[Forum Holitorium] Templum Iunonis Sospitae

  • | Pedarius Globulus


    "Gut, gut", winkte der Aedituus sogleich ab, als der Sklave Anstalten machte, mit der Ziege den Tempel zu betreten, und scheuchte ihn zurück zur Treppe. "Links um die Ecke sind zwei Türen im Tempelpodest eingelassen. Klopfe an die erste, man wird dir helfen, die Ziege für das Opfer herzurichten. Danach warte am Opferstein auf deine Herrinnen!" Um seine Worte zu verdeutlichen - schlussendlich konnte man nie wissen, ob ein Sklave links und rechts verstand, wiewohl Links und Rechts von vorne oder hinten betrachtet sich vice versa darboten - zeigte er durch die Tür einmal nach links und sodann gerade die Treppe hinab zu dem Altarstein, an welchem die blutigen Opfer vollzogen wurden.


    Hernach wandte Pedarius Globulus seine Aufmerksamkeit gänzlich zurück zu Flavia und Tiberia. "Wer von euch wird als Opferherrin fungieren? Oder wäre euch lieber, wenn ich die symbolische Weihung in eurem Namen durchführe?" Der Aedituus hatte des öfteren bereits erlebt, dass gerade die Damen aus bessergestellten Häusern bei blutigen Opfern oftmals ein wenig unsicher waren, denn obgleich die Pietas in ihren Kreisen überaus ernst genommen wurde, fielen solcherlei Aufgaben zumeist ihren Vätern, Brüdern oder Ehemännern zu, während Bürgerinnen aus einfacheren Kreisen öfter gezwungen waren, das Opfermesser selbst in die Hand zu nehmen.



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  • Der Sklave verschwand wieder mit der Ziege im Schlepptau in die richtige Richtung, die man ihm genannt hatte und mit ihm auch jenes unangenehme Odeur, welches diese Tiere im Allgemeinen zu verbreiteten pflegten. Ich hatte bereits zu einem in Parfum getränkten Taschentuch gegriffen, welches mir meine Sklavin gereicht hatte und konnte so wieder normal weiteratmen.


    Als es darum ging, wer die Opferherrin dieses Opfers sein sollte, sah ich mich sofort zu der Tiberia um. Natürlich war es mir sehr dringlich mit diesem Opfer, um nicht zu sagen, es hatte die höchste Priorität, all meiner Geschäfte, die ich heute noch zu tätigen gedachte. Wie es da mit Septima bestellt war, wusste ich nicht. Schließlich war sie ja noch wesentlich jünger als ich, und na ja, wenn es eben nicht beim ersten Mal klappte mit dem Nachwuchs, dann würde es irgendwann einmal...
    Doch dann kam mir in den Sinn, daß ich Septima keinesfalls vorführen wollte, wie verzweifelt ich bereits war. Die Göttin hatte sicher ein Einsehen, als ich dem Priester antwortete.
    "Ich denke, uns kommt das Letztere zupass, nicht wahr, Septima?" Ganz zu schweigen von dem vielen Blut, welches die Ziege zweifellos lassen würde. Nein, nein, da sollte besser der Fachmann ran. ;)

  • Die junge Tiberia war ganz froh darum, dass Celerina das reden mit dem Priester übernahm. Zwar hatte sie schon zahllose Opfer den unterschiedlichen Göttern dargeboten, doch waren es bei ihr immer unblutige Opfergaben, welche sie opferte, so dass ihr im Umgang mit lebenden Tieren, die Erfahrung fehlte. Somit lächelte sie Celerina sanft an, als diese sich bei ihr versicherte, dass es in Ordnung ginge, wenn der Priester das opfern der Ziege übernahm. „Oh ja, selbstverständlich bin ich damit einverstanden.“ pflichtete sie sofort bei. „Es sei denn, du erhoffst dir mehr Gnade von der Göttin, wenn du das Opfer selber darbringst, so wäre ich die Letzte, die dir diesen Wunsch verwehren würde.“ Freundschaftlich, gar liebevoll legte sie ihre Hand kurz auf den Unterarm der Flavia, um ihr deutlich zu machen, dass sie wirklich nichts dagegen hätte, wenn Celerina das Opfer vollziehen würde. Für Septima selbst kam so etwas nicht in Frage, da konnte sie noch so verzweifelt sein. Niemals könnte sie einem Tier das Leben nehmen, um für sich selbst die Erfüllung eines Seelenwunsches zu erbitten.

  • Sofort fiel mein Blick auf ihre Hand, die meinen Unterarm, wenn auch freundschaftlich, ja fast liebevoll, berührte. Auch wenn sie es war, so empfand ich es dennoch als unangenehm. Natürlich konnte ich dies nicht hier und jetzt zeigen, sonst würde sich wohl Morgen halb Rom das Maul darüber zerreißen. Lediglich an meinem Zucken um die Mundwinkel konte man wahrscheinlich erahnen, wie unwohl ich mich fühlte.
    "Nein, nein. So ist es schon besser! Wir überlassen es dir!", meinte ich schließlich zu dem Aedituus.

  • | Pedarius Globulus


    "Ganz wie ihr wünscht. Gibt es denn ein besonderes Anliegen, dass diesem Opfer zu Grunde liegt? Welches Erwähnung finden soll?" fragte der Aedituus, denn die Erwähnung der Gnade der Göttin, lies ihn dies annehmen. Es war auch nicht ungewöhnlich, aber letztlich spielte es keine Rolle. Nicht immer wollten die besser gestellten Damen darüber reden, was er in manchen Fall auch durchaus verstehen konnte.
    Als sich ihm dann ein Popa näherte, wandte sich der Aedituus einen Moment von den beiden Patrizierinnen ab, um dem Opferdiener gleich Anweisungen für Opfer zu erteilen. "Bereitet am Opferstein alles für das Opfer vor und entzündet auch das Feuer." sagte der Aedituus und schickte den Popa gleich weiter. Dann wandte er sich wieder den beiden Damen zu.



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  • Die Frage des Aedituus ließ mich erst zögern. Als er sich uns kurz abwandte, um der Popa Anweisungen für unser bevorstehendes Opfer zu geben, warf ich einen kurzen fragenden Blick zu Septima. Sie hätte wohl sicher nichts dagegen, wenn unser Anliegen Erwähnung fand. Es war doch ganz natürlich, wenn frisch verheiratete Frauen um eine baldige Schwangerschaft baten. Nun ja, meine Hochzeit lag nun schon einige Monate zurück. Aber warum sollte ich nicht dafür beten, was mir bislang verwehrt geblieben war?
    "Wir möchten gerne die erhabene Göttin um eine baldige Schwangerschaft bitten," antwortete ich dem Aedituus, als er sich uns wieder zuwandte.

  • | Pedarius Globulus


    Der Aedituus lächelte wissend. Viele Frauen kamen natürlich zu Iuno, um die Göttin um ihren Segen für eine Gravidität zu bitten, und aus Erfahrung wusste Pedarius, dass dies überaus erfolgversprechend war - zumindest kamen die wenigsten Frauen mehr als ein paar mal, viele sogar nur zweimalig und beim zweiten Male schon, um für eine Empfängnis zu danken. "Dann werde ich das bei der Weihung berücksichtigen. So müsst ihr mir nur noch eure Namen nennen, dass die Göttin auch weiß, wem sie ihre Gunst zuteil werden lassen soll."
    In manchen Kulturen war es gängig, dass der oder die allwissenden Götter wussten, wer sie bat, wiewohl manche gar in der Bittenden Köpfe blicken konnten, doch die römische Sichtweise war diesbezüglich eine überaus pragmatische - auch ein einflussreicher Patron konnte sich nicht die Namen all seiner Klienten merken, so dass man kaum wohl von den Göttern konnte erwarten, alle Menschen zu kennen, weshalb die Nennung des eigenen Namens in einem Opfer nahezu obligat war - obgleich es selbstredend auch hiervon stets Ausnahmen gab, die der Götter Gunst dennoch erwirkt hatten.



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  • Es war nur eine winzige Regung im Gesicht der Flavia, welche Septima dazu veranlasste, ihre Hand von ihrem Unterarm zurück zu nehmen. In einer solchen Situation war deutlich der Altersunterschied zwischen den beiden Römernin sichtbar, denn Septima mangelte es noch an der vornehmen Zurückhaltung, welche Celerina bereits perfektioniert hatte.
    Der Aedituus erkundigte sich nach ihrer beider Bitte an die große Göttin und Celerina warf einen kurzen, fragenden Blick zu Septima. Diese nickte nur kurz und gab somit ihr Einverständnis, dass ihre Bitte erwähnt werden sollte. Celerina gab den Wunsch der beiden Frauen an den Priester weiter. Dann erkundigte er sich nach ihren Namen. Nun war es Septima, die ihm die Antwort gab. „Flavia Celerina und Tiberia Septima.“
    Während dessen bereitete ein Popa alles weitere für die Opferung vor. Wie bei jedem blutigen Opfer, begann sich ein unangenehmes Gefühl in Septimas Bauchgegend zu sammeln. Doch dies war ein wichtiges Opfer. Es sollte ihnen beiden und im besonderen Celerina, die erhoffte Fruchtbarkeit schenken, nach der sich jede Frau sehnen sollte, denn es war ihre Aufgabe, die Nachkommenschaft der Familie zu sichern. Also atmete Septima möglichst unauffällig tief ein und aus, um das mulmige Gefühl über den baldigen Tot der mitgebrachten Ziege zu verdrängen.

  • | Pedarius Globulus


    "Flavia Celerina und Tiberia Septima", wiederholte der Aedituus, um sich die Namen einzuprägen. Er hatte kein sonderlich gutes Namensgedächtnis, so dass er sich bis zum Ende des Opfers eine kleine Eselsbrücke baute aus einer schnellen Nummer im flavischen Amphitheater und dem Fest der Fischer, welche am siebten Tag des Iunius eines jeden Jahres den Tiberinus feierten.
    Sodann nickte er noch einmal tatkräftig. "Gut, dann könnt ihr mit dem Voropfer beginnen, sobald ihr bereit seid."
    Im Tempel selbst würde Pedarius Globulus nur im Hintergrund verweilen.



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  • "Ich danke dir, Aedituus," antwortete ich freundlich, wandte mich dann Septima zu, um schließlich mit ihr gemeinsam zum Standbild der erhabenen Göttin zu schreiten. Uns folgten einige Sklaven, die dazu auserkoren waren, unsere Opfergaben zu tragen. Bevor ich begann, die Opfergaben darzubringen, trat meine Leibsklavin an mich heran und zog einige Haarnadeln aus meinem Haar, die das Ganze, eher provisorisch, zu einer Frisur zusammengehalten hatten. Wie ein Kartenhaus stürzte sie ein und schwarze Locken fielen auf meine Schultern herab.
    Der Sklave, dem der Weihrauch anvertraut worden war, trat an mich heran und reichte ihn mir. Ich füllte eine Schale mit dem edlen Harz und entzündete es, auf daß bald der intensiv duftende Rauch aufstieg. Eine weitere Sklavin, der die Ziegenmilch mit sich führte, kam als nächstes und überreichte sie mir. Die Milch goß ich in die dafür vorgesehene Schale, am Fuße der Göttin. Um die Schlangen, die in den Öffnungen des Sockels hausten, wußte ich, darum tat ich dies, mit größter Vorsicht. Alsbald wagte sich eine der Schlangen hervor und begann von der Milch zu trinken. Andächtig sah ich ihr eine Weile zu, bis ich fortfuhr. Nun reichte mir als nächstes eine Sklavin die Früchte. Frische Feigen waren es, die ich in eine weitere Schüssel gab.
    Dann erhob ich mein Blick hinauf zu der Göttin. "Oh große Iuno Sospitas, bitte nimm unser demütiges Opfer an und erhöre die Bitte deiner Töchter Tiberia Septima und Flavia Celerina." Und ganz besonders deiner Tochter, Flavia Celerina! Natürlich sprach ich das nicht aus, ich dachte es nur. "Auf daß sie mit deiner Gunst beschenkt werden und auf eine baldige Schwangerschaft hoffen dürfen. Bitte beschütze uns, auf daß wir uns bald über ein gesundes Kind freuen dürfen."
    Mein Gebet schloß ich mit einer Wendung nach rechts. Somit war der unblutige Teil unseres Opfers beendet.

  • | Pedarius Globulus


    Während Flavia und Tiberia am foculus vor dem Kultbild ihr Voropfer darbrachten, blickte der Aedituus immer wieder zur Türe hinaus, hinab zu den Vorbereitungen am Opferstein. Noch ehe Celerina ihr Gebet beendete, stand dort das Zicklein bereit, geschmückt und zweifelsohne mit einigen Kräutern und Gräsern zur Kooperation bewegt, flankiert von einigen Opferhelfern, sowie auch der Sklavin der Patrizierin. Nach dem Voropfer konnte so die kleine Prozession, bestehend aus Flavia und Tiberia, dem Aedituus, zwei Tibicines, welche neben der Pforte sich ihnen anschlossen, sowie den Sklaven alsbald die Treppen hinabziehen auf den Vorplatz des Tempels. Sogleich umkreiste sie eine schmale, junge Opferdienerin mit einem rauchenden Kohletöpfchen, in welches sie alle paar Schritte neuerlich einige Weihrauchkörner hinein gab, während ein junger Bursche mit einer Schale voll Wasser und einem Pinsel aus Rosshaar an Pedarius heran trat, so dass dieser die symbolische Reinigung vollziehen konnte.
    "Favete linguis!
    forderte er die Anwesenden auf - wie so oft waren auch an diesem Tage einige neugierige Passanten auf dem Platz stehen geblieben, um zu sehen wer was weshalb opferte - und begann hernach den Ritus.
    "Iuno Seispes Mater Regina, gütige Göttin, gewähre uns Deine Aufmerksamkeit, dass Flavia Celerina und Tiberia Septima Dir Ihre Gabe offerieren können, Deine Gunst zu erbitten!"
    Nachdem der Aedituus sich die Hände gewaschen und getrocknet hatte, tunkte er die Finger seiner Rechten in eine Schüssel voll mola salsa und strich die Masse über die Stirn der Ziege, in deren Fell silberfarbene Eisenpartikel das Licht der Sonne reflektierten.
    "Iuno Seispes Mater Regina, gnädige Göttin, dies Zicklein schenken Dir Flavia Celerina und Tiberia Septima, dass Du, Iuno Sospita, ihnen Deine Gunst gewähren mögest, dass Du ihnen das Glück einer jeden Frau bescherst und Flavia Celerina und Tiberia Septima Fruchtbarkeit gewährst, gütige Iuno Sospitas!"
    Pedarius Globulus nahm das Opfermesser von seinem Gürtel, führte die symbolische Entkleidung des Tieres durch, welches noch immer recht ruhig auf den Armen eines Opferdieners ausharrte, und rief noch einmal die Göttin an.
    "Iuno Seispes Mater Regina, große Göttin, Flavia Celerina und Tiberia Septima schenken Dir dieses Zicklein, dass Du ihren Wunsch erfüllen mögest!"
    Zu den beiden Patrizierinnen gewandt folgte schlussendlich das "Agone?"



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  • Erleichtert darüber, daß die Schlangen von der Milchgekostet hatten, sah ich zufrieden zu Septima, die die ganze Zeit hinter mir verharrt hatte. Ich war mir nicht sicher, wie ernst es ihr mit dem Opfer gewesen war, schließlich war sie um einige Jahre jünger als ich und hatte, so nahm ich es an, auch noch keine Fehlgeburt erlitten.
    In der Zwischenzeit hatte man unser Opfertier hergerichtet. Auch wenn das kleine Geschöpf sehr entzückend ausgesehen hatte, war nun nicht die Zeit, sentimental zu werden. Das Tier hatte seine Bestimmung, wie alles im Leben seine Bestimmung hatte. Seine Bestimmung war es, die Göttin gütig zu stimmen , damit sie uns ihre Gunst gewehrte.
    Wir folgten nun der Prozession nach draußen, zum Vorplatz des Tempels, wo nun gleich der blutige Teil unseres Opfers vollzogen werden sollte. Während der Aedituus mit dem Ritus begann, schloß ich die Augen. Nur ein Gedanke geisterte in meinem Kopf herum. Laß mich endlich schwanger werden!Als ich schließlich das ersehnte Agone hörte, öffneten sich meine Augen wieder. Ich wandte meinen Blick zu dem Aedituus und antwortete ihm. "Age!"
    Allein dieses kleine Wort, würde nun das Leben der jungen Ziege beenden. Ihr Blut und ihr Fleisch waren unser Geschenk an Iuno Sospita, auf das sie unsere Gabe annahm.

  • Mit einem kurzen Nicken bedankte sie sich ebenfalls beim Aedituus und trat mit Celerina an der Seite auf das in Stein gehauene Bildnis der Göttin Iuno Sospitas zu. Es war erstaunlich, wie ein paar Haarnadeln ausreichten, um ihrer beider langen Haare genügend Halt zu geben, ohne dass sie sich eine aufwendige Frisur hatten machen lassen. Binnen kürzester Zeit standen sie beide mit losem Haar da und knieten sich vor den Sockel der Statue. Ein wenig argwöhnisch schielte Septima auf die Öffnungen im Sockel und die nähere Umgebung, denn sie wollte keiner der göttlichen Schlangen auf den Schwanz treten, oder ihr sonst wie im Weg sein. Alles sollte perfekt sein und es gab, ihrer Meinung nach, auch nichts auszusetzen. Bisher verließ alles absolut reibungslos.


    Celerina begann mit der Opferung des Weihrauchs. Es folgte die Milch für die Schlangen und anschließend reife Feigen als Symbol der Fruchtbarkeit. Andächtig und in sich gekehrt verfolgte Septima jeden einzelnen Handgriff. Als die Flavia in ihrer beiden Namen um die Gunst und Güte der Göttin gebetet hatte, griff Septima zu einem kleinen Beutel an ihrem Gürtel und gab ebenfalls etwas von ihrem mitgebrachten Weihrauch in die ganz leicht glimmenden Überreste von Celerina. Sofort zogen wieder feine, weiße Rauchfäden empor und der angenehme Duft des Weihrauchs umgab sie. Ein weiterer Schluck Milch wurde vorsichtig von ihr in die Schale mit der trinkenden Schlange gegossen und anschließend brachte sie ebenfalls eine Feige als letztes Opfer dar. „Göttliche Iuno...“ Septima mußte sich kurz räuspern. Ihre Stimme war wackelig und dünn. Etwas lauter und selbstbewusster fuhr sie fort. „Bitte nimm das Opfer deiner demütigen Dienerinnen, Flavia Celerina und Tiberia Septima an und segne uns mit der Fruchtbarkeit unserer Leiber. Wir bitten dich, halte deine schützende Hand über uns und das Leben, welches, durch deine Güte, eines Tages in uns reifen wird.“ Eine Verbeugung nach rechts bildete den Abschluss.


    Das blutige Opfer folgte direkt im Anschluss. Lediglich einen kurzen Blickkontakt tauschten die beiden Frauen, als sie auch schon dem kleinen Tross nach draußen folgten, wo sich bereits ein paar Schaulustige versammelt hatten. Womöglich war es das, was Septima an blutigen Opferzeremonien nicht so mochte – die Schaulustigen. Im Inneren des Tempels waren sie mehr oder weniger für sich allein gewesen. Allein mit der göttlichen Iuno Sospitas. Mit gesenktem Blick nahm Septima die Vorbereitungen zur Opferung ihrer mitgebrachten Ziege wahr. Gleich würde das arme Tier sein Leben für ihre Wünsche lassen. 'Aber es ist ein guter Wunsch.' versuchte sie sich selbst Mut zu machen, dass dies hier richtig war. Es gehörte zu den Sitten und Bräuchen der Römer, dass sie ihren Göttern zu ganz besonderen Anlässen ein Tier opferten. 'Für Celerine.' flüsterte Septima immer wieder im Geist. Sie wünschte sich von ganzem Herzen die Erfüllung des Wunsches der Flavia. Celerina sollte ein Kind bekommen und dafür war das Opfer der Ziege genau richtig.
    Das erlösende Wort 'Age' kam und Septima schaute kurz zu Celerina. Aus einem Impuls heraus streifte sie kurz die Hand der etwas älteren Frau und lächelte. Dieses Opfer sollte ausschließlich für Celerina sein.
    Während das Blut aus dem Körper der Ziege lief, betete Septima still zu Iuno. 'Bitte, Iuno Sospitas, erfülle den sehnlichen Wunsch deiner Tochter, Flavia Celerina, nach einem Kind. Segne sie mit einem Sohn, auf dass sie ihrem Mann Ehre bereitet und ihrer menschlichen Bestimmung gerecht werden kann. Lass sie eine gute und sichere Geburt haben, damit sie ihrem Kind eine gute Mutter, und ihrem Gemahl noch lange eine gute Frau sein kann.' Über die Inbrunst ihres Gebetes hinweg, bekam Septima gar nicht genau mit, wie die Ziege ihr Leben ließ, um hoffentlich neues Leben für sie beide zu bringen.

  • | Pedarius Globulus


    Auf die Weisung der Patrizierin hin packte der Aedituus mit der Linken den Kopf der Ziege und hob ihn an, hob im gleichen Augenblicke mit der Rechten die Klinge zu ihrem Hals, so dass noch bevor sie ein protestierndes Meckern ausstoßen konnte, Pedarius mit einem schnellen Schnitt ihr die Kehle öffnete. Ein Schwall warmes Blut schoss aus der klaffenden Wunde, benetzte mit einigen Spritzern auch das Gewand des Aedituus, der nicht rechtzeitig zur Seite treten konnte, und überzog den Grund zu seinen Füßen mit einem kleinen rotfarbenen See, der ob der sommerlichen Wärme schnell geronn. Nachdem kaum noch Lebenssaft aus dem schlaffen Körper troff, legte der Opferhelfer das Zicklein auf dem Boden ab und begann es auszuweiden, die vitalia aus dem Bauch heraus zu lösen, so dass Pedarius Globulus schlussendlich die Schale mit den Innereien begutachten konnte, um die Gunst der Iuno Sospita der Flavia und der Tiberia gegenüber dort heraus zu lesen.



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  • Das Zicklein gab sein Leben, ohne sich groß zu streuben. Dies konnte es auch kaum, denn ehe es sich versah, war bereits seine Kehle durchtrennt und das Blut quoll aus seinem Inneren.
    Es schien, als wolle es mir bei diesem Anblick unwohl werden, doch fing ich mich wieder. Ich zwang mich sogar, nicht den Blick abzuwenden, als der Opferhelfer sich daran machte, das Tier auszuweiden, damit anschließend der Aedituus die vitalia begutachten konnte, ob sie auch geeignet waren, um die Göttin freundlich zu stimmen. Mit großem Interesse beobachtet ich ihn dabei, versuchte aus seinem Gesicht zu lesen, um noch bevor er sein Ergebnis kund tat, im Bilde zu sein. Allerdings gestaltete sich dieses als besonders schwierig. So mußte ich mich einfach gedulden.

  • Unbemerkt von Priester und Opfernden hatte das Zicklein doch einen Makel und fand daher nicht Gnade in den Augen der Göttin.


    Der Priester würde einen großen Knoten bei der Leber und zwei weitere kleine in den Gedärmen finden.

  • | Pedarius Globulus


    Die Milz prüfte Pedarius etwas nachlässig - zu oft prüfte er Eingeweide, als dass sich nicht eine gewisse Sorglosigkeit dabei hätte eingeschlichen -, wollte auch über die Leber mit recht grobem Blick hinweg gehen, doch die Verwucherung darauf war kaum zu übersehen. Er befühlte den dunklen Flecken, um zu prüfen, ob es nur eine Verfärbung war - bereits dies hätte streng genommen ausgereicht, das Opfer als abgelehnt zu betrachten, doch der Aedituus war dabei nicht ganz so strikt in seinen Ansichten, denn einheitlich, glatt geformt wie ein Tonmodell war ohnehin keine Leber - doch das Gewebe unter seinen Fingerkuppen war hart und spröde.


    Es wäre sehr schwer gewesen, einen solchen Makel bei einem öffentlichen, bezahlten Opfer mit Erfolgsgarantie zu verbergen, doch in der kleinen Runde, in welcher die Opfernden, die Helfer und Zuschauer um den Altar aufgereiht waren, war es geradezu unmöglich. Zudem hatte auch niemand Pedarius dafür bezahlt, die Annahme der Gabe um jeden Preis auszusprechen, so dass er schlussendlich den Kopf hob und bedauernd schüttelte. "Iuno Seispes Mater Regina ist nicht gewillt, dieses Opfer anzunehmen."


    Aus welchem Grund, ob es zu wenig war, der falsche Zeitpunkt oder das falsche Tier, ob Iuno grundsätzlich den beiden Frauen ihre Gunst verweigerte oder nur einer von ihnen, dies ließ der Aedituus offen, lag es doch nicht in seinem Metier, solcherlei Fragestellungen zu beantworten. Seine Aufgabe als Dienstleister war es nur, mögliche Lösungen anzubieten. "Möchtet ihr ein weiteres Tier opfern?" Es würde nicht allzu lange dauern, ein Ersatztier zu besorgen und herzurichten, doch ob es Aussicht auf Erfolg gab, dies mussten die beiden Opferherrinnen für sich selbst bestimmten. Andernfalls würde das Opfer mit einer nochmaligen Reinigung als gescheitert abgeschlossen werden.



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  • Die Spannung stieg ins unermeßliche. Mir war, als würde mir gleich schwarz vor Augen werden, doch ich tat dies nur als dumme Folge meiner Anspannung ab. Ich hing förmlich an den Lippen des Aedituus und konnte es nicht mehr abwarten, wie sein Urteil ausfallen würde. Alles um mich herum war bedeutungslos geworden, selbst Septima war nebensächlich geworden. Dieses Opfer war so wichtig für mich gewesen. Ich hatte mich so sehr hineingesteigert, als würde Leben und Tod davon abhängen. Und in der Tat würde mir ein angenommenes Opfer wieder sehr viel Lebensqualität zurückgeben. Mit der Gunst Iunos könnte ich alles wieder gelassener angehen.
    Doch die Göttin wollte mich einer weiteren Prüfung unterziehen. Aus allen Wolken fiel ich, als ich das Kopfschütteln des Aedituus sah und die dazugehörigen Worte vernahm.
    "Nein… das…das ist nicht… Das ist…" , stammelte ich. Zweifellos lag es an mir, daß das Opfer verschmäht worden war!
    Mir wurde heiß und kalt zugleich. Mit einem Mal fühlte ich mich wie im Taumel. Alles schien so surreal zu sein. Die Frage nach der Fortsetzung des Opfers ging an mir vorbei . Meine ganze Wahrnehmung war getrübt. Schließlich kehrte die Schwärze wieder zurück, die mich in mich selbst zusammensacken ließ. Meine Sklavin war es, die mich noch rechtzeitig auffing und dann begann mir Luft zuzufächeln , damit ich das Bewußsein wieder zurückgewinnen konnte.

  • | Pedarius Globulus


    Während der Aedituus auf eine Antwort wartete, schien es ihm fast, als könne er die einzelnen Abstufungen erkennen, in welchen die Farbe der Flavia aus deren Gesicht bis zu einem ungesunden, hellen Staubgrau wich, ehedem sie wie kurz zuvor die Opferziege in sich zusammensackte. Das Getuschel und Gemurmel unter den Zuschauern, welches nach dem nicht angenommenen Opfer eingesetzt hatte, verstärkte sich noch ein wenig, während die patrizischen Sklaven sich bereits um ihre Herrin herum versammelten.


    "Ich denke, wir sollten das Opfer hier beenden" wandte Pedarius sich an Tiberia Septima. "Für ein weiteres Tier ist ein andermal wohl ein besserer Zeitpunkt."
    Von einem der Opferhelfer nahm der Aedituus erneut den Pinsel aus Rosshaar entgegen, tauchte ihn in die bereitgehaltene Schale voller Wasser und murmelte die rituelle Formel der Abschlussreinigung, um damit das gescheiterte Opfer zu beenden.



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  • Als das Messer des Aedituus die Kehle der Ziege durchtrennte, senkte Septima ihren Blick und lenkte ihn möglichst unauffällig von der roten Flut weg, um das Sterben des Tieres nicht mit ansehen zu müssen. Erst als es zur Betrachtung der Vitales kam, wagte es die junge Frau wieder genauer hinzuschauen. Unendlich reihten sich die Augenblicke aneinander, bis der Opferhelfer das vernichtende Ergebnis all ihrer Hoffnungen verkündete. Obwohl Septima mehr für ihre Freundin Celerina gehofft und gebetet hatte, war die Enttäuschung in ihrem Inneren sehr groß, weshalb sie den Zusammenbruch der Flavier viel zu spät bemerkte. „Celerina!“ entfuhr es ihr erschrocken. Nur ein kurzes Kopfnicken bestätigte die Aussage von Pedarius, so dass er das Opfer beenden konnte, während Septima sich neben Celerina auf den Boden hockte.
    „Celerina?“ Sanft sprach sie ihre Freundin an. Septima fühlte sich schuldig. Es war ihre Idee gewesen, dieses Opfer gemeinsam zu vollziehen. „Komm, wir gehen und versuchen es an einem günstigeren Tag erneut.“ Es war ein kläglicher Versuch der Flavier wieder etwas Hoffnung zurück zu geben. Erst einige Wochen später würde Septima den wahren Grund erfahren, wieso es ihre Schuld war, dass das Opfer von Iuno abgelehnt worden war.

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