Mercurinus erblickte den Liktor und ging auf ihn zu.
"Salve, kann man helfen?"
Mercurinus erblickte den Liktor und ging auf ihn zu.
"Salve, kann man helfen?"
"Durch aus möglich" er lächelte. "Ich suche einen Priester, dem die Eheregistratur untersteht. In meiner Rolle befinden sich Anweisungen des Senats."
"Hmmmm. Das Officium der Eheregistratur wurde auf Anweisung der Flaminca Minervae geschlossen. Vielleicht solltest du dich an diese wenden."
"Ohja genau deswegen bin ich hier, wo finde ich diese Flaminca Minervae und hat sie vielleicht auch einen Namen?"
"Natürlich hat sie auch einen Namen. Tiberia Claudia nennt man sie. Ihr Officium befindet sich dort hinten." sagte er und deutete in Richtung von Claudia's Officium.
"Danke" und so folgte Rufinus der Beschreibung.
"Nichts zu danken." sagte er und machte sich auch wieder auf den Weg. Mutter wartete schliesslich mit dem Essen.
Claudia betrat, nach relativ langer Zeit, wieder die Regia und schaute sich um. Eigentlich schien alles noch so zu sein wie zuvor, doch roch es etwas anders als sonst.
Sie lächelte Minervina aufmunternd zu. "Bist du aufgeregt?"
Minervinas Herz hatte gepocht, je näher sie der Regia kamen. Aber sie hatte sich mit der gewünschten Würde einer Patrizierin versucht, nichts anmerken zu lassen und es war ihr auch ganz gut geglückt. Sie hatte sich stets dicht bei ihrer Tante gehalten und als diese endlich die Stille brach, erwiderte Minervina: "Nein, eigentlich nicht. Es ist dein denkwürdiger Tag, aber einer auf den ich mich lange vorbereiten konnte und auf den ich mich schon lange sehr freute. Ab heute kann ich endlich das tun, was Vater sich für mich immer gewünscht hat." Mit einem glücklichen Lächeln blickte sie ihre etwa gleichgroße Tante an.
Claudia nickte. "Dann folge mir." sagte sie und führte sie in das Heiligtum der Ops in der Regia .
Claudia hatte Glück, dass sie den Wächter, der die Regia des Nachts bewachte, noch aus ihrer Zeit hier kannte. Daher konnte sie ihn dazu überreden sie hereinzulassen und sie in der Regia auch allein zu lassen.
Jetzt schritt sie durch die Hallen der Regia und begab sich zum Sitzungssaal des Collegium Pontificiums. Dort holte sie zwei Tabulae und zwei Briefe hervor, die sie auf den Boden vor der Tür legte. Sie selbst stellte sich vor die Tür und senkte ihren Blick. Hinter dieser Tür hatte sie den Göttern, dem Kaiser und dem Imperium gedient, bis sie von eben diesem Kaiser hinausgeworfen wurde. Jetzt würde sich der Kreis schliessen.
Sie holte aus einem kleinen Beutel einen kleinen Dolch, den sie einer ihrer Sklavinnen abgenommen hatte, hervor und betrachtete ihn einen kurzen Moment. Dann setzte sie an und stach zu, dorthin, wo laut Meinung der Ärzte das Herz sass. Während langsam das Leben gemeinsam mit ihrem Blut aus ihr heraus schwoll, sackte sie zusammen und griff nach den Briefen und den Tabulae.
Quintus Tiberius Vitamalacus
Geliebter Bruder,
ich weiss, dass du mich für das, was ich getan habe verurteilen wirst, doch war es notwendig. Halte mich nicht für feige, denn ich tat es auch zum Wohle der Familie. Ich werde Nova einen Gruss von dir überbringen.
Verzeih mir.
Claudia
Rediviva Minervina
Meine kleine Minervina,
bitte verzeih deiner alten Tante, dass sie dich verlässt, doch war es notwendig, um das Unglück, dass die Götter für mich und unsere Familie bereithalten abzuwenden. Als Trost bleibt mir nur zu sagen, dass ich so zumindest die Möglichkeit haben werde deinen Vater wiederzusehen.
Claudia
"Dies sind die Worte der Sibylle:
Dunkel wirds, der Mond scheint helle,
Laufe Biest, verlier dich in der Schnelle!
Denn nur das vorwärts wird dich retten,
Verharren musst du längst in Ketten.
Der Morgen verhangen, von Nebel schwarz,
Wie Blut erscheint das Abendrot.
Warte, nur warte,
Und der Tag ist tot.
Die Furien mit dir auf dem gleichen Schiff,
Es steuert beharrlich auf das verborgene Riff.
Haltlos entfesselt, voll rasender Gier,
Wo ist das dort und wo ist das hier?
Den Löffel hältst du fest in der Hand,
Gräbst dir dein eigenes goldenes Grab,
Warte, nur, warte,
Und der Tag senkt sich herab.
Nach vorn, zurück, im Kreis herum,
Weise sind die Weisen, doch wer ist dumm?
Schau in dich hinein, sieh dein wahres Gesicht,
Wer ist schön, wer ist es nicht?
Der Höllenhund ist nah und gierig,
Der Odem des Hades ein kalter Hauch,
Warte nur, warte,
Dann spürst du es auch."
Dem Pontifex Maximus:
Ich hoffe die mangelnde Würdigung die du mir entgegenbrachtest wird meinen Tod nicht überdauern.
Zuerst glaubt er die Frau wäre nur ohnmächtig und legt einen Schritt zu. Doch das Blut ist bald nicht mehr zu übersehen und der Scriba Brotox verlangsamt seine Schritte. Das Gesicht in Wut verzerrt, droht er mit der geschlossenen Faust zum Boden und macht seinem Ärger laut Luft. "Oh ihr Götter des Infernos! Ich hasse euch! Warum immer ich? WARUM? Warum nicht Mercurinus, Quadratus oder Gaius Populus? Warum müsst ihr immer in meiner Dienstzeit so eine Sauerei hinterlassen!" Er brummelt und stellt seine Tasche an der Wand ab. "So ein Elend ... Elend ... " Er hebt eine Wachstafel vom Boden auf und hebt damit den Kopf der Leiche an. "Hm?" Er lässt von dem verwunschenen Körper ab und liest den Inhalt der Tafel. "Dem Pontifex Maximus - ich hoffe die mangelnde Würdigung die du mir entgegenbrachtest wird meinen Tod nicht überdauern. Ah jeh, eine Verflossene." Er sammelt die Schriftstücke ein, steckt sie in seine Tasche und geht, um einen Sklaven zum Tempel der Libitina zu schicken.
Mercurinus hat die Regia kaum betreten, da stürmt schon ein Sklave auf ihn zu und berichtet von dem Vorfall. Sofort begibt er sich zum Versammlungsraum der Pontifices und kommt nur kurz nach dem Priester der Libitina und den Libitinarii am Ort des Geschehens an. Der Priester beendet gerade die Reinigung des Leichnams, so dass der Körper endlich gedreht werden kann. "Tiberia Claudia!" entfährt es Mercurinus, der die einstige Flaminica von früher kennt. "Eine Tiberia in den heiligen Hallen der Regia ermordet, das ist ein Sakrileg!" Der Scriba, der die Frau gefunden hat, schüttelt den Kopf. "Sie wurde nicht ermordet, sie hat sich selbst das Leben genommen." Mercurinus schaut ihn schief an. "Sie? Hier? Das ist ja noch schlimmer! Was für eine Schande für die Familie."
Eine bedrückende Stille legt sich über den Gang. Dann hüstelt der Scriba. "Sie hat ein paar Briefe hinterlassen." Er zieht die Schriftstücke aus seiner Tasche und übergibt sie Mercurinus. Dieser liest die Briefe, aus denen unzweifelhaft hervor geht, dass sie sich tatsächlich das Leben genommen hat. Dann gelangt er zur Weissagung der Sibylle. Traurig schüttelt er den Kopf. "Die Sibyllen haben sie ins Unglück getrieben. Gerade sie hätte wissen müssen, dass deren Worte nur immer eine Möglichkeit darstellen." Und doch hat sich die Prophezeihung erfüllt, denn der Zerberus erwartet den Geist der Tiberia nun sicherlich. "Vielleicht ist sie verrückt geworden? Doch sie hat es nicht verdient, dass ihr Andenken leidet, trotz allem. Sie war ein guter Mensch." Zumindest zu Mercurinus war sie meist nett gewesen, obwohl er die Gerüchte über ihre Überheblichkeit natürlich nur allzu gut kennt. "Wir sollten ihr und ihrer Familie diese Schande ersparen. Die Götter werden es uns nachsehen. Wir bringen den Leichnam zur Villa Tiberia, doch berichten wir, dass er neben dem Altarstein vor dem Tempel der Minerva gefunden wurde. Falls die Familie eine Untersuchung anordnet, werde ich es den Männern der Chohortes Urbanae erklären. Ihr alle werdet über diesen Vorfall schweigen und jeden Fragesteller zu mir schicken, verstanden?"
Wenig später liegt der Leichnam der Tiberia Claudia auf einer Trage, durch ein weißes Tuch bedeckt. Während ein armer Sklave die Blutlache vom Boden der Regia tilgen muss - und mit ihr die Existenz des Vorfalls - tragen die Libitinari die Tote nach Hause.
Auf dem Forum hatte er etwas gesehen, das ihm das Herz höher springen ließ. Die letzten Wochen waren eher stressig gewesen und nicht daran zu denken seinem Freizeitvergnügen zu fröhnen. Mit einem Mal aber war diese Zeit vorbei. Es ist wie wenn man aus den Wolken fällt und dann hart aufschlägt. Zwei drei Tage kam Avarus dahin zu lesen. Alte Briefe abzuarbeiten oder auch mal dem Gärtner mit einem Plausch auf den Zahn zu fühlen. Jetzt aber konnte ruhig etwas neues kommen und wie durch ein Wunder geschah das auch. Sicher so eine göttliche Fügung.
Jedenfalls war es eine der Regios, wo sich der Senator Avarus sehr schlecht auskannte. Bedeuten würde dies fast nicht oder noch klarer garnicht. Er streunerte also durch den Gang und blickte sich suchend nach einem Priester um. Wahrscheinlich aber waren die hier nichtmal so förmlich bekleidet...
Auf keinen Fall förmlich bekleidet war Mercurinus, der durch die Hallen der Regia spazierte, nachdem er eine Anweisung des Rex Sacrorum in das Officium eines Pontifex Minor getragen hatte. Auf dem Rückweg fiel ihm der Mann mit dem Purpurstreifen auf und er sprach ihn an.
"Kann ich Dir helfen, Senator?"
"Gut möglich...", ließ der angesprochene Senator verlauten. "... ich bin wegen eines Aushanges auf dem Forum hier und einer diesbezüglichen Nachfrage zu einem alten Angebot durch mein Officium. Genau gesagt geht es um die Instandsetzung des Marsanwesens."
Marsanwesen...eine interessante Bezeichnung für einen Tempel, wie Mercurinus feststellte.
"Altes Angebot Deines Officiums, Senator?"
fragte er dann verwirrt. Er wusste gerade nicht so recht, wovon Germanicus sprach...
"Nun die Architectura 'Magister Avarus' stellte bereits vor einigen Monaten dem damaligen Marspriester Caius Flavius Aquilius ein Angebot zur Renovierung des Marsheiligtums zur Verfügung. Lange habe ich darüber nichts mehr erfahren und war umso erstaunter, als diese Arbeiten nun neu ausgeschrieben wurden. Letztlich war ich dem Gedanken verfallen ein anderer Architekt hätte den Zuschlag erhalten."
Zwar hatte der Germanicus nie eine Absage erhalten, doch konnte sie auch im Stress der Bauarbeiten unter gegangen sein.
"Oh, hm...scheinbar hat der Priester vergessen, die Sache weiterzuleiten. Daher...suchen wir noch."
meinte Mercurinus achselzuckend. Er hatte von diesem Priester noch nicht gehört, aber nunja...
"Ist es Senatoren nicht untersagt, Architektenbüros zu unterhalten?"
fragte er dann, denn er hatte von dem Prozess gehört...
"Ist es bewiesen, das es Senatoren untersagt ist? Nun darüber weiß ich nichts und ich glaube auch, das es durchaus verständlich ist, das ich mich nicht von Willkür einiger Stadtbewohner abhalten lasse, dafür zu sorgen, das Rom nicht dem Verfall preisgegeben wird.
Was stellt man sich im Cultus Deorum vor, was die Renovierungsarbeiten anbelangt. Was für ein Umfang ist angedacht, welche finanziellen Mittel sind bereit gestellt, welche Teile sollen erneuert werden, soll nur drüber gestrichen werden, will man Marmorstutzen austauschen, was wird mit dem Boden...?
Ahja ich vergaß, du wolltest mich ja erst an die richtige Stelle in dieser Regia weiterleiten, verzeih."
Suchend blickte der Senator sich um, um schließlich mit dem Augenpaar doch wieder bei diesem Priester zu landen.
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