Das Fleisch heilt, das Herz stirbt...


  • Langsam machte Xeones die Augen auf und stöhnte auf vor Schmerz. Die Wunde im Rücken schmerzte wie Feuer. Ein stechender Schmerz in den Schläfen trübte seinen Blick und das Pfeifen in den Ohren kam einem Sturm gleich. Seine Kehle war ausgetrocknet. Er füllte sich erbärmlich.


    Xeones sah sich um. Er lag in einer Koje. Irgendwo in einem kleinen Raum. Wie aus der Ferne hörte er ein Stimmengewirr und Musik. Eine Stimme lachte. Ein Lied erklang. Er wusste nicht, wo er war. Wusste nicht wie er herkam. Oder wie lange er schon hier war. Vistilia hatte ihn schwer erwischt. Verdammt schwer. Doch offenbar nicht schwer genug. Er atmete tief durch und schloss die Augen. Es schmerzte zwar, doch er konnte richtig atmen.


    "Die Klinge steckte tief drin" die Tür zu der kleinen Kammer, in der er sich befand, ging mit einem leisen Quitschen auf und jemand trat ein. "Doch sie muss die Organe verfehlt haben. Die Götter müssen dich lieben, Fremder, wenn sie dich derart vor dem Tod bewahrt haben." Xeones brauchte einige Sekunden, bis seine Augen scharf sehen konnten. "Ich bin Ophelia… wie ist dein Name, Fremder?"


    Ihren süßen Duft konnte er selbst in seinem Zustand wahrnehmen. Sie verzauberte ihn… doch Misstrauen mischte sich in sein Gemüt. Wer war sie? Ihren Namen hatte Xeones noch nie gehört. Und so fragte er sich, ob er ihr trauen konnte. Jetzt, da er ihr hilflos ausgeliefert war… Er lächelte und schüttelte den Kopf. Hätte sie ihn töten wollen, wäre er wohl kaum hier.


    "Xeones" sagte er. "Und was die Götter angeht… aaargh" er stöhnte kurz, als ein zuckender Schmerz seinen Rücken ging "müssen sie mich hassen… Ophelia." Er sah sie an. Er wusste nicht, was ihm mehr den Atem raubte. Ihr wunderschöner Anblick, ihre verführerische Stimme oder ihre dunklen, fesselnden Augen. "Wie lange…" wollte er fragen, doch Ophelia ahnte diese Frage scheinbar voraus und fiel ihm lächelnd ins Wort. "Du hast drei Tage geschlafen. Ich fand dich ganz in der Nähe. Du… hattest…" unsicher spielte sie auf seine Verwundung an.


    "Ja" sagte Xeones. "Eine Frau brach mir das Herz, in dem sie mich verließ. Und eine andere wollte wohl sichergehen, dass es auch gebrochen blieb" Xeones versuchte zu lachen, doch die Schmerzen und der unveränderte Gesichtsausdruck Ophelia hielten ihn davon ab. "Ich bin dir zu Dank verpflichtet, Ophelia. Nicht viele hätten so gehandelt wie du..." Xeones wollte noch etwas sagen, doch die Müdigkeit übermannte ihn die Dunkelheit fiel wie die Wogen der Ozeans über ihn her...

  • Xeones hörte auf die Tage zu zählen. Irgendwann einmal hatte die Wunde aufgehört, zu eitern. Die Schmerzen wurde weniger und es kam auch der Tag, da Xeones aufstehen konnte. Ophelia hatte sich um ihn gekümmert… jedes Mal, wenn er über diese Frau, diese Göttin, nachdachte, musste er sich wundern und staunen. Bis heute begriff er nicht, wie jemand so selbstlos sein konnte. Sie hatte ihn in ihrem kleinen, bescheidenen Zimmer aufgenommen und untergebracht. Sie hatte ihn zu den Lebenden zurückgeholt.


    Sie verdiente sich ihren Lebensunterhalt in der Taberna. Sie tanzte, sang, amüsierte und reizte die Männer dort. Xeones redete ungern mit ihr über ihre Arbeit und hatte nie gefragt, wie weit sie ging… das ging ihn auch nichts an. Und dennoch wünschte er sich, er könnte ihr als Dank für ihre Hilfe etwas bieten… etwas, was ihr Leben angenehmer gestalten würde… doch wieder war er sich nicht sicher. Vielleicht genoss sie ihre Arbeit. Vielleicht hatte sie ja eine Wahl.


    Er stützte sich auf einen Stock, den er als Krücke benutzte und trat hinaus auf die Strasse. Nicht sehr weit, vielleicht nur wenige Minuten von hier, passierte damals der Überfall auf ihn. Welch Glück im Unglück musste er gehabt haben.


    Von seinem Vorhaben, der Gladiatorenschule Gloria et Honor beizutreten erwähnte er Ophelia gegenüber nichts. Aus Angst, sie würde es missverstehen, ihre Mühen als umsonst ansehen, schwieg er. Bisher. "Ich muss dir etwas sagen" sagte er zu Ophelia, die nachdenklich neben ihm schlenderte. Sie lächelte und verriet ihre geweckte Neugier. "Ich werde der Gladiatorenschule beitreten." Ophelia erstarrte für einen Moment. Ihre Augen weiteten sich. Ihr Mund blieb offen. Dann riss sie sich zusammen. "Ich hoffe, dass du all das, was du für mich getan hast, nicht für umsonst hältst... und mich nicht für undankbar" Xeones musste schlucken und war sich der Bitterkeit des Augenblicks voll bewusst.


    Ophelia schwieg. "Ich werde… ich werde dich für alles entschädigen…" versuchte Xeones sich zu rechtfertigen, doch fassungslos starrte sie ihn an. Sie war enttäuscht. Wütend. Doch ließ sich nichts anmerken… und dennoch. Sie holte aus und schlug ihm mit ihrer Hand ins Gesicht. Xeones rührte sich nicht. Nur zu gut wollte er verstehen, wie sie sich fühlte. "Ich weiß, dass du mich hassen wirst. Dass du dir selbst einreden wirst, du warst so naiv, einem Fremden zu helfen… nur damit er sich in der Arena abschlachten lässt."


    Sie kam näher und schaute ihn eindringlich an. Ihre Augen waren errötet. Es bereitete ihr offenbar große Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten. Sie berührte sein Gesicht mit ihrer Hand. Es fühlte sich … Xeones fand keine Worte, um dieses Gefühl zu beschreiben. Ihre Lippen berührten sich und sie schloss die Augen. Xeones wollte sie umarmen, sie festhalten… doch sie löste sich von ihm und schritt zurück. Langsam drehte sie sich um und ging.


    Und er verstand. Er hatte sie… verloren, ohne sie je gehabt zu haben. "Ich liebe Dich" flüsterte er ihr nach. Doch sie hörte nicht. Der Wind zerriss seine Worte, trug die Fetzen in alle Himmelsrichtungen. Lange, quälend lange, stand Xeones noch da. Starrte in die Richtung, in die Ophelia verschwand. Es schmerzte tief… doch seine Entschluss stand fest. Gladiator.

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