| Officium des Pater Gentis |

  • Varus nahm Cinnas Worte ausdruckslos hin, seinen Bruder dabei betrachtend. Er schien nachzudenken und Varus konnte es ihm nicht verübeln. Schließlich setzte Varus den Becher wieder ab, den er zuvor abwartend in den Händen gedreht hatte, und hob das Wort.


    "Es geht mir nicht ums Geld und es war auch nicht mein Wunsch, das Erbe allein entgegenzunehmen. Wenn ich dich daran erinnern darf, hast du mir damals nicht einmal die Möglichkeit gelassen, zu Wort zu kommen. Es hat dich nicht interessiert, dass ich Einspruch erheben wollte, was das Vermögen Sonors und dessen Aufteilung anging, so man das als solche bezeichnen kann. Du hast es vorgezogen, sang- und klanglos zu verschwinden. Ich weiß nicht, warum du solchen Groll gegen mich hegst, Cinna. Wenn es dein Wunsch ist, wirst du genug Geld bekommen, um dich weit genug entfernt vom Rest der Familia niederzulassen. Wie ich bereits sagte - es ist deine Entscheidung."


    Varus nahm an, dass Cinna sich niemals die Blöße geben würde, Geld von seinem Halbbruder anzunehmen. Trotzdem war er gespannt auf seine Worte.

  • "Und warum, Varus? Weil er nie gewollt hätte, dass ich berücksichtigt werde. Ich sagte doch schon, ich will dein Geld nicht. Nicht deins und auch nicht das deines Vaters. Daran hat sich nichts geändert. Ich bin kein Bettler, kein Bittsteller, der jemandem hinterherrennt, um dessen Gunst zu erhaschen oder... oder dessen Mitleid!", entgegnete Cinna barsch und schwenkte verärgert den Becher. Natürlich hatte Cinna damals nicht gewollt, dass man im Erbe des Alten herumwütete. Er hatte seinen unehelichen Sohn nicht berücksichtigt, wie er ihn Zeit seines Lebens nicht akzeptieren konnte. Wer würde da schon noch irgendetwas annehmen wollen, zumal es ihm nicht bestimmt war? Und vor allem: Wer würde da noch etwas von jemandem annehmen wollen, dem immer alles nur so in die Hände gefallen war?
    "Du solltest dich mal sehen... Wie du da sitzt und dich in Verständnislosigkeit hüllst und Großzügigkeit heuchelst..." Ihm lag so vieles auf der Zunge und man konnte sehen, wie er auf sie biss, damit die Situation nicht schon wieder eskalierte. "Ich habe es satt!", spuckte er aus, schüttete den Wein zur Gänze herunter und stellte den Becher laut zurück auf den Tisch, ehe er sich aufrichtete und zur Tür stiefelte.
    "Ich bleibe!", donnerte er und hätte am liebsten die Faust in die Tür gerammt, weil er auf den Bruder angewiesen war.

  • "Du magst es nicht hören wollen, aber hätte ich kein Verständnis, wärst du nun nicht hier, Cinna. Ob du es glaubst oder nicht: du bist und bleibst mein Bruder. Derjenige, mit dem ich als Kind viel Spaß hatte und der mich nun für Dinge hasst, die ich nicht beeinflussen konnte und noch immer nicht kann."


    Große Güte, wurde er nun sentimental? Varus seufzte und erhob sich ebenfalls.


    "Bleibe hier, solange du möchtest. Das ist auch deine Casa."


    Er fühlte sich weder großzügig noch großspurig. Alles, was er fühlte war leichte Resignation und Nachgiebigkeit. Er seufzte und folgte Cinna. Varus musste noch ein Wort mit Arria sprechen.

  • "Nicht beeinflussen...", rasselte Cinnas Stimme, um gen Ende des Gesprächs noch einmal klar und deutlich zu machen, was er von alldem hielt. "Du weißt genauso gut wie ich, dass du dich damit selbst belügst."
    Dann verließ Cinna mit einer wegwerfenden Handbewegung und passendem Geräusch das Officum, wandte sich jedoch nicht mehr um, als Varus ihm aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund hinaus folgte. Da sich ihre Wege vor der Tür aber trennten, sagte er auch nichts weiter.

  • Diesmal versuchte er garnicht, eine Hand freizukriegen, sondern schlug sofort mit dem Kopf an die Tür. Allerdings etwas zu heftig. Ein leichter Schmerz zurchzog seine Stirn.

  • Iason trat ein und stellte die Schale und die Karaffe auf den Tisch zwischen die Papiere. Dann ging er etwas zurück. Sein Herr sah wirklich nicht gut aus! Er wirkte irgendwie...zerknickt!
    "Prosit. Kann ich noch etwas für Euch tun?"

  • "Danke, Iason. Sonst nichts. Du kannst gehen", sagte Varus und schenkte sich zuersteinmal einen Becher Wasser ein. Dann, nachdem er einen Schluck getrunken hatte, tat er sich an dem Obstteller gütlich, den Iason gebracht hatte...

  • Iason wandt sich um und verließ das Officium wieder. Im Gehen überlegte er, warum sein Herr sich dermaßen betrunken hatte. Sonst tat er das nie...

  • Gracchus setzte sich auf den angebotenen Stuhl.


    "Ich bin auf der Suche nach meiner Tante. Mir wurde gesagt das ich sie bei der Gens Petronia finde." Er legte das Medaillon auf den Tisch. "Erkennst du es zufällig wieder?

  • Varus runzelte die Stirn und betrachtete das Medaillon eine Weile, ohne sich zu bewegen. Schließlich beugte er sich vor und griff nach dem Schmuckstück, das nur noch zur Hälfte erhalten war. Nachdenklich drehte er es in Händen und war fasst gewillt, den Mann vor sich seinen Cousin zu nennen, denn er wusste, wo sich die andere Hälfte des Medaillons befand. Doch die Vorsicht ließ ihn das Stück zurück auf den Tisch legen und aufstehen, um sich und Gracchus Wein einzuschenken. Beiläufig gab er dem Mann seinen Becher und fragte:
    "Wie hieß deine Mutter?"


    Er setzte sich wieder und betrachtete das Verhalten des Mannes vor ihm genau.

  • Varus wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. Schließlich setzte er sich wieder. Er wollte es ja gern glauben, aber - konnte er sich sicher sein, nicht einem Betrüger in die Hände geraten zu sein?
    "Ich möchte alles wissen, was du über deine Familie weißt. Über deine Mutter, deinen Vater...Geschiwster...und das Medaillon."

  • Hm.Dieser Varus ist ganz schön neugierig.


    "Mein Vater war Lucius Gracchus. Er fiel im Kampf bei den Auxiliartruppen." Gracchus schluckte. Er war nie ganz über seinen Tod hinweggekommen. "Geschwister hab ich keine. Über das Medaillon weiß ich eigentlich nichts.Meine Mutter gab es mir vor ihrem Tod."



    "Sie hat mir nie erzählt das sie eine Schwester hat." fügte er etwas leiser dazu.

  • "Hm", machte Varus. Viel war das ja nicht.
    Er kannte keinen Lucius Gracchus. Und ihm war auch nicht bekannt, dass Sabina eine Schwester gehabt hatte.
    "Wer waren deine Großeltern?"
    Vielleicht gelang es ohm ja auf diesem Wege, etwas mehr Licht in diese verworrene Geschichte zu bringen.
    "Und warum gab sie dir ein kaputtes Medaillon? Es fehlt ja die Hälfte..."

  • Gracchus kam sich langsam wie in einem Verhör vor
    "Mein Großvater väterlicherseits war Decimus Gracchus, meine Großmutter war Hostia. Mein Großvater mütterlicherseits war Quintus Sonor. Aber da er ja anscheinend zu den Petronia gehörte nehme ich an das er Quintus Petronius Sonor hieß. Den Namen meiner Großmutter kenne ich nicht. Und die Tatsache das das Medaillon geteilt ist hat sicher auch einen bestimmten Grund. Vielleicht hat meine Tante das Gegenstück. Weißt du ihr wie ihr Name ist?

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