[Cubiculum] Rediviva Minervina

  • Kaum das die beiden Wachen Belenor auf das Bett verfrachtet hatten, schnauften sie erstmal kräftig durch und wischten sich die Stirn. "Na wenn das mal gutgeht...", warf einer der beiden Minervina zu. Er schien wohl gut zu wissen was da auf dem Bett ausgebreitet lag, hatte er doch schon etwas zu innigen Kontakt mit den zarten Händen des Germanen gehabt.


    Kurzerhand wandte sich jener an Minervina. "Ich hoffe für Dich, das Du eher eine Hand für ihn hast. Wir hatten keine.", rieb sich den Nacken. "Und hoffen wir das der Kerl zumindest genug Hirn...", winkte ab und nickte seinem Kollegen zu. "Die Ketten müssen wir wieder mitnehmen, die gehören Flavus.", nahm jene entgegen und dankte für die angebotene Stärkung, ehe er mit dem anderen Wachmann das Zimmer verliess.


    Belenor, vollkommen weggetreten, schien viel auf seiner Langen Reise erlebt und ertragen zu haben. Nicht nur das er wohl recht übel einen Hieb auf den Schädel bekommen hatte, nun, kaum das die Ketten gelöst worden waren, war ersichtlich wie zerschunden die Handgelenke waren. Vom Metal und Sand waren jene blutig aufgescheuert und wohl kurz davor sich zu entzünden. So wie er dalag, war es keine Frage das es wohl nötig sein würde das Bett danach neu zu beziehen. Der Staub der Gasse auf seinen Kleider und seiner Haut hatten bereits Verfärbungen auf den Laken hinterlassen, die Handgelenke befleckten ebenso die Kissen, waren die Arme doch über dem Kopf zum liegen gekommen.


    Auch war zu erkennen das er wohl in seiner Heimat viele Kämpfe bestritten haben musste, waren doch nun einige Narben zu erkennen, die seine Schultern und Beine bedeckten. Zwar schienen jene Wunen versorgt worden zu sein, doch mussten sie tief und schwer gewesen sein, um ohne Zeichnungen abzuheilen. Auf den Oberarmen rankten sich seltsame Hautbilder, die jene verwundenen Linien widergaben, die an dem breiten Messingrim um den Hals zu erkennen waren. Wie jener dorthin gekommen sein mochte? Die beiden dickeren Enden waren kaum mehr als einen halben Spann voneinander entfernt und boten so keinesfalls genug Raum als das man einen Hals hätte hindurchschieben können. Er wirkte alles in allem zu groß geraten und dennoch, trotz aller Wildheit und aller barbarischer Herkunft wirkte sein Gesicht friedlich.

  • Kurz entsann sich Minervina wieder der nicht sonderlich optimistischen Worte des einen Wächters, ob das alles denn auch gut ging. Sie selbst hatte auch nicht mehr den Mut, der sie vor einigen Stunden noch beseelt hatte. Doch nun würde sie auf die Götter vertrauen müssen und sich seiner annehmen. Die eingetretene Stille ließ sie allerdings ruhiger werden, wenn die Situation auch nicht die wünschenswerteste war. Erst jetzt wurde ihr zunehmend bewusst, was für eine Verantwortung sie sich mit diesem Sklaven aufgebürdet hatte. Sie war nicht nur für sein Wohlergehen verantwortlich, nein, auch für das aller Leute die mit ihm zu tun hatten. Und dies sah für sie nicht nach einer besonders rosigen Zukunft aus. Vermutlich war sie nun erst einmal auf Fortuna angewiesen. Und auf Minerva.


    Sie rückte noch etwas näher an den leblosen Leib heran und betrachtete den Krieger, denn dass er ein solcher war, ließ sich beim Anblick der Narben kaum leugnen, eingehender als zuvor. Sein Leib wirkte geschunden als sei er schon lange Jahre auf Reisen, immer solcher Behandlungen ausgesetzt. Geziert hob sie eine Hand und legte diese auf sein aufgeschürftes Handgelenk. Hoffentlich würde er ihr die Möglichkeit geben, ihn besser zu behandeln. Kurz wankte ihr Blick zu dem Schmutz, der sich stellenweise auf dem wollweißen Laken abzeichnete. Doch darauf durfte jetzt keine Rücksicht genommen werden. Weitaus wichtiger war, zumindest jetzt, dass man sich seiner Wunden annahm. Und dies würde sie völlig allein tun. Es mochte ein schlechter Vergleich sein, aber ein Pferd ließ man auch nicht einfach von Fremden versorgen, denn es kräftige das Bündnis zwischen Reiter und Tier. So erhob sie sich leise und verschwand mit fast schwebende Leichtigkeit aus dem Zimmer um schon nach kurzer Zeit mit Wasser und einem sauberen Stück Laken zurückzukehren.


    Dieses Mal kniete die junge Frau sich neben ihr eigenes Bett, auf dem nun der Hüne ruhte. Sie tauchte das Laken ins Wasser und griff mit leichter Nervosität nach seiner Hand. Sie war ihm Gegensatz zu ihrer so groß und mächtig, dass es sie schaudern ließ. Ein Griff und es war um sie geschehen. Aber nicht jeder Senator war korrupt. Genauso wenig war er gewiss nicht jedem Menschen gegenüber unsanft. Es war ein riskantes Unterfangen, aber sie würde es austesten, denn wir hatte sie einmal gehört? Probieren geht über Studieren. Sacht drückte sie das Laken auf sein geschundenes Gelenk, durch Ketten einer grausamen Pein ausgesetzt. Mit sanften Bewegungen begann sie, diese Wunde auszuwaschen, den Staub zu entfernen. In ihren Gedanken dachte sie nicht daran, sich zuerst um die wichtigste Verletzung zu kümmern, die er sich möglicherweise durch den Schlag zugezogen hatte. Sie sah derzeit nur die äußeren Wunden, die zu sehen man aber auch wahrlich gezwungen war. Als sie das Handgelenk abgeschlossen hatte, griff sie nach jener Hand, die auf seinem Bauch ruhte.


    Wieder fiel ihr seine Größe auf, wieder spürte sie eine leichte Unruhe in ihrem Bauch rumoren. Aber sie wollte ihn nicht im Stich lassen, selbst wenn sie ihn nicht kannte. Solange er schlief, hatte sie nichts zu befürchten. Zaghaft begann sie, auch dieses Handgelenk vom Sand und anderem Schmutz zu reinigen.

  • Wie wunderschön der Morgen sich darstellte, die satten grünen Wälder. Der leichte Nebel, der sich träge durch jene bewegte und das Dorf und ab und zu erkennen liess, auf welches er zuritt. Ein guter Tag war es. Der stattliche Hirsch, den er erlegt hatte, würde gewiss ein gutes Essen bieten.


    Kaum das die ersten Sonnenstrahlen sich über die Baumwipfel schoben, wurde das sanfte Tal in ein solches Spektakel goldner Lichter getaucht, das er nicht umhin kam das Pferd anzuhalten und jenem Spiel aus Farben zuzusehen. Die Götter selbst schienen nun auf das Tal zu blicken, auf jene seines Dorfes, die dort ihrem Tagwerk nachgingen. Ein guter Tag.....jene waren selten geworden, so nahe des Limes. Bald würden sie wohl auch die Hand hierher ausstrecken, doch heute, heute würden sie gewiss nicht kommen. Heute war ein guter Tag.


    Wie derb sie scherzten, seine Freunde am Feuer, die sich wohlverdient die Bäuche vollschlugen. Gwyn hatte den Hirsch gut gebraten und gewürzt und das Bier schmeckte hervorragend. Eine gute Frau, wie er fand. Stehts mit einem Lächeln beseelt, wenn sie zu ihm sah. Ein gutes Essen, Freunde und Verwandte ums Feuer versammelt. Gute Geschichten, welche die Alten zu erzählen wussten, die schon so viel mehr gesehen hatten als er. Von glorreichen Kämpfen und großen Ereignissen. Nie wurde er müde ihnen zu lauschen. Kaum das seine Schale leer war, stand sie wieder bei ihm und wollte sie füllen. Belenor wäre es ein leichtes gewesen sich selbst zu nehmen, doch schien es Gwyn zu gefallen sich um ihn zu sorgen. Eine gute Frau....


    Nein, sie war nicht die größte und kräftigste aller Frauen im Dorf gewesen, eher munkelten manche das sie wohl eines Morgens hier ausgesetzt worden war. Fast anderthalb Köpfe kleiner als er, mochte man von weitem eher annehmen das sie seine Tochter war, kaum sein zukünftiges Weib. Doch was viele nicht wussten, war wohl das Gwyn noch weit mehr konnte, als gutes Essen zu bereiten, oder ihr Umfeld mit ihrem strahlenden Lächeln zu erfreuen. Wenn es dunkel und ruhig wurde, wuchs das zarte Geschöpf manches mal über sich hinaus und vollbrachte es ihn derart zu fordern, das er nur zu oft des morgens auf den Fellen lag und nicht wusste ob er genug Kraft aufbringen konnte sich zu erheben.


    Belenor blieb regungslos liegen, fast schien es als hätten sie ihn wirklich erschlagen, würde nicht unter seinen tiefen Atemzügen die Barthaare bisweilen wanken. Friedlich sah er aus, kaum vorstellbar das er noch wenige Momente zuvor beinahe eine Wache mit den Ketten erdrosselt hätte.


    Wie es ihre Hände verstanden hatten ihm immer und immer wieder die Schmerzen aus den Gliedern zu vertreiben, die ein harter Tag auf dem Feld, oder im Wald mit sich brachten. Nicht alle hatten einen Ochsen, um die Felder zu beackern. Und nur zu oft musste er als solcher herhalten, um den Pflug durch die schwere Erde zu zerren. Vergessen waren aber spätestens dann alle Plagen, kaum das er unter Gwyns Augen trat, die stehts ein gutes Wort für ihn fand. Sie wusste wie hart er arbeitete, um eines Tages sie besser umsorgen zu können. Das Haus zu vergrößern, vielleicht sogar einen Ochsen zu erstehen, oder ein zweites Pferd.


    Gwyn war eine Hexe, was immer sie in die Salben tat, um den geplagten Gliedern die Muskeln zu beruhigen, es wirkte. Die Götter schienen ihm zugelächelt zu haben, als er sie zum ersten mal gesehen hatte. Eine gute Frau. Die dunklen Haare liessen sie etwas auffallen, weit mehr Frauen hatten weizenblonde Haare, oder eher rötliche. Aber nicht umsonst war sie ihm aufgefallen. In den zarten Händen lag mancher Zauber, sie war eben eine derer, welche die Kraft der Natur kannten und manchen Zauber wirken konnten. Wahrscheinlich hatte sie ihn verhext, das er so viel mehr in ihr sah.


    Kurz zuckte sein Arm, als sie ihm die Handgelenke wusch, wanderte einen Herzschlag lang die Augenbrauen zusammen. Scheinbar dämmerte er wieder hinüber in die reale Welt, doch war es die Pranke, die sich um ihr Handgelenk legte. Nicht das er es gepackt hätte, vielmehr kam seine Hand darauf zum erliegen, als wolle er die Hand an sich halten, das sie nicht mehr entschwand.


    Tief und gleichmäßig ging sein Atem, scheinbar war alles für einige kurze Augenblicke vergessen. Dann öffnete er langsam die Augen und schien etwas benommen die Decke anzusehen, bevor er seinen Blick auf Minervina richtete. Kurz bewegte er den massigen Kopf, als wolle er einen Traum beiseite schütteln, wach werden, doch verzog er das Gesicht, als ihm fürchterlich der Schädel dröhnte. Dennoch schlossen sich die Finger kurz um ihr Handgelenk, fester. Nicht zu fest als das er ihr hätte wehtun können. Er bemerkte das die Ketten abgenommen waren und sah sich im Zimmer um, ob nicht jene Schergen zu sehen waren, die ihm so übel mitgespielt hatten. Sein Blick wurde wacher, offensichtlich versuchte er zu ergründen wo er war, bevor er erneut Minervina ansah, die grünen Augen erneut etwas von dieser wilden Art erahnen liessen, die in ihm schlummerten. Am Handgelenk gefasst, starrte er sie einige Momente an und fixierte sie, liess ihr Handgelenk nicht los, ehe er das Tuch in ihrer anderen Hand sah und einen knappen Blick auf sein Handgelenk warf.


    Alsbald öffnete er seine Finger wieder und atmete kurz tief ein, versuchte den Schmerz aus seinem Kopf zu vertreiben, einen seltsamen Laut von sich gebend. Als er die Lippen öffnete und das Wort an sie zu richten schien, war es kaum Hass in seiner Stimme, die jene formte. Vielmehr Verwirrung. Was immer er sprach, es klang...rau. Rau und...germanisch.

  • Minervina blieb mit ihrem Blick manchmal in seinem Gesicht hängen, während sie seine Handgelenke wusch und konnte sich kaum vorstellen, dass dieser Mann auch weniger friedlich erscheinen konnte. Vielleicht war auch gerade dieser friedliche Gesichtsausdruck daran Schuld gewesen, dass sie ihn letztlich gekauft hatte. Doch zu einem Lächeln konnte sie sich nicht durchringen. Wenn ihr Vater gegen solche Männer hatte kämpfen müssen, war verständlich, dass er nicht mehr lebend zurückgekehrt war. Niemand würde alleine gegen mehrere solcher Männer bestehen können. Doch sie würde wohl niemals verstehen, dass man einen einzelnen, unbewaffneten und wohl verzweifelten Mann töten konnte. Völlig in Gedanken hatte sie für einen Moment aufgehört, ihm seine Handgelenke zu waschen.


    Und genau dieser Augenblick war es auch, der sie zusammenzucken ließ. Seine Hand schloss sich um ihr Handgelenk. Der Schreck lähmte sie für einen kurzen Moment und sie starrte erschrocken in sein Gesicht. Ihr Atem, der noch eben ruhig und ausgeglichen ging, wurde mit dieser Berührung heftig eingesogen und ging nun beinahe ebenso rasch wie der Herzschlag, der sich stark beschleunigt hatte. Es war ein seltsamer Anblick, der sich ihr bot, als er wieder seine Augen öffnete. In diesem Moment bedauerte sie fast, dass sie sich diesen Giganten mit nach Hause genommen hatte, wie sie es früher manchmal mit kleinen Kätzchen zu tun pflegte. Beinahe zeitgleich, als er seinen Kopf schüttelte, umfasste er ihr Handgelenk fester. Was würde nun geschehen? Jede Berührung ihrerseits hatte innegehalten, so auch für einen Moment ihr Atem.


    Sein Blick kam ihr auf einmal so berechnend vor, als er sich im Zimmer umsah. Wollte er vielleicht herausfinden, ob sie alleine waren, ob er leichtes Spiel haben würde? Als sich sein Blick wieder in ihre dunkelbraunen Augen richtete, schauderte es sie ein wenig, doch versuchte sie standhaft zu bleiben und erwiderte seinen Blick. Sie wurde ruhiger, als sein Blick wieder sank und er ihr Handgelenk kurz darauf losließ. Vielleicht hatte er erkannt, dass sie ihm nichts Böses wollte - oder aber keine Gefahr darstellte. Sie wandte sich kurz wieder seinen Verletzungen zu, als sie den Versuch vernahm, da er versuchte zu sprechen. Sie hob den Blick wieder, doch mehr als kehlige Worte konnte sie nicht verstehen. Also bestätigte sich hiermit ihr Verdacht, dass die meisten Sklaven - er offensichtlich auch - kein Latein sprachen. Dieser Umstand ließ ein leises Seufzen aus ihrer Kehle entrinnen. "Ich würde gerne verstehen, was du sagst nur ich verstehe es nicht. Na, vermutlich verstehst du genauso wenig, was ich gerade sage." plauderte Minervina in ihrer Muttersprache und zog in einer resignierten Geste die Augenbrauen hoch und stieß die Luft aus. Na, vielleicht würde ihr, für ihn sicherlich sinnloses Geplapper, bei ihm für Ruhe sorgen.

  • Belenor hatte seine Mühe den Kopf zu bewegen und verzog immer wieder das Gesicht, als ihm der stechende Schmerz durch den Kopf schoss. Der Himmel musste ihm auf den Kopf gefallen sein. Nochmals versuchte er ganz zu sich zu kommen und fasste scih schwerfällig an den Schädel, liess die Hand wieder sinken und sah sich ein weiteres mal im Raum um. Irgendwie kam ihm alles etwas unwirklich vor. Das weiche Bett, die Ruhe. Kein Wächter zu sehen, keine Ketten. Zögernd sah er zu seinen Handgelenken hinab und schien nun vollends zu registrieren das ihn keine Ketten mehr zurückhielten. Die Augenbrauen zusammengeschoben, versuchte er nachzuvollziehen was geschehen sein mochte, brauchte einige Zeit um sich all das zusammen zu reimen, so das es ihm einen Sinn ergab.


    Wieder sah er auf und streckte die Hand aus. Kurz deutete er auf sie.
    "Du sagtest das Du immer da sein würdest!", richtete er schwerfällig das Wort an sie. "Gwyn.", nickte dann langsam, noch immer leidlich benommen. Irgendwie schien er noch nicht ganz klar im Kopf zu sein. "Gwyn!", sie erinnerte ihn stark an sie, mit dem dröhnenden Schädel wohl noch mehr als bei klarem Verstand.
    "Ich war nicht da. Es...tut mir leid!", irgendwie klang er abwesend und anklagend gegen sich selbst, fasste sich wieder an den Schädel.
    Kaum das er die Augen schloss, schien es als dämmere er wieder weg, öffnete sie kurz später allerdings wieder. "Komm....wir sind...hier nicht sicher. Du...", wieder griff er nach ihr, nach ihrer Hand. "Wir müssen...gehen.", vermischte wohl kurz was war, mit dem was ist.


    Schwerfällig richtete er sich auf, setzte ein Bein aus dem Bett und versuchte sich zu erheben, als tausend Sterne in seinem Kopf explodierten.
    "Wir müssen weg.......", sah nochmals zu ihr, merkte wie sein Bein die Kraft verliess und wegknickte, kaum das er es belastete. "Lauf...geh, Gwyn. Lauf weg...", rollte kurz die Augen und versuchte gegen die Schwärze im Kopf anzukämpfen, die unaufhaltsam näher kam. Noch immer die Hand in seiner, versuchte er vergeblich nochmals auf die Beine zu kommen.
    "Lauf weg....in den Wald!", öffnete ein letztes mal schwerfällig die Augen und schien er gar die Hand auf die Wange legen zu wollen. Alles schien wiederzukommen, wieder schien er nicht in der Lage sie rechtzeitig in Sicherheit bringen zu können, wieder wurde es dunkel. Wieder schien es als würde er nur noch Zeuge sein können, wie das Verhängnis seinen Lauf nehmen würde. Doch dieses mal brannte das Haus nicht. "Lauf.", dann sank er wieder hinab und hielt sich die Hand an den Kopf, die kurz später zu Boden sank.


    Kein Wunder, der Knüppel der ihm von der Wache übergezogen worden war, war allemal ausreichend gewesen, um ihr den Schädel einzuschlagen. Nur das seiner scheinbar dick genug gewesen war, standzuhalten.

  • Minervina wollten so recht keine Worte mehr einfallen, mit denen sie für eine beruhigende Atmosphäre sorgen konnte. Irgendwie kam sie sich bei ihren Gesprächen ein wenig nutzlos vor, sinnlos. Wie mochte es wirken, wenn jemand vor der Tür stand und ihr alleiniges Geplapper zwischen kehligen Lauten hörte? Nun, vermutlich hörte man durch die dicke Tür ohnehin nichts. Ihr Blick hing nachdenklich für einen Moment an der Tür ohne dass sie dabei einen bestimmten Gedanken hegte. Hilflosigkeit übermannte sie, denn das junge Mädchen wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Da hörte sie, wie er mühselig wieder seine Stimme erhob und sie wandte sich überrascht wieder zu ihm. Seine Worte klangen anklagend, was auch immer sie darstellten. "Ssssht" kam es leise von ihr und etwas unbeholfen legte sie ihre Hand auf seinen Handrücken. Doch jener Name, den er zweimal wiederholte, half ihr schon ein wenig weiter. Sie war sich sicher, dass es sich bei Gwyn um einen Namen handelte, denn er deutete auf sie. Sie schüttelte nur sacht den Kopf und erwiderte mit leiser Stimme "Minervina!", während sie auf sich deutete. Offensichtlich nahm er dies aber in seinem tranceähnlichen Zustand nicht wahr und sie ließ es auf sich beruhen.


    Vielmehr versuchte sie aus seinen Worten Gefühle herauszuhören, als er weiter sprach, denn dass sie keines seiner Worte verstehen würde, war ihr von vornherein bewusst. Und während er vor sich hin redete, wurde ihr nur zu deutlich bewusst, dass er sie zu etwas aufforderte. Doch nicht böse, sondern eher besorgt. Als habe er versagt und sie müsse sich beeilen, seinem Wunsch zu entsprechen. Ja, genau, es klang, als wolle er sie schützen. Und wieder griff er nach ihrer Hand, seine Gebärden wirkten beschwörend. Skeptisch, doch auf keinen Fall verächtlich blickte sie ihn an. Er strengte sich zu sehr an, so befand zumindest sie. Doch sie wagte es nicht, ihn nach hinten zu drücken, damit er wieder ruhiger wurde. Am Ende würde dies seinen Zorn erwecken und sie würde ihm dann hilflos ausgeliefert sein. Aber war sie das nicht auch schon jetzt?


    Als er seine Hand hob, um ihre Wange zu berühren, wich sie nicht zurück. Zwar hatte sie Angst, aber sie wollte ihm nicht das Gefühl geben, dass er völlig allein war. Es war einfach ein denkbar schlechter Zeitpunkt um jetzt die Herrin zu sein, die sie sein sollte. Sacht strich sie mit ihrem Daumen über seinen Handrücken, während sie mehr als innig hoffte, dass er wieder ruhiger werden würde. "Sssht." versuchte sie nur ihn ein weiteres Mal zu beruhigen. Es war besser, wenn er bald schlafen würde, denn langsam wurde sie vollends ratlos. Sie verstand nicht eines seiner Worte und konnte aus seinem Tonfall und seiner Gestik nur schließen, dass er sie mit einer Gwyn verwechselte, die es zu schützen galt. Doch wovor? Wahrscheinlich vor den Römern oder einem anderen Stamm. Schließlich waren die Germanen barbarisch genug, ständig einander zu bekämpfen. Warum sie dies taten, war ihr nicht klar. Ging es um Macht? War es so, wie es manchmal auch Rom traf, dass jemand besonders mächtig war und dies einem anderen nicht in den Kram passte? Auszuschließen war es nicht, aber Germanien war doch auch kein Reich. Es war nur ein Stück Land auf dem sich ständig bekriegt wurde. Nur zum Erfolg des Todes, niemand anderes trug einen Sieg davon.


    Sie war dankbar dafür, als er endlich geschwächt zurück sank. Ungewöhnlich war es, dass sie sich auf die Bettkante setzte und ihm sanft mit ihrer Hand über die Stirn strich. Sie wusste nicht recht, was sie von diesem Manne halten sollte. Dass sie Germanen allgemein nicht besonders liebte, war mittlerweile kein Geheimnis mehr. Aber er schien so menschlich, trotz seiner Größe und dem wilden Flattern in seinen Augen. Da war noch mehr als nur barbarisches Verhalten, welches seinen Geist erhellte. Oder verdunkelte, wie es nun wirkte. Eine kurze Zeit lang saß Minervina noch an seinem Lager und versuchte sich darin, ihn zu trösten. Doch der Tag neigte sich dem Ende zu und auch wenn die Dämmerung noch weit fort lag, das junge Mädchen war müde. So kam es, dass sie sich wieder erhob und sich in einem Korbsessel nieder ließ.


    Dieser war äußerst unbequem, was sie aber nicht davon abhielt, langsam die Augen zu schließen. Es waren einfach zuviele Ereignisse, die sie in der letzten Zeit heimsuchten. Am meisten hatte sie die vorgenommene Verlobung zwischen Metellus und ihrer Mutter getroffen. Sie wollte dieses Bündnis nicht, denn ihr wahrer Vater war, ist und wird immer Maximus bleiben, jener Held, der in Germanien sein Leben aushauchte. Maximus. Langsam zeichnete sich sein Gesicht in ihrer eintretenden Dämmerung ab und ein leichtes Lächeln trat auf ihr Gesicht, während sie sich den Erinnerungen und kurz darauf der Traumwelt übergab.

  • Wie lange er geschlafen hatte, wusste er nicht wirklich, doch fühlte er sich ausgeruht und seid langem nicht mehr nur halbwach, wie er es die letzten Wochen und Monate gewesen war. Das weiche Bett war ihm ungewohnt und sein Kreuz dankte es ihm, als er endlich aufstand und sich ein weiteres mal in dem fremden Zimmer umsah. Nichts hier kam ihm vertraut vor, nur Gwyn schien noch hier. Wie auch immer dies sein konnte, im halbdunkel glich ihr Minervina mehr als je zuvor. Langsam erhob er sich und fuhr sich durchs Gesicht, sah sich ein weiteres mal um und versuchte eins und eins zusammen zu zählen. Er war nicht mehr bei diesen Mistkerlen, die ihm die letzten Wochen die Hölle auf Erden bereitet hatten. Das Zimmer war ihm nicht vertraut, aber hier schienen nirgends Ketten oder Gitter angebracht.


    Er wusste nichtmal recht in welchem Land er war. Kaum das er sich vom Bett erhoben hatte, trat er auf den Korbsessel zu und betrachtete Minervina mit gerunzelter Stirn. Er kannte ihr Gesicht noch gut, nicht das sie beinahe wie Gwyn aussah, nein, sie war am Sklavenmarkt gewesen.
    Ob das ihr Zimmer war? Kurz schaute er sich um und kam zu dem Entschluss das dem wohl so sein musste. Auch kam ihm die vage Erinnerung das sie seine Handgelenke versorgt hatte und wohl auch versucht hatte mit ihm zu reden. Scheinbar war es ihr Bett gewesen, in dem er gelegen hatte, während sie auf dem Stuhl geschlafen hatte. Kurz fuhr er sich mit der Hand über den Kopf und ging ans Fenster. Es war noch früh am morgen, noch weit und breit nichts vom Sonnenaufgang zu sehen. Seltsam kam ihm die Umgebung vor dem Fenster vor, erst langsam wurde ihm gewahr das er sehr, sehr weit weg von seiner Heimat sein musste.
    Wie auch immer, scheinbar war es die junge Frau gewesen, die ihn aus den Händen dieser Kerle geholt hatte, wie auch immer sie das nun geschafft haben mochte.


    Einige Zeit stand er vor dem Korbsessel und betrachtete die Fremde dort, überlegte ob er nicht die Gunst der Stunde nutzen sollte, um einfach den Weg in die Freiheit zu suchen. Doch wusste er nicht was hinter der Tür wartete. Und so wie er die Römer kannte, war es ebenso möglich das dort zwei Bewaffnete standen und sie hier nur eine Sklavin war. Eine Römerin hätte sich kaum um ihn gekümmert, Römer taten soetwas nicht. Langsam ging er auf den Korbsessel zu und betrachtete sie noch eine weile, ehe er sich hinabbeugte und sie aus dem Sessel hob. Kein Gewicht, das ihm zu schaffen gemacht hätte, trotz der Tatsache das seine Arme kaum mehr so kräftig waren, wie noch vor ein paar Monaten. Langsam trug er sie zum Bett hinüber und legte sie dort ab, ehe er sich wieder zum Fenster aufmachte und die Hände auf dessen Brüstung legte. Den Blick hinaus gerichtet, überlegte er was er tun sollte.


    Er kannte sich hier nicht aus, er wusste kaum was hinter der Tür auf ihn wartete. Wo er war, wer sie war. Lange wälzte er seine Gedanken und wog für und wider ab. Mehr als einmal überlegte er ob es nicht einfach einen Versuch wert war zu entkommen. Doch was dann? Was wenn sie ihn am Ende nach Rom geschafft hatten? Direkt vor dem Haus eine ganze Legion wartete? So sah er grübeld der Sonne zu, wie sie sich langsam über den Horizont zu schieben begann.

  • In ihrem Traume sah sie Bilder, die sie erwärmten. Sie hatte kaum eigene Erinnerungen, die meisten Bilder musste sie sich aus den Worten ihrer Mutter und Claudia's selbst im Geiste malen.


    Doch sein Gesicht war selten so klar gewesen wie in diesem Traum. Er hatte weiche Züge und braunes, gelocktes Haar. Vielleicht war der leichte Bartansatz nicht sehr ordentlich, aber anstatt im etwas Böses zu verleihen, sorgte dieser Ansatz eher für ein noch freundlicheres Erscheinungsbild. Sanft hörte sie seine Stimme an ihrem Ohr, zu lange war er fortgewesen. Seine Rückkehr aus Germanien unwahrscheinlich nach all der Zeit, doch dort hinten stand er. Freudentränen standen in Minervinas Augen und sie wusste nicht, ob sie ihm lachend entgegenlaufen sollte oder besser weinend in die Knie ginge. Dieser unerwartete Anblick hatte ihr Herz überrannt wie Rom Germanien überrannt hatte, Rom das Imperium für sich eroberte. Und als sie endlich in seinen Armen lag, war seine Nähe so wirklich, so echt. Es war kein Traum und auch kein Trug, er war wieder da...


    Minervinas Leib zuckte nicht einmal. Es stand einfach nur ein friedliches Lächeln in ihrem Gesicht, während sie tiefer in den Korbsessel zurücksank und die Toga Praetexta dabei vollends verrutschte. Ihre Hände ruhten auf ihrem flachen Bauch, der durch das sachte Atmen hie und da angehoben wurde. So lag sie schlummernd da und auch als der Himmel sich rötlich färbte, änderte sich nichts daran. Sie realisierte ebenso wenig den erwachten Germanen, der vor ihr stand und sie beobachtete. Erahnte nichts von seinen Gedanken. Selbst dann erwachte sie nicht, als er sie sacht anhob und zurück zu ihrem Bette trug. Ihr Kopf rollte während des kurzen Weges zur Seite und lehnte an seiner Brust, ehe er das leichte Gewicht wieder zurückbettete.


    Auch hier lag sie noch eine ganze Weile friedlich da. Als sie sacht wieder abgelegt wurde, entrang sich ihrer Kehle lediglich ein leichtes Seufzen, eine kurze Regung ihrer Hand, ehe wieder Stille herraschte. Erst als sich die ersten deutlicheren Sonnenstrahlen auf ihr Gesicht legten, öffnete sie langsam die Augen und blinzelte, wie jeden Morgen, der Sonne entgegen. Doch dieses Mal erschrack sie und saß augenblicklich senkrecht im Bett. Da stand ein Mann vor ihrem Fenster, ein großer, breitschultiger Mann der hinausblickte. Sonderlich leise war ihr entsetztes Einsaugen der Luft und das Rascheln des Bettes nicht gewesen.


    Nur sehr langsam kehrten die Erinnerungen an den vorigen Tag zurück, doch dass sie selbst für den Mann in ihrem Zimmer verantwortlich war, wurde ihr klar, noch ehe sie ihm wilde Anschuldigungen entgegenbrachte. Sanfteres Atmen war nun zu vernehmen und sie seufzte lautstark, während sie die Beine über die Bettkante schwang. Sie schwieg allerdings ein paar Augenblicke und überlegte fieberhaft, wie sie ihn begrüßen konnte. Duccius Germanicus' Worte kamen ihr wieder in den Sinn und etwas unbeholfen und eher fragend, denn grüßend, sprach sie ein "Heilsa" aus. Sie hoffte sehr, dass sie sich des richtigen Wortes entsann, dass ihre Mutter es überhaupt richtig erzählt hatte. Gebannt sah sie zu ihm, um eine Reaktion abzuwarten.

  • Belenor sah kurzerhand gen Bett, als er das Rascheln dort vernahm und kurze Zeit später ein ihm vertrautes Wort ans Ohr drang. So wandte er sich von seinen Gedanken und dem Fenster ab, liess die Arme hängen und musterte die junge Frau ein weiteres mal, nickte nach einiger Zeit und liess noch etwas später ebenfalls ein "Heilsa!" verlauten.
    Nun, da sie wach war...und er bei klarem Verstand, galt es nun einige Dinge klarzustellen.
    "Du bist keine Germanin.", stellte er etwas kehlig fest und runzelte die Stirn.
    Das sie wohl kein einziges Wort verstehen würde, wurde ihm kurz später bewusst und kramte in seinen sehr beschränkten Sprachkenntnissen. Er hatte es strikt abgelehnt sich mit den Römern, deren Sprache oder Kultur zu befassen, aber auf dem langen Zug vom fernen Germanien hierher, hatte er das eine oder andere Wort aufgeschnappt.


    Tiefe Falten wandeten auf seine breite Stirn und lange grübelte er, als er versuchte sich verständlich zu machen.
    Wer war sie überhaupt. Eine Sklavin? Irgendwie huschten unzählige Worte durch den Kopf, die er nur vage versuchte im Sinn zuzuordnen.
    Oft hatte er den Wachen zugehört und versuchte einfach sein Glück.
    "Bist Du eine Sklavin?", runzelte die Stirn und öffnete die breiten Hände.
    Kurzerhand deutete er auf sie.
    "Du Lupa?", räusperte sich und grübelte weiter, versuchte es dann erneut und deutete auf seine breite Brust.
    "Belenor. Krieger. German."
    Zumindest war er sich hier sicher das er zumindest im Ansatz richtig sein musste.
    "Du Roman? German? Lupa?", runzelte wieder die Stirn und sog tief die Luft ein, irgendwie unzufrieden wirkend das er sich nicht so mitteilen konnte wie er es wollte. Dann deutete er aus dem Fenster.
    "Roma?"

  • Offensichtlich hatte sie das richtige Wort angewendet und mit einem freundlichen Lächeln nickte sie ihm zu. Oh, dies war eine sehr befremdliche Situation. Wann kam es schon vor, dass ein Manne bei einer Frau im Zimmer nächtigte, die zudem unverheiratet und 15 - Jährig war? Und er auch noch als ein Sklave? Moralisch wäre es absolut verwerflich wenn es jemand wüsste. Aber dies war gücklicherweise nicht der Fall. Und da kam es wieder, das große Problem. Er begann zu sprechen und sie verstand nicht ein einziges seiner Worte. Ein etwas belämmertes Schmunzeln machte sich in ihrem Gesicht breit und sie beobachtete seine weiteren Versuche mit großem Interesse, die er auf die Beine stellte um mit ihr zu kommunizieren.


    Doch als sie das Wort Lupa vernehm, hob sich unweigerlich eine Augenbraue. Sie hoffte sehr stark, dass dieses Wort nicht mit ihr im Zusammenhang stand, das würde sie ihm äußerst übel nehmen. Aber vielleicht kannte er ja nicht einmal diese Bedeutung? Möglich war es, also beschloss sie, vorerst einmal die Entrüstung zweitrangig werden zu lassen und ihm eine weitere Chance zu geben. Eine Chance, die er nutzte um sich vorzustellen. Seine Worte hörten sich mehr als gebrochen an, aber immerhin verstand sie in etwa, was er ihr mitteilen wollte. Sein Name war offensichtlich Belenor und dass er ein germanischer Krieger war, hatte sich für sie ohnehin bereits ergeben und ein zufiredenes Nicken sollte seine Worte bestätigen.


    Und dann versuchte er ein weiteres Mal, latinische Worte zu spreche und sie verstand, dass er damit in Erfahrung bringen wollte, wer sie war. Und nun nahm sie ihm das 'Lupa' auch nicht mehr krumm, denn sie ahnte, dass er sich nicht anders ausdrücken konnte. Statt der Falte auf ihrer jungen Stirn zeigten sich nun Lachgrübchen um die Mundwinkel herum und sie nickte, während sie auf sich deutete. "Minervina. Romana." stellte sie sich in der gleichen Wortreihenfolge wie er vor. Dann deutete sie mit einem Lächeln wieder auf ihn und meinte: "Belenor, Germanus." Dass er ein Krieger oder Sklave war, ließ sie aufgrund ihres guten Geschmacks erst einmal weg. Nun erhob sie sich langsam. Gewiss konnte er sich ihren Namen nicht merken. Sie deutete kopfschüttelnd auf sich und meinte "Keine Lupa. Nein!" Es klang mehr als unbeholfen, aber irgendwie musste sie ihm verdeutlichen, dass Lupa ein äußerst unschönes Wort war, mit welchem man keine ehrbaren Menschen bedachte. Dass Lupa seine Definition für Sklavin war, konnte sie nicht erahnen. Dann deutete sie nach draußen und wählte wieder einfache Wort. "Nein, kein Rom. Tarraco. Hispania." versuchte sie ihm deutlich zu machen, wo sie waren. Vielleicht kannte er diese Provinz ja.


    Nun war sie wieder an der Reihe nach einem germanischen Wort zu suchen. Sie wollte ihm irgendwie ihre Bemühungen zeigen und anders ginge es nicht. Sie kannte die verschiedenen, germanischen Völker und vielleicht war dies ein Anfang. "Chatte? Toutone?" meinte sie fragend, während sie auf ihn deutete-

  • Belenor stand mit gerunzelter Stirn wie ein Mahnmal in ihrem Zimmer und starrte sie an, starrte auf ihre Lippen und versuchte ihr zu folgen. Nur ab und an ein Brummen war zu hören, als sie sich noch als Römerin zu erkennen gab, verengten sich einen Moment die Augen, ehe er wieder einen eher grüblerischen Eindruck machte. Manch einer mochte vielleicht denken das er nicht besonders hell war, nur groß und stark, aber in seinem Kopf drehten sich die Rädchen schnell und versuchten das gesagte zu verarbeiten. Ein Nicken folgte alsbald. "Minervine!", deutete auf sie. "Roman.", womit das schonmal klargestellt war.


    Hispania sagte ihm garnichts, stattdessen schaute er zum fenster. So wie es aussah, war er in Tarraco, in der Stadt Hispania und schien in ihrem Haus zu sein. Das sollte vorerst genügen.
    Wieder stellte er sich ans Fenster und fragte sich wo dieses Tarraco sein sollte.
    "Tarraco!", stellte er fest. Wieder deutete er auf sie. "Du nicht Lupa!", formte mit den Händen unbeholfen einen Frauenkörper nach. "Lupa...", grübelte und legte die Hände über Kreuz. Kurz verengten sich die Augen aus er noch geklärt haben musste was er nun war. Ein Gefangener, oder ein Sklave.
    "Belenor Lupa?", legte den Kopf schief. Wieder legte er die Hände über Kreuz und deutete auf die geschundenen Handgelenke. "Lupa?"


    Im Grunde rumorte es in ihm, als er einsehen musste das er wohl bei einer Römerin gelandet war, wenngleich er auch eingestehen musste das jene ihm sogar gefiel. Im Gegensatz zu dem schwarzen Mann hatte er wohl ein deutlich besseres Los gefunden.


    Dann deutete er erneut aus dem Fenster. "Tarraco. Belenor....", ruderte mit der Hand und versuchte scheinbar so das fehlende Wort aus der Luft zu graben. Es kam ihm nicht und kurz deutete er zu seinen Augen. "Belenor...", ein deut auf die Augen, "...Tarraco."

  • Minervina war sehr erstaunt, dass diese Art von Konversation offensichtlich Früchte trug. Zwar hatte er ihren Namen falsch ausgesprochen, aber er wusste nun, dass sie keine Luoa sondern die römische 'Minervine' war. Sie nickte bekräftigend um ihn zu bestätigen und bereitete sich innerlich schon auf die nächsten heiteren Minuten vor. Ob er es ihr übelnehmen würde, wenn sie lachen würde? Oder ob er verstünde, dass es nicht er sondern ihrer beider Situation war, die sie derart erheiterte? Lange würde sie ihr Lachen ohnehin nicht mehr zurückhalten können. Wenn sie nicht genauso abgehackt sprechen würde, hätte sie ihn für dumm gehalten. Aber er wusste weit mehr Worte als sie, weshalb sie dieses Vorurteil nicht weiter ausdehnte. Er sie selbst müsste sich als dumm bezeichnen. Aus römischer Sicht, weil sie auf derart jämmerliche Weise mit einem Sklaven kommunizierte, der es eigentlich nicht wert war, oder aber aus seiner Sicht, weil sie so wenig wusste. In ihren Augen schimmerte das Vergnügen und jede Angst vor ihm war verflogen. So unzivilisiert wie sie erst gedacht hatte, war er beileibe nicht.


    Danach schien er versuchen zu erfassen, was eine Lupa war, was Minervinas Lächeln verlegen machte. Wie sollte sie ihm dergleichen erklären, wo doch sein Wortschaft so eingeschränkt war? Aber als er erst einmal die Feststellung machte, dass sie keine Lupa war, nickte sie wieder lächelnd. "Belenor, keine Lupa!" versuchte sie ihm klar zu machen, dass er ebenfalls keine Lupa darstellte, ja, gar nicht darstellen konnte. Woher mochte er nur dieses Wort haben? Sie schüttelte kichernd den Kopf, versuchte ihm aber mit einem darauf folgendem, warmen Lächeln klar zu machen, dass sie nicht über ihn lachte. "Belenor Servus." deutete sie an, dass er ein Sklave war. Es tat ihr leid, dies sagen zu müssen, doch vielleicht würde es auch für ihn nicht schlimm werden. Wenn selbst ein Bär wie er hier war, dann gab es in seiner Heimat nun sicher nichts mehr, was ihn dort glücklich machen konnte.


    Als er allerdings aus dem Fenster zeigte und diese seltsamen Anstalten machte, leuchtete die Hiflosigkeit beinahe in Minervinas Augen. Wusste er etwa, dass Tarraco am Meer lag und wollte er schwimmen gehen oder warum sonst ruderte er mit seiner Hand? War es gar möglich, dass es eine Gebärde der Hilflosigkeit war? Sie legte fragend den Kopf schief und betrachtete Belenor eine Weile. Dass fragen nichts brachte, war ihr mittlerweile klar geworden. Langsam allerdings leuchtete es ihr ein. Wollte er vielleicht sehen, was Tarraco ist? "Sehen? Tarraco sehen?" Sie deutete ebenfalls mit ihren Fingern auf ihre Augen, zeigte dann auch aus dem Fenster und ging ein paar Schritte, während sie dies tat.

  • Belenor starrte noch immer gebannt auf ihre Lippen und versuchte ihr geistig zu folgen. Als sie den Kopf schüttelte als er versuchte herauszufinden ob er ein Sklave war, nickte er zufrieden. Was nun allerdings Servus bedeuten sollte, war ihm unklar. So mutmaßte er einfach das er hier Gast war. Es schien ihm zwar ungewönlich, aber so wie die Frau vor ihm auf ihn wirkte, schien sie kaum etwas mit den Schergen Roms gemein zu haben, die dort sein Volk knechteten. Als er ihr zusah, und sie aus dem Fenster deutete, nickte er.


    "Belenor, Minervine Tarraco!", deutete wieder aus dem Fenster und dann zu ihr. "Tarraco.", betrachtete sie einmal mehr und schon bald wurde sehr klar das er sich keineswegs über sie lustig machte. Zwar war kaum zu erahnen was hinter der breiten Stirn vor sich ging. Auch die Art wie er sie ansah, liess wohl kaum einen Zweifel daran das er sie als Frau...und nicht mehr als Kind ansah.
    Kurz rieb er sich mit gerunzelter Stirn die wunden Handgelenke und spannte die Wangenmuskeln an. "Belenor nicht Lupa!", fuhr über die wunden Gelenke. Den wollte er sehen, der ihm nochmal Eisen anlegte. "Nicht Lupa.", sah hinaus.
    "Tarraco!", es klang beinahe wie ein Angriffsignal, als er auf den Stall deutete. "Minervine Tarraco Belenor!", vielleicht klang es etwas rau und herrisch, aber er wollte sehen, wohin es ihn verschlagen hatte.

  • Minervina seufzte kurz und blickte an sich herunter. So würde sie nicht hinausgehen. Dass er hinauswollte, war für sie mittlerweile deutlich zu erkennen, doch war sie sich nicht sicher, ob sie dies wagen sollte. Hier drinnen hatte sie noch ein wenig wenig Sicherheit, wenn sie allerdings erst aus dem heimischen Schutz getreten waren, was würde dann geschehen? Er wirkte nicht, als würde er ihr etwas antun, aber es bedurfte auch nicht viel Kraftaufwand, um zu entfliehen. Sie folgte seinem Fingerdeut hinaus zu den Stallungen, in denen die Pferde von ihnen, aber auch von anderen Hausbesitzern untergebracht waren. An dieser Stelle schüttelte sie das erste mal deutlich den Kopf und zeigte dann mit ihrem Zeigefinger auf die Füße. "Laufen. Kein Pferd." sagte sie mit klarer Stimme, lächelte dann allerdings wieder.


    Kurz darauf haderte sie einen Moment mit sich, wie sie sich am Besten andere Kleider anlegte. Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte und überlegte, wie sie es ihm am Besten verdeutlichte, dass er wegsehen sollte. Dann entschied sie sich dafür, auf ihn zu zeigen und sich selbst dann die Augen zuzuhalten. Nachdem dies getan war, schritt sie auf ihre Truhe zu, öffnete diese einen Spalt und zog eine Tunika heraus, auf welche sie dann zeigte. "Tunika, dann Belenor et Minervina Tarraco." versuchte sie ihm deutlich zu machen, worauf sie hinaus wollte und sah ihn fragend an.


    So befremdlich dies alles auch war, es machte Spaß. Es war interessant sich mit jemanden zu unterhalten, der so gut wie gar nicht ihre eigene Sprache verstand und wo dennoch Fortschritte zu bemerken waren. Wieder hielt sie die Tunika hoch und hielt sie sich vor den Leib. Sicher bemerkte er durch diese Geste, worauf sie hinauswollte.

  • Belenor runzelte die Stirn und versuchte zu folgen, schien dann allerdings zu verstehen das Tarraco wohl klein war und kein Pferd nötig sei. Nun, sie musste es wissen, da sie hier wohl wohnte. Der Rest der folgte brauchte etwas länger bis er begriff. Anfangs glaubte er erst das er sich umziehen sollte, doch als er erkannte das sie sich umziehen wollte, nickte er zögernd. Irgendwie schien es ihm etwas befremdlich, doch scheinbar schämte sie sich.
    Erneut wanderten Falten auf die Stirn, sah sie von oben bis unten an und bezweifelte das sie sich denn schämen musste.


    Schließlich nickte er knapp und drehte sich zum Fenster, sah nach draussen und betrachtete sich die Umbegung des Hauses. Nicht das es ihn nicht eher interessiert hätte was hinter seinem Rücken gerade vor sich ging. "Tarraco....", brummte er kurz grübelnd und rieb sich den Nacken. Davon hatte er noch nie etwas gehört. Nur das es sehr weit weg sein musste, kam ihm in den Sinn. So lange wie die Fahrt hierher gedauert hatte.


    Die Leute vor dem Fenster sahen seltsam aus, nichts hier erinnerte auch nur entfernt an seine Heimat. Keine Tannen, kein Nebel, keine seines Volkes. Die Häuser aus Stein und nicht aus Holz, Lehm und Stroh. Keine weiten Wiesen rund ums Dorf, das Dorf hier war staubig, etwas, was er von den fruchtbaren Böden Germaniens so garnicht kannte. So stand er denn da und starrte weiter hinaus, kratzte sich erneut den Nacken und rollte mit den Schultern, als die Tunika ihn wieder am Rücken zwickte.

  • Erleichtert atmete sie aus, offensichtlich hatte er verstanden, was sie von ihm wollte. Grundsätzlich schienen sie sich ohne Worte blendend zu verstehen. Überraschend war für sie vor Allem, dass er sich kein bisschen darüber aufregte, dass er Sklave war. Das kam ihr nur zugute, so würde es zwischen ihnen so rasch keine Missstimmigkeiten geben. Insgesamt war sie recht stolz auf ihn und auf sich. Dass ihr beider Verhältnis so reibungslos vonstatten ging, hatte gewiss nicht einmal Helena erwartet. Rasch streifte sie sich den schweren Umhang der Toga ab, der reichlich verheddert war und überprüfte dann noch ein weiteres Mal, ob Belenor auch ja wegschaute. Dann öffnete sie die Fibel ihrer Tunika und ließ diese mit leisem Rascheln zu Boden gleiten.


    Der Hauptgrund für dieses Umziehen war vor Allem, dass sie in der Toga geschlafen hatte und in diesem schweren Kleidungsstück wurde es immer sehr rasch äußerst warm. Rasch griff sie nach der in Purpurfarben getönte Tunika und nahm sich herzu eine weiße Palla. Genug mit der Toga Praetexta, diese war zu schwer, zu unhandlich und allein konnte sie sich diese ohnehin nicht anlegen. "Was meinst du, gehen wir in Richtung des Hafens oder lieber ein wenig am Forum ent... " Doch während sie sprach hielt sie inne. Sie war so in ihrem Element gewesen, dass sie ganz vergessen hatte, dass er keines ihrer Worte verstand. Entschuldigend blickte sie ihn an, während sie sich die Palla über die Schultern legte.


    Sie schritt nun die fehlenden Schritte an ihn heran und griff kurz nach seiner Hand, um ihn darauf hinzuweisen, dass sie nun los wollten. Sie hatte sich selbst eine Antwort zurecht gelegt und sich für den Hafen entschieden. Zum Forum wollte er so schnell gewiss nicht mehr, nachdem ihm dort ein wenig schönes Schicksal erwartet hatte. "Kommst du?" fragte sie und hoffte, ihm damit zwei weitere Worte beizubringen.

  • Belenor versuchte auch nur annähernd zu folgen, was sie ihm da versuchte mitzuteilen. Viel zu schnell und mit seltsamen Worten auf ein einredend, kam mehr als ein reichlich verwirrter Gesichtsausdruck.
    "Wasmeisu?", breite Falten lagen auf seiner Stirn, die so schnell nicht weichen wollten, sah sich die neue Tunika an und nickte kurz.


    Als er sie umgekleidet sah, musterte er sie offen von unten, nickte kurz und brummte ein weiteres mal zustimmend.
    "Nun siehst Du aus wie eine Frau!", zwar war ihm nicht klar wie man bei diesen Temperaturen noch einen Umhang anziehen konnte, aber scheinbar war Minervine eine ebensolche Frostbeule wie Gwyn, die es auch fertig gebracht hatte das ganze Jahr über eiskalte Füsse zu behalten.


    "Besser!"


    Als sie ihn an die Hand nahm, und es scheinbar Zeit war aufzubrechen, folgte ein Brummen und ein Nicken. Schließlich brach er denn mit ihr auf, sah sich etwas irritiert im Haus um, fragte sich ob sie hier wirklich ganz alleine lebte, war das Haus doch groß genug um eine Großfamilie zu beherrbergen. Ein eigenes Zimmer zu haben war ihm schon seltsam vorgekommen, ging es doch bei ihm zuhause ganz anders zu, wo die Räume kaum derart voneinander abgegrenzt waren.


    Kaum das er auf die Straße trat und sich dort umsah, merkte er wie schon mit den ersten Sonnenstrahlen seine Stirn feucht wurde. Solche Temperaturen so früh am Tag waren ihm gänzlich fremd, auch wenn er schon gemerkt hatte das es auf der Fahrt hierher zunehmend wärmer wurde, hatte er sich noch immer nicht richtig an das Klima hier gewöhnen können. Kurz wischte er sich die Stirn und sah sich nach allen Seiten um, betrachtete etwas irritiert die Hektik hier ums Haus herum, wie die Leute sich scheinbar beinahe auf der Flucht befanden.


    Solche Hektik gab es in den Dörfern die er kannte allenfalls bei Festen, oder wenn ein Kriegszug erfolgreich oder weniger erfolgreich zurückkam.
    Keine Ochsen vor den Häusern zu sehen, oder ein paar Schweine, war auch ziemlich verwirrend, hier hämmerte kein Dorfschmied, der selbst in den Städten seiner Heimat weithin zu hören war.
    "Tarraco.", irgendwie klang es eher verwundert, als begeistert. Allem voran war es seltsam das er hier niemandem ins Gesicht schauen konnte, ohne das er den Blick nach unten richten musste. Schließlich sah er zu Minervina hinab und machte den Eindruck hier zu stehen wie bestellt und nicht abgeholt. Alles war neu und scheinbar vollkommen anders, als er es kannte. Kurz beugte er sich hinab und griff etwas Staub von der Straße.


    "Kein guter Boden!", stellte er fest. Zuhause war die Erde dunkel und fruchtbar, man konnte beinahe hinter jedem Haus Kohl anbauen. Aber jener würde hier wohl sehr schnell verdörren.
    Schließlich rieb er sich die Stirn, nachdem er den Staub wieder hatte zu Boden fallen lassen und sah fragend zu Minervine, wohin es nun gehen solle. Auch wenn er es nicht wirklich wissen wollte, interessierte es ihn wo diese Knilche herkamen, die bei ihm zuhause für so viele Ärgernisse verantwortlich waren.


    Alleine das Stimmengerwirr und das unverständliche Geplapper stürzte er auf ihn ein wie ein Wasserfall, verstand kein Wort von dem was die Leute hier sprachen, oder sich zuriefen. Doch was ihm noch am besten gefiel, hier schien es keine Legionäre zu geben, die schienen alle in Germanien. Zumindest sah er im Moment keine.

  • Bald würde ihre gemeinsame Zeit vorbei sein. Doch bevor sie das offizielle Lebewohl geben musste, wollte sie noch einmal allein mit ihrer Tochter sprechen. Sie blieb eine ganze Weile vor der Türe stehen, ehe sie den Mut aufbrachte um zu klopfen. Sie wollte sich nicht mit diesem angespannten Verhältnis von ihrer Tochter trennen, so also wurde es Zeit für ein klärendes Gespräch.

  • Minervina stand relativ lange und auch lächelnd an ihrem Fenster und blickte hinaus. Hinauf in den blauen Himmel. Das Gewitter lag nun schon lange zurück und Belenor lebte seit ein paar Wochen schon im Haushalt. Und er hatte annähernd keinen Ärger bereitet. Ihre Hoffnungen wurden erfüllt und jede Befürchtung hatte sich widerlegt. Zwar mied sie den breitschultrigen Mann noch immer ganz gern, da ihr seine Statur manches Mal Furcht einflößte und das Vertrauen nicht so recht ihr Herz beseelen wollte, aber es wurde immer besser. Sie wandte sich vom Anblick des Himmels ab und ließ ihren Blick durch das Zimmer streifen.


    Irgendwie bereitete dieser Anblick ihr Schmerzen. Die meisten Dinge hatte sie schon in die Kisten geräumt, oder auch räumen lassen. Nur weniges Stand noch auf den Möbeln, die sie zurücklassen würde. Nur eine Öllampe stand noch neben dem Bett, die kleinen Holzschnitzereien befanden sich längst in der Truhe. Ebenso wie das Holzpferd, das ihr Vater ihr einst geschenkt hatte. Selbstverständlich würde sie sich von dieser Gabe niemals trennen.


    Da riss ein zaghaftes Klopfen an der Tür diese Gedanken hinfort und Minervina erkannte schon an der Tonlage, wer dort draußen stand. Mit gewohnter Stimme bat sie "Herein!" und blickte erwartungsvoll ihrer Mutter entgegen.

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