Antoninus hatte etliches mit seiner Familie zu besprechen. Deswegen ließ er nach seinem Eintreten sofort seine Frau und seine Tochter benachrichtigen. Inzwischen ging er ins Triclinium und ließ sich eine kleine Mahlzeit servieren.
Auf der Durchreise
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Da ich von der geglückten Kandidatur meines Vaters und der damit in Zusammenhang stehenden Reise nach Rom wusste, überraschte mich sein Besuch keineswegs. Ich nahm an, er wollte sich verabschieden, denn zumindest ich würde nicht nach Rom umsiedeln. Zwar war gegen gelegentliche Besuche nichts einzuwenden, aber mein Hauptwohnsitz war Mantua.
Geschwind folgte ich also der Aufforderung, kam in das Speisezimmer und grüßte meinen Vater. Trotzdem fragte ich den Höflichkeit halber: "Du wolltest mich sprechen?"
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Antoninus nickte mit dem Kopf.
"Dich und deine Mutter, aber da du bereits vor ihr eingetroffen bist, kann ich gleich eine Sache ansprechen, die weniger deine Mutter als vielmehr dich betrifft. Setz dich."
Antoninus wartete, bis seine Tochter Platz genommen hatte.
"Ich habe zum Zeitpunkt meiner Kandidatur in Rom eine Unterredung mit Tiberius Flavius Quirinalis gehabt. Er hat sein Interesse an einer Vermählung bekundet."
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Meine Brauen hoben sich merklich, als ich mich setzte. ‚Eine Sache, die mich betrifft?’, wiederholte ich in Gedanken.
Als dann jedoch die Aufklärung kam, fiel mir schlagartig mein Lachen aus dem Gesicht. Verständnislos blickte ich meinen Vater an - weniger wegen dem bekundeten Interesse, als vielmehr wegen der Tatsache, dass mein Vater angesprochen wurde. Die Verehrer der Vergangenheit hatten wenigstens meinen Vater aus dem Spiel gelassen. Das bedeutete nämlich nun, dass nicht mehr ich über die jeweilige Werbung entscheiden, sondern mein Vater zustimmen oder ablehnen konnte. Hinzukam, dass ich praktisch vogelfrei war - durch nichts sichtbar an Sophus gebunden und wen interessierte es schon, wie es in meinem Herzen aussah?
„Wa … was hast du … geantwortet?“ Meine Augen hypnotisierten förmlich meinen Vater. Ich kannte diesen Quirinalis nicht einmal. Er war Flavier, ein Patrizier und damit ein ernstzunehmender Kandidat … oje, oje ... Wie üblich bei Aufregung stellten sich Bauchschmerzen ein ...
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"Die Flavia ist eine ehrwürdige Gens. Das macht die Werbung nicht nur akzeptabel, sondern sogar interessant."
Antoninus betrachtete seine Tochter. Bisher hatte sie es versäumt, mit ihm über Sophus zu sprechen. Hätte er es nicht durch die Dienerschaft erfahren, wüsste er noch immer nichts davon. Er ärgerte sich über ihre Verschlossenheit. Sein Neffe hatte ebenfalls über diesen Punkt geschwiegen, als er ihn nach seinem Privatleben befragt hatte. Die logische Schlussfolgerung war, dass es keine Beziehung gab.
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Ich musste schlucken und versuchte gleichzeitig durchzuatmen, was schwer fiel, denn scheinbar lag gerade ein Felsbrocken auf meiner Brust. Ich presste meine Lippen zusammen und blickte zur Seite. Hätte ich doch nur rechtzeitig mit Vater gesprochen, nun war es zu spät. Ich machte mir Vorwürfe, weil sein Bruder mehr über mich wusste als er.
Reumütig, aber wohl vielmehr verängstigt, blickte ich meinen Vater an.
"Heißt das jetzt, du hast deine Zustimmung gegeben?"
War meine dünne Stimme überhaupt zu vernehmen?Eines stand fest: Wer auch immer dem Schicksal ins Handwerk pfuschen wollte, er erreichte damit nur eins: Er band mich enger denn je an Sophus.
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Unwillig antwortet Antoninus.
"Ich habe ihn an Sophus verwiesen. Meine Entscheidung steht aber noch aus."
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Was für eine ernüchternde Antwort. Zunehmend füllten sich meine Augen mit Tränen. Hastig erhob ich mich, er musste sie ja nicht unbedingt sehen. Als ich mich hinter seinem Rücken befand, strich ich mir in einer kraftlosen Geste über die Stirn.
Ich fragte mich, welchen Sinn dieses Leben noch hatte. Egal, wo ich hinsah – kaum einer meiner Wünsche hatte sich erfüllt. Fortuna mied mich mit großer Regelmäßigkeit. Sollte ich mich vielleicht den Gensmitgliedern anschließen, die ihre Abreise in Erwägung zogen? Still und heimlich aufbrechen? Wer würde mich schon vermissen … Vielleicht würde ich andernorts meinen Seelenfrieden wieder finden.
Der Wunsch, allein zu sein, wurde groß. Ein Blick sagte mir, dass mein Vater noch immer abgewendet saß. Flüchtig erfasste ich seinen Rücken, senkte dann aber den Blick. Auch wenn es jetzt so aussah, als wäre er der Auslöser, dem war so nicht. Es war zu viel zusammengekommen, man könnte auch sagen, es war zu wenig zusammengelaufen.
Ich verließ den Raum - bemüht, kein Geräusch zu verursachen.
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Nanu? Deandra schaut aber komisch drein.
Nachdenklich sehe ich ihr hinterher, dann aber betrete ich das Zimmer und begrüße erst einmal meinen Mann."Ich freue mich, dich zu sehen. Hast du Neuigkeiten?"
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Antoninus begrüßte seine Frau mit einem Lächeln und zog sie zu sich auf die Liege.
"Ja, ich habe euch etwas mitzuteilen."
Er hatte nicht bemerkt, dass Deandra das Speisezimmer verlassen hatte. Seine Miene wurde wieder ernst, denn die Nachrichten waren nicht alle gut. Eine war ihm sogar unangenehm.
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Ein komisches Gefühl konnte ich nicht verleugnen. Sein ernstes Gesicht machte mir Sorgen.
"Ja, ich höre."
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Antoninus sah wenig stolz aus, als er sprach.
"Ich habe mir ein Versäumnis zuschulden kommen lassen und wurde bei der Freistellung vom Dienst gleichzeitig degradiert. Ihr sollt es beide wissen. Darüber sprechen möchte ich nicht."
Die Gesichtszüge verhärten sich.
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Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass sich Antoninus ein Versäumnis hatte zuschulden kommen lassen, aber wenn er es sagte. Trotzdem war ich überzeugt, dass es so einfach nicht war. Dafür kannte ich ihn zu gut. Darauf eingehen wollte er nicht und ich nahm es hin.
"Wir sind allein im Raum."
Er hatte wohl nicht bemerkt, dass Deandra gegangen war.
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Antoninus drehte sich um.
"Sie war doch eben noch hier. Ich hatte ihr nicht erlaubt, dass sie gehen kann, denn die Informationen waren auch für sie bestimmt. Es soll sie jemand holen gehen."
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Gar nicht schön, Gewitterstimmung. Ich winkte einem Sklaven, damit er nach Deandra suchen sollte.
"Habt ihr euch gestritten?"
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Antoninus weihte seine Frau ein, denn sie konnte vielleicht die Wogen glätten.
"Ich habe ihr die Nachricht von einer Werbung gebracht und darüber war sie wenig erfreut."
Antonuns berichtete seiner Frau alles von vorne bis hinten. Ihn interessierte ihre Meinung und er hoffte auf ihre Unterstützung, wenn er vielleicht eine Entscheidung traf, die Deandra nicht gefallen würde.
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