[Domus] Factio Veneta

  • Als Clemens Blick dem Sklaven mit den Honigdatteln hinterherwanderte, stach ihm sein inzwischen vertrauter gewordener Bekannter Tiberius ins Auge. Mit einem schnellen Griff in die Schüssel, welche den Sklaven einen leichten Schock versetzte, lief der Quintilier breit lächelnd auf ihn zu.


    "Salve, Tiberius! Es ist einige Zeit vergangen; aber irgendwie kommt es mir, als hätten wir uns erst gestern wiedergesehen! Ich hoffe, ich komme mit dem Stand der factio nicht ungelegen?"


    Mit einem breiten Wink erwiderte Clemens seinem ehemaligen Gegner und Bekannten aus dem Palindromos seinen Gruß. An seine einnehmende Ausstrahlung konnte sich der potentielle Neuzugang jedoch noch nicht wirklich gewöhnen, weshalb ihm weitere (besser: irgendwelche) Worte im Hals stecken zu bleiben schienen.

  • "Keineswegs, mein Freund. Du kommst genau zur rechten Zeit." er aß die Dattel in seiner Hand auf, sann einen Moment nach, fasste einen Entschluss und sah sich kurz prüfend im Raum um "Wir müssen, bevor wir dich offiziell aufnehmen, noch ein kleine, mhm, Formalität erledigen."

    Von den Factionsoberen war nämlich nach wie vor nichts zu sehen. Der große Versammlungsraum der Veneta war dominiert von einem Hufeisen von Tischen und dazu gehörigen Stühlen. Sowohl Tische als auch Stühle waren filigran gearbeitet und im blau-goldenen Dekor der Factio gehalten. Florale Elemente, die einem neutralen Beobachter vielleicht etwas zu übertrieben vorkommen mochten - ebnefalls in blau und gold gehalten - verzierten Rahmen und Beine der Möbel.

    Genau in der Mitte der horizontalen Tischreihe stand ein Stuhl dessen Lehne etwas höher war, als die der anderen. Der Sitz des Dominus Factionis, auf dem schon Konsuln und Senatoren Platz genommen hatten. Rechts daneben saß normalerweise der Vicarius Domini Factionis. Beide waren heute verwaist. Auf dem Stuhl des Dominus hatte schon seit geraumer Zeit keiner mehr gesessen. Mit beiden Positionen verkannt, war die Factio nicht wirklich handlungsfähig. Iulius Dives hatte in den letzten Jahren sein möglichstes getan, um die Geschäfte der Factio wähend der Abwesenheit von Germanicus Sedulus zu leiten. Fehlte nun allerdings auch der Iulier, gab es da gar niemanden mehr. Und das war kein Zustand.

    Sein Cousin Vibius Victor war seinerzeit Vicarius gewesen. Einer, der eine gewisse Erdung zu seinen senatorischen, patrizischen und sonst wie reichen Kollegen gebracht hatte. Und die Valerier waren immer Anhänger der Blauen gewesen.

    Warum also nicht? Der Stuhl in der Mitte war und blieb leer. Tiberius klopfte Aulus auf die Schulter, grinste "Pass auf". Gemessenen Schrittes umrundete er die Tische und trat hinter den Sitz des Dominus.

    Mit leicht erhobener aber durchdringender Stimme (wenn man in der Basilica den ganzen Tag gegen allen möglichen Lärm anquasseln musste, war das eine gute Übung um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen) sagte er zu dem versammelten Haufen: "Amici, vielleicht wäre es nun an der Zeit, so langsam die Tagesordnung hinter uns zu bringen? Sonst steht uns noch der Wein ab."

    Überraschtes Schweigen trat ein. Dann antwortete Servius Galba, ein älterer Kollege mit geröteter Nase, der stets vor allem im angeregten Gespräch mit seinen Factionskollegen über Götter und die Welt den meisten Spaß hatte und dem solche mondänen Sachen wie offizielle Tagesgeschäfte entschieden das gesellige Beisammensein störten, meinte gelaunt: "Tiberius, wie stellst du dir das vor? Ich sehe hier keinen Dominus und keinen Vicarius. Haben wir nicht. Ohne die können wir nicht anfangen."

    "Ach ja, richtig." antwortete Tiberius nachdenklich und wandte sich halb ab, als wollte er sich wieder unter die Menge mischen. Wie beiläufig legte er dabei eine Hand auf die Lehne des Sitzes und blickte Aulus Saturninus direkt an. Tiberius spekulierte darauf, dass sein Freund clever genug war, das Signal zu erkennen.

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  • Ich hob die Hand, zum Zeichen das ich sprechen wollte und wartete, bis mir die Aufmerksamkeit galt.

    "Amici!", begann ich:

    "Seit geraumer Zeit sind die Stühle des Dominus und des Vicarius verwaist.

    Du hast ganz recht, Servius Galba, somit sind wir handlungsunfähig und das nicht erst seit gestern! Ein Körper ohne Kopf kann jedoch nicht leben.


    Wir müssen diesem Umstand Abhilfe verschaffen, und hier fällt mein Blick auf einen Mann, der mit Herzblut an unserer Sache hängt, , dessen sportlicher Sachverstand und seine Fähigkeit zur Führung und zum Ausgleich unter uns gleichermaßen bekannt sind und dessen Gens schon immer zu den Anhängern der Blauen zählte!


    Ich schlage unseren Amicus: Tiberius Valerius Flaccus als neuen Dominus Factionis vor!

    VENETA VICTRIX!"

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  • Auf Aulus war natürlich immer Verlass. Mit einem bisschen gespielter Überraschung breitete er die Arme aus. "Das ist sehr schmeichelhaft für mich ausgedrückt, Aulus."

    Aber ein bisschen Theatralik schadete ja nicht, ganz im Gegenteil. Den aufgeweckteren unter ihren Factionskollegen würde natürlich mittlerweile aufgegangen sein, was dieses Manöver sollte und vereinzelt sah Tiberius ein verdruckstes Lächeln auf einigen Gesichtern. Aber es regte sich den Göttern sei dank kein Protest. Soweit so gut.

    "Aber ich würde es natürlich machen, Freunde. Wenn ich eurer Votum und eure Legitimation dafür bekomme?"

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  • Das subtile, fast schon telepathische Verständnis seiner beiden Bekannten und ihre scheinbar grenzenlose Macht über die Anwesenden ließ Clemens in verschwiegener Ehrfurcht zurück.


    Was genau vonstatten ging, konnte er sich grob erschließen: Es fehlt wohl ein Teil der Führung, der ziemlich wichtig zu sein scheint.


    Im Wissen, dass er nichts Nennenswertes werde beitragen können, ließ der Quintilier sich an einem möglichst zentralen Punkt nieder. Wie gehofft ließ auch die Verpflegung nicht lang auf sich warten, weshalb ihm bald ein prall gefüllter Teller voll mit Brot, Datteln und Hühnchen Gesellschaft leistete, den er sich von Bediensteten in der Nähe zusammensuchte.


    Die "Aufführung" konnte beginnen.

  • Gut geschieht, was schnell geschieht, dachte ich bei mir und hob erneut zu sprechen an: "Da ich Zustimmung erblicke, wohin ich sehe, bitte ich um allgemeine Akklamation per Handheben für Tiberius Valerius Flaccus als unseren neuen Dominus Factionis."

    Hätte ja glatt über die Bühne gehen können. Ging es jedoch nicht.

    120-d9b0e300becd941c40210e794dbc0820cbb1c612.jpgDenn nun meldete sich ein weiterer amicus, Roscius Fabatus, ein ehrenwerter Mann gewiss:

    "Langsam mit den jungen Pferden, Saturninus", sagte er: "Vielleicht möchte ja noch jemand zur Wahl antreten. Gibt es noch weitere Kandidaten?" Er schaute sich im Kreis um.

    "Danke für den Hinweis, Fabatus", sprach ich süsssäuerlich: "Also dann? Noch jemand?" Auch ich schaute die Anwesenden an.

    Eine kurze Pause entstand....sollte sich jemand Anderes melden?

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  • Ein langsames Klatschen erfüllte den Raum.


    Schnell wanderten die Blicke zu dessen Ursprung: Ein älterer Mann mit leicht zerzausten Haaren und einer Toga, die sich zu seiner Rechten jede Sekunde verabzuschieden droht.

    Die plötzliche Macht, die ihm der Saal verlieh, bereitete ihm seinem selbstsicheren Grinsen nach große Freude.


    "Herrliche Aufführung, ihr beiden. Wie lang habt ihr euer Theater denn schon einstudiert?"


    Raunen zog durch die Menge; die Stille zerfiel in eine Mischung aus Einzelgesprächen und verwirrten Blicken.


    Genau, wo sie sein sollten.


    "Ganz recht, mei amici. Wir werden alle an der Nase herumgeführt - länger, als die meisten von euch ahnten. Lange habe ich das alles beobachtet und gehofft, ein paar rechtschaffene Mitglieder würden endlich ihre Stimme erheben. Doch leider..."


    Der Redner schüttelte selbstverliebt seinen Kopf, seine schmal gewordenen Augen glitzernd mit einer Prise Hochmut.

    Wie am Ende eines Gebetes hob der selbsternannte Erlöser seine Arme.


    "Leider haben sie die meisten von euch um den Finger gewickelt. Doch keine Sorge; ich werde dem ein Ende setzen."


    Pause.


    "Lief das nicht etwas zu glatt? Ich bitte euch: Wacht doch endlich auf!

    Kein Dominus, kein Vicarius - die factio so schwach wie selten. Und ganz plötzlich kommen zwei Milchgesichter, die sich jetzt - natürlich rein zufällig und allein von Sorge und Großmut geleitet - mal eben zum dictator ernennen!"


    Wenn sein Publikum davor schon in Gesprächen versank, brach spätestens jetzt das letzte bisschen Ordnung zusammen. Empörung, Beifall und ein Crescendo an verwirrten Fragenden formten eine unerträgliche Kakophonie, die den gesamten Saal verschluckte.


    Doch selbst durch dieses Dickicht brach die jetzt schon heiß geredete Stimme des Alten durch.


    "Wenn irgendwer hier auch nur ein letztes bisschen Anstand habt, verhindert ihr diesen Verrat an unseren Traditionen!

    Und was euch angeht:"


    Der Hetzer streckte seinen rechten Arm inklusive Zeigefinger mit einer solchen Wucht in Richtung von Tiberius und Saturninus, dass sich die Toga auf der Seite endgültig verabschiedete.


    "Hütet euch vor den Iden des März."



    ------


    Clemens lehnte sich anfangs noch zurück. Allein das Aussehen des Alten versprach schon eine gute Show. Doch keine Macht der Welt hätte ihn auf dieses Schauspiel vorbereiten können.


    Wo ein anderer mit Besonnenheit und Diplomatie Frieden stften würde... lässt sich Clemens lieber von der Menge mitreißen. Schnell wurde der Beobachter zum Darsteller. Ein "Oooooooohhhh" hier, ein "Endlich sagt's mal einer!" da... Einzig die Leere seines Tellers erinnerte den Quintilier an seinen Part und ließ ihn schlagartig verstummen.


    Sim-Off:

    Tobt ihr beiden euch ruhig auch mit ihm aus! Namensvorschläge willkommen! An alle Leser: Keine Sorge; die Nummer ist abgesprochen!

  • Ach schade. Das Überrumpelungsmanöver war hinüber. Aber die Operation konnte immer noch gelingen. Der Grund hierfür war offensichtlich. Wäre die Attacke auf Aulus und Tiberius in gemessener Stimme von einem honorigen Herrn vorgetragen worden, wäre der Handstreich wahrscheinlich erledigt gewesen. Stattdessen kam sie in der Form wütenden Gepöbels von einem Kollegen, dessen Namen Tiberius nicht mehr einfallen wollte. Für jedes "Ooooooh" und "Endlich sagt's mal einer" sah Tiberius auch mindestens einen missbilligenden Blick.


    Nur mit Mühe konnte er sich von einer arroganten Replik abhalten. Der Drang, sarkastisch über den Kerl herzuziehen, war fast übermächtig und in Tiberius' Kopf formten sich Sätze wie "Langsam alter Mann, sonst rutscht dir mit deiner Fresse auch gleich noch deine Klamotte vom Ranzen und das will hier keiner sehen." Oder "Iden des März sagt er, du bist doch zu senil um auch nur ein Messer richtig herum zu halten und würdest beim Versuch jemanden abzustechen doch eh vorher einen Herzanfall abbekommen." Oder "Für dich wäre ein Dictator doch eine gute Sache, denn du brauchst doch immer wieder starke Führung. Eine, die dich nach hause schleppt, wenn man dich mal wieder vollgesoffene Visage nach unten vom Boarium kratzen muss."

    Allein, in dieser Situation war zurück pöbeln nicht die Strategie der Wahl und so blieben diese Sätze ungesagt.

    Stattdessen setzte er sein verhalten-verbindliches Anwaltslächeln auf.


    "Nun, mein Freund, sonst hat sich keiner gemeldet. Wir verpassen in Ermangelung einer Führung Wagenrennen. Es stehen wichtige Festtrage und Rennen an und wenn die Blauen mitfahren wollen, brauchen wir jemanden, der die Führung übernimmt und die Formalitäten erledigt. Zusammen mit euch liebe Kollegen und immer unter Berücksichtigung aller Meinungen - auch deiner gewichtigen Meinung." Er nickte dem Pöbelkönig freundlich zu. "Keine Dictatur also im, im Gegenteil. Um die veneta wieder nach vorn zu führen, braucht es jede Stimme.

    Und haben nicht mein Verwandter Valerius Victor der Factio gut gedient? Ich bin sicher, ich könnte unserem glorreichen Rennstall wieder zu dem Platz verhelfen, der ihm gebührt. Nämlich dem ganz oben auf der Liste. Dafür brauche ich eure Zustimmung um die ich hiermit bitte. Stimmen wir ab."


    Solche Politik war zu einem guten Teil Bauchgefühl und Tiberius' Bauchgefühl sagte ihm, dass er eine Mehrheit bekommen konnte. Und manchmal musste man eine Abstimmung forcieren, wenn man nicht wollte, dass einem in einer ausgedehnten Diskussion noch die Felle schwimmen gingen.

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  • Ich warf Tiberius einen Blick zu, als der Mann nun den Pseudo- Brutus gab und uns entgegen donnerte, dass wir uns vor den Iden des März hüten sollten. Auch ich hätte gerne eine Antwort parat gehabt, doch in einer Sache hatte der Träger der verrutschten Toga recht : Ich war jung, und ich war neu.

    Ich rettete mich in verwaltungsgemäße Sachlichkeit:

    " Roscius Fabiatus, du wolltest dich zur Wahl stellen?", fragte ich höflich den einen und den Unbekannten mit der großen Geste:
    "Und dein Einwurf war als Willenskundgebung zu verstehen, dass du ebenfalls kandidieren möchtest, Freund des Wagenrennsports - wie war bitte dein Name?"


    Roscius Fabiatus hatte sich jedoch die Rede von Tiberius angehört und erwiderte:

    " Nein, das wollte ich nicht, junger Freund. Ich bin auch nicht gegen Freund Flaccus, im Gegenteil, so wie ein Pferdegespann ein Leitpferd braucht, so braucht auch eine Factio einen Dominus, und das ist keine Dictatur! "

    Man sah dem Mann an, dass er das starke Wort hier für unangebracht hielt.

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  • Die Diplomatie traf den selbsternannten König des Saales ein wenig unerwartet. Verärgerte Menschen lassen sich leicht spielen; gelassene sind gefährlich... vor allem bei für ihn unbeschriebene Blätter.


    Das Spiel können allerdings auch drei spielen.


    Der Unbekannte richtete seine toga und verneigte sich vor dem Saal.


    "Selbstverständlich trete ich ebenfalls an. Nicht Wein oder Gedanken sind das wertvollste Gut der Griechen..."


    Ein verachtungsvoller Blick traf seine beiden Gegenredner.


    "Es ist die Demokratie."


    Vereinzeltes Raunen tönte aus der Menge.


    "Ich habe diese factio schon in ihren Anfängen begleitet; Sterne aufsteigen und fallen sehen. Es gibt Muster - und ich habe sie gefunden. Ich möchte den Saal nicht langweilen mit meinen von Sorge, Bedauern und Hoffnung getriebenen Beobachtungen und Untersuchungen. Doch sei jedem hier eines versichert: Mit unseren Mitteln, eurem Vertrauen und meinem Genie ist der Himmel allein unsere Grenze!"


    Ein unerwartet lauter Jubel brach los. Der Alte forderte mit einem selbstverliebten Grinsen mit zu sich winkenden Händen mehr.


    Nachdem sich der Saal ein wenig beruhigt hatte, hob der Redner mit mehr oder weniger gut gespielter Überraschung seinen Zeigefinger in die Höhe.


    "Ach, ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt. Nero Stenius Commodus - eure letzte Hoffnung."


    Sim-Off:

    Gleich zwei umstrittene Kaiser in einem Namen. Der Zufallsgenerator hat wirklich geliefert!



    -----


    Leider war die Wahl des nächsten Tellers für Clemens wichtiger als die gesamte Rede, die er mehr oder weniger mitbekam. Allerdings fühlte selbst er das Knistern im Saal. In gespannter Erwartung nahm er seinen alten Platz ein und erwartete den nächsten Zug seiner herausgeforderten Freunde.

  • In meiner Vorstellung hatte die berühmte griechische Demokratie nur funktioniert, solange jeder jeden auf der Agora auch persönlich kannte, und Roma mit seiner Million Einwohner hatte die kritische Größe bereits überschritten. Dennoch nickte ich mit ehrfurchtsvoller Miene, ja, solch ein Einwand kam ja immer gut, selbst in unseren Tagen.

    " Unsere verehrten amici, Tiberius Valerius Flaccus und - Nero Stenius Commodus stehen also zur Wahl zum Dominus unserer geliebten Factio."

    Es war gewiss Zufall, dass ich trotz betont sachlicher Sprache, sine ira et studio* sozusagen, vor dem "Nero" etwas zögerte, als lähmte mir eine böse Vorbedeutung einen Bruchteil einer Sekunde die Zunge. **


    Ich schaute zu Tiberius herüber, um zu wissen, wie die Wahl zu organisieren war.

    Einfach durch Handzeichen?

    Oder als Wahl durch die Abgabe von tesserae, Würfelplättchen in zwei verschiedene Gefäße?


    Ich selbst hätte es erbaulich gefunden, dass ein jeder sich auf die linke oder rechte Seite vom Stuhl aus gesehen begeben würde; wenn ich Glück hatte, würde die Toga des selbsternannten Brutus ganz und gar das Zeitliche segnen.


    Sim-Off:

    * Ohne Zorn und ohne Eifer **Leider kann ich auf Commodus nicht eingehen ;)

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  • Nun gut. Stunde der Wahrheit. Er blickte kurz zu Clemens. Ob wohl Fortuna dem ganzen hier wohlgesonnen war?


    "Ja, ahem Handzeichen sind glaube ich die übliche Vorgehensweise. Stimmen wir ab, Freunde."

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  • Nero erhob sich räuspernd.


    "Ich erlaube es."


    Er setzte sich, bald verloren in Unterhaltungen über die glorreiche Zukunft der Veneta in einem etwas zu besorgten Ton. Die Toga fand sich schon bald in ihrer gewohnt bedrohlichen Tiefe, die bei wilderen Gesten mehr und mehr Teile des Oberkörpers freilegen würde.


    ---------


    "Auch die Sklavinnen bekommen hier wohl Einiges geboten..."


    Clemens Blick blieb weiter auf Nero. Der Kommentar des Quinitiliers hatte zwar nur den Äußernden als Publikum, doch zumindest er genoss ihn etwas zu sehr für einen eigenen Witz.


    Der Saal wurde wieder etwas unruhiger, als sich die Wahl anbahnte. Der Raum war gefüllt von Schwärmereien vergangener Siege und dem ein oder anderen Lob für private Triumphe und Dienste der factio der beiden Menschen, die dem lächerlich anmutenden Dramatiker tapfer Paroli baten. Genauso oft kam man aber auch auf die Banalitäten, derer das Leben in jedem Tag reichlich anbietet und dennoch weiterer Besprechung harren.

    Die Stimmung hatte etwas Einnehmendes, das zum Mitmachen einlud.

    Da Clemens jedoch eher mit dem Knochenbau einiger Hühnchen als mit Menschen in diesem Treffen vertraut wurde, besann er sich auf sein Kerngeschäft. Eingebungen gab es keine und aus den Knochen seines Abendessens hätte er nicht herauslesen können, selbst wenn das möglich gewesen wäre.

    Stattdessen wanderte die Hand des Quintiliers wieder zu seinem Geldbeutel. Ratgeber in unklaren Lebenslagen, Geldquelle, Zeitvertreib - die ihm so vertraut gewordene Münze der Fortuna war all das und mehr.

    Mit einer Präzision, die auf eine Menge Zeit schließen lässt, legte Clemens das Silberstück auf seine linke Faust und führte es von einem Finger zum Anderen; am Zeigefinger angekommen hob er sie mit dem Daumen vorsichtig an, um die Münze vom mittleren Teil des nach außen geknickten Daumens und seinem noch geballten Zeigefinger landen zu lassen.* Ein befriedigender, metallener Klang kündigt den Flug der Münze an, welcher mit einem Klatschen sein Ende fand.


    Clemens hebt seine rechte Hand, betrachtet das Ergebnis kurz und lässt sie mit einem Lächeln wieder im Beutel verschwinden.


    Sie lächelte zwar nicht, aber schon der Anblick einer Miniaturversion seiner Göttin reichte dem Quintilier als Grund zur Freude.** Clemens suchte Tiberius Blick, seinen Daumen gen Himmel streckend.


    Sim-Off:

    *Das geht. Wie viele Versuche der Autor dafür gebraucht hat, bleibt sein Geheimnis... ;)


    Sim-Off:

    **Der irl durchgeführte Münzwurf landete bei Kopf, also bei Tiberius. Schade - Neros Fall mit der ein oder anderen rückblickend nicht ganz so schlechten Aktion wäre sicher interessant gewesen...^^

  • Nun gut. Stunde der Wahrheit. Er blickte kurz zu Clemens. Ob wohl Fortuna dem ganzen hier wohlgesonnen war?


    "Ja, ahem Handzeichen sind glaube ich die übliche Vorgehensweise. Stimmen wir ab, Freunde."


    Ich wartete, bis wieder einigermaßen Stille herrschte. Quintilius Clemens warf derweil eine Münze. Vielleicht nicht die schlechteste Wahl, Wahlen den Göttern zu überlassen. Er machte ein Zeichen zu dem Valerius - offensichtlich war ein gutes Omen geschehen.


    "Also bitte Handzeichen. Wer seine Stimme Tiberius Valerius Flaccus gibt, bitte einmal die Hand erheben."


    Mittlerweile hatte Diocles so etwas wie eine große Tabula organisiert, und während wir durchzählten, machte er Striche und strich sie wieder durch, es ergaben sich

    LXXXVI.

    Damit hatte Tiberius gewonnen, aber da alles äußerst korrekt zugehen sollte, fiel mein Blick auf den Quintilius, der neu war und somit nicht im Geruch eines Parteigängers stand, und da es nebenbei bemerkt, eine effektive Methode war, einen Neuen einzubinden, in dem man ihm gleich eine Aufgabe übertrug, bat ich ihn:

    "Quintilius Clemens, würdest du uns die Ehre erweisen, und das ausgezählte Ergebnis noch einmal nachzählen! Du weißt schon, vier Augen sehen mehr als zwei...die Hände bitte oben lassen, amici." Diocles zählte ja nicht mit....

    ein wenig leid tat es mir freilich, Clemens von seinem Hähnchen loszureißen



    Sim-Off:

    Ich glaube mich zu erinnern, gelesen zu haben, dass die factiones ca. 154 Mitglieder hatten. ich finde die Quelle nicht, und wer bessere Zahlen hat, ich korrigiere gerne. :)

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  • Neros Stimme bebte vor Triumph.


    "Besser ist's!"


    Ein paar austauschbare Begleiter stimmten mit ein. Es tat wenig, um die leicht angespannte Stimmung im Saal zu lockern. Das Gewicht der Vorwürfe lag schwer auf dem Saal.

    Es dauerte nicht lange, bis die ersten Arme schwankten. Ein Wähler ächzte und senkte seinen Arm, nur um ihn mit Unterstützung seines anderen zumindest etwas schonender oben zu halten.


    Von dem zweiten "Zähler" war nirgends eine Spur.


    Tiberius Gegner erhob sich langsam von seinem Platz, sein Gesicht von hervortretenden Adern und Rot gezeichnet.


    "Was hat diese Posse zu bedeuten?! Wo soll dieser "Quintilius Clemens" denn bitte sein?"


    Verachtung triefte aus der Betonung des Namens. Es war deutlich, dass mehr als Widerstand und Lügen von diesem Unbekannten nicht zu erwarten waren.


    Nero verfolgte Saturninus Blick zu einer zierlich anmutenden Gestalt und spürte das Gift in der Galle hochkommen.


    ________________________


    Kurz nach seinem großen Auftritt rief das Essen. Irgendwas an den Knochen seines Hühnchen packte die Aufmerksamkeit des Quintiliers, an dem er eben noch geknabbert hatte. Einer davon war ungewöhnlich groß...


    Sind das echt noch Hühner gewesen?


    Und noch während Saturninus publikumswirksam dem Träumer eine Aufgabe erteilte, verlor Clemens sich in Erinnerungen an sein letztes Tieropfer. Die Form des Knochens war irgendwie vertraut, auch wenn ihm Quintus damals die verstörendsten Teile erspart hatte. Ein wenig packt einen die morbide Neugierde eben doch, oder? Er ließ es sich damals auch nicht nehmen, die verbleibenden Reste zu begutachten. Natürlich wollte er das vor den Anderen nicht machen, weshalb...


    Ein Wackeln seines Körpers brachte Clemens ins Jetzt zurück. Sein Blick zog nach links und traf auf einen finster drein guckenden Mann. Kraftvoll stieß er seine rechte Hand in Richtung von Saturninus.


    "Was erlaubst du dir eigentlich?" Stieß der Mann aus, den der Quinitlier dank seiner charakteristisch wieder einmal hängenden Toga als Tiberius unterhaltsamen Gegner identifizierte.


    "Was erlaubst DU dir eigentlich?" Entgegnete der Quintilier mit einer Mischung aus Stolz und Verachtung, die einem nur jahrelange Konfrontation mit Autoritäten gab.


    Das schadenfrohe Grinsen im Gesicht Neros sprach mehr als alle Worte. Mit einer theatralischen Geste, die seine Toga fallen ließ, wandte er sich an seine Menge.


    "Wieder einmal typisch... Respektlose Jugend im Bett mit Emporkömmlingen! Erst reden sie die Opposition klein - jetzt sollen dem Wähler die Arme abfallen!"


    Buh-Rufe und empörtes Raunen waren alle Bestätigung, die der dreiste Alte für sich brauchte. Verloren schaute Clemens durch die Gegend, während ihm manch einer schon den ausgestreckten Arm vors Gesicht hielt.

    Nero konnte dem bloß ein sardonisches Lachen abgewinnen.


    "Jetzt zähl endlich die Stimmen, verdammt! Und Iuppiter steh dir bei, wenn du auch nur einen Fehler machst!"


    Unter dem wachsamen Auge von Tiberius Widersacher klapperte Clemens Reihe die einzelnen Tische, Menschengruppen und gelegentliche Einzelgänger ab. Den ein oder anderen schnippischen Kommentar ließ sich der ein oder andere Nero-Anhänger ebenfalls nicht nehmen.

    Am Ende seiner Reise angekommen zitterte der zweite Zähler, dem Gesicht nach den Tränen nahe.

    Mit einem leichten Zittern in der Stimme verkündete er:


    "S-sechsund... achzig Stimmen für Tiberius."


    Neros Körper bebte - diesmal aus Schock.

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