[Officium] Der Tisch des Scriba im Officium des Aedilis Plebis

  • Macer musste grinsen, bevor er in geschäftsmäßigem Ton antwortete. "Man kann Lupanare eben nur dann vernünftig kontrollieren, wenn sie geöffnet haben, und das haben sie eher am Abend als am Vormittag. Vielleicht mag es dir anders lieber sein, aber das ist nun einmal das harte Los der Aedilen. Immerhin können wir so nach dem Dienst gleich an Ort und Stelle den Feierabend beginnen."

  • Erst jetzt fand ein breites Lächeln den Weg auf das Gesicht des Patriziers und er erkannte den Irrtum, dem er zum Opfer gefallen war. Die Kontrolle eines Lupanars war natürlich um einiges angenehmer als die pure Arbeit im Officium. Zwar versprach Milo sich natürlich keine so intensiven Kontrollen, als dass es zu einem einzigen persönlichen Vergnügen würde. Doch der ein oder andere interessanten Einblick und Anblick würde ihnen sicher vergönnt sein. Darüber hinaus lernte er vielleicht sogar noch ein paar neue gute Adressen kennen.
    "Einem so harten Los werde ich mich selbstverständlich beugen. In der Gestaltung der kommenden Abende bin ich noch völlig offen. Gib mir einfach bescheid, sobald dir der Termin bekannt ist."

  • "Wunderbar, ich gebe dir dann einfach rechtzeitig Bescheid und hoffe, dass dir die dann besuchte Lokalität auch zusagt." Mit einem Lächeln auf den Lippen begab er sich danach endgültig zu seinem Schreibtisch zurück, sichtete noch einige Akten und verließ dann das Officium zu einem seiner vielen Freiluftaufenthalte.

  • Nachdem er den Tag wieder in der Stadt und angesichts des Wahlkampfs zum Teil vor der Rostra verbracht hatte, saß Macer am frühen abend noch im Büro über den Akten. Fast ruckartig legte er dann plötzlich das Schreibzeug zur Seite, erhob sich und ging zum Tisch seines Scriba hinüber.


    "Wie sieht's aus? Machen wir uns einen erst dienstlichen und dann angenehmen Abend?"

  • Milo war ganz und gar in seine Wachstafel vertieft, so dass er zuerst überhaupt nicht reagierte. Erst nach mehreren Sekunden wurde ihm allmählich bewusst, dass man ihn angesprochen hatte. Verwirrt sah er von seinem Schreibtisch auf und zum Aedil hinüber, während der Sinn des Gesagten langsam in sein Bewusstsein durchsickerte.
    "Oh... Ja, natürlich. Ich bin hier auch gerade fertig geworden. Morgen früh kann ich dir endlich die Ergebnisse zu den Erbschaftsangelegenheiten präsentieren." lächelte er, legte das Schreibzeug beiseite und erhob sich abwartend von seinem Platz.

  • Der Eifer, mit dem sich der Flavier in die Arbeit vertieft hatte, ließ Macer zufrieden lächeln. Dieser Mann war wirklich ein guter Angestellter.


    "Nun, dann können wir ja jetzt los. Unser Ziel trägt den treffenden Namen 'Flammeus Libitus' - vielleicht kennst du es ja schon."

  • Milo nickte ihm zu und ordnete geflissentlich noch ein paar Falten seiner Toga.
    "Nein, das kenne ich noch nicht. Doch ich bin für jede neue gute Adresse dankbar. Gehen wir." stimmte er zu und folgte seinem Chef in die Stadt.

  • Es hatte lange gedauert, bis Milo endlich sämtliche Informationen zu den zu erledigenden Erbangelegenheiten gesammelt hatte. Zu lange. Schließlich waren sie ordentlich zusammengetragen und er meldete sich damit, wie versprochen, am Tag nach der Lupanar-Kontrolle bei seinem Arbeitgeber.
    "Aedilis? Wegen der Erbangelegenheiten, in denen ich ermitteln sollte..."

  • Macer sah von seinem Platz auf, wo er gerade an irgendwelchen Tabellen arbeitete. "Ahja, hast du endlich Ergebnisse? Die schaue ich mir sofort an."


    Er erhob sich, begab sich zum Tisch des Scriba und schob im Vorbeigehen eine nicht mehr benötigte Schriftrolle zurück in den Schrank. Warum er es sich angewöhnt hatte, zuweilen für Besprechungen zum Tisch seines Scriba zu gehen, anstatt diesen herkommen zu lassen, wusste er selber nicht genau, aber letztlich war es ihm auch egal.


    "Dann lass' hören, was du herausbekommen hast."

  • Die Ergebnisse lagen zwar zusammengefasst und niedergeschrieben auf seinem Schreibtisch vor, doch Milo entschied sich natürlich für eine zusätzliche verbale Zusammenfassung, um dem Aedil das mühselige Lesen zu ersparen und zudem jeweils noch einige Anmerkungen zu machen.
    "Mein erster Gang führte mich in die Villa Aurelia, wo ich mit der ehrenwerten Aurelia Deandra sprach. Sie lässt dir übrigens herzliche Grüße ausrichten."
    Er konnte sich ein leichtes Schmunzeln bei diesen Worten nicht verkneifen.
    "Sie gab sich überrascht über das Ableben des Sarmaticus, gab letztlich jedoch dessen Vetter Flavius Aurelius Sophus als nächsten noch lebenden Verwandten an. Von einem Testament war ihr nichts bekannt und auch meine Nachfrage bei den Vestalinnen ergab hier nichts. Dieser Betrieb möge also an eben jenen Aurelier überschrieben werden."
    Milo hielt kurz inne, blickte auf die Notizen und fuhr dann fort.
    "Anschließend besuchte ich die Casa Sergia, in welcher ich den Sohn des Verstorbenen antraf. Er gab sogleich an, den Betrieb seines Vaters fortführen zu wollen, so dass in dieser Angelegenheit wohl kein Zweifel mehr besteht. Interessanterweise erkundigte er sich im Übrigen darüber hinaus noch nach weiteren Betrieben aus Hinterlassenschaften. Wie dem auch sei..."
    Er warf nun einen Blick auf die Angaben, welche er den Anweisungen seines Vaters Vilicus entsprechend gemacht hatte.
    "Als nächster noch lebender Verwandter der beiden betroffenen Flavier und mangels Vorhandenseins von Testamenten entschied mein Vater keinen der Betriebe für sich selbst zu behalten, sondern sie wie folgt aufzuteilen. Das Sägewerk möge Manius Flavius Gracchus übergeben werden, der Bauernhof geht an Aquilia Flavia Agrippina und das Weingut soll auf Caius Flavius Aquilius übergehen."
    Milo hielt inne und sah zu Macer auf. Seine eigene Meinung zu dieser Verteilung hielt sie zurück. Die Entscheidung war letztlich ohnehin getroffen und es gab nichts mehr daran zu rütteln.



    Flavia Messalina Oryxa
    * Villa Rustica Messalinae - Bauernhof an Aquilia Flavia Agrippina
    * Villa Rustica Messalinae - Weingut an Caius Flavius Aquilius


    Gaius Flavius Maximus
    * Sägewerk Flavia an Manius Flavius Gracchus


    Marcus Sergius Stephanus
    * sutrinum sergium an Spurius Sergius Sulla


    Quintus Aurelius Sarmaticus
    * Sarcinator Aurelia an Flavius Aurelius Sophus



  • Macer hörte aufmerksam zu und betrachtete die vorgelegte Liste eingehend.


    "Hervorragende Arbeit. Da hat sich das Warten auf die Ergebnisse ja gelohnt. Das dürfte alle Fälle klären und dafür sorgen, dass wesentlich weniger unzulässige Eintragungen in den Listen stehen.


    Ist dir das im Zuge deiner Nachforschungen auch ständig passiert, dass die Leute nicht wussten, wie ein Erbe zu verteilen ist? Oder nichtmal vom Tod des Besitzers wussten? Bei meinen Fällen war das ständig so."


    Mit irgendwem musste sich Macer mal zu diesem Thema aussprechen und da sein Scriba möglicherweise das selbe Schicksal teilte, bot er sich dafür einfach an.

  • Milo schmunzelte und nickte bestätigend.
    "Ja, so verhielt es sich fast ausschließlich. Vor allem bei der Aurelia fiel mir dies auf. Doch vielleicht mag es daran liegen, dass sie eine Frau ist. Ich weiß es nicht. Dem Sergier zog die entsprechenden Rückschlüsse etwas schneller, wohl da der Verstorbene sein eigener Vater war. Merkwürdig war hier allerdings, dass er von mir noch darüber hinaus weitere Betriebe von anderen Verstorbenen zu kaufen wünschte. Bezüglich der flavischen Betriebe sprach ich zunächst mit meinem Bruder, welcher den Besitz wohl am liebsten sofort unter uns aufgeteilt hätte. Das war wohl ein ebenso merkwürdiges, wie aufschlussreiches Gespräch..."
    Er war sich nicht sicher, ob es ein Fehler gewesen war dies zu erwähnen, gegenüber einem Nicht-Mitglied der Familie. Doch nun war es heraus und schwerlich zurückzunehmen. So blieb Milo gelassen und vertraute darauf, dass der Aedil, den er als integren Mann kennengelernt hatte, diese Familienstreitigkeiten nicht nach außen weitertragen würde.
    "Doch auch zu den Umständen des jeweiligen Ablebens wurde ich häufig befragt. Bei dem Sergier ergab es sich, dass er durch mich vom Tod der Flavia Messalina Oryxa erfuhr, was einen erstaunlichen emotionalen Ausbruch verursachte. Da ich ihm seine Fragen nicht beantworten konnte, wollte er sich wohl noch einmal mit dir in Verbindung setzen."

  • Ein wenig erleichtert ließ Macer einen leichten Seufzer hören, dass er offenbar nicht zufällig nur die uninformierten Gesprächspartner erwischt hatte.


    "Aurelia Deandra ist, nun ja, eine manchmal etwas überraschende Person. Ich hatte vor längerer Zeit das Vergnügen, ihre Bekanntschaft zu machen."


    Dass sein Scriba ihm ihre Grüße ausrichten sollte, hatte er registriert, kontne aber nicht viel darauf antworten. Vielleicht traf er sie im Zusammenhang mit der Factio einmal wieder, da sie eine Pferdezucht betrieb.


    "Bei Sergius Sulla wundert mich sein Interesse gar nicht, er ist als recht geschäftstüchtig berühmt. Oder berüchtigt, wie man will. Ob er wirklich gut mit Geld umgehen kann, weiss ich nicht und unterliegt auch nicht meinem Urteil, aber er umgibt sich zumindest gerne mit Geld oder Geldgebern.


    Bei deinem Bruder wunderte mich es etwas mehr, ich hatte ihn in dieser Beziehung eigentlich etwas weniger offensiv erwartet, aber auch mir gegenüber äußerte er sich bereits in diese Richtung, die du eben auch schildertest. Aber ich kenne ihn natürlich nicht so gut wie du."


    Wobei er ihn aus der gemeinsamen Amtszeit schon deutlich besser kennen gelernt hatte und nun ein recht differenziertes und keineswegs einsetiges Bild von ihm hatte.


    "Bezüglich der Umstände des Ablebens wurde ich auch immer wieder gefragt, aber dazu kann ich eben nichts sagen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Leute zu faul sind, sich selber um solche Angelegenheite zu kümmern oder wenigstens die Ergebnisse der Lectio nachzuschauen. Und sobald sie dann einem Magistraten begegnen, halten sie ihn gleich für universal zuständig."


    Etwas ratlos blickte er seinen Scriba an, als wollte er ihm mit dieser Klage über die Menschen davon abraten, auch den Weg durch den Cursus Honorum zu bestreiten. Aber das wäre wohl erstens nicht so einfach möglich und bei Milos Qualitäten sicher auch ein Verlust für die Politik Roms.


    "Die Nachfragen bei den Vestalinnen waren weitgehend nutzlos? Vielleicht sollte ich meinem Nachfolger empfehlen, das nicht selber zu machen oder machen zu lassen, sondern es den Erben zu überlassen."

  • Milo lauschte den Aussagen über die von ihm besuchte Dame, hegte er doch einige Vermutungen bezüglich ihrer scheinbar so besonderen Beziehung zu seinem Vater. Die vagen Aussagen des Aedils schienen dies zu bestätigen und er nickte bedächtig.
    "Man lernt interessante Charaktere kennen bei dieser Arbeit. Es ist faszinierend zu beobachten, wie unterschiedlich die Menschen auf solche Dinge reagieren und wie sie sich einem Beamten gegenüber geben. Vermögen hat eben einen ganz besonderen Einfluss auf die Handlungsweise der Leute."
    Milo deutete ein wissendes Lächeln an und ließ das Thema dann fallen.
    "Ja, mein Besuch bei den Vestalinnen war von überaus ungewöhnlicher Natur. Es dauerte lange, bis ich eine Vestalin antraf, die mir meine Fragen beantwortete. Ich erkundigte mich nach dem Vorhandensein der besprochenen Testamente, woraufhin sie sich auch sogleich in das Archiv begab, um dies zu überprüfen. Sehr merkwürdig war dann das Ergebnis ihrer Recherchen. Zu den Namen auf meiner Liste gab es nämlich keinerlei Dokumente. Stattdessen brachte sie mir das Testament meines bereits verstorbenen Adoptivbruder Gaius Flavius Catus, welches meines Wissens längst vollstreckt wurde. Mehr konnte ich an dieser Stelle nicht herausbekommen. Eigenartig, nicht wahr?"
    Es interessierte ihn durchaus, ob dem Aedil dieses Ereignis ebenso sonderbar vorkam, wie Milo selbst.

  • "In der Tat, recht eigenartig", musste Macer zustimmen. "Vielleicht wird der Vestatempel als Aufbewahrungsort für die Testamente nicht mehr so rege genutzt. Aber wo bewahren die Leute dann diese Dokumente auf?"


    Macer konnte sich das wirklich nicht so genau erklären, denn immerhin war das Hinterlegen eines Testamentes eine sehr sinnvolle Sache. Nicht jeder hatte die Möglichkeit, alle Angelegenheiten noch vor seinem Tod zu regeln.


    "Vielleicht rechnen die Leute auch einfach nicht damit, dass sie sterben. Eine komische Einstellung, aber wie könnte man das ausschließen? Es sind ja interessanter Weise auch die Fälle, wo der Tod erst über die Lectio gemeldet wurde und die Angehörigen zum Teil nichts wussten. Als ob die Leute einfach so verschwinden würden..."


    Er musste einsehen, dass es nicht wirklich etwas brachte, das Thema ernsthaft zu diskutieren, denn zu einer Lösung war wohl kaum zu kommen.


    "Nun gut, immerhin können wir diese Fälle zu den Akten legen.


    Mal eine völlig andere Frage: wenn dich jemand fragen würde, was dir als mein Scriba während meiner Amtszeit besonders aufgefallen ist, was würdest du dann spontan antworten?"


    Macer musste noch seine Abschlußrede nach dem Ende der Amtszeit halten, und der eine oder andere Eindruck seines Mitarbeiters konnte da vielleicht ganz nützlich sein.

  • Milo konnte nur mit den Schultern zucken. Er wusste es nicht.
    "Vielleicht gibt es Advocati oder Banken, die sich um die Aufbewahrung kümmern. Doch inwiefern dies von Vorteil sein könnte, ist mir nicht bekannt. Vielleicht liegt es am raschen Wandel der Zeiten, dass die Menschen ihr Testament häufiger zu ändern wünschen und der Zugriff auf diese Weise einfacher und schneller vonstatten geht. Doch ich spekuliere nur..."
    Er winkte ab, da es wohl ohnehin die eigene Angelegenheit der Leute war, wo und wie sie ihre Dokumente aufbewahrten. Die Hauptsache war, dass die offenen Fälle damit nun beigelegt werden konnten. Auf die Frage des Aedils hin machte er zuerst ein nachdenkliches Gesicht, traf jedoch recht schnell eine Entscheidung.
    "Besonders auffällig waren während deiner Amtszeit wohl vor allem die Spiele. Als großes, gesellschaftliches Spektakel waren sie wohl am ehesten dazu geeignet, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Ich bin der Meinung, dass dir deren Ausrichtung sehr gut gelungen ist und mit Stolz auf dieses Kapitel zurückblicken lässt. Als Scriba hatte ich natürlich darüber hinaus noch weitere Einblicke, die der Aufmerksamkeit der breiten Masse hingegen wahrscheinlich eher entgangen sind. Da fiel mir zum Beispiel die Mensa ponderaria auf, welche besonders reibungslos arbeitete. Nachdem sie von deinen Amtsvorgängern scheinbar ein wenig vernachlässigt worden war, konnten die Bestände an Maßen und Gewichten wieder vorbildlich komplettiert werden."

  • Macer nickte nachdenklich, als der Scriba sich zu seiner Amtszeit äußerte und verzichtete auf Notizen auf einer Wachstafel. Diesmal mussten Vermerke im Kopf reichen.


    "Die Mensa Ponderaria, ja," meinte er lächelnd, "sie hat reibungslos gearbeitet, aber ich wollte mich eigentlich viel mehr um sie kümmern. Ich hatte mir doch erhofft, gerade als plebejischer Aedil noch näher am Volk arbeiten zu können, dazu hätte auch das gehört. Aber die Verwaltung schluckt schon eine Menge Zeit."


    Immerhin hatte er neben allem Schreibkram Zeit für seine Rundgänge gefunden. Was wohl auch daran lag, dass ihn sein Scriba gut entlastet hatte.


    "Wie sieht es eigentlich mit deiner Zukunft aus? Ich weiss zwar nicht, ob ich nach meiner Amtszeit noch einen persönlichen Scriba brauche, aber die Zusammenarbeit mit dir war sehr erfreulich und ich hätte nichts dagegen, sie fortzusetzen. Falls du weiterhin für den Aedil tätig sein willst, würde ich dich selbstverständlich meinem Nachfolger empfehlen."

  • Milo musste etwas schmunzeln. Er hatte im Verlaufe der Amtszeit schon häufiger gemerkt, dass der Aedil mit sich selbst äußerst kritisch war und sehr hohe Anforderungen an seine eigenen Leistungen stellte. Selbst wenn eine Aufgabe vollumfänglich und sogar vorbildlich erledigt war, ging Macer darüber noch einmal streng mit sich ins Gericht. Sein Scriba teilte diese Bedenken im besprochenen Fall jedoch nicht und äußerte das auch.
    "Es tut mir leid, doch in Bezug auf deine Amtszeit kannst du dir keinerlei berechtigte Vorwürfe machen. Auch wenn du dich gerne noch mehr um die Mensa Ponderaria gekümmert hättest, hat sie schon so wirklich einwandfrei gearbeitet. Die Spiele waren gut organisiert und von hervorragender Qualität und Kreativität. Selbst die Kontrolle der Märkte ist stets reibungslos und zuverlässig abgelaufen. Ich kann leider keinerlei ernstzunehmende Mängel an deiner Amtsführung feststellen."
    Er lächelte entschuldigend und hob leicht die Schultern zum Zeichen, dass sich in dieser Hinsicht leider nichts ausrichten ließ.


    Dann wurde Milo wieder ernst. Er hatte schon länger überlegt, ob er Macer die folgende Frage stellen konnte und sich letztlich dafür entschieden. Das Thema beschäftigte ihn sehr und es gab nach Aristides Weggang leider wenige Menschen in Rom, mit denen er darüber sprechen konnte.
    "Doch wenn du erlaubst, möchte ich dir auch noch eine andere Frage zu deiner vergangenen Amtszeit stellen. Wie es das Schicksal unserer Kindheit wollte, ist mein Bruder Furianus getrennt von unserer Familie in Britannien aufgewachsen. Ich selbst lebte bei Verwandten und Freunden in Baiae. Bis vor kurzem wusste ich nichts von seiner Existenz, so dass ich ihn persönlich kaum kenne. Auch jetzt, während meiner Zeit in Rom, hatten wir leider nur wenig Gelegenheit für ausführlichere Gespräche. Seit dieser Erbangelegenheit sehe ich ihn noch dazu aus einer etwas distanzierten Position. Wie würdest du mir als Unbeteiligter, der jedoch einigermaßen eng mit ihm zusammengearbeitet hat, deinen Eindruck von ihm beschreiben?"


    Die weiteren Überlegungen ließen ihn kurz nachdenken, bis er schließlich auf die Frage des Aedils antwortete.
    "Über meine eigene Zukunft bin ich noch nicht zu einem festen Entschluss gekommen. Gerne würde ich weiter als dein Scriba arbeiten, doch ohne dass du Arbeit für mich hast wäre dies wohl nicht sonderlich sinnvoll und zum Nichtstun möchte ich dir natürlich nicht auf der Tasche liegen. Aber ich sehe dies nicht als Problem, da wir unseren Kontakt meiner Meinung nach auch ohne ein festes Arbeitsverhältnis gerne weiter fortsetzen können. Wirst du dich in der nächsten Zeit denn einer festen Tätigkeit widmen? In Bezug auf deinen Amtsnachfolger bin ich momentan noch einigermaßen skeptisch, da ich ihn nur von seiner Kandidatur auf der Rostra her kenne. Es fällt mir schwer, ihn einzuordnen und ich bin mir nicht sicher, ob ich an einer Zusammenarbeit interessiert wäre. Hast du vielleicht eine Empfehlung oder auch eine andere Idee für mich?"

  • Macer hatte ein seltsames Gefühl dabei, dass es seinem Scriba fast Leid tat, keine Kritik an seiner Amtszeit üben zu können. Er beschloss, auf dieses Thema nicht weiter einzugehen und sich die passenden Worte für seine Abschlußrede nun in Ruhe zurecht zu legen.


    "Ich weiss natürlich auch nicht, ob mein Amtsnachfolger nicht ohnehin einen eigenen Scriba mitbringt und deine Dienste daher vielleicht gar nicht benötigt", meinte er danach zur Anstellungsfrage. "Ich werde nach meiner Amtszeit voraussichtlich zunächst keiner festen Tätigkeit nachgehen. In der Tat ist mein Bedarf für einen Scriba dann etwas gering. Ich möchte dir dadurch, dass du an mich gebunden bist, auch keineswegs im Wege stehen. Sollte mich einer der neuen Magistrate ansprechen, werde ich dich gerne weiter empfehlen, wenn dir das Recht ist. Vielleicht könnte ich dir auch eine Anstellung am Kaiserhof verschaffen, aber da möchte ich dir nicht zu viel versprechen."


    Das Angebot war aber immerhin realistisch, für einen jungen Patrizier mit Karrierabsichten konnte dies sicher kein gänzlich falscher Schritt sein.


    Zu der Frage nach Furianus konnte oder wollte Macer weniger konkretes sagen. Die Konstellation zwischen ihm, dem Scriba und dessen Bruder war sehr ausgefallen - geschäftlich und zugleich doch auch persönlich.


    "Er ließ in meinen Augen etwas an Zuverlässigkeit vermissen", begann Macer. "Zunächst störte mich das wenig, da er die Arbeit, die wir gemeinsame erledigten gut machte. Über seine andere Arbeit konnte ich wenig sagen. Seine Aktivität bei der Vorbereitung und Durchführung der Spiele hat mich dann aber doch sehr enttäuscht."


    Er dachte einen Augenblick nach. "Ja, vielleicht ist das auch wirklich mein Eindruck von ihm. Er macht seine Sache nicht schlecht, keineswegs. Aber gemessen an seinen eigenen Anspürchen, an seiner Selbstdarstellung und an den Ansprüchen, die er damit bei anderen erweckt, leistet er zu wenig.


    Und ich habe ihn in Diskussionen zuweilen als eher ausweichend und argumentativ nicht immer sicher erlebt,", fügte Macer noch hinzu, "aber das ist es wohl eher nicht, was du mit dem Eindruck meintest, den er auf mich machte."

  • Milo hatte nicht erwartet, dass der Aedil groß auf sein Lob reagieren würde und kam daher auch nicht noch einmal darauf zurück. Er ging davon aus, dass die Botschaft übergekommen war. Zu den weiteren Ausführungen nickte er.
    "Danke, dass du dich so für mich einsetzen willst."
    Als er diese Worte aussprach fiel ihm insgeheim auf, dass sein eigener Bruder da weniger Engagement zeigte. Doch letztendlich musste und wollte Milo ohnehin lieber auf eigenen Füßen stehen, so dass er Furianus dies nicht im geringsten ankreidete.
    "Der Kaiserhof wäre sicherlich eine reizvolle und neue Herausforderung. Letzlich habe ich großes Interesse daran, mich in unterschiedlichen Gebieten weiterzubilden und einzuarbeiten. Ich möchte Rom in seinen verschiedenen Facetten kennenlernen. Doch von dem, was mir bislang zu Ohren gekommen ist, werden am Hofe des Kaisers ausschließlich Bewerber angenommen, die bereits eine beachtliche Erfahrung in der Stadt-, Regio- oder gar Provinzverwaltung vorweisen können. Da dies bei mir jedoch nicht der Fall ist, rechne ich mir dort sehr wenig Chancen aus. Weil ich zudem nicht vorhabe Rom in absehbarer Zeit zu verlassen, werde ich diese Voraussetzungen auch wohl so schnell nicht erfüllen. Doch es ist ja nicht so, als stünde ich ohne eine Arbeit vor einem unlösbaren Problem. Ich bin schließlich Mitglied einer wohlhabenden Familie und kann eine kurze Zeit der Untätigkeit wohl auch problemlos ohne ein Einkommen überbrücken."
    Milo lächelte leicht. Dass es ihm dennoch unangenehm wäre, der Familie ganz und gar auf der Tasche zu liegen, war eine Tatsache, die er nicht noch zusätzlich erwähnen brauchte. Auf jeden Fall würde er sich weiterhin nach einer neuen Arbeit umsehen, auch wenn er nicht von der Notwendigkeit getrieben das Erstbeste zu nehmen gezwungen wäre.


    Die Schilderungen zu seinem Bruder verfolgte er mit dem notwendigen Ernst. Größtenteils schien sich der Eindruck Macers mit seinem eigenen zu decken, doch zusätzlich konnte er seine eigenen Einschätzungen noch um einiges ergänzen. Milo nickte langsam mit dem Kopf.
    "Danke, dass du mir deine Meinung so offen sagst. Es ist immer sehr hilfreich, die Dinge auch von einem neutralen Standpunkt aus geschildert zu bekommen. Ich denke, das wird mir etwas weiterhelfen. Nachdem seine Amtszeit damit nun auch beendet ist, werde ich dies hoffentlich noch durch einige persönliche Eindrücke ergänzen können."

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