Arrias Worten. "Natürlich Herrin. Ich werde aber zuerst dein Bett machen, damit du dich schon mal ausruhen kannst wenn ich den Wein erwärme. Und ich werde dafür sorgen, dass du nicht gestört wirst. Einverstanden?"

  • Arria überlegte. Hatte sie wirklich mit Livia gespielt? Ja, da war immer eine Frau gewesen, aber war das Livia gewesen. Ihre Kopfschmerzen hielten sie allerdings davon ab, weiter darüber zu grübeln und wenn, dann hatten sie sich beide sicherlich sehr verändert.


    "Das klingt wunderbar, Turia. Aber bitte nenn mich nicht Herrin, ich komme mir so alt dabei vor. Wie wenn du meine Sklavin wärst. Ich kenne dich schon so lange und du mich... Ich habe dich nie als etwas minderwertiges oder etwas dergleichen angesehen", antwortete sie resignierend.

  • "Aber...Herrin...wie sollte ich dich sonst nennen? Es gehört sich nicht, dich nur beim Vornamen zu nennen." sagte sie etwas kleinlaut. Da erreichten sie schon Arrias Zimmer und Turia trat ein.

  • Es war einer dieser Wintertage, der trotz der Kälte erreichen wollte, das man ihn mochte, indem er die Sonne scheinen ließ. Und wenn man sich ehrlich war, dann schaffte er es sogar. Zumindest bei Cinna, dessen Laune sich meist zu leicht dem Wetter anpasste. Regnete es, war er grimmiger als sonst, aber pflügten sich Sonnenstrahlen durch kahles Geäst, war er bereit sich beschwichtigen zu lassen.
    Das schaffte sonst nur Marcia bei ihm. Cinna hielt beim Lesen inne, sah auf einen sich sacht wiegenden Busch und schmunzelte - wie er jetzt auf diesen Vergleich gekommen war? Er schüttelte den Kopf, sog dabei klare Luft bis tief in die Lungen und vertiefte sich wieder in ein Buch, in dem jemand seine Gedanken zum Pferdesport niedergeschrieben hatte - ein billiges aber teilweise nützliches Schriftstück, das Cinna nur aus Spaß an der Freude erstanden hatte, als er am Vormittag über den Mercatus gelaufen war.
    So saß er also, in einen warmen Mantel gehüllt auf einer steinernen Bank, auf die er ein Kissen gelegt hatte, hatte das eine Bein halb über das andere geschlagen und lehnte sich an eine Holzwand, an der sich im Sommer eine prachtvolle Hecke entlanghangeln würde, während die schwachen Sonnenstrahlen des tiefstehenden Sonnenballs ihn dazu veranlassten, die Augen zusammenzukneifen.

  • Arria wollte ein wenig frische Luft schnappen. Sie hatte wieder zu lange über ihrem Text über Ceres gesessen und die Kopfschmerzen hatten sich in altbekanntem Maße eingestellt. Dazu kam noch, dass ihr leicht schwindlig war. Vielleicht sollte sie doch endlich zu einem Medicus gehen und sich helfen lassen.


    Sie hatte sich den erstbesten Mantel geschnappt, den sie gefunden hatte und musste nun feststellen, dass er vielleicht nicht gerade der geeignetste für die doch recht kühlen Temperaturen war. Bibbernd lief sie durch den Garten, als sie Cinna auf einer Bank sitzen sah. Sie hatte eigentlich keine große Lust, jetzt mit ihrem Onkel zu reden. Zu tief saßen noch die Erinnerungen an den zerschundenen Rücken Miriams, auch wenn diese schon wieder auf dem Wege der Besserung war. Sie seufzte leicht, dann schlenderte sie einfach auf dem Weg weiter, der an der Bank vorbei ging. Kurz grüßte sie ihren Onkel und versuchte, ruhig weiter zu gehen und möglichst schnell wegzukommen...

  • Cinna sah auf, als jemand an ihm vorüberlief. Er konnte die Person nicht erkennen, denn er war von der Sonne geblendet, aber als sie ihn grüßte, erkannte er die Stimme seiner Nichte. "Arria!", sagte er, sodass sie es würde hören können, wohl in der Absicht sie zurück zu halten.

  • Arria blieb stehen und jaulte innerlich auf. Warum musste er sie ansprechen? Er war doch so schön in sein Buch vertieft gewesen! Sie wandte ihm aber dennoch den Kopf zu und lächelte leicht. Immerhin hatte sie sich selbst ein Versprechen gegeben...


    "Onkel! Was treibt dich in den Garten?"

  • "Die Ruhe, die kühle Luft und der Sonnenschein", sagte Cinna, dessen Gesichtszüge ungewohnt weich waren, während eine Hand mit dem Buch auf seinen Oberschenkel sank, wodurch es sich zusammenrollte. "Und du? Willst du krank werden, mein Kind? Du solltest an einem wärmenden Feuer sitzen und etwas weben." Seine Lippen waren noch leicht gekräuselt, sodass man denken konnte, dass er nur scherzte. Wer ihn kannte, wusste, dass er es ernst meinte und sich dabei nur sorgte.

  • Arria wandte sich ihm zu und seufzte leicht. "Ich kann nicht weben, Onkel, das solltest du wissen", antwortete sie ruhig. Sie war eindeutig zu sehr als Junge angesehen worden, bzw. ihr Vater hatte sich zu sehr einen Jungen gewünscht. Gerade halt, dass er sie nicht in Kampfestugenden hatte ausbilden lassen. Sie lächelte leicht und faltete die Hände vor sich. "Nun, dann werde ich wohl besser wieder hinein gehen und dich alleine lassen", antwortete sie. Leise fügte sie murmelnd ein "Wenn du schon etwas sinnvolles tust" hinzu, von dem sie hoffte, dass er es nicht gehört hatte.

  • "Gut, ich weiß es jetzt. Aber das heißt nicht, dass du es nicht noch lernen könntest." Innerlich seufzte Cinna - hatte dieses Mädchen denn gar nichts gelernt? Was hatte sie denn zum Henker die vielen Jahre lang gebtrieben? Es musste einem ja glatt so vorkommen, als wäre sie im Exil aufgewachsen, fernab jedweder zivilisierten Gesellschaft.
    Ihr Gemurmle vernahm er ihren Hoffnungen entgegen doch, jedenfalls in Fetzen. Sein Blick trübte sich leicht, was aber kaum auffallen durfte. "Tu ich denn sonst nichts Sinnvolles?", fragte er, darum bemüht einen gewissen Unterton zu unterdrücken.

  • "Ich habe niemanden, der es mir beibringt und selbst lernen ist schwer", antwortete Arria ruhig und ernst. Ein Lächeln zierte diesmal ihre Lippen nicht. Irgendwie war die ganze Beziehung, die sie mal zu ihrem Onkel gehabt hatte, in die Brüche gegangen. Nichts war mehr da von dem liebevollen Necken, von dem Onkel, zu dem sie aufgesehen hatte. "Ich überwache dich nicht Tag und Nacht, Onkel, ich weiß nicht, was du alles machst."

  • Hatte sie es wieder als Vorwurf aufgewasst. "Das war kein Vorwurf, Arria." Gut, es war doch einer. Ein kleiner. "Aber nein, du kannst nichts für deines Vaters Versagen." Cinna machte eine sparsame Geste mit der freien Hand, seufzte erneut innerlich und schloss ein wenig länger als gewöhnlich die Augen. Dennoch verstand er die Situation nicht ganz. "Also was sollte dann das Gemurmel?"

  • Arrias Augen verengten sich zu Schlitzen und sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Und du hättest mich natürlich zu einer perfekten Frau erzogen. Du kannst ja vormachen, wie es geht, wenn du selbst Kinder hast", zischte sie. Auch wenn sie Cinna eigentlich mochte, sie wollte nicht einsehen, dass ihr Vater vielleicht wirklich einige Fehler gemacht hatte. Denn er war ihr immer ein liebevoller Vater gewesen, der sich manchmal vielleicht ein wenig, meist aber genug Zeit für sie und ihre Sorgen genommen hatte.

  • Cinna befeuchtete sich die Lippen und war sichtlich amüsiert. "Nun, ich vielleicht nicht. Männer erziehen ihre Söhne, aber nicht ihre Töchter. Auch wenn ich mich frage, wo mein Bruder all die Jahre seie Augen hatte, denn er hätte die Pflicht gehabt, sich so um dich zu kümmern, dass du gewisse Aufgaben beherrschen lernst. Du weißt selber gut genug, was für Aufgaben das sind. Und jetzt sieh mich nicht so an. Wenn überhaupt hat dein zukünftiger Ehemann das Recht dazu dich als perfekt oder nicht zu sehen. Ich bin dein Onkel, Kind, ich will dir doch nichts Böses." Seine Finger tippten auf seinen Oberschenkel. Irgendetwas stimmte hier doch nicht. "Ist dir denn eine Laus über die Leber gelaufen? Habe ich dir etwas getan?"

  • Arria blickte ihn durchdringend an. Natürlich. Es war wie immer, er hackte auf ihrem Vater rum - und wenn der dagewesen wäre, hätte er ihm wieder Vorwürfe gemacht.


    "Mutter ist nun einmal bei meiner Geburt gestorben. Ich kann nichts dafür und wenn doch, würde ich mein Leben dafür geben, dass sie ihres wiederbekommt", antwortete sie ruhig und überging seine restlichen Worte.

  • "Nicht diese Diskussion, Arria", sagte Cinna und legte den Kopf in den Nacken. "Wenn es das ist, was dich in solch eine missliche Stimmung verfallen lässt, solltest du nicht vergessen, dass der Tod deiner Mutter schon viele, viele, viele Jahre zurückliegt, man rein gar nichts daran ändern kann und keiner die Schuld daran trägt, was geschehen ist. Gib dich nicht solch törichten Gedankengespinsten hin, Kind."

  • "Kind", spukte Arria verächtlich aus. "Das siehst du in mir, nicht wahr? Aber ich bin es nicht mehr, Onkel, ich darf es nicht mehr sein. Mit 21 hat man einfach keine kindlichen Züge mehr zu haben, man muss die vollendete Dame sein. So wie Marcia. Vater hätte sie viel lieber zur Tochter als mich."

  • Der Mann hob im Ansatz die Schultern, dann jedoch senkte er den Kopf ein wenig herab. Er verstand Arria absolut nicht, aber das musste man ihm ja nicht sofort anmerken. Die Gelassenheit, die aus ihm sprach, sollte ihn selbst überraschen. "Ich bin nicht dein Vater und ich weiß auch nicht, was er sich wünscht. Aber du bist meine Nichte und würdest auch nicht ersetzt werden können. Was soll das, Arria? Bist du gekommen um mir vorzuwerfen, was du deinem Vater vorwerfen möchtest?" Letzendlich sah er genau das in ihr, was sie mal verstecken, mal betonen und ein anderes mal verfluchen wollte - ein Kind.

  • "Ich bin überhaupt nicht gekommen, Cinna. Ich wollte frische Luft schnappen und wieder einen kühlen Kopf bekommen. So ganz nebenher helfe ich Helena immer noch mit ihrem Buch und arbeite sehr viel daran", knurrte sie und wandte sich einem äußerst interessanten, wenn auch etwas spärlichen Rosenbusch zu. Er konnte ja einfach hier sitzen und lesen... War ja alles kein Problem. Geld bekam er genug, arbeiten tat er nicht. Was sollte er auch sonst den ganzen Tag machen? Innerlich tobte sie vor Wut, doch ihr Körper wollte das nicht wirklich mitmachen. Immer öfter schwankte das Bild vor ihren Augen und ihre Finger gruben sich in ihre Arme, um wieder ein klares Bild vor sich erscheinen zu lassen. Was war nur los mit ihr? Warum kamen diese ständigen Schwindelanfälle und warum war ihr auf einmal so furchtbar heiß?

  • "Wunderbar", sagte Cinna ironisch aber ruhig. Wieder einmal hatte sie sich an einer Kleinigkeit hochgezogen, die nun wirklich bedeutungslos dahergeredet war. Es schien ihm fast so, dass Arria geradezu nach Ansätzen stocherte, um ihn angiften zu können. E schüttelte kaum merklich den Kopf und hob demonstrativ das Buch, um so zu tun, als würde er sich wieder hineinlesen wollen.

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