Kandidatur zum Quaestor

  • Kaum hatte die Geschichte des Antoninus geendet, da prasselten auch schon die Fragen auf den Kandidaten ein, so dass der alte Nikias kaum noch zu Wort kam. Doch versuchte er die Worte des Mannes wieder aufzugreifen...." Ich verstehe deine Geschichte. Ihren Inhalt hatte ich so erwartet und daher gestatte mir eine weitere Frage. Der alte Adler, der sich nun inmitten ganz anderer Umstände wiederfindet, tritt also dem Rat der Adlerfamilien bei. Diese bestehen aus den neuzugezogenen Familien, die ihre neuen Geflogenheiten bei der Aufzucht der Jungen und beim Jagen in das Tal gebracht haben. Unser alter Adler jedoch wird sich nicht in diesen rat begeben, um sich in unterster Postion von diesen neuen Familien weiter ärgern zu lassen oder um zu sehen, wie die anderen Adler, die in seiner Abwesenheit das Tal verändert haben, über die Geschicke ihres Reviers bestimmen. Er wird zu einer Position gelangen wollen, in der er die Möglichkeit hat, das Tal wieder zu dem zu machen, was es war. Doch wie meine Vorredner sagten, ist es schwierig oder gar unmöglich die Zeit und die Entwicklung zurückzudrehen, außer man verwendet die radikalen Lösungen und vertreibt die Adlerfamilien, die den Wandel brachten.
    Nun kurzum, wie jeder Römer wirst auch du den Cursus Honorum beschreiten wollen und die Umstehenden scheinen nicht nur deine Werte zu interessieren, denn die bleiben auch jedem sein eigen, sondern wie du diese Werte auf die Römer übertragen willst. Was sollen deine Ziele sein, was deine Vorgehensweisen, wenn du derart strikte Positionen einnimmst? Sicher ist dir nicht damit genüge getan, dass du gewissenhaft die Tätigkeit des dir überlassenen Amtes bestreitest, wenn du in deiner Kandidatur insbesondere auf den Werteverfall und die Sitten der Alten aufmerksam machst...."

  • Zitat

    Original von Vibius Valerius Victor
    "Kulturen entwickeln sich aber doch. Lässt du keine Entwicklung zu, dann hast du Stillstand. Ist es das, was du willst? Du sagst, es war eine gute Zeit, als die Frauen noch wussten, wo sie hingehören, als wir Männer allein das Sagen hatten. Genauso könntest du sagen, dass es eine gute Zeit war, als Plebeijer noch wussten, wo sie hingehören, als die Patrizier das Sagen hatten. Wäre das nicht ebenfalls konservativ in deinem Sinn? War es denn nicht gut für den Fortbestand des römischen Reiches, dass Plebeijer in die Ämter drangen und sie übernommen haben? Oder willst du behaupten, dass auch diese Entwicklung schlecht war? Und wenn nicht, woran machst du dann fest, welche Entwicklung nun gut ist und welche nicht?


    Es hört sich fast so an, als hättest du Angst vor der Stärke der Frauen. Du sagst, sie verbauen konservativen Männern ihre politische Karriere. Doch ich frage dich ob wir Männer die dermaßen schwach sind als dass sie sich von Frauen etwas verbauen lassen, ob wir diese Männer in Rom wirklich brauchen? Vielleicht sollten sie sich dann tatsächlich lieber irgendwo zur Ruhe setzen und das Feld den Stärkeren überlassen, seien dies Männer oder meinetwegen auch Frauen."


    "Ich sagte bereits, dass ich nichts gegen Entwicklungen einzuwenden habe. Selbst die begrenzte Einbindung der Frauen in den politischen Raum, wie sie die Vergabe eines Stimmrechtes ist, halte ich für akzeptabel. Doch den Frauen stehen Tür und Tor offen und weil das so ist, nutzen sie ihre gewonnene Macht und räumen sämtliche Männer aus dem Weg, die ihre Ausbreitung in hohe Gremien eindämmen wollen.


    Wäre der Zugang für Frauen in politische Ämter wenigstens begrenzt, müssten sie nicht diese Freiheiten verteidigen und bildeten nicht eine derart starke Macht. Konservative Männer sind klar in der Unterzahl und da kann selbst ein Kommandeur nichts gegen die Übermacht der Frauen ausrichten. Von Schwäche ist dabei keine Rede, nur von zahlenmäßiger Unterlegenheit. Indem den Frauen Macht gegeben wurde, entzog man dem konservativen Mann den Lebensraum. Dieses gilt es wieder ins Gleichgewicht zu bringen.


    Anders verhält es sich bei den aufstrebenden Plebejern. Unter ihnen befinden sich noch heute einige ehrenvolle Konservative. Eine traditionelle Einstellung ist heute nicht mehr eine Frage des Standes, aber oft eine Frage des Geschlechts. Die Entwicklung der Frauen verträgt sich nicht im Geringsten mit einer konservativen Lebensanschauung."

  • Zitat

    Original von Kallydianos Nikias
    Kaum hatte die Geschichte des Antoninus geendet, da prasselten auch schon die Fragen auf den Kandidaten ein, so dass der alte Nikias kaum noch zu Wort kam. Doch versuchte er die Worte des Mannes wieder aufzugreifen...." Ich verstehe deine Geschichte. Ihren Inhalt hatte ich so erwartet und daher gestatte mir eine weitere Frage. Der alte Adler, der sich nun inmitten ganz anderer Umstände wiederfindet, tritt also dem Rat der Adlerfamilien bei. Diese bestehen aus den neuzugezogenen Familien, die ihre neuen Geflogenheiten bei der Aufzucht der Jungen und beim Jagen in das Tal gebracht haben. Unser alter Adler jedoch wird sich nicht in diesen rat begeben, um sich in unterster Postion von diesen neuen Familien weiter ärgern zu lassen oder um zu sehen, wie die anderen Adler, die in seiner Abwesenheit das Tal verändert haben, über die Geschicke ihres Reviers bestimmen. Er wird zu einer Position gelangen wollen, in der er die Möglichkeit hat, das Tal wieder zu dem zu machen, was es war. Doch wie meine Vorredner sagten, ist es schwierig oder gar unmöglich die Zeit und die Entwicklung zurückzudrehen, außer man verwendet die radikalen Lösungen und vertreibt die Adlerfamilien, die den Wandel brachten.
    Nun kurzum, wie jeder Römer wirst auch du den Cursus Honorum beschreiten wollen und die Umstehenden scheinen nicht nur deine Werte zu interessieren, denn die bleiben auch jedem sein eigen, sondern wie du diese Werte auf die Römer übertragen willst. Was sollen deine Ziele sein, was deine Vorgehensweisen, wenn du derart strikte Positionen einnimmst? Sicher ist dir nicht damit genüge getan, dass du gewissenhaft die Tätigkeit des dir überlassenen Amtes bestreitest, wenn du in deiner Kandidatur insbesondere auf den Werteverfall und die Sitten der Alten aufmerksam machst...."


    "Gerade kam die Frage nach meiner Einstellung zu den Plebejern, als ob meine Mahnung eine Frage des Standes wäre. Gerade die Unterhaltung mit dir macht mir große Freude, denn ich sehe einen Gewinn für mich, regst du mich doch zum Nachdenken an.
    Sehr schön, wie du meine Geschichte ausbaust. Lass mich überlegen, ob ich meine gerade geäußerten Bedenken einbauen kann...



    Brütete in der Familie des alten Adlers noch die Adlerfrau die Eier aus und polsterte das Nest mit weichem Flaum, zog es die Adlerfrauen der zugezogenen Familien in Revierkämpfe hinaus. Ob nun wegen Zeitmangels die Aufzucht ihrer Jungen vernachlässigt wird, kann ich nicht beurteilen. Die weiteren Generationen werden uns eine Antwort darauf geben.


    Indem sich diese Adlerfrauen aber in die Kämpfe der männlichen Greifvögel mischen, zerstören sie nicht nur das alte Gleichgewicht sondern auch die Einvernehmlichkeit zwischen zugezogenen und alteingesessenen Adlermännchen. Zusammen mit den Adlerfrauen verfügen die neu zugezogenen Familien über die Macht, alle alten bis auf den letzten zu vertreiben.


    Es geht dem alten Adlermann nicht um eine radikale Lösung, wohl aber um die Wiederherstellung eines Gleichgewichts. Er hat erkannt, dass dies nur über eine teilweise Rücknahme der Frauenmacht passieren kann und will seinen Finger und sein Wort mahnend erheben, damit durch die zu große Machtrolle der Frau nicht die konservative Minderzahl zum Opfer fällt.


    Es bedarf mahnender Stimmen, um eine Entwicklung in die falsche Richtung aufhalten und der alte Adlermann weiß, dass im Rat niemand sitzt, der diese Einsicht bringen kann.


    Kurzum, ja, ich strebe an, den Cursus Honorum zu beschreiten, um überhaupt erst einmal die Möglichkeit zu bekommen, von einflussreichen Größen gehört zu werden. Das Wort eines römischen Offiziers zählt in der Hinsicht nicht viel"

  • "Aurelius Antoninus, auch das Zuhören ist eine Kunst, genauso wie die Rede. Ich fragte Dich nach Deinen Werten und die Ahnen, auf die Du Dich in Deiner Rede beziehst. Doch schloss ich ausdrücklich in meiner Nachfrage aus, dass ich damit Deine Meinung über die Frauen in der Politik hören will. Doch Du scheinst nur darüber reden zu können. Auch auf wiederholte Frage konntest Du mir nicht antworten auf welche Ahnen und welche Werte Du Dich noch beziehst. Scheinbar weißt Du es selber nicht.


    Mir scheint es jedoch eher so zu sein, dass Du aus verletztem Stolz heraus sprichst. Du hast die letzten Wahlen im Cursus Honorum verloren. Und jetzt sollen die Frauen für Dein Wahldebakel verantwortlich sein? Das scheinen mir doch sehr fadenscheinige Ausflüchte zu sein. Wären in der Tat nur die Frauen für Dein Wahlversagen Schuld, hätten Dich die vielen anderen Männer noch zu dem Amt führen können. Doch Du wurdest nicht gewählt.


    Desweiteren erscheint es mir auch ein wenig lächerlich, wenn Du allen ernstes behauptest, dass Frauen das Staatgefüge unterwandern. Mit zwei Senatorinnen, die noch nicht mal ein Senatsentscheid bestimmen könnten? Außerdem geschieht all dies mit dem Willen unseres geliebten Kaiser. Und als Pontifex Maximus und als unser Erster Bürger wird er ja wohl in der Lage sein, Werte und Recht in Rom zu erhalten. Oder meinst Du nicht? Ach, ich vergaß, Du sehnst ja alte Zeiten herbei. Welche weißt Du anscheinend nicht, aber in dem Fall empfehle ich Dir die Republik.


    Wenn Du einfache Fragen, die ich Dir am Anfang gestellt habe, nicht ertragen kannst und auch Dich nicht zu erklären vermagst, dann rate ich Dir von der Kandidatur hier dringend ab. Widme Dich lieber der Fischzucht. Eine höchst römische Beschäftigung, wo Du Dich in die Reihe vieler unserer Ahnen stellen würdest. Die posierlichen Tiere, auch die Weiblichen, werden Dir mit Sicherheit keine Widerworte geben."


    Medeia zog kurz ihre Augenbrauen hoch und und wandte sich zum Gehen ab. Der Redner mit der Ursuppe schien ihr in dem Moment viel interessanter zu sein. Immerhin ließ der Mann sich auf philosophische Diskussionen ein.

  • Nikias hörte dem Mann zu und nickte hin und wieder...." Nun, ich danke dir für deine Antwort. Ich denke, deine Ziele und deine Einstellung hast du dem Volk klar darlegen können. Chaire, Aurelius Antoninus!..." Der alte Grieche hatte gehört, was er hören wollte, und er zog sich wieder etwas in die Menge des Volkes zurück.


  • "Zuhören ist demnach eine Kunst, die wir beide nicht beherrschen. Deswegen spare ich mir, mich zu wiederholen.


    Um dich aber nicht im Ungewissen zu lassen, teile ich dir noch mit, dass zum Zeitpunkt meiner ersten Kandidatur meine politische Einstellung nicht offenkundig war. Deine Verknüpfung zu den Wahlstimmen der Frauen ist also aus der Luft gegriffen. Interessant und aufschlussreich ist aber dein vehementes leugnen dieser Zusammenhänge bei Wahlniederlagen anderer Männer.
    Im Gegensatz zu denen, die sich durch Drohbriefe und gescheiterte Kandidaturen einschüchtern ließen, habe ich aber beschlossen, ab heute offen zu meinen Überzeugungen zu stehen und wenn ich mir damit Wähler verscherze, dann ist das eben so. Lieber gehe ich aufrechten Hauptes, als dass ich mit verschluckter Zunge bleibe."


    Mit Wohlgefallen beobachtete Antoninus den Abgang der Dame, die geeignet gewesen wäre, ihm spontan zum dauerhaften Junggesellen werden zu lassen, gäbe es nicht schon eine wunderbare Frau in seinem Leben. Sicher war deswegen das Gespräch so unangenehm verlaufen.




    Dem alten Mann nickte Antoninus freundlich zu.
    "Die Götter mit dir, alter Mann."

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