Schlendern über das Forum

Sargon schaute einmal in eine andere Richtung, und auf einmal stand ein Soldat vor ihm. Sargon erschrack ob dieses plötzlichen Zusammenstoßes und ließ den Korb fallen, in welchem er ein paar nicht mehr ganz frische Eier transportierte, die eigentlich als Opfergaben für seinen gnädigen, guten, barmherzigen, die materielle Armut beherzigenden Gott bestimmt waren. Die Eier fielen - wie es Ariman, der Verdammte, wollte, genau auf die Füße und die Beine des Legionärs. Pfui, wie das stank! Sargon schaute fassunglos zuerst auf die Füße, dann auf das Gesicht des Soldaten - in Gedanken sah er sich schon in einer Gefängniszelle sitzen. Mithras, hilf, dachte er sich im Stummen.

Sargon flüsterte leise einen Fluch in seiner Muttersprache, phrygisch, welches in seiner Heimat Kappadokien gesprochen wurde, und riss sich dann am Riemen. Er sagte dann wieder auf Latein: "Entschuldigung, Domine. Ich weiß selber nicht, wie mir so ein Ungeschick passieren konnte. Mein Gott hat heute nicht seine segnenden Hände über mich gehalten...Nochmals Verzeihung! Ich bezahle euch auch den Fußwäscher - da drüben ist gleich einer."

In seinem Innersten war er aber sehr sauer, dass dieser präpotente Römer ihn "Barbar" genannt hatte. Er kam aus einem Gebiet, dessen Kultur 1000 Jahre älter war als das römische Reich!

"Bei Mithras, was soll ich ein Christ sein? Mein Gott ist Mithras, der Erhabene, Große, Barmherzige. Hast du schon von ihm gehört?
Und mein Name ist Sargon. Sargon von Melitene, Wanderprediger von Beruf."

"Oh, Römer, verstehe es nicht falsch! Ich glaube an deine Götter, und ich halte auch den Imperator als Gott für verehrungswürdig, aber an meinem Glauben ist das besondere, dass Mithras, wie euer Sol in unserer Sprache heißt, die wichtigste Gottheit ist! Ich glaube, wie alle Mithras-Anhänger, dass Mithras die Welt erschaffen hat, indem er den heiligen Stier tötete. Er ist der größte Herr über Leben und Tod, und seinen Anhängern wird ein sichereres, schönes Leben nach dem Tode beschert sein. Höre, Römer, hat Achilles selbst nicht gesagt, dass er lieber der letzte Knecht auf der Erde wäre als der König der griechisch-römischen Unterwelt? Aber Mithras hat dir ein herrliches, göttliches Leben nach dem Tode eingerichtet, und er ist gnädig und wird dir fast alles verzeihen, so lange du nur sein Anhänger wirst!"

"Nun, es ist nicht verboten, solange man den Kaiser verehrt und die anderen Götter nicht ausklammert! Aber im Ernst, wie stellst du dir als Verehrer der römischen Götter das, was nach dem Tode kommt, vor?"

"Natürlich hoffst du, ins Elysium zu kommen. Wie alle Römer. Doch wie du weißt, besagt der Mythos, dass es nur wenige bisher geschafft haben - jene, die ihr Leben lang nur Gutes und nie etwas getan haben, was die Götter stört! Ich als Gläubiger des Mithras werde allerdings ohne Zweifel, wenn ich nicht etwas Grauenhaftes, Verbrecherisches tue, in das Paradies zu Mithras gelangen. Wenn ich aber ein böser, schlechter Mensch war, stürze ich in den ewigen Abgrund. Aber Mithras verzeiht seinen Anhängern viel, und deshalb bin ich zuversichtlich, dass er mich in sein Paradies lassen wird."

"Ha! Die einzigen Ähnlichkeiten, die wurden von den Christen übernommen, diesen Dieben! Der Mithraskult ist weitaus älter als dieser Mithras-Verschnitt, der sich Jesus von Nazareth nennt! Außerdem - eines bedenke noch. Wenn du dem Mithras-Kult beitrittst, kannst du dir sicher sein, dass du alle mögliche Unterstützung von allen Mithras-Anhängern der welt bekommst! Anders als die Christen, die untereinander zerstritten sind, dieses Pack, oder die Anhänger deiner Götter!"

"Na schön. Aber solltest du deine Meinung einmal ändern - komme zum Locus Ahenobarbae - dort steht mein Haus. Und bitte, falls du irgendwann einmal in eine Zeit der Not kommst - wende dich an mich! Vielleicht kann ich dir helfen!"