CURSUS: Historische Entwicklung der Legionen

  • Der Tribun Tiberius Vitamalacus sass ruhig auf seinem Platz und folgte aufmerksam den Ausführungen des Vortragenden. Die Geschichte und die Entwicklung der Legionen Roms war ihm wohl vetraut. In seiner Jugend hatte er stundenlang den Ausführungen seines Grossvaters gelauscht.
    Doch immer mal wieder vielen ihm Dinge auf, die ihm der alte Legatus anders gelehrt hatte. Oder irrte er sich selbst vielleicht ?

  • Die letzte der fünf geplanten Vorlesungseinheiten fand am nächten Tag wieder am Vormittag statt.


    "Heute steht der letzte große Entwicklungsschritt der römischen Armee im Mittelpunkt der Vorlesung: der Wechsel von einer Wehrpflicht-Armee hin zu einer Berufsarmee. Er wurde unter dem Consul Marius vollzogen und hatte sowohl politische als auch militärische Gründe. Das Reich war durch weitere Eroberungen stetig angewachsen, die Wege zu den Schauplätzen der Schlachten damit immer länger. Immer weniger Bürger waren bereit, für die daraus resultierenden längeren Zeiträume ihre zivile Tätigkeit ruhen zu lassen. Gleichzeitig wurden für die immer aufwändigeren Feldzüge aber immer mehr Soldaten benötigt. Außerdem stieg aus verschiedenen Gründen die Zahl der ärmeren Bürger, die für den Dienst in der Armee nur unzureichende Mittel zur Verfügung stellen konnten. Marius zog aus dieser Situation die Konsequenz, genau diese Leute auf staatliche Kosten als stehendes Heer auszustatten und damit beide Probleme auf einmal zu lösen. Im Unterschied zu unserer heutigen Berufsarmee waren die Legionen der späten Republik jedoch noch Legionen der einzelnen Feldherren. Sie wurden von ihnen bezahlt oder an der Kriegsbeute beteiligt und nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst von ihnen mit einem Stück Land belohnt. Die Dienstzeit, auf die sich die Soldaten verpflichteten, betrug im Normalfall 20 Jahre, nach denen der Soldat noch fünf Jahre als Veteran erneut zu den Waffen gerufen werden konnte.


    Das veränderte Grundprinzip schlug sich in vielen Bereichen der Armee nieder. Beginnen wir mit dem Aufbau der Legion: die staatlich gestellte Ausrüstung war für alle Soldaten gleich, der Unterschied zwischen Hastati, Principes und Triarii verschwand und blieb nur noch in der Bennennung der Centurionatsposten erhalten. Auch die leichten Velites wurden ersatzlos gestrichen. Eine Legion bestand nun aus 30 gleichgroßen Manipeln zu je 120 Mann schwerer Infanterie, alle ausgerüstet mit Scutum, Pilum, Schwert, Helm und Rüstung. Mit dem Verzicht auf die mit Lanzen bewaffneten Triarii als letzten Rückhalt gibt die Armee endgültig ihren defensiven Charakter, den sie bis dahin noch hatte auf und wird zu einer reinen Offensiv-Armee für den aggressiven Kampf in der Feldschlacht.
    Wie in der letzten Vorlesung angedeutet, verschwand auch das Kollegialitätsprinzip aus der militärischen Organisation und die Manipel verloren vollständig ihre Bedeutung. An ihre Stelle traten als wichtigste taktische Einheit die einzelnen Centurien und als nächstgrößere organisatorische Einheit die Kohorte als Zusammenfassung von 6 Centurien. Damit ist auch der letzte Schritt getan, der die bisher betrachtete Entwicklung noch von unserer heutigen Armeestruktur trennte. Taktisch gestattete diese Veränderung noch flexiblere Schlachtaufstellungen, in denen die Soldaten je nach Bedarf in einer Tiefe von zwei bis vier Centurien aufgestellt werden konnten und damit immer die für die gegebene Situation passende Schlachreihe bilden konnten. Auch dies kommt dem offensiveren Charakter der Armee zugut, denn Flexibilität bedeutet Initiative.
    Nicht nur auf der Ebene der Centurien wurde das kollegiale Kommando ersetzte, auch an der Spitze der Legionen nahm man Veränderungen vor. Ein Berufsheer brauchte einen erfahrenen Anführer, der den Militärdienst nicht als lästigen Teil seiner politischen Karriere betrachtete und der Soldaten sowohl im Kampf als auch im Standlager zu führen und zu diszilinieren vermochte. Daher wurde der Posten des Legionslegaten als Heerführer über den Tribunen erfunden und mit einem erfahrenen Offizier besetzt. Dieser musste zwar Senator sein, hatte aber in der Regel mehrere Jahre militärischer Erfahrung hinter sich und vor allem das Vertrauen des Feldherren. Die Zuordnung der Legaten zu den Legionen war zunächst nicht starr und konnte vom Feldherr nach Belieben geändert werden. Die Zahl der Tribunen wurde bei sechs belassen, jedoch stammten von diesen nur noch einer aus dem Senatorenstand und absolvierte den Militärdienst als Teil seiner politischen Karriere. Die anderen fünf gehörten zum Ritterstand und hatten sich für ein Leben als Berufsoffizier entschieden. Bis heute hat sich dies nicht geändert. Entscheidendes Merkmal all dieser Veränderungen war, dass es jetzt an der Spitze jeder Centurie und jeder Legion nur noch jeweils einen Mann gab, der das Kommando führte.
    Eine weitere Änderung betraf die einzelnen Soldaten ganz direkt: um eine erhöhte Beweglichkeit des Heeres zu erreichen, wurde der Gepäcktross auf ein Minimum reduziert und die Soldaten verpflichtet, ihr Gepäck weitgehend selbst zu tragen. Da eine stehende Armee dies außerhalb der Feldzüge jederzeit trainieren kann, stellte die erhöhte Belastung kein maßgebliches Problem dar, brachte jedoch erhebliche Vorteile.


    Einige Jahre nach der Heeresreform des Marius beeinflusste noch ein anderes politisches Ereignisse die Armee maßgeblich: nach dem Bundesgenossenkrieg musste Rom allen Bewohnern Italiens das römische Bürgerrecht einräumen. Damit verschwand die Trennung zwischen römischen Legionen und denen der Bundesgenossen. Seit diesem Zeitpunkt ist die Grundvoraussetzung für den Dienst in der Legion das römische Bürgerrecht. An die Stelle der italischen Verbündeten traten dann die in den eroberten Provinzen ausgehobenen Hilfstruppen, die nun vor allem dazu dienten, die leichten Plänklertruppen und verschiedene Arten von Kavallerie zu ersetzen, die nach dem Wegfall der verschiedenen Vermögensklassen in der Armee nicht mehr besetzt wurden.


    Die weiteren Schritte, mit denen sich die Armee bis zu ihrer heutigen Form hin entwickelte, sind verglichen mit den in dieser Vorlesung besprochenen nur noch klein und sollten aus der Grundvorlesung bereits bekannt sein oder sich aus den augenfälligen Unterschieden zwischen der eben dargelegten Struktur und der heutigen Organisation von selbst erschließen. Wenn es noch Fragen zur Entwicklung der Armee in der Republik gibt und ich den einen oder anderen Punkt noch einmal genauer erläutern soll, dann stehe ich dazu gerne zur Verfügung, bevor wir dann zur Prüfung schreiten."

  • Interessiert lauschte der Tribun den Ausführungen des Dozenten. Marius Reform hatte in seinen Augen den Grundstein gelegt für die heutige Stärke und Macht des Imperiums. Doch wahrscheinlich müsste man die Kampftechniken und der Legionen den erfordernissen der Gegenwart und an die heutigen Gegner anpassen.
    Der Germane liess sich häufig nur ungern auf eine offene Feldschlacht ein, er agierte lieber im Schutz der Wälder.
    Vielleicht sollte man, bevor es zu weiteren Eroberungen in Germanien kam, die Wälder schritt für schritt abholzen.
    Doch leider war das Imperium zur Zeit zu Defensiv eingestellt.

  • Furianus notierte sich einzelne Punkte, versuchte das Gesagte aber weiterstgehend zu verinnerlichen und durchdachte einige Punkte weitere Male.
    Nun waren schon 5 Schreibtafeln voll und der Stilus konnte zur Seite gelegt werde.

  • Sev beendet seine letzte misslungene Karikatur und sieht wieder zum Dozenten auf. Einige der Begriffe wird er sich zwar noch einmal durch den Kopf gehen lassen, aber im Großen und Ganzen fallen ihm keine weiteren Fragen ein. 8)

  • Da es offenbar keine Fragen gab, beendete Macer die Vorlesung. Der Nachmittag war frei, damit die Studenten ihn zum Lernen nutzen konnten.


    Am nächsten Tag stellte er dann die Prüfung.


    Prüfungsfragen zum Cursus
    "Historische Entwicklung der Legionen"
    (Examen Secundum)


    1. Wie waren die fünf Klassen der Etruskisch-Römischen Armee ausgerüstet?
    2. Welche Klassen hatte die Römisch-Latinische Armee und wie große waren sie?
    3. Welche Unterschiede gibt es in der kampfweise der Etruskisch-Römischen und der Römisch-Latinische Armee?
    4. Wie setzt sich der Kommandostab einer republikanischen Armee aus Consuln und Tribunen zusammen?
    5. Woran erkennen wir die defensive oder offensive Ausrichtung einer Armee? Wie veränderte sich bei der römischen Armee die Ausrichtung?
    6. Welche Bedeutung hat das Kollegialitätsprinzip in der Armee?
    7. Welche Gründe machten die Einführung einer Berufsarmee nötig und sinnvoll?
    8. Wie war die Armee nach der Heeresreform des Marius aufgebaut?
    9. Was änderten die Bundesgenossenkriege an der Organisation der Armee?
    10. Welche Bestandteile der Etruskisch-Römischen Armee haben sich bis zum Ende der Republik erhalten?


    Täuschungsversuche werden mit dauerhaftem Ausschluß von der Academia bestraft!


    Zum Bestehen des Examens müssen acht der zehn Fragen korrekt beantwortet werden.


    Sim-Off:

    Bearbeitungszeit sind maximal 7 Tage. Wer abgegeben hat darf abreisen. Das Ergebnis wird dann schriftlich mitgeteilt.


    Achtung: es gibt zwei Threads mit praktischen Übungen. Ein Thread ohne sinnvollen Beitrag von euch zählt wie eine falsch beantwortete Frage! Wer also in beiden Threads fehlt, muss alle Fragen richtig beantworten, um das Examen zu bestehen.

  • Macer hatte sich mit den Korrekturen Zeit gelassen, um die umfangreichen Arbeiten gründlich lesen zu können. Mit einer Wachtafel in der Hand trat er nun vor die Studenten, soweit sie noch in der Academia geblieben waren, um noch nicht zu ihren Einheiten zurück zu kehren.


    "Es gibt viele erfreuliche und nur wenige unerfreuliche Nachrichten.


    Herius Claudius Vesuvianus: alle Fragen umfangreich und korrekt beantwortet. Bei der ersten Übung sehr aktive Teilnahme, bei der zweiten etwas lustlos. Bestanden.


    Lucius Aurelius Commodus: sehr schwankend in der Länge der Ausführungen, aber weitgehend vollständig. Mäßige Beteiligung an den Übungen. Bestanden.


    Flavus Valerius Severus: durchweg umfangreich, aber mit einigen unnötigen kleineren Ungenauigkeiten und Auslassungen. Sehr gute Aktivität bei den Übungen. Bestanden.


    Marcus Octavius Maximus: solide Arbeit mit nur ganz wenigen Mängeln. Unentschuldigte Abwesenheit bei der zweiten Übung. Trotzdem bestanden.


    Lucius Octavius Detritus: gravierende Mängel bei Frage 5 und 6, dazu schlichtweg falsche Antworten bei Frage 10. Die Unauffälligkeit bei den Übungen machte das nicht wett. Nicht bestanden.


    Lucius Flavius Furianus: zufriedenstellende Arbeit mit nur wenigen inhaltlichen und einigen sprachlichen Mängeln. Ausreichende Teilnahme an den Übungen. Bestanden.


    Tiberius Prudentius Balbus: in Inhalt und Umfang alle Anforderungen erfüllt. Unentschuldigte Abwesenheit bei der zweiten Übung. Trotzdem bestanden.


    Flavus Germanicus Honorius: unvollständige Antwort bei Frage 6; Frage 10 fehlte ganz. Bei den Übungen ausreichend aktiv. Bestanden.


    Aulus Ferrius Theodores und Quintus Tiberius Vitamalacus: trotz Teilnahme an den Übungen nicht abgegeben.


    Luculus Scribonius Skjeld: ohne jede Aktivität."


    Er klappte die Tafel zusammen und blickte die Männer freundlich an. "Allen die bestanden haben eine herzliche Gratulation!"


    In der Ecke des Raumes standen bereits zwei Ampohren Wein bereit, für die beiden erfolgreichen Teilnehmer der Übungen.


    "Vitamalacus und Severus, jetzt könnt ihr auch euren Gewinn in Empfang nehmen."

  • "Besten Dank! Hrhr. Perfekt. Strike!" kommentiert Sev das Gesagte in akzentreichem Griechisch.


    Und schon wandert sein Blick zu den wartenden Weinamphoren. Das lässt er sich nicht zweimal sagen und organisiert sich direkt seinen Anteil an dem Gewinn. Den wird er heute oder morgen abend mit seiner Turma zusammen leeren. Einen fragenden Blick wirft er noch in die Runde.


    "Gehn wir noch zusammen einen trinken darauf, oder is nu Feierabend?" 8)

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