Zwei Mädels auf der Suche nach Spaß

  • Valeria nahm sich vor, zum nächsten Ausflug andere Sklaven mitzunehmen. Herrje, was ruckelten die die Sänfte hin und her! Sie hielt sich penibel fest und beantwortete Livillas Frage.
    "Ja, ich bin seit gut drei Wochen in Colonia. Vorher war ich in Mogontiacum. Ich bin Sacerdos, musst du wissen. Geboren wurde ich in Rom, aber vor gut zwei Jahren zog ich zu meiner Familie nach Tarraco. Alles eine lange Geschichte. Und sie steht es mit dir? Du und dein Vater, ihr macht den Eindruck, als würdet ihr euch noch nicht lange kennen."


    Sie wandte den Kopf und lächelte. Kurz sah sie an den Vorhängen vorbei, doch das Forum war noch nicht in Sicht. Also hieß es, das Ruckeln und Zuckeln noch eine Weile zu ertragen. Sie seufzte leise.

  • Auch mir entging das ruckeln nicht, nahm dies aber scherzhaft auf. Die Sklaven waren noch nicht in Übung. Doch sie wussten wer in der Sänfte war und dieses ruckeln enstand sicherlich nicht aus Absicht. Sie schafften es einfach nicht sich zu synchronisieren.


    Ich war überaus interessiert warum sie jetzt in Colonia war, welchen Grund gab es. Aber es war jetzt an mir zuerst ihre Fragen zu beantworten.


    "Du hast recht, ich kenne ihn erst seid wenigen Tagen. Ein kleiner Besuch in Germania veränderte mein ganzes Leben. Ich wurde in der Nähe Tarracos geboren, aber ich wuchs ohne meinen Vater auf. Gewiss, meine Mutter nannte mir seinen Namen, doch ich war mir sicher das ich ihn niemals kennenlernen würde. Dann kam aber alles anderes und spüre ich erst wie sehr ich ihn brauche."


    Ich lächelte überglücklich.

  • Valeria freute sich für Livilla. Sie lächelte und nickte.
    "Er braucht dich sicherlich auch. Ich bin zwar noch nicht lange im Castellum, doch meine ich, dass ich ihn inzwischen öfter lächeln sehe als bei meiner Ankunft vor drei Wochen."


    Wieder wagte sie einen Blick aus der Sänfte heraus. Wenigstens waren sie schon in der Stadt. In diesem Moment trat ein Sklave in ein kleines Loch im Boden und ging kurz in die Knie - und mit ihm die Sänfte. Valeria wäre fast herausgefallen, konnte sich gerade noch festhalten und sah Livilla erschrocken an.
    "Bei den Göttern", japste sie mit großen Augen.
    "Denen fehlt gehörig Übung! Wir sollten öfter in die Stadt gehen..."


    Sie grinste und kicherte dann.

  • Nach dem Fehler des Sklaven war auch ich erschrocken aber fiel dann in Valerias Kichern ein.


    "So lange wir heil ankommen, sehe ich über diese Fehltritte hinweg."


    Vor uns erstrecke sich die Stadt und ich stich einen der Vorhänge ein kleinwenig zurück um sie besser betrachten zu können. So war ich einfach nur fasziniert von ihr, Valeria bemerkte dies sicherlich und deswegen wendte ich mich gleich wieder zu ihr.


    "Valeria, du musst mir nicht antworten wenn du nicht möchtest, aber darf ich den Grund deines Umzuges erfahren?"


    Ich konnte mich einfach nicht zurückhalten, mehr darüber zu erfahren.

  • Valeria musterte Livilla, als diese die Stadt betrachtete und lächelte nachsichtig. Sie selbst konnte sich noch gut daran erinnern, wie die Stadt sie bei der ersten Begehung in ihren Bann gezogen hatte. Valeria fragte sich, wie alt Livilla wohl war, gerade als diese sich wieder an sie wandte.
    "Oh, natürlich darfst du fragen. Nun ja, zum einen... Der Cultus Deorum ist nicht sehr gut ausgebaut hier. Das ist einer der Gründe. Zum anderen reiste ich mit einem sehr guten Freund hierher, einem Medicus. Wir wollen zusammen ein Iatreion eröffnen, eine Arztoraxis. Und...hm... Du musst wissen, dass ich schwanger war, als ich her kam. Der Vater ist bei der Legio...gewesen. Aber, naja. Die Götter haben sich anders entschieden."
    Sie lächelte vage und sah gedankenverloren auf den Ritterring an ihrem Finger

  • So viel auf einmal zu hören schocktierte mich leicht, vielleicht war ich auch noch zu jung und noch nicht fähig mit solchen Situationen umzugehen, da ich sie selbst nicht kannte.


    "Ich fand hier mein Glück, du hattest andere Gründe hierher zukommen. Aber so wie es nach deinen Worten klingt, habt ihr kein Iatreion eröffnet, wegen dem Kind? Kam es denn nicht zur Welt?"


    Diese Frage waren sicherlich nicht nach Valerias Geschmack, ich stellte es aber erst fest, als ich sie schon ausgesprochen hatte, immerwieder derselbe Fehler, den ich schon so oft begangen habe, das auszusprechen, wie es mir gerade in den Sinn kam. Oder war dies die Ehrlichkeit?


    Dennoch, sie musste Qualen erlitten haben und ich wollte wissen warum die Götter eine so wundervolle jungen Frau Leid zufügen konnten.

  • Valeria sah wieder auf und nahm sich zusammen, schüttelte den Kopf.
    "Nein, es ist...anders. Ich erkläre es dir."
    Sie holte Luft und begann.
    "Mein Bekannter und ich zogen von Hispania hierher, weil nicht nur der Vater des Kindes plante, in die Legio IX einzutreten, sondern weil auch meine Familie hierher gezogen ist. Mein Onkel ist der Legatus Augusti Pro Praetore. Nun.... Der Medicus, mit dem ich reiste, ist auch als Hauslehrer in seinen Diensten. Das Iatreion konnten wir noch nicht eröffnen, weil er direkt nach der Ankunft wieder nach Rom reisen musste. Ich nahm meinen Dienst in Mogontiacum auf, doch das Kind kam nicht, obwohl es höchste Zeit war. Nenne es töricht, aber ich entschloss mich, Livianus zu besuchen. Seine Frau ist vor kurzem verstorben und ich habe mich um ihn gekümmert. Und dann...ja, dann kam das Kind. Es...war ganz...blau angelaufen und...es war tot. Es kam tot zur Welt."
    Valeria schluckte und versuchte ein Lächeln.
    "Livianus hat sich sehr um mich gekümmert und inzwischen geht es mir schon wieder besser."

  • Ihre Erzählung machten mir Angst. Es störte mich nicht so sehr das sie iheren Wohnsitz in Hispania aufgeben musste oder das Iatreion nicht eröffen konnte, die Festellung einen Leichnam zur Welt zu bekommen, lies Trauer und Furcht ihn mir aufsteigen. Nahm sie es leicht hin oder hatte sie es schon überwunden. Wäre ich in der Lage es zu verkraften, würde mir so etwas zustoßen? Ich wusste nicht wie ich darauf reagieren musste und so versuchte ich das Thema zu wechseln.


    "Du hast also den religiösen Weg gewählt, ich bin mir noch nicht sicher welche Fähigkeiten mir liegen, denn ich brauche dringend eine Beschäftigung."

  • Valeria war Livilla dankbar, dass sie das Thema wechselte. Sie hatte es nicht überwunden, sondern trauerte im Stillen immer noch. Eine Weile herrschte betretenes Schweigen, dann sprach Livilla von ihrer Zukunft.
    "Hmm..... Im Endeffekt bleiben dir drei große Felder: Die Verwaltung und damit letztendlich die Politik, der Dienst für die Götter und der kaufmännische Weg. Was tust du denn am liebsten?"

  • Und sie sprach nicht mehr davon, ich war erleichtert. Dieses Thema sollte unser Vorhaben in keinsterweise beeinflussen.


    "Es ist eine schwierige Entscheidung, immerhin richtet sich dein Leben, nach der Wahl des Tätigkeitsfeldes. Und manchmal ist es gar nicht richtig, einen der Wege zu wählen, nur weil man jene Tätigkeiten besonders gut beherrscht. Um ehrlich zu sein habe ich mir darüber noch nicht allzusehr den Kopf zerbrochen, nach all den Geschehnissen, aber seid dem Abendessen, denke ich immer öfter daran."


    Ich wollte keinen Fehler begehen, den ich einst vielleicht bereuen würde und daraufhin wurde auch mein Blick immer nachdenklicher und ernster.

  • Valeria wiegte den Kopf hin und her.
    "In gewisser Weise hast du natürlich recht. Doch besteht immer und überall die Möglichkeit, einen anderen Weg als den bereits gewählten einzuschlagen. Jemand, der sich für die Politik entschieden hat, mag sich zwei Jahre später in den Dienst der Götter begeben und wird ebenso aufgenommen werden, wie ein Mädchen von acht Jahren, als Beispiel."


    Die Sacerdos musterte die junge Frau neben sich und fragte dann unvermittelt:
    "Darf ich fragen wie alt du bist, Livilla?"

  • "Valeria, mein Alter ist kein Geheimnis, natürlich darfst du fragen, ich bin 19. Obwohl ich gerne die Götter darum beten würde älter zu sein um anderes besser verstehen zu können. Um Entscheidungen zu akzeptieren, zu erkennen das es das richtige ist. Dabei würde ich sicherlich sinnlose Fehler vermeiden. Aber ich glaube durch diese Phase muss jeder."


    Ich musste dabei grinsen und dachte dabei an so einige Dummheiten meiner Kindheit, die ich auch jetzt noch nicht bereute. Valeria wählte den Weg den Göttern zu dienen, warum sie das wohl so wollte? Überredeten ihre Eltern sie oder hatte sie es sich in den Kopf gesetzt. So scheute auch ich mich nicht zu fragen.


    "Willst du mir nicht veraten warum du diesen Weg gegangen bist?

  • Neunzehn Lenze war sie alt. Da lagen gar nicht so viele Jahre zwischen ihnen, dachte sich Valeria. Und sie sprach weise Worte, die Valeria anerkennend nicken ließen. In diesem Moment tat es einen Ruck und die Sklaven hielten an. Sie befanden sich am Rande des Forums, wie Valeria erkennen konnte, als sie hinaussah. So deutete sie, ehe sie Livillas Frage beantwortete, ersteinmal hinaus und meinte:


    "Komm, gehen wir ein Stück, da redet es sich leichter."
    Sie stieg aus der Sänfte und merkte sich die Gesichter der Träger gut, damit sie beim nächsten Mal nicht wieder die gleichen Herren der Schöpfung mitnahm. Dann erst beantwortete sie Livillas recht offene Frage.


    "Nun, einer meiner Gründe war meine Mutter. Sie war damals Priesterin der Ceres und ich fand ihre Arbeit sehr interessant. Der andere, nichtigere Grund ist die Gunst meines Onkels. Ich wollte, dass er stolz auf mich ist und mir ein Bündnis mit meinem vermeintlichen Cousin gestattet. Er wäre auch der Vater gewesen", setzte sie nach.

  • Endlich waren sie angekommen, so sehr hatte ich Mitleid mit den Sklaven, die immer noch kein bisschen geordneter waren und daher endlich von ihrer Last befreit wurden. Auch ich stieg aus der Sänfte. Als ich auf das Forum sah, an diesen wirklich heiteren Tag, fühlte ich mich viel befreiter als in letzter Zeit. Und jedes Erlebnis das ich bis jetzt hier in Germania hatte, gefielen mir umso mehr und so konnte ich mein Glück kaum mehr fassen.


    Es war auch erfreulich zu hören, das Valeria auf Grund ihrer Mutter diesen Weg einschlug und dies nicht nur als Zwang erfolgen musste. Doch umso mehr gefiel mir, das sie auch einen eigenen Willen hat und es tat um einen Mann zu sehen.


    "Du kannst deinem Onkel schon zeigen, wie stolz sie auf dich sein können. Ich habe das Gefühl das ich dies meinem Onkel und meinem Vater schuldig bin, ihnen zu beweisen wie sehr ich mich für meine Familie und das Imperium einsetze. So haben Frauen es ihn mancher Hinsicht viel schwerer als die Männer und ich nehme an das ich einige Opfer bringen muss."

  • Valeria und Livilla gingen ein Stück von der Sänfte fort und Valeria nickte.
    "Nun ja, es hat leider nicht viel gebracht, wenn man es unter familienwirtschaftlichem Aspekt betrachtet... Der Vater des Kindes hat sich inzwischen von mir abgewendet und will nichts mehr von mir wissen. Aber inzwischen bin ich fest davon überzeugt, dass es der Wille der Götter war, dass Livianus und ich...."


    Sie stockte und sah Livilla erschrocken an. Niemandem hatte sie gestanden, was da zwischen ihnen war!
    "Oh..äh....hm..." machte sie und errötete.
    "Äääähm....jedenfalls ist es dein Leben. Dein Weg und deine Karriere - lasse dir nicht etwas aufzwingen, das du nicht willst", versuchte sie abzulenken.

  • Ich wusste sie wollte nicht darüber sprechen, doch sie hatte sich verraten und es war auch möglich das die beiden mehr als nur Freundschaft verband. Am Tag des Abendessen, wurde Marcus Decimus Livianus von Valeria begleitet und viele hatten sicherlich auch ihren Umgang miteinander bemerkt. Wohl mehr die guten Beobachter. So fand ich es ratsamer, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.


    "So du hast also dein Glück doch wieder gefunden. Gibt es etwas schöners, als die Erkenntnis das die Liebe dennoch existiert, auch wenn man verletzt wurde."


    Obwohl ich nie solche Qualen wie Valeria erlitten hatte, wusste ich, dass in ihrer Situation nichts bessers geschehen konnte.


    "Ihr beide seid ein schönes Paar."


    Fügte ich scherzend dazu.

  • Valeria seufzte sehr leise und resigniert.
    "Du hast sicher recht, Livilla. Nur ist das alles noch neu und ungewohnt für mich. Ich habe eigentlich nicht vorgehabt, in einem Castellum zu wohnen. Das Collegium Pontificium hat mich sogar in Mogontiacum eingeteilt, nicht hier. Und trotzdem bin ich hier, weil der neue Pontifex Germania einfach ein Ochse ist, unter uns gesagt."
    Sie grinste verschwörerisch.
    "Und dann kam alles so plötzlich... Livianus verlor Aemilia, ich verlor das Kind... Manchmal frage ich mich, ob es wirklich der Schicksalsfaden der Parzen war, der uns zusammengeführt hat."

  • Nachdem Valeria beendet hatte schwieg ich und blickte zu den Menschen auf dem Forum. So beschäftigt sie alle waren und ich wurde eigenartig traurig, als hätte ich etwas verloren.


    Über die Beleidung an den Pontifex konnte ich dabei nur grinsen, ich kannte ihn nicht, aber Valerias Talent Menschen zu beurteilen, war sehr gut, obwohl ich sie noch nicht lange kannte. Und so war ich mir sicher, das ihre Ansichten im Falle des Pontifex berechtigt waren.


    "Das Schicksal spielt uns also nicht immer etwas schlechtes. Und manchmal hilft es auch nach, wenn Gefühle existieren, aber wir sie zu unterdrücken versuchen.


    Über das Schicksal zu sprechen, dadurch efhoffte ich mich auch ein bisschen aufzumuntern, doch es kam mir vor, als beherrschte mich diese Traurigkeit schon fast vollkommen. Durch einen Ruf eines Anwesenden am Forum, dachte ich wieder an Roma und an dieses Glück meinen Vater zu begleiten zu dürfen, lies mich wieder aufleben.

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