Helena und die traute Zweisamkeit

  • "Das muss dir nicht leid tun! Jeder von uns wurde mit einem Makel geboren! Deinen kenne ich ja mittlerweile!"


    Nun setzte er sich von dieser Seite neben sie und gab ihr den Becher vorsichtig zurück.


    "Dann probieren wir es noch einmal! Also lass uns anstoßen!"


    Metellus balancierte seinen Becher herüber und hielt ihn in Richtung Helena.

  • Fragenden Blickes legte sie ihren Kopf schief und sah ihn an. "Welchen Makel meinst du? Jenen, dass ich mich gegen niemanden durchsetzen kann?" fragte sie neckisch. Dann allerdings nahm sie ihren Becher entgegen, hob ihn ebenfalls und führte diesen dann zaghaft zu ihren Lippen um einen kleinen Schluck daraus zu trinken. Den Trinkspruch hatte sie ja bereits vor wenigen Minuten verlauten lassen.

  • "Nein! Deine Tolpatschigkeit!"


    Metellus musste lachen.


    "Ich glaube, es ist immer gut, wenn du eine Ersatztunika bei dir hast!"


    Metellus stubste sie an der Seite mit einem zwinkern an.


    "Oder du trinkst nur Wasser, das hinterlässt keine Flecken!"


    Metellus war so glücklich und das sah man ihm auch an. Er hatte schon lange nicht mehr so eine Freude empfunden.


    "Du bereicherst wirklich mein Leben, Helena!"

  • Schweigend lauschte Helena seinen Worten. Sie wollte ernst ausschauen und nicht lachen, wofür sie ihre gesamte Konzentration benötigte. Er hatte ja Recht, verdammt. Schon immer war sie ein kleiner Tollpatsch gewesen. Das hatte sie schon bei Max... Nein! Rasch verdrängte sie diesen Gedanken wieder. Es mochte feige sein, aber hier hatte er nun wirklich nichts zu suchen. Nicht heute. "Bete dass die Bereicherung deines Lebens nicht die Verarmung deiner Kasse mit sich zieht." erwiderte sie nun doch mit einem Lächeln. Zu einem Grinsen hatte es nicht mehr gereicht, denn der dunkle Schleier, den vorhergehende Gedanken ausgelöst hatten, ließ sich nicht so einfach gänzlich verdrängen.

  • Er schaute sie interresiert an. Was meinte sie damit?


    "Was meinst du damit? Du bist mir bisher nicht wie ein vewöhntes Mädchen vorgekomen, dass in Saus und Braus lebt! Oder befürchtest du, dass du womöglich unser teures Tafelgeschirr zerstören wirst?"


    Metellus hörte es jetzt schon in der Villa klirren. Er sollte am Besten Kunstwerke aus Helenas Reichweite lassen...

  • "Du hast bislang auch noch keinen Alltag mit mir verbracht. Ich dachte weniger an Dinge die ich zerstöre, als an Dinge die ich unserem Inventaur hinzufüge." entgegnete sie mit einem breiten Grinsen und strich sich ihr blondes Haar zurück. "In Saus und Braus lebe ich zwar nicht, aber schönen Geschenken bin ich durchaus nicht abgeneigt." meinte sie und legte dabei mit unschuldigem Blicke den Kopf schief und versuchte, niedlich dreinzuschauen. Allerdings ging es gründlich daneben, denn das Grinsen arbeitete sich durch ihre Züge wieder an die Oberfläche.

  • "Naja, immerhin bringst du auch Geld mit in die Ehe und arbeitest! So bleibt nicht alles am Mann hängen. Wobei ich mich vielleicht dann zur Ruhe begeben könnte und den Tag mit meinen Freunden in der Taberna nebenan verbringen könnte!"


    'Was sie kann, kann ich schon längst!', dachte sich Metellus und sprudelte nur so vor Ironie.

  • "Mein lieber Marcus." begann sie mit spitzem Tonfall und sah ihn herausfordernd an. "Wenn du dies wagen solltest, dann sei dir auch der Konsequenzen bewusst, die sich daraus ergeben könnten. Du kannst dir gewiss denken warum so wenige es wagen, sich mit Frauen anzulegen. Und das Risiko, mein Lieber, diese Erfahrung selbst zu machen, wirst du gewiss nicht eingehen wollen." sagte sie mit lieblicher Stimme und zwinkerte.

  • "Glaubst du wirklich, ich werde von meinem Weg abkommen? Nein, nein! Bleib du nur schön zuhause und kümmere dich um die Kinder! Eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit!"


    So versuchte er ihr die Mutterrolle schmackhafter zu machen. Dann stubste er ihr in die Seite.


    "Da hast du ja eh schon Erfahrungen gemacht, obwohl man sagen muss, dass Minervina... Ja wie soll ich das sagen? Nun sie weiß was sie will und lässt es andere auch spüren! Hat sie das von dir?"

  • "Bei den Göttern - nein!" lachte sie. Doch dann fuhr sie ein wenig ernster fort: "Ich diene den Göttern nicht des Geldes oder der Ehre wegen, sondern aufgrund von ehrlicher Dankbarkeit. Du weißt, wie sehr ich mich immer für jene eingesetzt habe, denen wir all das zu verdanken haben." sagte sie und sie erstaunte selbst ein wenig über ihre hingabungsvolle Stimme. Ein verlegenes Lächeln machte sich breit, doch auch wenn sie sehr enthusiastisch klang: Es war die reine Wahrheit.


    "Vielleicht ein wenig von mir, aber ich nehme an dass das patrizische Blut auch viel Mitschuld daran trägt." meinte sie mit ernsthaftem Blick, welchen sie allerdings nur mühsam beibehalten konnte. Dann sagte sie mit zweideutigem Tonfall: "Und so dominant bin ich doch nun auch wieder nicht, oder?" Sie zwinkerte.

  • Er schaute sie mit einem ernsten Blick an.


    "Also wenn du wüstest, was du für eine Aura auf die Umgebung ausstrahlst! Wenn man bei dir nicht sputet, dann muss man gleich Angst haben!"


    Lange konnte er den Blick nicht aufrecht erhalten. Ein Grinsen machte sich immer breiter in seinem gesicht bemerkbar, bis es zu einem Lachen wurde.


    "Nein! So schlimm bist du nicht! In manchen Situationen kannst du zwar schon ganz schön besitzergreifend werden, aber das ist auch gut so! Solange du immer jemanden bei dir hast, der dich beschützt, wenn du mal deine freie Meinung äußerst, die manchen vielleicht nicht gefallen würde..."


    Er musste seufzen. Es war ei schönes Gefühl, neben der Frau hier auf seinem landgut zu liegen, die er so über alles liebte. In diesem Moment interessierte ihn alles da draußen um sie herum nicht mehr. Das Landgut kam ihm vor, wie ihr gemeinsames Reich. Hier ließe es sich leben. Doch noch war es zu früh, sich so niederzulassen...

  • Sie verzoh ihre Lippen zu einem Schmollmund, als er von seiner nicht besonders schmeichelhaften Einstellung zu ihr berichtete, die sie zudem nicht einmal unterstützen konnte. "Ich bin nicht besitzergreifend. Das ist dann wohl doch eher Minervina." meinte sie mit einem gewissen, warnenden Funkeln in den Augen. Sie musste nicht lange nachdenken, um zu dem Entschluss zu kommen sich 'beleidigt' aufrecht hinzusetzen und ihn schmollend anzusehen. Dass der Schalk in ihren Augen blitzte, konnte sie allerdings nicht verhindern. "Und wozu Geleitschutz? Mir wird schon niemand etwas tun, bis heute habe ich noch niemandem einen Knüppel zwischen die Beine geworfen."

  • "Vielleicht keinen Knüppel.... Was denkt eigentlich dein kleiner Bruder über uns?"


    Diese Sache hatte Metellus schon länger beschäftigt.


    "Er hat so eine seltsame Art an sich. Ich kann das kaum beschreiben und ich weiß auch nicht, ob er das mit Absicht macht! Aber ich glaube, er mag mich nicht!"

  • Helena legte fragend den Kopf schief und ihr Blick normalisierte sich wieder. Sie hatte die Schauspielerei beiseite gelassen und sah nun ernsthaft skeptisch drein, ehe sie unsicher begann: "Ich weiß es nicht. Mir ist noch nicht große Abneigung dir gegenüber aufgefallen, aber er ist mein kleiner Bruder. Eine völlig normale Neigung dass er sich sorgt. Oder hättest du das damals nicht getan?" meinte sie beinahe ernst, ehe sie ihm dann zuzwinkerte und sich wieder nach hinten plumpsen ließ. Ihr Kopf landete dabei auf seinem Bauch und sie wandte ihren Blick in Richtung seines Gesichts, konnte allerdings nur ein paar vereinzelte Bartstoppeln und Haare erkennen.

  • "Nun, wenn ich so eine schöne Schwester wie dich hätte... Ja, dann würde ich dich sicherlich auch beschützen wollen!"


    Er ließ seine Hand auf ihr Gesicht sinken und strich ihr sanft über die Wange.


    "Ich hoffe mein Vater stimmt unserem Vorhaben zu! Immerhin unterstehe ich seiner Patria potestas! Doch habe ich es bisher nie bereut!"

  • Ein warmes Lächeln lag auf ihren Lippen. Er schmeichelte aber auch wahrlich fortwährend und sie war froh, dass sie sich langsam daran gewöhnte. Das verhinderte, dass sie stets errötete. Ihre Gedanken schweiften kurz zu Callidus. Sie würde auf alle Fälle noch einmal mit ihm und Romanus sprechen. Zwar brauchte sie keine Erlaubnis, denn sie war sui iuris, doch ohne deren Einverständnis würde sie es nur schwer mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Außerdem gebot es allein die Höflichkeit. "Gewiss wird Agrippa sich nicht gegen uns stellen. Höchstens mit dem Argument, dass er nicht verstünde, wenn du deine ehemalige Schwester heiraten würdest." meinte sie schmunzelnd, doch noch immer recht in Gedanken versunken.

  • "Ich glaube, er würde sich für mich freuen, dass ich mein Glück gefunden habe! Außerdem wird er froh sein, dasss ich mit keiner Tänzerin oder Schauspielerin aufgekreuzt bin. Etwas schlimmeres gibt es für Senatorenväter wohl kaum!"


    Metellus grinste bei der Vorstellung, dass er mit einer Bauchtänzerin bei seinem Vater aufkreuzen würde, mit dem Wunsch sie zu heiraten. Dann richtete Metellus sich auf.


    "Wir sollten bald wieder aufbrechen mein Liebling! Ich kann es kaum erwarten, meinem Vater von unserem Vorhaben zu unterrichten!"

  • "Na, wenn das Risiko besteht dass du mit einer solchen Frau heimkommst, sollte ich mir das vielleicht noch einmal in Rücksprache mit meinem Bruder Lucius durch den Kopf gehen lassen." erwiderte sie mit gespielter Schärfe, der allerdings auch etwas wahres anhaftete. Ganz gleich was für eine Frau er an seiner Seite haben würde, wenn es nicht sie war - Ärger geben würde es allemal. Gleich ob Sklavin, Tänzerin oder Lupa. Und das ließ ihr weniger lustige Blick auch klar erkennen.


    Doch dieser ernste Blick wurde für einen Moment getrübt, in welchem dieser skeptisch wurde. Liebling? Metellus kam auch auf immer seltsamere Kosenamen. Liebling! Sie schüttelte den Kopf, als würde es sie schaudern, doch ließ sie keinen Kommentar verlauten. Allerdings in diese Gedanken verstrickt, hatte sie nicht so recht mitbekommen, was er gesagt hatte. Also fragte sie mit sarkastischer Stimme zurück: "Was sagtest du Liebling?"

  • Metellus schaute sie irritiert an.


    "Das Risiko besteht bestimmt nicht!"


    '..mehr!', dachte sich Metellus. In Achaia hatte er damals die eine oder andere Bekanntschaft gemacht. Aber das lag nun weit zurück und kam ihm mittlerweile wie ein anderes Leben oder sogar Traum vor.


    "Ich denke, wir sollten langsam aufbrechen, weil ich es kaum erwarten kann, meinem Vater von unserem Vorhaben zu unterrichten!"


    wiederholte er sich.

  • Helena ahnte, dass Metellus seinen Satz nicht ganz vollendet hatte, verkniff sich allerdings einen weiteren bissigen Kommentar. Viel Zeit würden sie nicht mehr haben und ehe wieder aus dem Spaß heraus ernstere Missverständnisse wuchsen, ließ sie es lieber sein. "Ich denke auch. Daheim habe ich auch noch genügend zu tun."


    So kam es, dass sie Hand in Hand die Villa Rustica verließen und sich auf den Weg nach Tarraco machten. Doch ganz im Gegensatz zum Herrritt, hatte Helena nun ein Lächeln auf den Lippen.


    ~Ende~

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