Nun stand sie hier, recht nahe des Hafens. Sie wusste selbst nicht mehr so richtig, wie sie hierhergekommen war, denn ihr Herz hatte sie geführt, nicht ihr Verstand. Sie war aus der Casa herausgeeilt, humpelnd, beinahe wie auf der Flucht. Heute hatte es ein schöner Tag werden sollen und zugleich ward es der Schlimmste ihres ganzen Lebens. Noch am Morgen hatte sie sich auf Metellus gefreut, mit ihm gelacht und wichtige Dinge durchgesprochen.
Nur wenige Stunden später geschah es.
Es wurde der schlimmste Tag ihres Lebens. Der schönste Tag des Monats entwickelte sich zum traurigsten ihres ganzen Lebens. Ihr Gatte war in Tarraco angekommen - tot. Sie schien alles zu verlieren, ihren Vater, ihren Sohn und nun auch noch ihren Mann. War es nicht auch in alten Sagen so, dass 'Helena' vielen Männern den Tod einbrachte? Offenbar änderte sich nichts daran. Und sie war Schuld. Nur weil sie sich in einen neuen Mann verliebte, der zu jener Zeit noch ihr Bruder war, hatte sie ihren eigenen Gemahl ins Verderben gesandt.
Die Götter hatte sie angefleht, ihr und Metellus einen Weg zu eröffnen. Erst sah es gut aus, die gens Rediviva eröffnete ihr, dass sie zu ihnen gehörte und das alles wenigstens kein Inzest war. Und nun eröffnete die Matinia ihr wiederum, dass ihr Mann hier war - tot. Sie könnte verzweifeln, nein, sie war verzweifelt. Und sie wusste wahrlich, was Verzweiflung bedeutete. Dies hier war blanker Schmerz.
Und das alles an diesem wunderschönen Tag. Die Sonne schien warm vom Himmel, wenngleich sie sich langsam schon dem Horizont näherte. Doch es blieb dennoch warm. Ihr Kopf war in Trauer gehüllt, trug sie doch schwarze Gewänder. Ihre blaue Tunika vom Morgen stand hierzu in starken Kontrast. Das blonde Haar war vollkommen verborgen und kaum eine Strähne lugte hervor.
Sie erblickte in der Ferne schon das Meer und je mehr sie sich dem Glitzern näherte, je unwirklicher wurde das Treiben um sie herum. Es war, als tauche sie langsam in eine andere Welt.
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