Gespräch zweier Magistrate

  • Nachdem sie seine Casa verlassen hatten, setzten sich macer und sein Gast in Richtung des Stadtzentrums in Bewegung. Macer hatte sich angewöhnt, den Tag in der Stadt mit einem Gang über das Forum zu beginnen und die Tatsache, dass er auf diesem Weg nun ein Gespräch mit dem Quaestor Principis führen wollte, änderte zunächst nichts an dieser Angewohnheit.


    "Kommen wir also zum Thema - wofür genau wirbst Du um Zustimmung?"

  • Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Ich kann mir dann schon denken, was dich zu mir führt. Deine politischen Ideen hast Du ja zu keiner Zeit zu verbergen versucht. Da gab es Quaestoren, die in ihrer gesamten Amtszeit leiser waren."


    "Oh, das sehe ich doch ganz anders. Ich habe nicht nur lange zu allem geschwiegen, sondern mich aus Frustration mehr und mehr zurückgezogen. Mein Kontakt beschränkte sich letztlich nur noch auf meine Familie und es ist der Hartnäckigkeit meiner Tochter zu verdanken, dass ich vor Wochen nicht abgereist bin. Erst anlässlich meiner Kandidatur habe ich meine politische Meinung offenbart und ich gebe zu, mit äußerst deutlichen Äußerungen. Vermutlich glauben deswegen so viele Römer, mich gut zu kennen."


    Gemächlich schritt Antoninus über das Forum. Er ließ den Blick über Gebäude schweifen, die äußerlich den Neuerungen trotzen, aber in sich viele Bürger mit aus Antoninus Sicht befremdlichen Ansichten bergen. Er räusperte sich und wählte für den Einstieg wieder dieselben Worte, die er bereits im Hause Vinicia und Aelia benutzt hatte. Er fand es inzwischen hoch interessant zu erfahren, wie die Senatoren bei gleicher Vorlage unterschiedlich reagierten.


    "Du hast recht, mein Anliegen dreht sich um das Thema meines Wahlkampfes. Du hast selbst auf der Rostra gestanden und mir bei der Kandidatur sogar eine Frage gestellt, also gehe ich davon aus, dass du es bestens kennst. Es geht mir um die aktuelle Situation im Reich und deren Verbesserung aus der Sicht konservativer Parteien. Zum Thema >Frauen in der Politik< prallen derzeit Interessen auf- oder besser gegeneinander, für die noch kein Kompromiss gefunden worden ist und da bisher ausschließlich die konservativen Bürger unseres Staates die Unzufriedenen sind, viele fortziehen und den Staat verlassen, möchte ich in ihrem Sinne etwas erreichen.


    Ich stelle mir eine Kompromissfindung vor, also ein Annähern beider Seiten mit Abstrichen für beide Seiten, für das ich genaue Vorstellungen habe, das ich dem Kaiser vortragen möchte, das ich aber zunächst mit gewichtigen Persönlichkeiten des Reiches in der Hoffnung erörtern möchte, einen tragfähige und für beide Seiten akzeptablen Mittelweg zu finden.


    Um es kurz zu machen… Der Stand der Dinge ist, dass jede Frau jedes Amt einnehmen kann und der eine Teil, ein großer Teil der Bürger, begrüßt diese Möglichkeit. Ein anderer Teil der Bürger lehnt jedwede Betätigung von Frauen angefangen vom Scriba ab. Diese Ansichten klaffen derart auseinander, dass man meinen könnte, es gäbe keine Chance für einen Kompromiss.


    Mein Vorschlag, um den konservativen Bürgern, die beachtlicher in ihrer Anzahl sein müssen, als ich es mir je gedacht habe, denn mein Wahlsieg war nicht nur überraschend sondern vor allem beeindruckend, wenn man bedenkt, dass ich nur dieses eine Wahlthema hatte. Mein Vorschlag also wäre der, dass ab sofort der Senat für Frauen nicht mehr zugänglich ist. Das ist im Vergleich zu dem, was sich die Konservativen wünschen ein minimales Entgegenkommen, aber für diejenigen, die den aktuellen Stand befürworten, ein einschneidender Schnitt. Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass diese Entscheidung der Kaiser fällt und sonst niemand.


    Ich möchte bei dir in Erfahrung bringen, inwieweit du an einem Kompromiss interessiert bist, ob du daran mitarbeiten würdest und welche Vorstellungen du hast, um den konservativen Bürgern das Leben in diesem Staat lebenswert zu erhalten. Ein Zeichen würde viel bewirken, denn bisher hat man die Wünsche dieser Bürger einfach ignoriert."

  • Macer hörte dem Quaestor konzentriert zu und schaute während des Gehens mal auf den Boden vor sich und mal in die Ferne. Es war eine ganze Menge, was ihm da vorgetragen wurde und er wusste gar nicht so recht, mit welchem der zahlreichen interessanten Punkte er anfangen sollte.


    "Davon, dass konservative Bürger in großen Mengen das Reich verlassen, ist mir nichts bekannt", entschied er sich, zunächst die Fakten abzuklopfen, auf denen alles aufbaute. "Ein solcher Massenexodus wäre ja sicher nicht unbemerkt geblieben und in der Öffentlichkeit, dem Senat oder auch der Acta thematisiert worden. In meiner Zeit als Statthalter in Germania konnte ich zumindest dort nichts derartiges beobachten. Was möglicherweise aber auch daran liegt, dass Germania nicht unbedingt die richtige Provinz für konservative Bürger ist.


    Was mich dann dazu führt, diesen Begriff erläutert zu haben, wie du ihn verstehst. Ich würde es ja geradezu als Zeichen gegen die Konservatität nehmen, wenn man das Reich verlässt."


    Er nahm an, dass Antoninus ausreichend in der politischen Diskussion geübt war, dass es ihn nicht störte, wenn sich Macer zunächst nicht zum eigentlichen Thema äußerte.

  • Mehr als ein kurzer Seitenblick verriet nicht, was Antoninus dachte, denn sein Gesicht blieb dabei ausdruckslos. Er hatte sich Antworten erhofft. Stattdessen hörte er wie bei den Aeliern Zweifel an seinen Aussagen. Senator Macer hatte sie zwar in höflicher Form geäußert und Antoninus spürte nicht die leichte Provokation, die er bei den Aeliern bemerkt hatte, aber dennoch.


    "Ich kenne keinen einzigen konservativen Bürger, der Aufhebens von seinem Fortgang gemacht hätte. Die meisten packen still ihre Sachen und sagen nur denen Lebwohl, mit denen sie Umgang hatten. Bisher ging ich der Meinung, dass die Öffentlichkeit und der Senat nur die Wünsche oder Probleme konservativer Bürger ignorieren. Nun muss ich sogar annehmen, dass sie sogar die Existenz dieser Bürger aus ihrem Bewusstsein gestrichen haben."


    Antoninus legte viele Schritte schweigend zurück. Er versuchte für sich zu klären, ob Unwissenheit oder Missachtung Ursache für die großflächige Ignoranz im Staat war. Er entschloss sich, positiv zu denken und nahm Unwissenheit als Ursache an.


    "Nicht nur du, Senator Purgitius Macer, schlägst vor, über den Begriff Konservativität zu sprechen. Auch Senator Vinicius Hungaricus hat das bereits getan. Ich muss gestehen, ich kann den Sinn darin nicht erkennen, denn was sich für uns dahinter verbirgt, ist doch längst deutlich geworden.
    Definieren wir trotzdem den Begriff. Der Konservative hängt überlieferten Werten, Sitten, Strukturen usw. an. Wer Böses will, wird ihn als altmodisch bezeichnen, aber man kann auch Bodenständigkeit und Beharrlichkeit auf Bewährtem darin sehen. Es ist eine alles überdauernde Grundeinstellung, die auf dem Respekt gegenüber unseren Ahnen und den Göttern basiert und die Entwicklung der Geschichte hat gezeigt, dass Verfall dem Abweichen vom Bewährten folgt. Hat nicht bereits Tacitus über die Schattenseiten des Principats und den Untergang der Republik geklagt? Dabei ist ihm noch nicht einmal zu Ohren gekommen, dass neuerdings Frauen den Senat bevölkern. Ich sollte mir als Anhänger der stoischen Lebensart solch offenkundige Bitterkeit nicht leisten, aber das Leben wird einem traditionell eingestelltem Mann heute nicht eben leicht gemacht."

  • "Werte, Sitten und Strukturen", murmelte Macer die Worte des Quaeators vor sich hin. "Bodenständigkeit und Beharren auf Bewährtem, ja, das sind durchaus genau die Begriffe, die ich mit 'konservativ' verbinde. Deswegen wunderte mich ja eben deine Aussage, dass diese Leute das Reich verlassen. Das ist ja nun einmal das Gegenteil von Bodenständigkeit."


    Auf die weiteren Punkte ging Macer nicht ein, auch nicht auf die Erwähnung der Kritik am Principat. Sollte sich die Diskussion in diese Richtung verlagern, würden ihn das zumindest überraschen.


    "Nun gut, wie dem auch sei, die Konservativen verlassen also still und unbemerkt, aber in Massen das Reich und wählen dich vorher noch schnell."


    Er merkte, dass man so nicht weiter kam und diese Hinweise wohl eher Einleitung zum Thema denn echte Diskussionsgrundlage sein sollten.


    "Nehme ich den Vorschlag, Frauen gänzlich den Einsatz in der Verwaltung zu nehmen - also die Maximalforderung - einmal in Augenschein, dann ist dies sicher ein Beharren auf Altem, aber nicht unbedingt Bewährten. Ich gehe einmal davon aus, dass die erste Frau, die eingestellt wurde, deshalb eingestellt wurde, weil sie ein bestimmtes Amt besser ausfüllen konnte, als der beste verfügbare Mann. Die historische Debatte, welches Amt dieses gewesen sein könnte und welche Gründe genau vorlagen, möchte ich aber nur ungerne führen. Ich unterstelle aber, dass es sich bei dem Paradigma 'Keine Frauen mit öffentlichen Aufgaben' nicht um etwas Bewährtes handelt, sonst hätte man es ja nicht geändert.


    Betrachte ich den Status quo, so kann ich nicht erkennen, dass dadurch etwas signifikant schlechter wäre, als wenn es nur Männer in öffentlichen Aufgaben gäbe. Andererseits kann ich auch nicht erkennen, dass dadurch etwas signifikant besser wäre, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass sich mehr Personen um ein Amt bewerben."


    Macer fiel auf, dass er auf dieser Basis einem Kompromiss wohl zustimmen könnte. Aus einem anderen Grund konnte er sich nun ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen.


    "Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass es in einer solchen Situation, wo man keine funktionale Besserung erwarten kann, ausgerechnet die Konservativen sind, die eine Änderung um der Änderung Willen durchführen möchten."

  • "Wieso wundert dich der Fortgang konservativer Männer? Man bleibt doch nicht dort, wo das, woran man hängt, mit Füßen getreten wird und es keine Hoffnung auf ein Einlenken gibt. Wenn die Hoffnung einmal gestorben ist, bleibt nichts als Dunkelheit, Kälte und schließlich der Tod und um auf deine nächste Bemerkung einzugehen… im Gegensatz zur letzten Wahl, bei der ich eine deutliche Absage von den Bürgern erhielt, wurde ich dieses Mal trotz der Verhinderung gut eines Drittels unserer Anhängerschaft mit deutlicher Mehrheit gewählt. Nicht jeder, der meine Kandidatur unterstützt hat, ist als konservativ bekannt, aber er unterstützt offensichtlich trotzdem meinen Vorstoß gegen die umfangreichen Rechte, die Frauen eingeräumt wurden. Es ist mir unerklärlich, warum viele einflussreiche Bürger vor dieser Tatsache die Augen verschließen. Kannst du es mir erklären?"


    Den weiteren Argumenten des Senators folgte Antoninus aufmerksam.


    "Im Nachfolgenden möchte ich schrittweise auf die von dir gemachten Punkte eingehen. Betonen möchte ich zuvor, dass wir zwar der totalen Nichtbeschäftigung von Frauen in politischen und zivilen Ämtern anhängen, aber unser Kompromissvorschlag sich nur auf die Frauen und hier auch nur die zukünftigen im Senat bezieht.


    Von Bewährtem kann man in meinen Augen erst dann sprechen, wenn eine Sache über einen extrem langen Zeitraum Gültigkeit besaß. Senator Hungaricus hatte eine Diva L. Flavia Nyreti erwähnt, die als Beispiel dafür dienen sollte, dass die Frauen schon seit langer Zeit den Senat bevölkerten. Ich habe in den Akten nach dieser ersten Frau im Senat gesucht und sie tauchte erstmals am 05.08.100 darin auf. Es sind also nicht einmal drei Jahre, in denen Frauen diese Privilegien gestattet wurden. In einem so kurzen Zeitraum kann man weder von Bewährtem als solchem sprechen noch von einer Bewährung dieser Entscheidung überhaupt, denn die Stimmen gegen diese Politik sind seit etwa eineinhalb Jahren da und sie werden immer lauter.


    Du vermutest außerdem, es hätte zur damaligen Zeit keinen besseren Mann gegeben, als sie eingestellt wurde. Dem will ich gerne glauben, aber nicht weil die Männer schlechter waren, sondern vielleicht deswegen, weil nicht genügend Männer zur Verfügung standen und man den Senat beleben wollte. Von einer Mangelsituation kann man aber heutzutage nicht mehr sprechen."


    Antoninus dachte über die von Macer so bezeichnete Unterstellung nach. Weil er nicht wusste, wie es gemeint war, fragte er nach.


    "Wie muss ich deine von dir so bezeichnete Unterstellung auffassen, dass es sich bei dem Paradigma 'Keine Frauen mit öffentlichen Aufgaben' nicht um etwas Bewährtes handelt? Stellst du die Politik all jener in Frage, die Jahrhunderte vor uns Rom zu dem gemacht haben was es ist?


    Weiter sagst du, du kannst nicht erkennen, dass durch Beschäftigung von Frauen etwas signifikant besser wäre, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass sich mehr Personen um ein Amt bewerben. Dem kann ich zustimmen und sogar noch der gemachten Einschränkung den Wind aus den Segeln nehmen. Vier Frauen von insgesamt 40 Bewerbern, die sich in den letzten sieben Monaten auf ein Amt als Quaestor oder Aedil beworben haben, von denen sogar nur zwei von den Bürgern gewählt wurden, sind alles andere, aber ganz bestimmt nicht signifikant zu nennen. Es wäre kaum spürbar, wenn durch die Schließung des Senats für Frauen der Anreiz, den Cursus Honorum zu beschreiten, noch geringer werden würde. Die Unzufriedenheit konservativer Männer korreliert außerdem mit der Anwesenheit von Frauen im Cultus Deorum und noch vielmehr mit ihnen im Senat.


    Und zum Schluss noch zu deiner letzten Anmerkung."


    Antoninus schmunzelte, denn er hatte zu Beginn nicht vorgehabt, einen so großen Redeschwall loszuwerden.


    "Den Konservativen geht es mit ihrem Änderungswunsch ja nicht um eine funktionale Verbesserung, das ist richtig, sondern sie wollen in Anlehnung an bewährte Strukturen ein Gleichgewicht erreichen, bei dem Rom für sie selbst und für die im Gegensatz zu ihnen derzeit so unproportional geförderten Frauen ein erstrebenswertes Pflaster bleibt oder besser erst einmal wieder wird."

  • Macer ursprünglicher Ansatz, die verschiedenen Punkte nacheinander abzuhandeln, schien sich relativ schnell zu überholen. Immer mehr Punkte kamen zusammen und zu allen wollte er etwas sagen. Nun gut, er würde sich eben noch besser konzentrieren müssen.


    "Der Fortgang konservativer Männer wundert mich deshalb, weil der Aufbrauch in eine neue, andersartige oder unbekannte Welt jenseits der Grenzen unseres Reiches nicht gerade das ist, was ich als typische Beschäftigung für konservative Männer ansehen würde. Das Konservative zeichnet sich doch gerade dadurch aus, dass es bleibt, auch wenn sich das Umfeld ändert. Aber nicht dadurch, dass es weicht. Aber gut, die heutigen Koservativen tun das offensichtlich.


    Ferner ist mir immernoch nicht klar, ob ihre Zahl nun groß oder klein ist und ob ihr Handeln nicht bemerkt wird oder nur von einige bewusst ignoriert. Eben sagtest Du noch, die Zahl hätte dich selbst überrascht - jetzt sagst Du mir, dass ein Drittel deiner Anhängerschaft bei der Wahl verhindert war. Wie kommst Du zu derart präzisen Schätzungen, wenn Du die Zahl selber angeblich gar nicht genau kennst?"


    Sim-Off:

    Auf die Rechnung mit den 3 Jahren gehe ich nicht ein, denn es ist müßig darüber zu diskutieren, ob diese Sache nun 3 Jahre oder 18 Legislaturperioden besteht...


    Auf die Nachfrage zu seiner Unterstellung ging er ebenfalls ein.


    "Ich stelle nicht die Politik all jener in Frage, die Jahrhunderte vor uns Rom zu dem gemacht haben, was es ist - das haben vor uns schon jene getan, die Frauen in den Senat ließen. Diese Entscheidung wird wiederum in Frage gestellt - wohlgemerkt von dir, nicht von mir."


    Vor dem nächsten Punkt musste Macer noch einmal schmunzeln und sich ein wenig zügeln, die Worte seines Gesprächspartners nicht lächerlich zu machen.


    "Wieso rechnest Du in deiner Aufstellung nur 40 Kandidaten der letzten sieben Monate für die beiden unteren Ämter? Sicher, Du willst mir 4 von 40 als geringe Zahl verkaufen. Ich sage dir, dass bei der letzten Wahl unter acht Kandidaten 2 Frauen antraten und verkaufe dir 2 von 8 als hohe Zahl.
    Wie kommst Du auf sieben Monate, ist das von Bedeutung oder nur, weil dann die Statistik besonders für dich spricht?


    Natürlich kann man annehmen, dass der Wegfall der Kandidatinnen durch die massenweise Rückkehr der Konservativen wieder ausgeglichen wird - sonst wäre man ja auch ein schlechter Politiker für diese Seite, nicht wahr?"


    Macer bemühte sich letztlich doch nicht zu verbergen, dass er von dererlei Rechentricks nicht sehr viel hielt.


    "Aber kommen wir abseits dieses mathematischen Luftakrobatik zur Sache zurück. Die Konservativen sehen sich durch die Anwesenheit von Frauen im Senat ignoriert oder gar bedroht. Nun hat es mit dir endlich einer von ihnen geschafft, ein politisches Amt zu erringen. Warum es dieser angeblich so zahlreichen Schar nicht schon früher gelungen ist, frage ich nicht. Jetzt willst du diese Macht nutzen und euren Wünsche mehr Nachdruck verleihen und wirbst um meine Zustimmung für euren Vorschlag. Nun, ich bin nach dem bisherigen Verlauf unseres Gespärchs zumindest nicht dagegen."


    Er ging ein paar Schritt schweigend und stelle dann eine Frage.


    "Rechnest Du eigentlich mit einem massenweisen Auszug der Frauen, wenn sie sich ignoriert fühlen, so wie es jetzt die Konservativen tun?"

  • "Die offen zu ihrer konservativen Einstellung stehenden Bürger sind mir natürlich in ihrer ungefähren Anzahl bekannt. Ich hatte zuvor geäußert, dass viele von ihnen an einen Wegzug denken oder bereits weggezogen sind. Du beliebst es nun, mich mit Ironie zu bedenken, indem du von massenweisem Weggang sprichst."


    Antoninus sprach ernst weiter. Ihm war keineswegs zum scherzen zumute.


    "Ich sagte bereits, dass die meisten Konservativen dazu neigen zu gehen. Das hat ja zur Folge, dass sie sich eben nicht in der Politik betätigen. Ursache dafür ist die totale Ignorierung ihrer Ansichten und die vollkommene Unterstützung der Frauen im Staat. Ich frage dich, ist es gute Politik, die solche Extremunterschiede macht?"


    Auch Antoninus lief ein paar Schritte schweigend. Den Äußerungen nach zu urteilen, konnte er kaum glauben, dass Senator Macer seinem Anliegen nicht abgeneigt gegenüberstand.
    Über seine letzte Frage musste er nicht lange nachdenken.


    "Ich rechne mit einem Rückgang der Aktivität im Cursus Honorum. Die letzten drei Wahlen habe ich mir auch deswegen angesehen, um anhand derer die Auswirkungen annähernd abschätzen zu können. Ich halte es für einen immer noch großen Unterschied, wie wir gar keine Akzeptanz vorzufinden oder wie vielleicht zukünftig die Frauen, Abstriche aus einem Rundum-freie-Bahn-Paket hinnehmen zu müssen."

  • "Ich bedenke dich mit Ironie, da mir deine Zahlenspiele etwas wankelmütig zu sein scheinen", entgegenete Macer. "Zahlen sind für mich etwas, was nicht Gegenstand der Rhetorik ist. Man kann trefflich streiten, was 'viel' oder 'wenig' ist, aber eine Zahl ist eine Zahl, ein Drittel ist ein Drittel und ein Halb ist ein Halb. Entweder kennst Du die Zahl derer, die dich unterstützen oder dich wählten, dann arbeite mit dieser Zahl, oder du kennst sie nicht, dann verwende sie nicht."


    Auch wenn die Rhetorik als eine der höchsten Künste unter Politikern galt, wollte Macer sie nicht dermaßen gegenüber der Mathematik bevorzugen.


    "Ihr befürwortet, wie Du selbst sagtest, den extremen Ausschluß der Frauen. Auch wenn ihr zunächst mit kleinen Schritten und Kompromissen anfangen wollt, so ist euer Ziel doch extrem, so dass du der Gegenseite nichts eben dieses vorwerfen kannst. Und in einem Reich, das durch die Extreme groß geworden ist, muss die Politik der Extreme im Übrigen nichts schlechtes sein.
    Auch den Begriff des Extremums halte ich für definitionswürdig. Du sprichst von Abstrichen für Frauen, die sie im Cursus Honorum hinnehmen müssen. Der Ausschluß aus dem Senat kann aber genausogut als Extremum gesehen werden. Ich sage nicht, dass ich das so sehen würde, aber man kann es so sehen."


    Macer gerwann sichtlich Spass daran, die Argumentation des Quaestors nun auf alle Einzelteile zu prüfen. Inhaltlich hatte ihn das Thema dagegen immernoch nicht so ganz in seinen Bann gezogen.

  • Antoninus verhielt den Schritt und blickte seinen Gesprächspartner direkt an.


    "Mir scheint, ich habe mich undeutlich ausgedrückt. Natürlich ist es so, dass wir dem extremen Ausschluss der Frauen anhängen und an unserer Einstellung wird sich sicherlich nichts ändern. Allerdings besitze ich die Weitsicht, dass diese Ansicht weder umsetzbar noch für das derzeitige Reich ratsam ist. Nach wie vor strebe ich einen Kompromiss an und wenn die Gegenseite nicht vollkommen selbstbezogen ist, sollte auch sie zum Wohl des gesamten Staates daran Interesse zeigen.


    Senator Macer, ich wollte dich mit meinem Anliegen vertraut machen, weil ich auf möglichst breiter Ebene für Verständnis und im günstigen Falle um Unterstützung für mein Vorhaben werben möchte. Ich hoffe, es ist mir gelungen."

  • "Du hattest dich nicht undeutlich ausgedrückt", beruhigte Macer, "ich wollte nur deutlich machen, dass der Begriff des Extremums immer eine Frage des Bezugsrahmens ist und es außer deiner und meiner Sicht sicherlich noch viele andere gibt, die diese oder jene Forderung als extrem ansehen."


    Macer ließ seinen Blick einen Moment schweifen, bevor er weiter sprach.


    "Zweifellos ist es dir gelungen, mich mit deinem Anliegen vertraut zu machen. Ich kenne deine Position nun wesentlich besser als vorher und auch die damit verbundene Argumentation. Es wird dir nicht verborgen geblieben sein, dass ich dieser nicht in allen Punkten folge, da sie zum Teil in meinen Augen nicht allzu fundiert ist.


    Ich kann dir nur empfehlen, an dieser Argumentation zu arbeiten, wenn Du noch mehr Unterstützer finden willst als einen ehemaligen Statthalter Germanias, der den Kopf im Moment voller Preiskontrollen, Kassenbüchern und Kontrollgängen hat."


    Er lächelte freundlich, ohne zu deutlich zu machen, wie positiv er dem Thema denn nun gegenüberstand.

  • Antoninus lächelte ebenfalls.


    "Ich nehme jeden Rat dankend an, der hilfreich ist und das bedeutet, ich werde an mir und meiner Argumentation arbeiten. Danke für die interessante Unterhaltung! Nun möchte ich dich aber nicht länger von deinen Pflichten als Aedil abhalten und selber meinen nachgehen.
    Ich wünsche der Götter Segen, Senator Macer."

  • "Mögen alle Götter, die Du zu deiner Unterstützung brauchst, deinen Weg begleiten", antwortete Macer herzlich. "Ich wünsche dir einen angenehmen Arbeitstag."


    Er stieg die Stufen der Säulenhalle hinunter, in die es die Männer von selbst während dieses Gespärchs geführt hatte und macht sich auf den Weg zu Basilica.

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