"Sauber, Männer.", meinte der Optio nachdem er die Stube seiner Legionäre kontrolliert hatte.
"Zur Belohnung bolzen wir heute mal nicht blindlings Kondition..."
Mit einem breiten Grinsen zauberte er hinter dem Rücken einen provisorisch zusammengeflickten Lederball hervor und präsentierte ihn den verwirrten Soldaten, welche nach einigem Wundern über neuartige Fitnessmethoden in der Legion dem Vorgesetzten auf einen freien Platz irgendwo vor dem Kastell folgten. Dabei hatten sie nichts als ihre Tunicae, Militärsandalen, vier Pila und - wie gesagt - eben diesen merkwürdigen Ball. Auf einer relativ ebenen Wiese angekommen, wurden die Wurfspeere der Legionäre nach Anweisungen des Optio ins Erdreich gerammt, um zwei torartige Zielflächen zu simulieren.
Als die Arbeit getan war, reckte einer der Legionäre den Arm empor und schnippte aufgeregt mit den Fingern.
"Optio! Optio!"
"Ja, Ballacus?"
"Das Spiel kenn ich!", sagte er in wunderlichem Latein.
"Ne, kennst du nich. Ist mir ja gerade erst eingefallen. Also, Truppe, herhören! Vergesst alle Ballspiele, die ihr bislang kennt. Die sind alle was für Mädels. Das hier wird Männersport. Die Hand hat am Ball nix zu suchen, nur der Fuß, das Bein, die Brust und der Kopf, klar?"
"Klar, Optio.", ertönte einmütig der Stimmenchor.
"Ziel des Spiels ist es, diesen Lederball...", er reckte das Spielgerät in die Höhe, " vermittels Bein, Fuß, Brust, Kopf, Hinterteil oder was auch immer in das gegnerische Tor zu befördern. Nur eben nicht mit der Hand."
Spannung liegt in der Luft. Die Mannschaften, das erste und dritte Contubernium, nehmen Aufstellung.
I. CONTUBERNIUM vs. III. CONTUBERNIUM
Aufstellungen:
Derzeit ist bei keiner Mannschaft auch nur ansatzweise eine plausible Taktik oder geordnete Formation erkennbar.
1. Min.: Der Hornbläser gibt das Startzeichen zum Anstoß. Den Sesterzenwurf um das Anstoßrecht hatte Platinius vom I. Contubernium Sekunden zuvor gewonnen, doch schon wird ihm das Leder vom geistesgegenwärtigen Maradonus abgenommen, welcher instinktiv versucht, den entscheidenden Pass in die Nahtstelle der Abwehr zu spielen, doch da beim Gegner weder eine Abwehr vorhanden ist, noch die Mitspieler wissen, was eine Nahtstelle in der Abwehr ist und demzufolge niemand mitgelaufen ist, kullert der Ball lediglich vor die Füße des Torhüters aus dem I. Contubernium. Die restlichen Legionäre der Centuria sehen eine bereits in den ersten Sekunden zerfahrene Partie. Nach schlechtem Zuspiel in der eigenen Hälfte geht der Ball ins imaginäre Aus. Einwurf für das III. Contubernium.
2. Min.: Colerus wirft das Leder hinein, doch ein Gegenspieler hat aufgepasst und köpft den Ball aus der Gefahrenzone.
5. Min.: Es spielt Not gegen Elend. Immehin scheinen sich auf beiden Seiten erste Zuordnungen aus dem allgemeinen Gewimmel herauszukristallisieren: Während das I. auf eine 9-Mann-Abwehrkette + Libero setzt und eiskalt auf Konter lauert, vertraut das III. weitgehend auf die offensichtlichen Dribbelkünste ihres kleinen Mittelfeldmannes Maradonus, welcher...genau jjjjjetzt am übermächtigen Abwehrriegel des Gegners hängen bleibt.
9. Min.: Bald sind zehn Minuten gespielt.
10. Min.: Jetzt sind zehn Minuten um. Ich kann ihnen das erzählen, weil auf dem Spielfeld nichts passiert.
11. Min.: Ich könnte jetzt die Leistung des I. Contuberniums kommentieren, aber ich bin ein höflicher Mensch.
12. Min.: Gunterus Netzicus vom I. bleibt in der Tiefe des Raums oder besser formuliert: Er hatte bislang nicht einen einzigen Ballkontakt.
14. Min.: Hamannus und Nowotnus schieben sich im eigenen Sechzehner die Kugel zu. Schließlich hat Hamannus die Faxen dicke und wagt sogar einen Rückpass zum Torhüter. Zauberfußball à la Italia!
15. Min.: Offenbar kommt erstmals etwas wie Leben in die Partie: Platinius wird auf dem Weg nach (!) VORNE (!) vom mittlerweile frustrierten Maradonus gelegt. Beide tauschen einige Nettigkeiten aus, bevor Torjägerlegende Schneidicus sich den Ball in der Nähe der Mittellinie vor die Caligae legt. Nach einiger Diskussion mit den Mannschaftskameraden vom I. wird der Beschluss gefasst, die Kräfte wie gehabt zu schonen und das Glück per Distanzschuss zu versuchen. Torhüter Canus lächelt süffisant und die Balljungen haben ein Problem.