Die Bauarbeiten für die Villen

  • Und wieder wurde gegraben, denn aus den Bereichen der Latrinen, mussten noch Kanäle ins Erdreich getrieben werden. Schließlich sollten die Ausscheidungen, Abfälle und andere Abartigkeiten von den Villen wegkommen und nicht in einer Sickergrube verschwinden. Ein solcher Inhalt könnte sich im Sommer bei der südlichen Hitze durchaus zu unangenehmen Gerüchen entwickeln und zu schlechten Miasmen führen. Diese könnten in die Villa ziehen und mit ihren schädlichen Dünsten die Bewohner und auch die Sklaven krank machen. Die Kanäle wurden über den ganzen Hügel gezogen und auf die Seite, wo wegen dem unbebaubaren Gelände keine Villen stehen würden. Dort würde das Abwasser in das Meer fließen. So würden die Besitzer der Villen auf der anderen Seite im Meer mit den doch eher widerlichen Dingen nicht belästigt werden. Die Kanäle wurden mit römischen Beton ausgegossen und sorgfältig an der Seite mit Ziegelsteinen befestigt. So würden die Kanäle für einige Zeit halten und mit abschüssigen Winkel, immer wieder mit goldenen Schnitten berechnet, ausgerichtet. So würde da Abwasser gut abließen können. Diese Methode wurde schon seit Jahrhunderten gebaut, sogar seit mehr als tausend Jahren. Apollonius kannte dieses Prinzip sogar aus seiner Heimat, Kreta, wo die Paläste der Minoer alle solche Kanäle hatten.


    Währenddessen ging es mit den Mauern weiter. Die Villen wuchsen und wuchsen. Die ersten Säulen wurden hochgezogen. Abwechselnd zwischen der ionischen, dorischen und korinthischen Bauweise. Wobei Apollonius und Phokas, die doch filigraneren korinthischen Säulen vorzogen, deren Kapitell mit feinen Blättern verziert werden würden und auch wurden. Schon konnte man die verschiedenen Räume, die Innenhöfe, die Gärten, die Badeanlagen und auch die Schlafzimmer erkennen. Jeder Raum wurde entsprechend der Lebenszwecke ausgerichtet. Die Schlafzimmer in Richtung Osten, um die Morgensonne einzufangen, das Triclinium auf das Meer und Westen hin, damit beim späten Abendessen der Ausblick genossen werden konnte. An vieles wurde dabei gedacht. Und so wurde sorgfältig weiter gebaut.

  • „Und hoch, und hoch!“ Die Stimme von Phokas drang durch das Untergeholz bis zu Apollonius. Neugierig von dem Lärm angezogen, trat er auf eine der hintersten Villen zu. Laut des Planes war sie für das Senatorenpaar Vincius Hungaricus und Tiberia Livia. Apollonius hatte Phokas besondere Sorgfalt beim Bau eingeschärft. Immerhin würde die Senatorin ihn wieder erkennen und könnte ihn beschimpfen, wenn sie ihn mal per Zufall traf. (Nicht dass Apollonius glauben würde, sie täte das auch.) „Und hoch...“ Mehrere Sklaven waren dabei eine Hebemaschine aufzustellen. Mehrere Balken wurden dazu aufgerichtet und von einem flinken Sklaven oben mit einem Bolzen verbunden. Die Balken wurden gespreizt aufgestellt und schließlich band man oben einen Flaschenzugklobe (Schere) hinein. Apollonius würde dies wohl eher einen Rechamus nennen. Über zwei Rollen, die ebenso hineingeflochten wurden, wurde ein Seil gebreitet und fertig war die Hebemaschine. Und sie war auch wirklich notwendig. Denn die Mauern standen schon und die Säulen, verschiedenster Säulenart, waren hochgezogen worden. Nun galt es die Dächer zu bauen, das Balkenkonstrukt zu erstellen, die Ziegelarbeiten am Dach zu beginnen und schlussendlich das Dach zu decken.


    Und in der darauf folgenden Zeit wurde dies auch getan. Es war wahrlich keine leichte Arbeit, außer für Apollonius, der nicht wie die Sklaven Steine schleppen musste, den Mörtel anmischen oder die Lasten hochziehen mussten. Die Villen waren jetzt schon gut zu erkennen. Besonders als die Arbeit an den Dächern wuchs und immer mehr sich dem Abschluss näherten. Als dann die Villen mit Mauerwerk, Dach und Dachdeckung standen, war die Arbeit jedoch noch nicht getan. Die Mauern wurden nun mit einer Gipsmischung verputzt, die vielen Ausschmückungen wurden grundiert und die ersten Marmorblöcke hinein gebracht. Die Innendekoration begann nun vollends und die Böden erhielten ihr späteres Aussehen, Marmorn, mal weiß, dann rot oder grau, gemußert, einfarbig oder mit Mosaiken...je nachdem wie sich die Käufer entschieden hatten. Die Wände wurden bemalt mit diversen Motiven, die meisten aus Ovid. Bis auf bei einer Villa, die einen griechischen Anstrich bekam und weniger an eine römische Villa, sondern an eine sehr vornehme griechische Villa erinnerte. Die Ornamente an den Säulen wurden bemalt und mit Goldblatt verziert. Als die ganzen Arbeiten fertig waren, wurden auch noch die Gärten, drum herum und in den Villen, geglättet. Die Anpflanzungen, sonstige Nebengebäude und alles andere wurde den Käufern überlassen.


    Viele, viele Monate war es nun schon her als das Bauprojekt noch in seinen Kinderfüßen steckte. Doch jetzt waren die Villen gebaut und die Halbinsel von Misenum schien nun der Natur entrissen zu sein. Doch noch standen die Villen leer, die Erde drum herum war nackt und die zuführenden Wasserleitungen leer. Hier würde erst noch das Leben einziehen und erst dann wäre der Sieg über die Natur vollends. Die Sklaven packten alle Baumaterialien ein, die Wägen rollten, über die nun befestigten Wege, wieder in Richtung Stadt und Ruhe kehrte auf dem ehemaligen Baugelände ein. Einige Vögel fanden ihren Weg auf die Dächer der Villen und fingen wieder an zu zwitschern. Die Grillen zirpten und das Meer rauschte in der Ferne.

  • Callidus erreichte mit einem vetrauten Schreiber die Baustelle der Villen. Die Baustelle? Nein, es war mittlerweile ein Ort der Muße, der Schönheit und der Pracht, ein Ort, an dem sich die Kunst des römischen Bauhandwerkes manifestiert hatte.
    Der Comes wurde durch seinen Vertrauten, den er noch immer als Buchführer der Kurie in Misenum hatte, über die kleine Halbinsel geführt, auf der nun die verschiedenen Villen standen. Jede war ein Unikat und passte sich genauestens an die Umgebung an. Jeder einzelne Raum einer jeden Villa war genau nach den Vorgaben des Vitruv ausgerichtet, so dass die Schlafgemächer im Sommer Kühle versprachen, die Bibliotheken vor dem Feuchtigkeit bringenden Wind des Meeres sicher waren.
    Hier blickte Callidus in die noch leeren Räume der prachtvollen Häuser, dort genoss er den Ausblick von den Terrassen auf das seicht wogende Meer.


    > Quintus, hat der Architekt die vereinbarte Summe der Stadt Misenum zukommen lassen? <


    > Ja, Comes. Apollonios von Samothrake überbrachte das Geld zuverlässig. <


    > Ich hoffe, dass du die Bücher so geführt hast, wie ich es dir aufgetragen habe? <


    > Ja, Comes. Ich habe die Baukosten entsprechend deinen Anweisungen veranschlagt und dies in den Büchern auch so vermerkt. Die überschüssigen Gelder hielt ich zurück, wie du es aufgetragen hast. <


    Callidus nickte dem Vertrauten zu.


    > In Ordnung, Quintus. Hier hast du, was ich dir versprochen habe. Geh nun nach Hause, und verlier kein Wort! <


    Callidus drückte dem Mann einen Beutel in die Hand und machte dann eine winkende Geste, worauf jener freudestrahlend sich auf und davon machte.
    Eine Weile ging er noch mit seinem Schreiber über das Gelände und betrachtete es stolz, bevor er sich zur Kurie begab, um den Magistraten aufzusuchen.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

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