[Cubiculum] Rediviva Minervina

  • Helena war blass. Sie brachte es erst heute fertig, einen Tag, nachdem sie selbst die Nachricht erhalten hatte. Am Tage zuvor war sie beinahe kindlich apathisch gewesen und da hätte sie niemals.. Zaghaft klopfte sie am Zimmer ihrer Tochter und öffnete die Tür.

  • Minervina saß am Fenster und blickte hinaus in den Garten der Casa. Sie wollte gern hinaus, doch sie hatte noch ein wenig zu schreiben. Hatte sie erst diese grauenhaften Aufgaben gelöst, dann würde sie immer noch hinauskönnen. Sie war immerhin schon alt genug um zu wissen, wo ihre Pflichten waren. Sie schlenderte langsam wieder zu ihrem Schreibtisch zu und setzte sich an diesen um auf den Zettel zu blicken. Ihre Gedanken schweiften wieder zu Marcus ab, jenem Jungen den sie vor ein paar Tagen getroffen hatte. Es war ein so schöner Nachmittag gewesen. Hoffentlich traf sie ihn möglichst bald wieder. Sie lächelte und ließ die Feder wieder über das Pergament kratzen. Da plötzlich klopfte es und Minervina rief erleichtert über diese Störung: "Ja?"

  • Helena harrte noch einen kurzen Moment vor der Tür aus, ehe sie diese öffnete und eintrat. Sie lächelte nicht, als sie Minervina dort sitzen sah. Ihr Blick war voller Sorge, voller Angst. Sie trat langsam ein und schloss die Türe wieder. Dann ging sie schweigend zu Minervinas Bett und ließ sich auf dieses nieder.

  • Minervina verstand nicht, was ihre Mutter hatte. Gestern früh noch war sie lachend auf dem Wege zu Metellus gewesen und seitdem hatte sie sie nicht mehr gesehen. Nun stand sie zutiefst deprimiert hier in ihrem Zimmer. Minervina hopste von ihrem Stuhl und ging zu ihrer Mutter hinüber. "Mutter, was ist los?" fragte sie leise und besorgt. Etwas war hier ganz gewaltig faul und sie würde noch dahinter kommen, was es war. Sie ließ sich neben Helena auf's Bett plumpsen und sah sie an.

  • Zu gern hätte sie gelächelt, als sie Minervinas Besorgnis sah. Immer mehr ähnelte die Kleine ihrem.. Vater. Das braune Haar und die braunen Augen, die sanften aber doch etwas strengen Züge um die Mundpartie. Nach wem Tertius wohl kommen würde? Helena legte ihren Arm um Minervina und drückte sie an sich. Schon wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen, doch Minervina zuliebe versuchte sie, diese zurückzuhalten. "Miinervina, ich..." begann sie, doch blieb sie mitten im Satz stehen. Sie konnte nicht weitersprechen.

  • Sie ließ sich von ihrer Mutter in den Arm ziehen und lehnte ihren Kopf an deren Schulter an. Was war nur los? "Ja Mutter?" fragte sie nun also verunsichert und rieb kurz ihren Kopf an Helena's Schulter, um damit ihre Aufmerksamkeit zu zeigen. Der Blick allerdings war skeptisch auf den Boden gerichtet.

  • Sie rieb kurz Minervina's Schulter. Sicher, Minervina war alt genug, sodass man vernünftig mit ihr sprechen konnte. Und sie würde sicherlich auch reif genug sein um eine solche Botschaft aufzunehmen. Doch wie hatte Helena reagiert? Und wie würde Minervina in der Praxis reagieren? Seit Jahren wartete sie sehnsüchtig auf die Rückkehr ihres Vaters, hoffte jeden Tag darauf, dass er wieder vor der Tür stand, sie hochnahm und umherwirbelte. All diese Illusionen waren nun dahin. "Minervina, bitte versprich mir, dass du ruhig bleibst, dass du bei mir bleibst.." flüsterte Helena.

  • Eine kalte Hand schien nach ihrem Herzen zu greifen und legte ein eisernes Schloss um dieses. Nie hatte sie ihre Mutter so gesehen. Sie hatte es immer gespürt, wenn sie trarugi war, doch lag das an ihrem Instinkt. Hier zeigte Helena, dass es ihr schlecht ging und das hatte sie ihr gegenüber sonst nie getan. "Mutter, niemals würde ich dich allein lassen." bestätigte sie mit leiser Stimme.

  • Helenas Herz pochte stark. ihre Hände begannen zu zittern und wurden feucht. Sie glaubte nicht daran, dass Minervina ihr Versprechen halten würde. Sie war noch ein Kind und würde sie erst wissen, was Helena ihr mitteilen wollte, würde sie durchdrehen. Und dieser Gedanke riss Helenas festen Vorwand ein und ließ ihre die bislang zurückgehaltenen Tränen über die Wangen rinnen. "Minervina, ich hab dich lieb." flüsterte sie mit zittriger Stimme.

  • Minervina wurde zunehmend unruhiger. Noch mehr, als sie die Tränen ihrer Mutter auf ihrem Scheitel spürte. Es konnten nur Tränen sein, denn der Leib Helena's bebte. Minervina kniete auf das Bett und wandte sich ganz ihrer Mutter zu, um sie fest in den Arm zu nehmen. "Ich hab dich auch lieb, Mama." sagte sie in einem weit weniger distanzierten Tonfall als sonst und strich der Mutter sanft übers blonde Haar. Sie fand es nicht schlimm, dass sie als die Tochter den ruhigen Kopf bewahrte und ihre Mutter weinte. Mittlerweile war sie sich auch gar nicht mehr so sicher, ob sie die Wahrheit überhaupt hören wollte.

  • Helena bemerkte, dass Minervina die unsichtbaren Mauern durchbrach, die ihr Verhältnis häufig störten und dies sorgte für weitere Tränen. Alles würde sie für ihre Tochter tun, alles. Sie schloss auch ihren anderen Arm um den schlanken Mädchenleib und streichelte Minervina's Rücken geborgen an ihrer Brust und vor Allem Bösen geschützt. Sie hatten für heute ihre Rollen getauscht und allein diese Tatsache rang Helena ein Lächeln ab. Ein spöttisches Lächeln, Hohn für sich selbst. "Papa... Er..." flüsterte Helena.

  • Minervina erstarrte. Es gab Nachricht von ihrem Vater? Doch nur mit der Naivität eines kleinen Kindes hätte sie damit gerechnet, dass es positive Neuigkeiten waren. Mit ihren zwölf Jahren allerdings wusste sie genau, dass es negative waren. "Was ist mit Vater? Mutter! Bitte sag es mir! Was ist mit ihm?" drängte sie ungeduldig.

  • Helena schloss die Augen. Sie wusste nicht, wie sie weiter sprechen sollte. Ob sie es überhaupt tun konnte, denn immerhin ging es hier um ihre Tochter – und um ihren Mann. Sie schluckte und setzte langsam wieder an. “Schatz, Papa hat es nicht geschafft. Er hat die Reise nicht .. überstanden.“ hauchte Helena und verhärtete ihre Umarmung ein wenig. Es tat ihr plötzlich nicht mehr so sehr um sich, als um Minervina leid.

  • Sie blickte starr auf die Wand gegenüber. Mit etwas Ähnlichem hatte sie gerechnet, aber doch nicht dass ihr Papa… Er konnte kaum tot sein. Nein, nicht ihr Vater. Er hatte schon so schlimme Situationen gemeistert, nie und nimmer war er… Es war völlig ausgeschlossen. Ihr Papa würde sie niemals allein zurück, er hatte ihr doch versprochen wieder zurückzukommen und ihr was Hübsches mitzubringen.

  • Helena strich ihrer tochter sanft über den Rücken und würgte weitere Tränen mühsam zurück. Sie konnte sich vorstellen, wie entsetzt ihre Tochter sein musste. Doch wohl weniger, weil sie Maximus mehr geliebt hatte als sie selbst, als eher deshalb, weil sie sehr auf ihn fixiert war. "Sssht." flüsterte Helena leise und versuchte Minervina dadurch ein wenig beruhigen zu können.

  • Alles fühlte sich so dumpf an. Ihr Vater sollte tot sein. Sie zweifelte nicht an Helena's Worten, dafür schwang zuviel Schmerz in ihnen mit. Aber sie wollte es auch andererseits nicht glauben. Sie hatten doch fast keine Zeit miteinander verbracht. So blieben ihr nur die spärlichen Erinnerungen, welche sie durch viel Fantasie und Mutter's Geschichten ergänzen musste. Sie entzog sich sacht aus der Umarmung und sah zu Helena auf. Jedoch fiel es ihr schwer Worte zu finden. "Bitte, ich musss.. etwas allein sein."

  • Helena wusste nicht, was sie tun sollte. Sie konnte Minervina verstehen, aber in ihr sträubte sich als Mutter etwas dagegen, sie zurückzulassen. Sanft strich sie ihr noch einmal durchs Haar. Mit ihren zwölf Jahren würde Minervina gewiss wissen, was sie wollte und sie alte Frau sollte sich nicht aufdrängen. Sie stand auf und sagte leise: "Ich werde für dich da sein." ehe sie sich umwandte und hinausging.

  • Als ihre Mutter hinausgegangen war, rann die erste Träne über ihre Wange. Dies geschah fast genau in dem Moment, wo die Tür sich schloss. Heute morgen hatte sie Marcus verabschiedet, nachdem gestern diese mittelschwere Katastrophe geschah. Oder war es eher eine wirkliche Katastrophe? Sie wischte sich in einer trotzigen Geste die Träne aus ihrem Gesicht fort und blickte starr aus dem Fenster. Dann stand sie auf, ihre Beine wackelten. Ihr Vater war tot. Es schien ihr, als sei diese Nachricht immer noch nicht richtig angekommen. Müde schlenderte sie zu ihrem Schreibtisch. Gerne würde sie nun Marcus sehen, doch das war kaum möglich..

  • Es waren ab dem Atrium nur noch wenige Schritte, die die beiden Träger durchhalten mussten und bald öffnete Minervina eine Tür, die zu einem kleinen, bescheiden eingerichteten Raum führte. "Legt ihn dort auf das Bett. Kehrt nun ins Atrium zurück, ich bin sicher, es wird nicht lange dauern. Ich danke euch vielmals." Kaum dass der schwere Germane 'verladen' war, schloss die beinahe panisch die Tür und lehnte sich erst einmal gegen diese. Beinahe resignierend betrachtete sie den Germanen, der nun sperrig ihr Bett blockierte.


    Doch lange konnte sie ihre Neugierde nicht mehr zügeln und näherte sich ihm langsam und behutsamen Schrittes. Vielleicht einen Schritt entfernt von ihm, blieb sie stehen und zog sich den Stuhl ihres Schreibtisches heran, um sich auf diesem niederzulassen. Nun galt es warten, denn allein würde sie ihn gewiss nicht hier lassen. Es erschien ihr schon wie Wahnsinn, dass sie sich getraute, unter vier Augen zu sein, wenngleich eines der beiden Paare auch geschlossen war.

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