[Via Sacra] beim Titus-Bogen

  • Helena und ich hatten das Forum verlassen, als meine Schritte in der Via Sacra an Eile verloren, ins Schlendern verfielen und ich sie, wie zur Erinnerung, bei der Hand fasste: "Ich habe Dir nichts von der Flaminca auszurichten... Ein Vorwand, damit Du auch mit mir kämest. Entschuldige diese... hm... griechische Art."


    "Weißt Du", lächelte ich sie an "dass ich mich wirklich freue, dass Du nun hier bist? Dieser Redner mit seinem - hast Du das eigentlich gesehen - mit seinem goldenen Stock... ein goldener Stock... tsstss... also der hat doch etwas gestört... Ach! Ostia! Ganz klar: Da muss ich nicht hin, ganz bestimmt nicht! Wollen wir vielleicht eine Kleinigkeit essen? Weißt Du, also..."


    Jetzt musste ich erstmal Luft holen...

  • Sie schrak etwas zusammen, als er nach ihrer Hand griff. Ihre Schritte hatten sich automatisch den Seinigen angepasst und auch die Richtung war ihr nicht groß aufgefallen. Sie blickte ihn, aus ihren Gedanken entrissen, fragend an, als sie auch schon den Grund erfuhr. Wie von selbst stahl sich ein leichtes Lächeln in ihr Gesicht, welches sie auch gar nicht vermocht hätte, zu verhindern.


    "Nein, ist schon gut.."


    brachte sie etwas dumpf zur Antwort hervor. Sie war noch immer etwas überrannt von seinem plötzlichen Geständnis und doch auch sehr erleichtert. Sie drückte seine Hand nun leicht, während sie begann sich zu sammeln. Doch während er so hektisch sprach, drang ein helles Lachen aus ihrer Kehle.


    "Ja du hast Recht! Da akzeptiere ich glatt deine Notlüge. Ich sollte eigentlich nicht so sprechen aber von seinem Prunk habe auch ich recht bald die Nase voll gehabt! Der Ruf der Aurelier eilt ihnen voraus!"

  • "...eilt ihnen voraus mit Gold und Glitzerschein!", lachte ich.


    "Aber, mal im Ernst, wer war das denn? Ist er ein wichtiger Mann? Wenn ich ih mit meinem Vater vergleiche, komm ich zu keinem Schluß, Agrippa ist stets gemäßigt und spricht auch so... wie ein verständiger und ehrenwerter Mann. Vielleicht würde er aber auf der Rostra auch solch furiose Wortkaskaden produzieren? Hm..."


    Mal blickte ich in den Himmel, mal in die Menschenmassen und dann wieder zu Helena. Ich fragte mich ob Tarraco überhaupt wirklich zum Imperium gehört oder Vielmehr: Ob das Imperium nicht genau in diesen Mauern liegt und das, was drum herum sich befindet, die Weiten der Provinzen, ob die nicht eigentlich eher... aber ich verlor mich in einem Gefühl.


    "Also: etwas essen, etwas trinken? Ich jedenfalls muss mich mal setzen."

  • "Also, sollte er ein wichtiger Mann sein, so habe ich ihn dennoch das erste Mal gesehen und er ist es noch nicht lange. Gut er ist Patrizier und gerade die Aurelia halten meistens mehr auf sich als sie sind. Ich kenne da nur eine Ausnahme.. naja."


    Helena musste ebenfalls grinsen. Dieser Eugenius war ziemlich typisch gewesen. Für sie war nur ihr Freund Commodus etwas aus der Art geschlagen, auch wenn er ziemlich eitel ist. Er ist es doch auf angenehme Art und Weise.


    "Aber dein Vater ist anders. Er ist meistens so wie der erste Eindruck erweckt. Ich habe ihn jedenfalls noch nie anders kennengelernt. Nur in seinen traurigen Phasen der Trunkenheit kann ich ihn nicht einschätzen..."


    Doch ging sie nicht näher darauf ein und betrachtete das Pflaster vor ihren Füßen. Sie nahm auch seine Frage nicht recht wahr, denn sie schwenkte in ihren Gedanken zu ihres Vaters Erzählungen ab. Ihres ehemaligen Vaters...

  • Unruhig faselte ich etwas von der Würde meines Vaters... Da kam etwas auf uns zu. Und es war groß, sehr groß... Helenas zu Boden gesenkter Blick verriet eine leichte, eine gewiß nicht eben zuträgliche Unaufmerksamkeit, da...


    ...sprang ich auf sie zu und drückte sie an die Hauswand. In diesem Moment bahnte sich ein riesiges dunkles Ungetüm, bemalt in leuchtenden Farben, seinen Weg durch die staunende Menge, die mit "Oh!" und "Ah!" meiner eigenen Sprachlosigkeit Ausdruck verlieh.


    "Bei den Göttern! Schau auf diese... Hufe! Mit einem Schrit zermalmt der eine Centurie...", rief ich aus und wagte es nun etwas näher an das Tier heranzutreten, das langsam und unbeirrt weiterlief.


    "Wann kommen die Löwen?", fragte ein kleiner Junge seinen Vater. Der Elfant war weitergeschritten und man konnte ihn noch lange aus der Menge ragen sehen.


    Ich blickte zu Helena und rief: "Löwen! Jetzt auch noch Löwen! Danach habe ich keine große Sehnsucht, lass uns vorher verschwinden... obwohl..." In diesem Moment der Zögerlichkeit inmitten der Straße bekam ich geräuschvoll ein Brett gegen den Kopf.


    "Das passiert wohl nur Leuten aus der Provinz...", lachte ich etwas gequält, nachdem ich mich wieder zu Helena gesellt hatte.

  • Sie vernahm seine Worte wie durch einen dichten Schleier, aber er sprach auch nicht an sie, hatte sie zumindest das Gefühl. Sie zählte unbewusst die Fliesen zu ihren Füßen, über welche sie schritt und dachte an Anton. Wie hatte er sich damals gefreut, als sie aus Achaia wiedergekehrt war. Er hatte sie fest umarmt fester als sie es ihm, angesichts seines Alters, zugetraut hätte. Mittlerweile war ihr klar geworden, weshalb sie die Jüngste war, vermutlich war er gar nicht mehr Zeugnungsfähig gewesen, als..


    "Haa!"


    kam es überrascht aus Helena's Kehle als sie sichruckartig an einer Wand wiederfand und vor ihr Quintus stand. Sie stellte wieder einmal fest, dass der Jüngere größer als sie war. Langsam war es deprimierend, dass jeder erwas größer zu sein schien als sie. Bei ihm als Mann war es noch in Ordnung, auch wenn er jünger war, aber viele Frauen ... auch zu ihnen musste sie aufschauen. Sie schob diese Gedanken energisch zur Seite, während sie suchte ihren Atem zu beruhigen, da ließ er auch schon von ihr ab.


    "Ja Elefanten.."


    schmunzelte Helena bei Quintus faszinierten Gesichtsausdruck. Sie hatte schon einmal einen von ihnen gesehen, aber das war schon etwas länger her und so konnte auch sie ihre hoheitsvolle Distanz nicht länger waren und trat näher um den Koloss zu betrachten.


    Quintus! Pass..."


    rief ich laut auf seine Zögerlichkeiten hin, doch es war schon zu spät. Ich kniff die Augen zusammen, als der harte Aufprall des Holzes mit seinem Kopf kam. Ich öffnete sie einen Spalt, als er schon wieder neben mir stand. Zaghaft ergriff ich seine Hand.


    "Lass nicht die Löwen entscheiden, folge mir bitte!"


    Und mit diesen Worten führte ich ihn zu einer Treppe und bedeutete ihm, sich dorthin zu setzen. Von hier aus sahen wir zwar fast nur noch Beine, aber wir waren halbwegs in Sicherheit. Es sei denn, Steine bröckelten von oben herab oder die Leute entleerten ihre Blasen am Fenster oder warfen Unrat herab. Ich ließ seine Hand los.


    "Lass mich deinen Kopf sehen.."

  • Folgsam setzte ich mich auf eine Stufe und befühlte meinen pochenden Hinterkopf.


    "Alles noch ganz...", spielte ich die Feuchtigkeit zwischen meinen Fingern herunter,"nicht mehr als eine Beule, damit kenne ich mich mittlerweile nur zu gut aus."


    Dass ich neuerdings ständig in halblädiertem Zustand durch die Welt wankte, gab mir zu denken - aber es fiel mir nicht ein, diesem Gedanken zu folgen. Denn als ich meine Finger betrachtete, waren ihre Spitzen purpurschnecken-rot.


    "Wirklich nicht der Rede wert, das hier. ... Ich sollte zukünftig etwas vorsichtiger sein." Dabei wippte ich mit meinem linken Bein und der angerissene Schuh machte dabei seltsame Geräusche. Dieser Anblick lenkte meine Gedanken zurück zum Aurelier und dem Grund der Rostra zu fliehen.


    "Warum hat man mich diesem Menschen eigentlich weder vorgestellt... noch eingeladen?", fragte ich offen, doch mit dem Ausdruck einer leichten Verdrießlichkeit und rieb unterdessen meine Finger, bis sie "trocken" waren.

  • Helena musste schlucken als sie das Blut auf Quintus' Fiingern erblickte und blickte ihn vorwurfsvoll an - von wegen vollkommen harmlos! Sie zauberte ein kleines, sauberes Leinentuch aus dem kleinen Täschchen an ihrer Seite, faltete es zusammen und kniete sich hinter ihn.


    "Quintus. Vielleicht erleiden Soldaten auf dem Schlachtfeld schlimmere Verletzungen oder andere Leute durch die Beschlagenen Sandalen der Leute auf dem Forum... Doch harmlos ist eine Verletzung aus welcher derart viel Blut quillt gewiss nicht!"


    Sie presste ihm ohne die Möglichkeit Widerstand zu leisten das Tuch auf die soeben ertastete Wunde um das Blut zu stoppen und aufzusaugen. Schade dass sie nun kein Wasser parat hatte, doch erst einmal musste eben das Tuch reichen.


    "Meinst du diesem Claudier? Ich weiß es nicht. Sein Name war Claudius Constantius und... Naja warum er dich nicht eingeladen hat, ist auch mir schleierhaft. Es wäre eigentlich nur höflich gewesen."


    Etwas verwundert dachte sie an die letzten Ereignisse zurück - heute geschah einfach vielzuviel.

  • "Das denke ich auch. Irgendwer hätte mich allerdings auch vorstellen müssen... autsch! Nicht so fest!"


    Ich war durchaus etwas verstimmt, wenn ich an die Situation dachte, man hatte mich vollkommen ignoriert.


    "Liegt das vielleicht an meinem.... Äußeren? Vielleicht hätte ich das Brett gleich ins Gesicht bekommen sollen, dann würde man mir sofort ehrenwert unterstellen müssen, ich hätte dem Reich unter Einsatz meines Lebens gedient. Ich würde mich dann in Schweigen hüllen, nicken und ein ernstes Gesicht machen. Hm... Vielleicht würde ich dabei noch auf meine Unterlippe beißen, natürlich so, hier... schau mal! Ist das gut so?", scherzte ich.


    Doch in heimlichem Groll fand ich, dass es auch Helena hätte tun können und hegte in großer trotziger Selbstgerechtigkeit keinen Zweifel an der Richtigkeit dessen. Allein ein leises Gefühl stellte sich dem entgegen - und dieses Gefühl wurde durch das Tuch verursacht, das sie - wenn auch etwas zu heftig - sorgend auf die Wunde tupfte -

  • Von Helena kam nur ein leises, aber nachdenkliches Brummen. Er hatte ja Recht und gerade sie hätte ihn vorstellen sollen. Aber Helena selbst war in dem Moment vollkommen überrannt gewesen als mit einem Mal drei Gesprächspartner wie aus dem Nichts aufgetaucht waren.


    "Ach Quintus - nein. Vielleicht hättest du mir einfach einen vorwurfsvollen Blick zuwerfen sollen und nicht märtyrern. Sag mir jetzt bitte nicht, dass du das Brett mit der Absicht in Empfang genommen hast, um dir ein Stärkegefühl zu schenken!"


    gab sie mit scharfer Zunge aber auch nicht bös gemeint zurück. Helena nahm das Tuch von seinem Hinterkopf, faltete es neu, sodass das Blut innen war, und presste es auf seine Wunde.


    "Drücke es einige Momente dagegen, auch wenn es vielleicht schmerzt!"


    gab sie in einem spaßig befehlenden Ton an und setzte sich nun neben ihn. Das Lächeln auf ihrem Gesicht war freundlich, aber auch ein wenig schuldbewusst. Sie war mit der ganzen Situation überfordert gewesen und vielleicht auch von Imperiosus Handeln erwartet.


    "Also gut! Es tut mir leid!"


    sagte sie lächelnd und bot ihm ihre Hand dar.

  • Nachdem ich das Tuch in Empfang genommen hatte und es, wie befohlen, nicht zu lasch auf die Wunde presste, schloss ich die Augen, hob Brauen und Kinn und erwiederte mit gespitzten Lippen und in pathetischem Tone: "Wir wollen Dir unseren Großmut beweisen und Dir Deinen Fehltritt in unendlicher Güte verzeihen, jedoch - was Deine Mittäter angeht, werden wir keine Gnade kennen und kein Mitgefühl!"


    Sodann öffnete ich mein linkes Auge einen Spalt um Helena zu beobachten, näherte meine Hand der ihren, schlug jedoch nicht ein, sondern spreizte den kleinen Finger ab, schob den Finger mit dem Siegelring leicht hervor und gab gedehnt ein "Nuuuun?" von mir.

  • Auch helena zog amüsiert eine Augenbraue hoch und betrachtete den großmütigen Freund zu ihrer Seite. Ach, niemals hätte sie solche Barmherzigkeit erwartet, es grenzte an ein Wunder.


    "Zu gütig! Ich werde sie bitten, darauf hinweisen niemals wieder einen solch fatalen Fehler zu begehen. Wie konnten sie nur den großten Matinius so tief kränlen!"


    frozzelte sie und musste dann doch lachen, als er ihr seine Hand unter die Nase hielt. Kopfschüttelnd gab sie ihm einen hauchzarten Schubs und meinte:


    "Ich beuge mich nicht einmal vor dem großen Matinius! Wenn du meine Freundschaft nicht willst, meine Unterwürfigkeit bekommst du nicht!"


    Und gespielt schnippisch stand sie auf und wandte sich mit dem Rücken zu ihm.

  • "Sie wagt es uns den Rücken zuzukehren!", schnaubte ich, "Wachen! Ergreift sie!"


    Ich stand auf und trat zu ihr: "Manchmal fühle ich mich nur so, als ob man mich nicht so recht ernst nähme, wie damals Metellus - seitdem ich ihn etwas näher kenne, weiß ich dass es nicht an mir liegt. Ich bin da schnell etwas empfindlich, eine kleine Schwäche wohl...", dabei nahm ich ihre Hand, drückte sie kurz und ließ sie wieder los. "...danke für das Zaubertuch!"

  • Ihr Gesicht wurde ernst, als sie seine Worte vernahm. Möglicherweise hatte er auch hier wieder recht. Zwar sah sie trotz allem etwas wie einen kleinen Bruder in ihm, doch 'klein' war er ja nun wirklich nicht mehr. Als er allerdings für einen Moment ihre Hand ergriff und sich bedankte, wandte sie sich mit einem warmen Lächeln wieder zu ihm um.


    "Du musst dich nicht bedanken. Eher bin ich es, denn wenn du nicht geflohen wärst würde ich mittlerweile gar rauchend an der Rostra stehen anstatt mit dir zu lachen."


    Sie hielt kurz inne, ehe sie fortfuhr.


    "Und das Ernst nehmen... Es wird beides sein, versuche es nicht vollkommen auf dich selbst abzuwälzen. Ich kenne Metellus eigentlich nicht als besserwisserisch, aber ich bin auch ein ganz anderer Fall als du."

  • "Ja, ja ich bin ein anderer Fall, nur was für einer? Einer mit einer Beule und einem zerrissen Schuh!", versuchte ich dem Thema seinen Ernst zu nehmen. Ich war nicht in der Stimmung über meinen Bruder zu sprechen, also über mich zusprechen.


    "Mit der Beule läßt sich leben, zumal sie ja von einem echten Medicus versorgt wurde. Der Schuh allerdings ist ein ausgewachsenes Problem: Wie soll ich ohne einen kalten Fuß zu bekommen an ein neues Paar gelangen?"


    Ich machte ihr ein Zeichen : "Komm, laß uns aufbrechen. Mir ist etwas schwummrig."

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