Besuch bei Agrippina

  • Lange hatten wir uns nicht mehr gesehen, ein Besuch war förmlich überfällig. Also schlenderte ich Richtung Tempel der Vesta und sah mich nach Agrippina um. Da ich sie nicht auf Anhieb erspähen konnte, rief ich mit gesenkter Stimme einfach ihren Namen.


    "Agrippina?"

  • Ich trat hinter den Säulen des Tempels hervor, um zu schauen, wer denn da meinen Namen rief. Als ich Deandra erspähte, freute ich mich sehr.
    Salve Deandra!
    Ich lief ihr heiter entgegen.

  • Ich wandte den Blick in die Richtung, aus der die Stimme kam. Sogleich erschien ein Lächeln auf meinem Gesicht und nun lief auch ich Agrippina entgegen.


    „Salve, meine liebe Freundin. Lange haben wir uns nicht gesehen, viel zu lange!“


    Ich umarmte sie kurz, bevor ich sie mit einem Bedauern im Gesicht anblickte.


    „Es liegt an mir, ich weiß. Du hältst dich schließlich immer hier auf, aber ich reise andauernd durch die Gegend. Sag, wie ist es dir in den vergangenen Wochen, ich muss fast „Monaten“ sagen, ergangen?“

  • "Oh, abwechslungsreich. Ich bin viel herumgereist, habe teils merkwürdige Landstriche gesehen und noch viel seltsamere Menschen getroffen."


    Ich erinnerte mich an Germanien und schüttelte unbewusst den Kopf.


    "Nach Achaia habe ich übrigens Felix besucht, er wird von Mal zu Mal sympathischer. Sicher weißt du, anfangs hatten wir Verständigungsschwierigkeiten. Dabei fällt mir ein, du hattest ja damals mit deinem Pater die Vereinbarung getroffen, freies Gensmitglied zu sein, um in die Albata übertreten zu können. Nun hat sich so vieles geändert und heute wäre dieser Schritt gar nicht mehr nötig. Bereust du ihn?"

  • Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte ich Verina und wandte mich ihr sogleich freudig lächelnd zu.


    "Du hast es also wahr gemacht, ebenfalls noch zu erscheinen."
    Kurz drückte ich ihre Hand. Wir hatten uns ja eben in der Villa noch gesehen.


    "Können dich denn Wagenrennen begeistern?"
    In dieser Sache konnte ich Verina nicht einschätzen.

  • "Oh, nein. Wagenrennen interessieren mich nicht übermäßig. Wohl verfolge ich sie, aber ich würde mich nie in eine Partei begeben."


    Verina machte eine Pause.


    "Ich muss dir noch etwas sagen. Ich überdenke derzeit die Möglichkeit, wieder nach Syria zurückzukehren. Überstürzt werde ich diese Entscheidung nicht fällen. Außerdem muss ich an meine Berufung denken. Wenn ich mich entschlossen habe, komme ich in die Villa auf ein Gespäch."

  • Ich überlegte kurz, dann sagte ich bestimmt:


    Nein, ich bereue ihn nicht. In meinem Amt habe ich viele Freiheiten. Manchmal vielleicht, im Geschmack eines Mannes, sogar zu viele. Unter Patria Potestas zu stehen, beisst sich irgendwie arg damit.


    Ich musste lächeln. So hart das nun tönte, war es eigentlich nicht gemeint gewesen.

  • Ich lächelte, ich mochte Deandra für ihre freundliche aber bestimmte Neugierde.


    Nun, ich denke, als Virgo Vestalis Maxima bin ich Vorsteherin des Collegium Vestale und muss somit dafür sorgen, dass alles so läuft, wie es sollte. Dafür muss man Entscheide fällen und Dinge bestimmen. Manche konservative Männer sehen das bestimmt nicht gerne. Schliesslich gehört es sich bei ihnen nicht, dass eine Frau das Sagen in einem solchen Gebiet hat.


    Etwas ganz anderes: Möchtest du etwas zu trinken?

  • "Weißt du, Agri, du bist die vernünftigste Frau außerhalb meiner Gens, die ich je getroffen habe, und ich bin froh, dich zur Freundin zu haben. Ich muss bei dir nie die Sorge haben, dass Müll aus deinem Mund kommt, denn alles, was du sagst, hat einfach Hand und Fuß. Das ist wundervoll!"


    Ich umarmte Agrippina kurz und überlegte dann, für welches Getränk ich mich entscheiden sollte.


    "Ein Glas Wasser wäre mir sehr Recht", entschied ich schließlich und schmunzelte ob der vorangegangenen Gedanken.


    "Andererseits kannst du dich glücklich schätzen, weil in deinem Tempel doch alles wie zu Zeiten unserer Vorfahren läuft. Stell dir mal vor, hier würde neuerdings ein Mann Einlass finden. Diese Vorstellung ist in meinen Augen kein bisschen weniger abstrus, als eine Frau zum Consul einzusetzen."

  • Ich musste ginsen, Deandra hatte die Art, die alles immer auf den Punkt brachte, ohne etwas zu verheimlichen.


    Ich löste mich aus ihrer Umarmung und lief kurz in die Küche, um das Getränk zu holen.


    Zurück kam ich mit der wunderschönen Silberkanne und zwei Bechern, in die das Bildnis von Vesta gearbeitet war.


    Ich stellte alles auf ein kleines Tischchen und zog Korbstühle heran.


    Lachend wies ich auf das ganze und sagte zu Deandra
    Bitte platznehmen.


    Nun war es Zeit wieder ernst zu sein.
    Frau zum CONSUL, sagte ich hörbar empört, sowas gibts also wieder? Das musst du mir unbedingt erzählen!

  • Sim-Off:

    Ui, so viel Zeit vergangen.


    "Ach, Fehler vom Amt", scherzte ich und tippte mir selbst an die Stirn. "Es war nicht der Consul sondern der Praetor gemeint. Ja, leider, Agri, aber lass uns lieber von etwas Erfreulicherem reden."


    Inzwischen hatte ich Platz genommen und einen Schluck Wasser getrunken. Anerkennend blickte ich auf die schönen Gläser.


    "Ich würde es begrüßen, wenn sich die Anhänger der einst konservativen Albata wieder mehr zusammenschließen. Schau, jeglicher Kontakt ist abgebrochen und unsere Ideale verstauben, bald sind sie vergessen. Andauernd überlege ich mir, was ich oder wir für die Sache tun könnten. Hast du nicht eine Idee?"

  • "Ja, das ist eine gute Idee.“ Kurz sinnierte ich über diese Möglichkeit, als mir erste Bedenken kamen.
    "Aber da fällt mir ein, dass nicht alle in Italia leben. Ohne Florus fehlt dem Treffen der entscheidende Teil. Hinzu kommt, dass Ingeniosus seit vielen Monaten unauffindbar ist. Er wurde in Mantua bereits durch meinen Onkel als Duumvir abgelöst.“


    Ratlos zuckte ich mit den Schultern. Es hatte sich viel in den letzten Monaten geändert. Nachdenklich trank auch ich einen Schluck.


    "Erinnerst du dich noch, als wir zu dem Empfang des Kaisers gegangen waren?", fragte ich schließlich. "Als allererste waren wir erschienen - höchst unangenehm, wenn ich mich daran zurückerinnere."

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