Morgendlicher Lauf

  • "Hmpf! Ich bin nicht müde!", verteidigte sich Valens. "Schau, ich habe nicht die kleinste Spur von Augenringen!" Dann blinzelte er unwillkürlich. De facto hätte er auf der Stelle umkippen und auf der Straße schlafen können...oh, wie er diesen gottlosen Hahn verdammte! "Und ich sehe den Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und der Nacht nicht! Einmal kenne ich keinen, der das bisher behauptet hatte, außer mein alter griechischer Lehrer.", grinste er. So schnell ließ er sich nicht von seiner Meinung abbringen. "Außerdem - ich bin doch nicht dick!", protestierte er und sah an sich hinunter. Glück gehabt, Quintus - noch nicht gefrühstückt heute, sonst hättest du dich wieder auf deine Blähungen herausreden müssen. Sein Grinsen wurde unwillkürlich breiter.
    "Na ja, gut, ich verstehe, dass es am Abend nicht so spannend für dich ist...aber Frage, wen meinst du mit "andere Mitglieder des Hauses"? Romanus kann ich mir nicht vorstellen, das ist die Güte in Person ...hm... Callidus?" Er sah sie kurz an und meinte in ihren Augen eine Bestätigung erkennen zu können. "Naja, der spielt am tage den frommen Priester, und in der Nacht treibt er es so wild wie nur wenige andere - natürlich zu jenen Zeiten, wo er ausnahmsweise meinen Neffen Metellus, der mir nahe steht wie ein Bruder, in Ruhe lässt und nicht mit Anspottungen überhäuft. Aber er hat mich bei den letzten Wahlen gewählt, und deshalb - nichts gegen ihn." Dann lächelte er sie entschuldigend an. "Bitte, erzähle nichts davon, sonst habe ich alle gegen mich."
    Dann fuhr er fort. "Bist du ganz sicher, dass du mir beim Arbeiten zuschauen willst? Das ehrt mich, aber...nun...wenn du Papierkram und Paragrafen schätzt, wirst du meine Arbeit mögen, wenn nicht, kann es auf die Dauer etwas fad werden...Aber du bist herzlich eingeladen."

  • Mit leicht in die Höhe gezogenen Brauen betrachtete die Amazone den Römer kritisch, nur um dann grinsend festzustellen, dass er ziemlich müde aussah und seine Verteidigungsrede durch sein Aussehen eindeutig ad absurdum geführt wurde. Typisch Römer, man merkte eben schon, wer gezwungen war, schwere körperliche Arbeit zu verrichten und wer nicht - die römischen Landpächter, die sie in Germania erlebt hatte, waren alle Frühaufsteher gewesen und hatten wie alle Bauern abends früh den Schlaf gesucht. "Du bekommst ein kleines Bäuchlein," sagte sie grinsend und piekte ihm mit dem Zeigefinger in eben jenes, um ihm vergnügt zuzuzwinkern.


    "Wahrscheinlich zu viele Nachtigallenzungen erwischt oder gefüllte Schweinsnasen oder was immer ihr Römer so esst. Und sowas fettiges abends macht dick, das wirst Du schon sehen. Irgendwann sagt Dir eine Frau, die Du heiraten willst, genau dasselbe und Du wirst zugeben müssen, dass die Sklavin aus Tarraco recht hatte." Sie gab auch nicht so schnell auf, und eins war sicher, sie war deutlich dünner als ihr Gegenüber.


    Als er allerdings herauszufinden versuchte, wer im Haushalt der Rediviva eventuell für Ärger sorgen konnte, zuckte sie nur mit den Schultern. Er gehörte nicht zum Haushalt und es würde ihr nur Ärger bringen, wenn sie darüber auch nur ein Wort verlor, sie hatte ohnehin schon zuviel gesagt. Aber sie behielt die Worte des Valens im Kopf, irgendwann konnte ihr dieses Wissen vielleicht dienlich sein, wenn er sie wieder zu triezen versuchte. "Ich werde nichts sagen," meinte sie und ging dann doch lieber auf das andere Thema ein. "Also, ich fände es schon interessant zu sehen, wo Du arbeitest. Du bist immerhin der erste römische Beamte, den ich kennengelernt habe und ich weiss nicht, wie man diese Arbeit macht. Wenn Du es mir also zeigen willst, schaue ich es gern einmal an."

  • Sim-Off:

    Hm, jetzt weiß ich nicht...Valens ist über Nacht zum Magistatus erhoben worden...ich tu jetzt einfach so, als ob ich noch Scriba wäre.


    Kurz schüttelte er sich, in der Hoffnung, den Schlaf irgendwie aus seinen Augen zu schaffen, doch es gelang ihm nicht. Stattdessen gähnte er nur. Peinlich. Und dass sie ihn auch noch in seinen Bauch drückte, trieb ihm ein bisschen die Röte ins Gesicht. "Na schön, ich gebe zu, dass man mir eventuell ansehen kann, dass ich ein Arbeiter des Kopfes bin. Aber ich habe doch kein Bäuchlein! Na gut, ich habe eines", grinste er, "aber kein dickes. Und schau dir mal die anderen Römer an, wie die herumrennen - oder besser gesagt, watscheln! Und solche Delikatessen gönne ich mir auch sonst nicht oft, sondern nur zu gegebenen Anlässen. Heute ist einer.", und sein Grinsen wurde breit, fast schon schelmisch zog es sich von Ohr zu Ohr. "Ich bin befördert worden!"
    Er sah sie an, und brach in Gelächter aus. "Jetzt wirst du dich fragen, was daran so famos ist, oder? Es ist einfach eine sehr schöne und angenehme Sache für einen Römer, befördert zu werden! Man erhält Prestige und die Öffentlichkeit zeigt dir, dass sie dich schätzt...Heute ist mein letzter Tag in meinem alten Officium. Ich bin froh, dass ich dort nicht mehr länger sein muss...keine verstaubten Pergamenti mehr! Weißt du was, folge mir einfach! Es ist zwar ein etwas längerer Marsch zu Fuß, aber es gibt einen schönen Weg an der Stadtmauer entlang. Komm mit, hier entlang."
    So machte er sich zusammen mit ihr auf in Richtung Kurie, zu seinem letzten Tag in seinem alten Officum .

  • "Ich sehe schon, ich spreche mit einem wichtigen Mann," sagte sie schmunzelnd und betrachtete Matinius Valens einmal von oben bis unten. Er mochte vielleicht nun eine andere Arbeit haben, aber er sah noch immer so aus wie vorher - und vor allem sehr müde. "Ach nun, wenn ihr alle gern esst, dann ist das wohl eine ganz und gar römische Angewohnheit, ich halte es lieber, wie ich es lernte. Essen, um zu leben, nicht essen um sich die Zeit zu vertreiben."


    Er schien stolz darüber zu sein, dass er nun eine andere Arbeit hatte, und sie überlegte wieder einmal, was so wichtig an einigen Titeln sein mochte, dass man sich so darüber freuen konnte - aber immerhin wollte sie ihm seine Freude nicht verderben, sicherlich hatte er die Beförderung verdient, und so nickte sie zu seinen Worten und versuchte so zu wirken, als hätte sie ihn verstanden. "Ich bin wirklich gespannt auf dein Officium," sagte sie und folgte ihm schließlich auf dem Weg zur Curia der Stadt Tarraco.

  • 2 Monate später.


    Gedankenverloren strich Valens am Strand herum. Hier war es gewesen... hier hatte er Eretha kennen gelernt. Kurz räusperte er sich und schaute umher... vielleicht würde sie heute wieder einen Lauf machen. Aber er sah nur ein paar stumpfsinnige Fischer, die mit ihren alten, morschen, von Algen und Tang überwachsenen Booten ins Meer hinausfuhren.
    Dann begann er, den Blick auf einen imaginären Punkt am Boden zu richten und ließ den Blick in der selben Position, als er, ohne groß auf seine Umgebung zu achten, herumzuschlendern begann, ohne zu wissen, wohin er wollte.

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