Wohntrakt des Praetoriums

Ich betrachtete meinen Schwager mit schräggelegtem Kopf von der Seite, überlegte, was ich zu seiner Aufmunterung sagen konnte. Doch irgendwie schien mir, dass das gänzlich unmöglich war.
"Es wird gehen wie immer...du wirst weiterleben, du wirst deine Legion führen... Nur eben ohne sie."
Ich schluckte.
"Und genau so werde ich es auch machen."
Einen Moment lang schwieg ich betreten und richtete meinen Blick gen Boden.
"Wir sehen sie eines Tages wieder. Früher oder später."
Die Tränen in meinen Augen verrieten, dass mir "früher" im Moment lieber wäre als "später".

In Livianus Augen traten wieder Tränen und er sagte sehr leise, fast zu sich selbst.

„Ja! Früher oder Später! Es hätte nicht mehr viel gefehlt, da wäre es Früher geworden.“

Nicht ganz sicher, ob ich Livianus´ Gemurmel richtig verstanden hatte, runzelte ich die Stirn.
"Was?"

Er winkte mit der Hand ab.

"Ach nichts! Schon gut!"

Das verursachte nun noch tiefere Furchen in meiner Stirn.
"Nana, nun hast du gegackert, jetzt musst du auch legen.", konterte ich mit einem Zwinkern.

Livianus brauchte einen Moment eher er sich dazu überwand, Aelia zu erzählen, was er damit gemeint hatte.

„Ich….. ich war ziemlich fertig als ich die Nachricht deiner Eltern bekam und……. und wollte mir mein Leben nehmen.“

Das Stirnrunzeln verschwand.
Dafür klappte mir nun die Kinnlade herunter.
"Jössas...", sagte ich halblaut und starrte Livianus unentwegt an. Als mir dies jedoch bewusst wurde, beeilte ich mich, wieder zu meinen Sandalen zu sehen.
Weil ich nicht recht wusste, was ich darauf erwiedern sollte, schwieg ich nachdenklich.
"Das wird dich wahrscheinlich nicht besonders aufbauen-", setzte ich nach einer Weile an, "-aber, ich bin froh, dass du es nicht getan hast."

„Das ist nicht mein Verdienst. Eine Sklavin die ins Zimmer kam hat mich abgehalten. Aber danke.“

Kopfschüttelnd rieb ich mir die Schläfen.
"Hm...du wirst doch aber nicht nochmal...es bleibt hoffentlich bei diesem einen Versuch?"

„Nein! Keine Sorge! Die Sklavin hat mich zur Vernunft gebracht und meine Großcousine Valeria ist auch vor kurzer Zeit angereist und hat mich unter ihre Fittiche genommen. Ich habe ohnehin die Befürchtung, dass ich bald nicht mehr der Herr im meinem Haus bin.“

Bei diesen Satz musste Livianus nun etwas schmunzeln.

Ich lächelte ein wenig gequält.
"Ah...die Schwangere?"
Manche Dinge verbreiteten sich einfach immer noch schnell
"Die wird dich sicher auf Trab halten. Schwangere Frauen haben ein besonderes Talent dafür, glaub mir."
Schließlich hatte ich genug weibliche Verwandte, bei denen ich das aus nächster Nähe begutachten konnte. Ich kicherte leise, als ich mir Livianus als gebeutelten Leibsklaven vorstellte

„Naja! Vielleicht ist das gar nicht so schlecht! So komme ich zumindest auf andere Gedanken und bei mir im Haus ist immer was los! Was tust du so um dich abzulenken?“

Zögerlich zuckte ich mit den Schultern.
"Nichts. Die Akten und Briefe, die ich als Comes bekomme, sind eine relativ schlechte Ablenkung, weil sie einfach zu langweilig sind."
Ich seufzte beim Gedanken daran, was Aemilia immer über meine 'anormales' Beamtendasein gesagt hatte.
"Vielleicht sollte ich mich zur Ruhe setzen. Aufhören zu arbeiten, heiraten und so viele Kinder bekommen, dass ich gar nicht mehr dazu komme, darüber nachzudenken."

Livianus dachte kurz nach und sah dann wieder auf.

"Was ist eigentlich mit Corvus?"

Ein wenig peinlich berührt, kratzte ich mich am Kopf.
"Meridius hat ihn scheinbar auf eine Mission geschickt...er weiß noch gar nicht, dass..."
Ich brach ab. Es war ohnehin klar, was ich meinte.

Livianus schaute nachdenklich drein.

"Und du weißt nicht wann er zurück kommt? Ich verstehe nicht, warum er sich nicht zur Legio IX versetzen lässt um näher bei dir zu sein?!"

"Ich weiß es nicht.", war meine schlichte Antwort.
"Vermutlich fragt er sich genauso, warum ich den Posten hier in CCAA angenommen habe und nicht in Mogontiacum geblieben bin."
Oder er dachte gar nicht darüber nach...herrje

Livianus machte einen nachdenklichen Eindruck und seufzte.

„Wenn du willst, dann nehme ich mir den Kerl einmal zur Brust und lese ihm die Leviten!“

Nun hatte er es doch noch geschafft. Zum ersten Mal seit Tagen grinste ich.
"Wenn du meinst, dass das etwas bringt...meinen Segen hast du."
Als ich mir meiner Fröhlichkeit bewusst wurde, senkte ich verschämt den Blick. Mein Zwilling war tot und ich grinste. Schnell biss ich mir auf die Lippen.

"Mal sehen!"

Livianus war froh, dass er Aelia zu mindest einen kurzen Augenblick auf andere Gedanken bringen konnte.

"Ich habe vor einen Tempel bauen zu lassen und bereits den Stadtrat verständigt. Bisher habe ich aber noch keine Antwort bekommen. Es soll ein Dianatempel in Gedenken an Aemilia werden."