• Helena hatte müde auf ihrem Bett gelegen. Zwei Tage waren vergangen, seit Kaya verschwand und sie selbst beinahe ihr Leben ausgehaucht hätte. Ihre wirren Gedanken von jenem Abend beschämten sie mittlerweile, doch geschwächt war sie noch immer sehr. Sie selbst hegte keine Zweifel mehr, dass Kaya dafür verantwortlich war, aber was sie tun sollte, wenn jene wieder auftauchte, wusste sie nicht. "Herein!" sagte sie mit versucht lauter Stimme.

  • Metellus betrat Helenas Zimmer. Es fiel ihm nicht leicht gerade jetzt abzureisen wo sie sich doch verloben wollten. Aber der Senat würde wegen ihm die Wahl garantiert nicht aufschieben. So blieb ihm nichts anderes übrig als jetzt abzureisen. Wenn der Wind gut stehen würde, dann wäre er in wenigen Tagen in Rom.


    "Hallo meine Aphrodite!"


    Er trat weiter in den Raum.


    "Es wäre dann soweit!"

  • Helena betrachtete ihn erst ein wenig ausdruckslos, ehe sie die Beine über den Bettrand gleiten ließ und sich aufrecht hinsetzte. Seltsam, dass Metellus einfach so hereingekommen war, fand sie, aber nun war es nicht mehr zu ändern. Gut dass es nur Metellus und keiner ihrer Klienten war - erwartet hatte sie Callius oder Romanus. "Schön dich zu sehen, Marcus." meinte sie und klopfte neben sich auf das Bett. "Komm doch noch kurz her, oder hast du nicht so viel Zeit?" fragte sie leise um sich anschließend zu räuspern. Sie war noch nicht so recht wieder in Übung. Seit ihr Vertrauen so missbraucht wurde, hatte sie recht viel geschwiegen. Sie konnte es nicht verstehen, dass ausgerechnet Kaya sie so hinterging.

  • Metellus setzte sich neben sie und seufzte.

    "Mein Gepäck ist bereits verladen. Es fehlen nur noch einige Sklaven, die mit mir hier sind und ich selbst! Ich habe vor mit der Flut heute noch auszulaufen. Das Wetter ist gut! Anscheinend ist Neptun mir gnädig!"


    Er suchte nach ihre Hand und fand sie.


    "Vater wartet auch schon auf mich um mich in Rom zu unterstützen und um mich mit einigen wichtigen Menschen in Rom bekannt zu machen!"


    Metellus musste wieder seufzen. Nun würde ein neues Kapitel seines Lebens beginnen. Eine neue Herausforderung. Er war ein wenig nervös was eigentlich nicht seine Art war.

  • Helena nahm es ihm nicht übel, dass er ihre Blässe übersah. Er war gewiss zu aufgeregt um solche Kleinigkeiten zu bemerken. Ja, sie selbst war damals auch mehr als aufgeregt gewesen. Sie drückte zaghaft seine Hand. "Mach dir keine Sorgen, Marcus. Du wirst das alles durchstehen. Erfolgreich durchstehen. Ich hege keine Zweifel, dass du ein guter Quaestor sein wirst und hernach ein guter Aedil, oder aber auch Volkstribun." meinte sie mit warmer Stimme und streichelte sanft mit ihrem Daumen seinen Handrücken.


    "Mit Agrippa an deiner Seite kann nicht mehr viel schiefgehen." versuchte sie ihm Mut zuzusprechen, wobei ihre Stimme auch recht sicher klang. Doch ob Agrippa derzeit die Kraft hatte, Metellus beizustehen, zweifelte sie an. Auch diese Frau schien ihn wieder einmal 'verlassen' zu haben wie die vielen anderen zuvor auch. Unbegreiflich. Vielleicht sollte er auch Venus und Iuno und nicht nur Fortuna einmal opfern.

  • "Nun, ich werde den Weg meines Vaters einschlagen und hoffe dass ich nicht auf der Strecke bleibe. Es ist schon etwas anderes in Rom auf der Rostra zu stehen!"


    Agrippa... Vater... Er machte sich Sorgen um ihn. Vater war seit einiger Zeit seltsamen Gefühlslagen unterworfen was kein Wunder war, nachdem sein Bruder verstorben war.


    "Ja, da magst du recht haben. Aber Vater steckt auch nicht mehr so voller Elan wie einst! Vielleicht tut ihm die Abwechslung auch mal ganz gut! Ich wünschte nur, der Termin wäre nicht gerade jetzt! Es fällt mir nicht leicht dich hier in Hispania alleine zu lassen!"

  • "Ich weiß um Agrippa und ich weiß auch in der Vergangenheit um ihn. Und die Geschehnisse von einst bereiten mir Sorgen um ihn. Ich habe zuviel schlechtes mitbekommen, was seine Gefühle anging. Er hat zuviel gelitten. Gib gut auf ihn Acht." bat sie ihn, aber das musste sie vermutlich gar nicht. Metellus würde seinen Vater niemals im Stich lassen. Sie lächelte leicht. Sie mochte Agrippa sehr und er war trotz allem noch immer wie ein Onkel für sie - wenn auch nicht im Blute. Glücklicherweise sah sie in Metellus nicht einmal mehr ansatzweise den Bruder. Das alles wäre moralisch sonst sehr verwerflich.


    "Und um mich mach dir keine Gedanken. Ist ja ganz normal, dass Verlobter, Tochter, Klienten und Freunde zugleich abreisen." sagte sie mit einem Zwinkern, doch dass dies humorvoll gemeint war, zeigte ihre Stimme eindeutig. Nur im Inneren ihres Herzens würde das alles sicher anders sein, wenn auch Minervina letztlich fort war. Aber ihre Brüder blieben ihr ja. Der Sanfte und der Chaot. Ein Schmunzeln trat auf ihre Lippen.

  • "Sicher werde ich auf Vater acht geben, auch wenn er sich in Rom wohl besser auskennt, als ich!"


    Als er den Satz beendet hatte, öffente sich kurz die Türe und Aristophanus steckte den Kopf in das Zimmer.

    "Verzeih mir Herr! Aber das Schiff wartet! Die Flut kommt bald und der Kapitän möchte dann sofort auslaufen!"


    Metellus seufzte.


    "Ist gut Aristophanes! Ich komme gleich!"


    Aristophanes nickte und verschwand wieder.


    "Nie hat man seine Ruhe! Immer diese Hetze. Ich fürchte in Rom wird das noch viel schlimmer. Dort wird die Zeit bei den Massen an Menschen noch viel schneller vergehen!"

  • Helena war eine stets ruhige Person, die eigentlich selten wütend wurde. Aber in diesem Moment hätte sie dem Sklaven am Liebsten den Kopf abgerissen. Manche Menschen - oder Gegenstände, wie Helena im krassen Gegensatz zu sonst dachte - suchten sich aber auch die unpassendsten Momente zum Stören aus. "Dann will ich dich nicht länger aufhalten." meinte sie mit leiser Stimme und stand auf, wobei sie seine Hand allerdings nicht losließ.


    Sie wollte ihn nicht gehen lassen, aber was blieb ihr anderes übrig? Richtig, nichts. Er musste es zum Senator schaffen, das schuldete er seinem Vater und aus seiner Sicht wohl auch ihr selbst.

  • Er tat es ihr nach und stand ebenfalls auf.

    "Eigentlich wollte ich vorher noch deinen jungen Bruder sprechen, dass er hübsch auf dich acht gibt. Aber ich denke dass muss man ihm nicht noch extra sagen achtet er doch auch während meiner Anwesenheit schon genügend auf dich!"


    Er nahm auch noch ihre andere Hand und zog sie an sich. Dann blickte er ihr tief in die Augen.

    "Bete für mich, dass ich heil über das große Wasser hinübersetze und das ich meine Sache in Roma gut mache damit ich erfolgreich zu dir zurückkehren kann meine Liebste!"


    Er gab ihr einen sanften Kuss und entfernte sich dann wieder ein wenig von ihr ohne aber ihre Hände loszulassen.


    "Ich werde dir schreiben!"

  • "Du darfst ihn aber gerne darum bitten, dass er meine Nerven heile lässt, wenn du mich beim Wiedersehen nicht als völlig Wrack erleben möchtest." meinte sie mit trockener Stimme. "Kleine Brüder haben den ausgeprägten Hang einen zu Tode zu nerven." fügte sie hintenan und ja, wie wahr ihre Worte doch waren. Ein Bruder wie Quintus war doch weit wünschenswerter. Sie ließ sich in seine Arme ziehen und lächelte ihm aufmunternd zu - apropos Quintus. Doch sie hielt ihre Bitte vorerst noch zurück. "Ich kann bei Neptun für dich beten, aber wie gut du deine Sache machst liegt in deiner Hand. Doch bin ich mir sicher dass deine Jahre in Achaia... auch deine Rhetorik verfeinert haben." ermunterte sie in zweideutiger Worte.


    "Doch noch kurz etwas anderes." meinte sie unpassenderweise fast direkt nach dem Kuss, was ihr auch sogleich auffiel und ihr ein Räuspern entlockte. "Kannst du noch kurz warten, sodass ich ein paar Zeilen für deinen Bruder aufsetze?" bat sie, allerdings noch immer deutlich peinlich berührt.

  • Er seufzte und ließ sie langsam los.


    "Nun, wenn du dich beeilst kann ich deinen Brief mitnehmen! Aber spute dich! Ich will nicht dass meine Reise gleich mit einer Diskussion mit dem Kapitän anfängt!"


    Er war sichtlich nervös und setzte sich auf einen Stuhl um zu warten.

  • Helena wartete nicht lange und kam seiner Aufforderung direkt nach. In einer einzigen Bewegung setzte sie sich und griff nach Pergament und Feder. So war zumindest sicher, dass Metellus die Worte nicht vergaß, wenn er diese mündlich überbrächte. Sie begann zu schreiben.


    Lieber Quintus,
    nur kurz werden meine Zeilen sein, denn dein Bruder hat es rasch mit seinem Aufbruch. Geht es dir gut? Ich bin überrascht, keine Antwort von dir erhalten zu haben. Du bist schon zu lange in Roma und hoffe sehr, bald mit deiner Rückkehr rechnen zu dürfen. Dies nicht nur als Pontifex, sondern auch als Freundin. Vieles hat sich ereignet. Ich bitte dich, melde dich rasch.
    Vale,
    deine Helena


    Helena hatte sich bemüht, nicht allzu vertraut zu schreiben. Sie rechnete zwar nicht damit, dass Metellus den Brief las, aber sollte dies doch in irgendeiner Weise geschehen, brauchte er sich keine Gedanken machen. Helena schmunzelte leise, während sie das Pergament faltete und es Metellus überreichte. "Ich hoffe, ich höre auch von dir recht bald nach deiner Ankunft."


    Sie stand auf. "Nun, bald wird auch Minervina in Rom sein. Vielleicht werdet ihr euch ja begegnen. Ich schätze, ich brauch die nicht zu sagen, dass du ein Auge auf sie haben sollst. Bei ihrer.. Verwandschaft ist sie bestens aufgehoben. Wohl sogar besser als hier."

  • Metellus nahm den Brief an sich.


    "Ich werde dir gleich nach meiner Ankunft in unserer römischen Villa schreiben. Ich hoffe ich treffe Quintus dort!"


    Er seufzte.


    "Auch auf deine Tochter werde ich acht geben, wenn ich sie dort sehe! Allerdings weiß ich nicht, wie lange ich in Roma sein werde. Ich werde mich um einen Posten nahe am Senat bewerben, oder auch am Kaiser. Aber es kann passieren, dass man mich als Quaestor auch in eine der Provinzen schickt!"


    Er sah nervös aus dem Fenster.


    "Nun muss ich aber langsam los!"

  • "Ja, das hoffe ich in der Tat ebenfalls." meinte sie. Sie vermisste den 'Kleinen' wie sie Quintus im Stillen immer nannte. Aber dies ließ sie nun nicht verlauten, ansonsten nähme Metellus es ihr am Ende noch übel. "Und zudem hoffe ich doch sehr, dass es dich nicht nach Germanien verschlägt." meinte sie, ohne das Thema weiter auszuweiten. Er wüsste gewiss, warum sie dies sagte.


    Sie näherte sich ihm und stellte sich auf die Zehenspitzen. Ironisch, dass sie Quintus klein nannte, wo er sie doch bestimmt um mehr als eine Haupteslänge überragte. Sie hauchte Metellus einen sanften Kuss auf die Lippen. "Ich wünsche dir alles Gute. Hoffentlich findest du dich besser als ich in Rom zurecht." Sacht strich sie ihm über die Wange. Sie wusste genau, was mit ihr los sein würde, wenn erst der Abend hereinbrach und sie sicher sein konnte, dass er schon auf See war. Aber davon sollte er jetzt nichts spüren. "Ich liebe dich." sagte sie mit sanfter Stimme und nickte ihm aufmunternd zu. Von theatralischen Verabschieden hielt sie lange nichts mehr - sie brachten kein Glück.

  • "Ich werde kommen, sehen und siegen!"


    sagte er selbstsicherer als er eigentlich war. Er schwang sich in seinen Reisemantel und ging zur Türe, wo er sich noch einmal kurz umdrehte.


    "Ich dich auch, Helena! Ich dich auch! Vale!"


    Mit diesen Worten verschwand er aus dem Zimmer. Er wollte den Abschied nicht noch mehr in die Länge ziehen. Geschwind eilte er zu seiner Sänfte, wo Aristophanes schon ungeduldig wartete.


    "Und los!"


    Die Sänfte setzte sich in Bewegung.

  • Nun, da Rom näher rückte, musste Helena auch immer öfter an Metellus denken. Und dieses Mal waren ihre Gedanken mit Vorfreude gefüllt, war es doch in der letzten Zeit ziemlich oft bloße Skepsis. Wobei sie sich auf ihrer Tochter wiederum weniger freuen konnte, denn diese Begegnung würde sicherlich nicht eben fröhlich werden. An die mit Sicherheit bevorstehende Begegnung mit Vitamalacus mochte sie gar nicht erst denken. Also tat sie es auch einfach nicht.


    All ihr Hab und Gut wurde schon mittels der Sklaven in Richtung des Schiffes getragen und nur sie selbst blieb noch aus. Im Atrium wartete sie auf ihre beiden Brüder, denn ihren Sohn hatte sie schlafen gelassen und sich schon am Vortag verabschiedet.

  • Ich betrat nun dass Atrium.. Nun war es wohl an der Zeit mich zu verabschieden...
    Langsam, und leise seufzend trat ich an meine Schwester heran...
    "Nun geliebte Schwester, wie soll ich nur diese zeit ohne dich ausstehen hm?"
    Ich lächelte leicht und umschloss dann mit meinen Händen ihre Wangen, und küsste sie kurz auf die Stirn....
    "Auf bald Schwesterchen, richte Metellus und Minervina meine Grüße aus und habe eine schöne Zeit."
    Sagte ich während meine Hände wieder sachte von ihren Wangen abließen.

  • Sie lächelte Romanus warm an und schloss ihn ihrerseits in eine fast zärtliche Umarmung. Schien er wirklich bedrückt zu sein, oder war es nur ein theatralisches Seufzen? "Das wirst du schon schaffen. Mittlerweile bist du ja schon schließlich Duumvir und bekleidest ebenso das Amt. Auch wenn ich dir ziemlich viel Arbeit hinterlassen hab!" lachte sie. Sie wirkte freier als noch vor einigen Tagen und man sah ihr an, dass wieder mehr Lebensfreude ihr Tun bestimmte.


    "Ich bin mir sicher ihr beiden werdet das Meistern. Auch wenn nur noch die Köchin auf euch beide Acht geben kann, da ansonsten keine verantwortungsbewusste, weibliche Seele mehr im Haus ist." sagte sie lachend.

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