[Ara] Hausaltar

  • Bei diesem Raum war Cicero sehr sorgsam darauf bedacht, dass alles an seiner richtigen Stelle stand. Er wusste, wie wichtig es dem Herren war, die Andenken an seine Ahnen zu ehren. Pingelig genau stellte er die Figuren und Büsten der Götter auf den dafür vorgesehenen Altar und platzierte links und rechts davon jeweils eine Schale für das Räucherwerk. Im Vordergrund lies er Platz für die kleinen Bronzefiguren der Ahnen, die der Herr selbst mitbrachte und hier aufstellen würde. Vor dem Altar platzierten einige Sklaven eine größere, viereckige Schale, in der man kleinere Opfer darbringen konnte. Auch in diesem Raum wurden für die kalten Tage zwei Kohlebecken platziert und Cicero lies den Raum mit einigen erlesenen Stoffen aushängen und schmücken.

  • Leise und ehrfürchtig betrat Livianus den Raum. Er war in einer einfachen Tunika gekleidet und hatte einen Lederbeutel in seiner Hand. Langsam lies er sich vor dem Altar nieder. Draußen war es bereits dunkel geworden und der Raum wurde lediglich vom flackernden Schein der Feuerschalen ausgeleuchtet. Livianus zündete etwas Räucherwerk an und legte es in die kleinen Schalen, die links und rechts auf dem Altar standen. Er wartete einen Moment und öffnete dann den mitgebrachten Lederbeutel. In diesem Beutel befanden sich die kleinen Bronzefiguren seiner Ahnen. Vorsichtig lies er eine nach der anderen in seine Hand fallen und stellte sie auf dem Altar auf. Dann verstummte er für einen kuren Moment und senkte ehrfürchtig seinen Kopf. Im Anschluss daran schloss er seine Augen und begann leise einige Gebetsformeln vor sich hin zu murmeln, dankte den Göttern für die gut überstandene Reise nach Germanien und bat sie um die baldige Genesung seiner Frau. Er hielt den Gedanken an Aemilia für einen Moment fest und sah deutlich ihr lachendes Gesicht vor seinen Augen. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen öffnete er wieder seine Augen in der Hoffnung, sie bald wieder in die Arme schließen zu können. Langsam erhob er sich und verlies den Raum.

  • Livianus betrat andächtig den Raum und sah sich um. Die Sklaven hatten wie jeden Tag einige Kerzen und Räucherwerk angezündet, die ihren markanten Duft im Raum verteilten. Langsam schritt er auf den kleinen Hausaltar zu und ließ sich vor ihm nieder. Er machte einen nachdenklichen und traurigen Eindruck. Zum Gruß berührte er mit den Fingern die kleinen Bronzestatuen seiner Ahnen und murmelte dann ein kurzes Gebet.


    Als dies geendet hatte griff er in seine Tunika und holte ein kleines, gut verschnürte Päckchen hervor und begann es vorsichtig zu öffnen. In dem Päckchen lag eine weitere kleine Bronzestatue…. es war eine Nachbildung von Aemilia, die er bei einem Handwerker in der Stadt anfertigen ließ. Als ob sie zerbrechlich wäre, hob er sie mit einer Hand auf und legte sie behutsam in die andere Handfläche. Dort betrachtete er die kleine Statue einige Zeit und stich zärtlich mit den Fingern darüber. Livianus seufzte.


    „Ach…Aemila! Warum ist das alles geschehen? Warum wurdest du mir so plötzlich von den Göttern entrissen? Es ist alles so kompliziert geworden seit du nicht mehr bei mir bist. Ich vermisse dich so sehr und doch fühle ich mich im Moment hin und her gerissen. Valeria ist vor kurzer Zeit bei mir eingezogen und hat meine Gefühlswelt ziemlich durcheinander gebracht. Ich weiß nicht ob du sie mir geschickt hast um auf mich aufzupassen, oder ob es einfach Zufall war, dass sie genau zu diesem schrecklichen Zeitpunkt gekommen ist und für mich da war… sich um mich gekümmert hat.“


    Tränen stiegen in Livianus Augen auf und er sah kurz zur Seite, ehe er sich wieder der kleinen Bronzestatue in seinen Händen zuwandte.


    „Ich weiß nicht was ich tun soll. Auf der einen Seite ist der Schmerz und die Trauer in mir noch so stark und ich würde alles dafür geben, dich wieder bei mir zu haben. Auf der anderen Seite spüre ich leibevolle Gefühle, wenn ich in Valerias Gegenwart bin. Ich fühle mich sehr zu ihr hingezogen und ich merke wie sie allein durch ihre Anwesenheit mein Herz erwärmt. Und nun, wo wir beide mit einem schweren Verlust zu kämpfen haben und damit umgehen müssen, werden diese Gefühle stärker und stärker. Ich weiß nicht, ob du böse auf mich bist oder eher froh darüber, dass jemand für mich da ist und das mein Leben weiter geht. Ich weiß auch nicht, ob es richtig ist was ich tue oder ob ich durch mein Handeln den Zorn der Götter auf mich ziehe. Ich möchte dir nur sagen, dass ich dich niemals vergessen werde und du für immer den wichtigsten Platz in meinem Herzen einnehmen wirst. Ich liebe dich über alles…. und bis über den Tod hinaus. Aber bitte gib mir die Kraft mich von meiner Trauer zu lösen und vielleicht in Valeria ein neues Glück zu finden. Ich weiß du würdest nie wollen, dass ich mein restliches Leben unglücklich verbringe und ich hoffe wirklich vom ganzen Herzen das auch du mir dieses glück wünscht, auf mich acht gibst und mich leitest, bis auch für mich der Zeitpunkt gekommen ist und wir uns im Elysio wieder sehen werden. Ich liebe dich!“


    Langsam hob er die kleine Statue zu seinem Mund und gab ihr einen zärtlichen Kuss. Dann stellte er sich vorsichtig neben die Bronzestatuen seines Vaters und seiner Mutter, während ihm weiterhin die Tränen über die Wangen liefen.


    “Ehrwürdiger Vater…. Ehrwürdige Mutter….. Ich hoffe Aemilia hat den Weg zu euch gefunden und ihr gebt nun auf sie Acht und beschenkt sie mit derselben Liebe, die sie mir zu Teil werden ließ. Nehmt sie in den Kreis meiner Ahnen als euer eigen Kind auf…. ich bitte euch darum…. vom ganzen Herzen.“


    Vorsichtig berührte er wieder die Statuen seines Vaters und seiner Mutter. Dann warf er ein neues Räucherwerk in die Opferschale, das mit einem Zischen verdampfte und murmelte erneut ein Gebet. Livianus atmete tief durch und sah wieder zu Aemilia, während er sich die Tränen aus dem Gesicht wischte. Dann stand er auf, nickte noch einmal zur Verabschiedung mit dem Kopf und verließ den Hausaltar.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!