[Domus] Factio Veneta

  • Über Stunden hatte ein wachsamer Teil seines Geistes beständig Blicke, Worte und Bewegungen der umgebenden Personen notiert, analysiert und interpretiert. Hatte Angst und Furcht genährt und Wachsamkeit gefordert. Das, was Stunden überdauert hatte, zerbrach nun in wenigen Sekunden durch noch weniger Worte.
    Er hatte Recht gehabt. Hatte die Blicke richtig gedeutet. Hatte die Zuneigung in Helenas Blick richtig gedeutet. Und nicht minder war er sich nun über die Wahrheit hinter den Blicken ihres Gastgebers sicher. Wo sonst ein Teil seines Ichs laut für die gelungene detektivische Arbeit applaudiert hätte, war diesmal nur sehr stilles Schweigen zu vernehmen,


    Die Berührung ihrer Hand an seiner Wange ließ ihn zusammenzucken. Nicht viel, doch ausreichend um in aus den schweren Gedanken zu reißen. So viel wollte er sagen. So viele als notwenig erachtete Worte. Worte die trotzig verkündet hätten, dass er keine Hilfe benötigen würde. Dass er es nicht beabsichtigte zu heiraten sondern doch noch der Legion beizutreten. Dass der kleine Bruder die Hürden des Lebens auch alleine meistern würde und keine Rücksichtnahme bedurfte. Worte, die der offene Blick seiner braunen Augen sofort Lügen gestraft hätte.


    Stattdessen zwang er sich zu einem schwachen aber erkennbaren Lächeln. Gerade stark genug um den Hauch der Glaubwürdigkeit zu heucheln. Schild und Schutz hatte er geschworen zu sein. Doch so wie ein Scutum die Bewegungsfreiheit eines Soldaten einschränkte, so erkannte er nun, dass auch er der Bewegungsfreiheit Helenas im Wege stand und dabei nur wenig Schutz bieten konnte. Welch bittere Erkenntnis, welch bittere Wahrheit für den jungen idealistischen, verträumten Geist.


    Er zuckte mit den Achseln als er ihre Frage beantwortete:


    „In manchen Fällen gewöhnt man sich an das Gewicht der Fessel, die den Schritt einschränkt. Manchmal spürt man erst wie belastend ihr Gewicht war, wenn sie abgestreift worden ist. Selbst wenn das Gewicht der Fessel den Träger auf sicheren Boden halten wollen, wird sie eines Tages zur Last.“


    „Alles was ich jemals von dir verlangen werde ist, dass du dich niemals in eine unnötige Gefahr begibst.“


    Die Kraft des jungen Bruders für weitere Worte war erschöpft und so gingen die wohl gemeinten Worte in einem stillen Schweigen auf.

  • Manchmal schien er ihr sehr nahe zu sein, und dann wieder unendlich fern, als würde er sich in einer eigenen Welt bewegen, in der sie keinen Zutritt hatte. War es so, wenn Männer erwachsen wurden, dass sie sich in ihre kleinen Sphären zurückzogen und nur ab und an wieder in eine Welt zurückkehrten, die sie auch verstehen konnte? Sie hatte das Gefühl, dass es sehr vieles gab, was er nicht gesagt hatte und was sie folglich nicht mit Worten würde entkräften können - aber es gab kaum eine Möglichkeit, dagegen anzugehen.


    "Du wirst nie eine Fessel für mich sein, Constantius ... dafür bin ich viel zu gern an Deiner Seite. Man hat uns viele Jahre genommen und ich möchte Dich gern eine Weile erleben dürfen ... wie aus meinem Bruder der wird, den Du Dir zu sein erträumst. Ein Miles oder was auch immer das nun ist ..." Sie drückte sacht seine Hand. "Du musst mir nur eines versprechen, Constantius ... denn das ist sehr wichtig. Irgendwann wirst Du eine Frau haben, die Du bei Dir haben möchtest, damit sie Dein Leben teilt, so ist es nunmal ... wir Menschen sind nicht dazu geschaffen, auf ewig allein zu sein. Bitte verschließe Dich nicht davor, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Ich wünsche mir wirklich sehr, Dich glücklich zu sehen ... und irgendwann einmal Tante zu werden und Deine Kinder hemmungslos verziehen zu können." Sie hob den Blick zu ihm. "Versprichst Du mir das?"

  • Der warme Blick ruhte noch immer offen auf dem Gesicht Helenas. Das was niemals sein Mund verkündet hätte, spielte sich in dem Spiegel seiner Seele nur zu deutlich ab. In dem Meer unterschiedlicher Gefühle glitzerte ein aufrichtiges Gefühl der brüderlichen Liebe und Sorge Helena entgegen.


    Die Worte seiner Schwester zauberten ein fast wehmütiges Lächeln auf seine Lippen. Hatte doch nur ein Bruchteil seiner Träume bisher die Ankunft in Rom, die Grundausbildung in der cohortes urbanae unbeschadet überlebt.


    Er drückte ihre Hand vorsichtig und entzog schließlich seine Hand der ihren. Das Lächeln auf seinen Lippen hellte sich auf und der Blick des jungen Bruders aus vergangener Zeit erreichte Helena für einen Moment.


    „So lange ich dir mehr Stütze als Hindernis bin, werde ich in deiner Nähe bleiben Helena. Und dort wirst du mich sicherlich glücklich sehen.“


    Er fügte eine kurze Pause ein und sammelte Kraft für besonnen gewählte Worte:

    „Ich verspreche dir, dass ich den Weg, den mir die Götter weisen, gehen werde. Vielleicht wird eines Tages eine Frau, die mir zuteil werden soll, diesen Weg kreuzen. Ich verspreche dir, mich dann nicht dagegen zu sträuben. Gegen das Schicksal vermag selbst ich nicht zu bestehen. Und am Ende wird vielleicht meine große Schwester mühsam hinter vielen kleinen, wagemutigen Sprösslingen der Iulier in einer angemessenen Villa hinterher rennen müssen. Doch dies liegt allein in der Hand der Götter.“

  • "Wieviele Kinder planst du?" sagte sie leise lachend, doch mit einem merklichen Ausdruck der Erleichterung in ihrem Blick. So vieles gab es zu bedenken, so vieles zu tun, um ihm alle Möglichkeiten für seine Zukunft zu eröffnen - dass er nicht Zeit seines Lebens ein einfacher Miles der Cohortes Urbanae bleiben konnte, lag zumindest für Iulia Helena auf der Hand. Auch ihr Vater hätte sich einen anderen Posten für seinen Sohn gewünscht, dessen war sie sich sicher - ein Miles war immer sehr nahe an allen Problemen der Stadt dran, und damit auch an allen Unruheherden mit Verletzungsgefahr. Noch einmal die nüchternen Worte zu hören, die den Hinterbliebenen zukamen, wenn ein Familienmitglied fiel, hätte sie nicht ertragen, zumindest nicht so bald.


    "Aber ich bin froh, dass Du es wenigstens in Betracht ziehst. Die Casa Iulia hat so viele Zimmer, es wäre schrecklich, wenn die alle leer blieben ... wären es Deine Kinder, die sie bevölkerten, hätte ich sicher eine sehr zufriedene Zeit. Du weisst, mir sind eigene Kinder verwehrt geblieben .." für einen kurzen Moment wirkte sie sehr wehmütig. "..auch wenn Titus und ich uns das gewünscht hätten. Jetzt liegt es an Dir, die Familie ein wenig zu vergrößern." Damit zwinkerte sie ihm leicht zu und wandte sich zu dem Fenster, das auf den Innenhof des Domus führte. Es wäre wirklich schön, ein paar Kinder scheuchen zu können - aber so war es eben, sie standen noch am Anfang eines sehr langen Weges, der nicht sehr leicht sein würde. Dennoch, sie zweifelte nicht daran, dass er seinen Teil des Wegs mit Bravour meistern würde. Immerhin war er ihr Bruder.

  • Constantius betrachtete Helena als sie sich dem Fenster zuwandte. Eine leichte Röte stieg in die Wangen des jungen Iuliers. Er dankte den Göttern, dass Helena in diesem Moment den Blick von ihm gelöst hatte.


    Gedanken über das Kinderkriegen? Oder gar einen Plan? Er hatte Pläne geschmiedet, wie er einmal als großer Feldherr einen Siegeszug durch Rom abhalten würde. Doch Pläne bezüglich seines Nachwuchses? Ein zaghafter Kuss in Hispanien, den ein besonderes Mädchen ihm einst schenkte, gehörte zu seinen intensiveren Begegnungen mit dem weiblichen Geschlecht und würde kaum in die Kategorie „Nachwuchsplanung“ eingeordnet werden können.
    Wie so oft vermochte seine Stimme seine innere Unsicherheit nicht völlig zu überdecken.


    „Ich werde wohl darüber nachdenken müssen!“


    Hätte er nicht eine nichts sagende Floskel wählen können? Etwas weniger Auffälliges? Erneut verfluchte Constantius die Kunst der Rhetorik. Zu oft offenbarte er durch seine Abstinenz von rhetorischen Fähigkeiten seinen wahren Gefühlszustand.


    Ein entschuldigendes, teilweise verlegen wirkendes Lächeln, das er so oft zur Schau stellte, sollte auch diesmal seinen Worten folgen.

  • Sie lächelte bei seiner Antwort, die so vieles oder auch gar nichts heissen mochte - und in diesem Moment entspann sich ein Vorhaben, das der Familienplanung der Iulier nur nützlich sein konnte. Denn insgeheim war sie ziemlich überzeugt, dass ihr bei solchen Dingen eher schüchterner Bruder noch nicht die Erfahrung gesammelt hatte, die man einem Mann in seinem Alter eigentlich zumeist zutraute - und selbst würde er wohl dafür auch nicht sorgen, sodass sie sich darum kümmern würde.


    Eine in den Dingen der Liebe erfahrene Lupa vielleicht, nicht zu jung, nicht zu alt, nicht zu exotisch ... ja, das wäre sicher nicht verkehrt, sie würde nur noch eine solche Frau auftreiben müssen. Und natürlich sollte diese Sache nicht in einem Lupanar stattfinden, überlegte sie und wandte sich mit einem Lächeln auf den Lippen wieder in die Richtung ihres Bruders - und just in diesem Moment kehrte Callidus zurück in den Raum, ein Tablett mit sich tragend, auf dem mehrere Becher standen, eine Weinamphore hatte er unter den Arm geklemmt.


    "So, da wären wir wieder ... diese elenden Sklaven! Heute scheinen sie wirklich ihren faulen Tag zu haben," brummte der Trainer und blickte die Gäste des Hauses entschuldigend an.

  • Was vermag schon einen jüngeren Bruder von schweren Gedanken abzulenken, wenn nicht das Lächeln seiner Schwester und Eintreffen eines wohl schmeckenden Weines?


    Constantius wusste das warme Lächeln, das Helena ihm schenkte, nicht vollständig zu deuten. Es war mehr als nur ein Lächeln, bedingt durch die geschwisterliche Zuneigung. Hatte sie ihn durchschaut? Hatte es sie gar belustigt?


    Wäre der Wein nicht im nächsten Moment eingetroffen, wären sicherlich wieder Ströme von Gedanken durch den Geist des jungen Mannes geflossen. Hätten versucht eine Erklärung für ein Glitzern in ihren Augen zu finden, das vielleicht gar nicht dort gewesen war.


    „Es ist eben ein wunderbarer Tag, da sei einem Jeden etwas Muße gegönnt“, sprach er gutmütig in Richtung des Trainers.


    Die gesprochenen Worte zwischen den Geschwistern traten in den Hintergrund. Das was unausgesprochen geblieben war, folgte diesem Beispiel. Doch die Erinnerung an das Gespräch war sich sicher, dass sie schon bald wieder zum Zuge kommen würde. Bereit dem jungen Iulier den Schlaf zu rauben und ihm zum Nachdenken zu zwingen. Doch im Moment war Constantius ein Moment der Ruhe gegönnt. Er lächelte.

  • Sie setzte sich neben ihren Bruder auf eine der gepolsterten Bänke, denn den Wein im stehen trinken war ihr verhasst, wenn man auch sitzen konnte, es hatte so etwas ungemütliches, gehetztes, wenn man sich nicht einmal für einen Becher Wasser-Wein-Gemisch setzen konnte - während der Trainer einschenkt und beiden Geschwistern das gewünschte Getränk überreichte, drückte sie sachte die Hand ihres Bruders und lächelte ihm zu. Manchmal hätte sie ihm am liebsten so das Haar gerichtet wie früher, aber sie wusste zu gut, dass das nichts war, worauf Männer in der Öffentlichkeit Wert legten. Den meisten waren solche von Zuneigung geprägten Gesten auch eher peinlich, und sie wollte ihn nicht beschämen.


    Callidus setzte sich zu den beiden, und hob ebenfalls einen Becher. "Auf die Veneta!" Die drei prosteten sich schmunzelnd zu, dann neigte sich Helena dem Trainer zu. "Du hast wirklich einen beneidenswerten Beruf, als Trainer der Fahrer - ich stelle mir das sehr abwechslungsreich vor. Ist es denn schwer, unter so vielem hoffnungsvollem Nachwuchs einen geeigneten Fahrer zu finden, der vielleicht irgendwann zu den Besten gehören könnte?" Der Gedanke im Hinterkopf der Iulierin war allerdings ein gänzlich anderer: Warum kamen Severus und Victor nicht zurück?

  • Gerade will Campus Calidus zu einer Antwort ansetzen, da betreten Sev und Vic den Raum in vollkommer Eintracht. Der Staub auf der Rüstung des Prätorianers hat sich durch den Kampf noch vermehrt. Die dürftigen Säuberungsversuche seines Trägers haben dem nicht wirklich Abhilfe verschaffen können. Darüber hinaus ist ihm jedoch nichts davon anzusehen und auch der noch schmerzende Kiefer macht keinerlei Anstalten anzuschwellen. Vic sieht um einiges mitgenommener aus. Da er nur eine Tunika trägt, ist dieser die enge und plötzliche Bekanntschaft mit dem Fußboden des Circus Maximus durchaus anzusehen. Die Schläge in den Magen haben keine Spuren hinterlassen, der Volltreffer an der Schläfe beginnt hingegen bereits anzuschwellen. Sie sind in ein Gespräch über ein paar neue Verbesserungen an ihrem eigenen Streitwagen vertieft und grinsend unterbricht sich Sev, als sie sich zu den anderen gesellen.


    "...werd ich dann demnächst mal ausprobieren. Hrhr... Hoi! Musstet ihr lange warten?"


    Er wirft einen kurzen Blick in die Runde und visiert dabei vor allem die Weinbecher an. Schnell ist der bereitgestellte Krug mit dem Nachschub entdeckt und Sev organisiert sich und seinem Bruder zwei volle Becher.

  • Durus betrat wieder einmal das Factio-Haus, um ein paar Mitfans zu treffen und sich über die neuesten Informationen bezüglich des Rennsports zu informieren.
    "Salvete!" sagte er in die Runde und sah dann die beiden Vinicier, die beide mehr oder minder einen etwas abgerissenen Eindruck machten.
    "Seid ihr überfallen worden?" fragte er deshalb etwas verwundert.

  • Es war fast wie in den damaligen Zeiten, als sich der jüngste der Brüder nur mit einem Glitzern in den Augen und einem Lächeln auf dem Gesicht mit Helena verständigen konnte. Sie wusste fast immer was passiert war, noch bevor er auch nur ein Wort gefallen war, wusste wann er betrübt und wann er fröhlich war, wusste wann ein gutes Wort oder eine Umarmung von Nöten gewesen war. Und sie war stets die Erste, zu der er kam, wenn er eine weitere seiner heldenhaften Taten vollbracht hatte oder wieder eines seiner phantasievollen, doch meist nicht zu identifizierenden Tiere geschnitzt hatte.
    Und so war der Händedruck, dem sie ihm schenkte, eben jenes wundersame Heilmittel, das nur sie so treffend einzusetzen vermochte. Die wärme ihrer Hand vertrieb die letzten gebliebenen Zweifel und kummervollen Gedanken in die dunkelsten Ecken seines Geistes. Auch wenn die Stimme eines kleinen Jungen, die sich erwachsen fühlte, die Hände in die nicht vorhandenen Hüften stemmte und protestierend rief: „Ich bin groß und stark und brauche kein Händedrücken mehr!“
    So war es unumstößlich, dass er ihr für diese Geste unendlich dankbar war.


    Mit einem heiteren Blick sollte er nun dem weiteren Gespräch folgen, oder jedenfalls dem Anfang eines Gesprächs folgen, denn als die Tür sich erneut öffnete, war der Geist des jungen Iuliers für einen Moment völlig aus dem Tritt gebracht. Hätten die Götter bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Gesichtsausdruck für ein überraschtes, erstauntes Gesicht gefunden, so wäre der Blick des jungen Constantius ein überzeugender Prototyp gewesen.
    Mit geweiteten Augen betrachtete er die beiden Brüder und vergaß schlichtweg, dass er gerade im Begriff war, etwas Wein zu trinken. Doch so verharrte der Becher auf halben Weg zum Mund in einer leicht geneigten Haltung.


    Ein munteres „Platsch“ löste die Erstarrung des jungen Mannes. Die edlen Fliesen aus Marmor nahmen den edlen Wein doch zwar ziemlich schadlos und unbeeindruckt auf, doch für einen Moment schoss eine peinlich berührte Röte in die Wangen des jungen Iuliers und er löste den Blick von den beiden Brüdern und blickte auf das Missgeschick das er angerichtet hatte.

  • "Bei den gütigen Göttern!" ist hinter Constantius ein leises Hauchen zu hören, und für den ersten Moment ist nicht wirklich sicher, warum sie diese Worte sagte, ob es nun am ziemlich staubigen und verprügelten Aussehen Victors oder dem verschütteten Wein samt Flecken auf dem Boden lag - der Blick jedoch richtete sich recht schnell auf den Septemvir, dann auf seinen Bruder. Was da passiert sein musste, lag auf der Hand, ausserdem wusste sie von ihren eigenen Brüdern nur zu gut, wie man aussah, wenn man sich geschlagen hatte. Aber warum hatten sich die beiden geschlagen? Sie sahen nicht aus, als würden sie einander nicht zürnen, aber sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass es ohne irgendeinen Grund zu einer handfesten Prügelei gekommen wäre. Das KLONG! des Bechers auf dem Boden riss sie aus ihrer erschrockenen Betrachtung Victors, und sie fing sich wieder aus der kurzen Erstarrung, die sie erfasst hatte.


    "Ich will nicht wissen, wie groß die Quadriga war, gegen die ihr beide gelaufen sein müsst," ergriff sie schließlich energisch das Wort. "Aber wenn Du diese Beule auf der Stirn nicht kühlst, schillert Deine Stirn morgen mit dem schönsten Perlmuttschmuck Roms um die Wette und ich würde fast vermuten, das Collegium hat dann einige sehr amüsante Fragen an Dich, Valerius Victor." Sie ging kurz in die Hocke, hob den Becher auf und stellte ihn energisch auf den Tisch, auf dem die anderen leeren Becher deponiert waren, bevor sie zu Calidus blickte. "Meinst Du, es gibt hier einen Sklaven, der ein kühles Stück Fleisch organisieren kann - und dann die Sauerei hier wegwischt?" Erst dann nickte sie Tiberius Drusus zu. "Salve! Du siehst, Du kommst genau im richtigen Moment - gerade wird es hier lustig."

  • Mit keinem Gedanken daran denkend und überhaupt nicht nachvollziehen könnend, dass es seine eigene Erscheinung ist, die die, zugegebenermaßen übertriebenen, Reaktionen hervorruft, fasst sich Victor unbewusst an die Schläfe, zuckt jedoch recht schnell wieder zurück. Jede Lüge, die er nun auftischen würde, von dem Sklaven, der ihm eine Tür entgegengeschlagen hätte bis zum Überfall von Praesinafans auf dem Weg, wäre zu unglaubwürdig, als dass er sie überhaupt versuchen würde. Er grinst zu Helena und zuckt mit den Schultern. "Der Wagenrennsport wird nicht umsonst als eine der gefährlichsten Sportarten bezeichnet." Dann begrüßt er erst einmal Durus. "Salve, Tiberius. Du kommst gerade rechtzeitig, um auf unsere hoffentlich neuen Factio-Mitglieder anzustoßen. Den spannenden Teil des Tages hast du aber leider schon verpasst."


    Kopfschüttelnd über die ungestüme Jugend von heute wendet sich Calidus ab. Dass sich die Valerier prügeln, ist nichts wirklich ungewöhnliches und Victor ist schon schlimmer als dieses mal davongekommen. "Ich werd sehen dass ich was zum Kühlen auftreib." Vic winkt ab. "Ne, ne, lass mal, ich hab schon von der Salbe drauf, dat reicht. Schau lieber, dass du nen Sklaven auftreibst, der hier aufwischt." Er trinkt einen großen Schluck von dem Wein, den Sev ihm gegeben hat und nickt Constantius zu. "Für größere Trankopfer haben wir sonst auch eine Opferschale, hrhr."


    Victor setzt sich und wendet sich an die beiden Iulier. "Ich hoffe, der Nachmittag hat euch doch gefallen. Also wenn ihr wollt, die Factio Veneta steht euch offen. Das einzige, was wir von den Mitgliedern verlangen ist Beteiligung an den Aktivitäten der Factio. Und natürlich unbedingte Treue und Zusammenhalt im Kampf gegen die Praesina, hrhr."

  • Nun das Missgeschick war passiert und so sehr sich Cosntantius wünschte, dass sein gestrenger Blick auf den Fußboden die Pfütze verschwinden lassen würde, sein Wunsch wurde einfach nicht erhört. Nun galt es wohl erneut gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Wenn die beiden Brüder also eine Meinungsverschiedenheit hatten und diese sogar mit den Fäusten austrugen, dann musste es eine große Meinungsverschiedenheit sein.


    Zwar kannte Constantius aus seiner Jugend genug Zwischenfälle mit seinen größeren Brüdern, bei denen selbst sehr einfache Dinge ausgereicht hatten, um eine wilde Rauferei zu entfesseln – bei dem der kleinste und jüngste der Brüder natürlich leider zu oft unterlegen war – doch wenn sich erwachsene Männer mit Fäusten behakten, dann musste es ein eindeutiges Problem gehen. Und Constantius begann zu erahnen welches Problem vielleicht derart wichtig sein könnte.


    Der junge Iulier erhob sich von der Sitzbank und blickte zu Victor herüber.


    „Verzeih, das sich den guten Wein verschüttet habe. Doch manchmal soll es ja Glück bringen Wein direkt auf den Fußboden zu opfern. Es soll schnell vor kleineren Fehlern bewahren, die große Folgen nach sich ziehen könnten. Und wir alle wollen ja kein Übel beim nächsten Rennen erleben.“


    Sollte Constantius mehr mit seinen Worten gemeint haben, so ließ er es sich nicht anmerken. Sein Blick blieb weiterhin freundlich und offen. Jedenfalls so lange bis er die Worte anfügte:


    „Ebenso ehrt uns dein Angebot“


    Der jüngere Bruder blickte sich zu Helena um und ließ den Blick nur kurz auf ihr verweilen.
    Doch dieser Moment sollte wieder ausreichen um hunderte von Gedanken auf einmal loszutreten. Er hatte es nun in der Hand. Wollte er sich ihr in den Weg, aus ehrbaren und egoistischen Gründen zugleich, stellen, oder wollte er, dass sie glücklich wird. Und für alle Fälle in ihrem Schatten folgen, bereit zu sein ihr beizustehen, wenn das Schicksal einmal mehr grüße Bürden auf ihre Schultern legen würde.


    „Und nur zu gern würden wir der Fractio der Veneta in Treue im Kampf gegen die Praesina beistehen.“


    Ein abschließendes Lächeln legte sich auf seine Züge. Aufrichtig, doch sollte es nicht den üblichen Glanz erreichen.

  • Constantius hatte sich entschieden - und das aus eigenem Willen, wie sie hoffte. Genau wie bei der Wahl eines Patrons hatte sie sich geschworen, ihm in solchen Dingen nicht hinein zu reden, egal, wie ihre Interessen lagen. Denn früher oder später würde er alle Entscheidungen ohne ihren Beistand treffen müssen, wenn er erst einmal einen eigenen Haushalt besaß und seine Frau ihm verantwortlich war. Still lächelte sie und nickte zu den Worten ihres Bruders, aber sie wollte nichts dazu sagen, sein Wort galt schließlich für sie beide. Nur die Augen leuchteten und drückten eine gewisse Freude über seine Entscheidung aus - sie hatte es sich gewünscht, aber sie hätte auch eine andere Entscheidung akzeptiert, akzeptieren müssen. Nur ein sehr kurzer Blick ging zu Victor, erforschte seine Miene, als dieser Constantius' Worte vernahm, aber allzulange wagte sie nicht, ihn anzusehen, damit es nicht auffiel.


    So lenkte sie den Blick zu allen anderen, lächelte und schwieg, wie man es von einer römischen Frau im allgemeinen sehr oft erwartete - dass dann ein Sklave herein kam und begann, das Weinmalheur schnell wegzuwischen, war eine dankbare Abwechslung und so beobachtete sie den Sklaven eine Weile, tief einatmend. Das alles begann, ein wenig kompliziert zu werden - so viele Männer auf einmal und Constantius zwischendrin. Für einige Momente lang überlegte sie, sich zu verabschieden und Haushaltspflichten vorzuschieben, damit er sich alleine und in Ruhe mit ihnen unterhalten konnte, aber es würde wohl ziemlich unhöflich wirken. Sie blieb neben ihrem Bruder stehen und lauschte den Worten der Männer, nach einem Ausweg suchend, wie sie in diese ausgesprochen virile Gesellschaft passen konnte.

  • Durus schüttelte leicht den Kopf, als Victor über sein Aussehen hinwegging, als sei nichts gewesen. Es war klar zu erkennen, dass er sich geprügelt hatte - und das im Erwachsenenalter! Dann fing er sich wieder
    "Ihr habt euch also entschieden? Ausgezeichnet! Natürlich trinke ich gern auf euer Wohl und das der Veneta!"

  • Sim-Off:

    Nu tut mal nicht so, als wär der Vic total abgerissen. So doll war das auch nicht, außerdem im Gebäude und nicht auf der staubigen Bahn. 8)


    Victor hebt seinen Becher und prostet den Anwesenden zu, auch Helena, auf der sein Blick ein wenig länger verweilt und bei der sein Grinsen etwas Verschmitztes annimmt. "Auf unsere neuen Sodales! Veneta Victrix!" Er trinkt einen großen Schluck und denk daran, dass das bedeuten würde, dass er die Iulierin vermutlich nun öfter hier sehen würde. Mit Sev hatte er sich ja sozusagen über diesem Umstand ausgesprochen, auch wenn sie letztendlich zu keinem Ergebnis gekommen sind. Eigentlich ist Victor auch gegen Frauen in der Factio, denn kaum eine hat wirklich einen Plan von Wagenrennen, doch dass sich Helena zumindest ein wenig auskennt, das hatte sie an diesem Tag schon bewiesen, so würde er dann doch mal eine Ausnahme machen.

  • In der Runde der Männer stehend hätte Constantius sicherlich auch seinen Weinkelch erhoben und den anderen zugeprostet, doch den Kelch mit der wohlschmeckenden Flüssigkeit hatte er ja kurz zuvor verloren. So blieb ihm nichts anderes übrig, als mit einem Lächeln schweigend daneben zustehen.


    Eigentlich erwies sich dies als glücklicher Zufall, denn so war er in der Lage die Männer ohne viele Umstände zu beobachten. Betrachtete interessiert die Gefühlsregungen, die Blicke und das Lächeln der Anwesenden. Sammelte Informationen ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, vielleicht aufdringlich zu wirken.
    Zudem konnten Männer, die Wein tranken, schwerlich gleichzeitig reden. Es trat für einen Moment Stille ein. Eine wortlose Stille. Eine wortlose Stille, die dem jungen Iulier so oft so Recht war. Solche Momente gaben ihm Zeit zu denken, zu sinnieren, Kraft zu sammeln. Für Constantius waren es die schöneren Momente eines längeren Gesprächs.


    Doch er sollte es sein, der die Stille schließlich wieder durchbrach.


    „Wo und wann werden denn die nächsten Rennen stattfinden?“

  • Vic schaut durch die Runde. "Gute Frage. Ich wüsste noch nichts Konkretes und da der Princeps die Ameldungen grundsätzlich mir überlässt, würd ich mal sagen, dass es damit ziemlich wahrscheinlich ist, dass es noch keine offiziellen Termine gibt. Die Ludi Apollinares sind sicher die nächsten offiziellen Rennen. Allerdings hab ich mit Purgitius Macer von der Russata ein gemeinsames Training mit den Roten vereinbart. Es wird unseren Jungs gut tun, wenn sie zwischendurch auch mal gegen Teamfremde Gegner fahren müssen und mal nicht schon von vorneherein jede Taktik kennen." Erst jetzt fällt Vic auf, dass Constantius keinen Becher mehr in der Hand hat, ein unverzeihlicher Gastgeberfehler und ein unmöglicher Zustand. Darum beeilt er sich aufzustehen und noch einen frischen Becher von einem kleinen Tisch an der Seite zu holen. Er füllt ihn mit einer ziemlich guten Mischung und reicht ihn Wortlos an Constantius weiter.

  • Gerade hatte sie Constantius ebenfalls einen frischen Becher geben wollen, aber da das Victor nun übernommen hatte, konnte sie sich an ihrem eigenen festhalten und die Männer im Raum in aller Ruhe betrachten. Es schien sich eine sehr entspannte Stimmung abzuzeichnen, zumindest hoffte sie das, und sie fühlte sich darob sehr zufrieden. Sollte es wirklich geschafft sein, und Constantius in Rom Anschluss gefunden haben, mit dem er sich verstehen konnte? Es war eine zugegebenermaßen sehr starke Hoffnung, die sie hier hegte, und sie würde so schnell sicher nicht sterben - denn da waren die beiden Valerier-Brüder, Hermes, der auch recht freundlich schien, der Trainer, mit dem sie sich noch vornahm zu sprechen ... überhaupt, auch die anderen Mitglieder würden sicher noch kennenzulernen sein.


    "Besteht denn die Möglichkeit, sich diese Trainings einmal anzusehen? Oder sind davon Besucher eher ausgeschlossen? Ich weiss ja nicht, wie sehr unsere zukünftigen Rennhelden darauf bestehen, alleine ihre Runden zu drehen oder ob sie allzu kritische Blicke während des Trainings nicht lieber vermeiden. Und eine kleine Factio-Feier, bei der alle Mitglieder anwesend sind, wäre doch sicher auch nichts verkehrtes ..." erhob sie die Stimme und nahm anschließend lächelnd einen Schluck aus ihrem Becher.

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