Ein ungleiches Paar

  • Fröstelnd beobachtete sie den Germanen, als dieser sich das Schloss besah. Sie hatte von Anfang an verstanden, was er wohl vorhatte und auch wenn sich ihre Moral eigentlich dagegen stellte - ihr Körper sagte etwas anderes. Hier draußen hielt sie es nicht mehr lange aus. An und für sich war Regen nichts besonders Schlimmes, denn meistens konnte man sich vor diesem verbergen. Aber hier draußen, außerhalb der Stadt fühlte sie sich unter dem Wüten des Sturms verloren. So seltsam es auch klingen mochte, es machte sie traurig.


    Als das Schloss nachgab atmete die sonst so gesetzestreue und ordentliche Minervina erleichtert auf. Und doch war sie verunsichert. Konnte man denn einfach so eine fremde Hütte betreten, zu der man sich auch noch gewaltsam Zutritt verschafft hatte? es war wohl besser, dies als ein kleines Geheimnis zu betrachten. Es konnte nicht legal sein. Waren sie erst drinnen, sollten sie versuchen möglichst wenig zu verändern. Der Besitzer wäre gewiss nicht erfreut, eine Unordnung vorzufinden, wenn er schon für ein neues Schloss aufkommen musste. Doch noch ehe sie einen Schritt wagte, schob er sie sacht voran, was sie mit einem leichten Überraschungslaut und einem, kurz darauf folgendem, freundlichen Lächeln quittierte.


    Kaum dass sie in den - zugegebenermaßen nicht besonders freundlichen - Raum getreten war, wurde der Zug milder. Kaum noch etwas von dem unfreundlichen Wind war zu spüren und nur ein leises Wispern durch die Bretter zu vernehmen. Aber wenigstens war sie nicht allein und aus diesem furchtbaren Regen 'raus. Noch während sie sich ein wenig orientierungslos umsah, hatte er schon die Situation erfasst und plötzlich wurde ihr eine Decke um die Schultern gelegt. Noch ehe sie begriff, wie ihr geschah, wurde sie vorsichtig aber bestimmt 'warm' gerieben. Zumindest entstand durch die Reibung ein wenig Wärme. Als sie die Lage endlich vollends erfasst hatte, konnte sie sich des Lächelns nicht einmal mehr erwehren. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sich so fürsorglich um sie kümmern würde, denn so und nicht anders betrachtete sie seine Geste. Er hatte bemerkt wie sie fror und noch ehe er etwas anderes tat, sorgte er dafür dass sie trocken und warm wurde. Gerührt sah sie vor sich auf den Boden, während sie die Decke noch etwas fester um sich schlang.


    Nun begann sie, eher ihn als die Hütte zu beobachten. Er schien äußerst aufmerksam zu sein und in Anbetracht dieser Tatsache begann sie sich mit einem Anflug von Nervosität zu fragen, ob er auch ihre Tränen bemerkt hatte. Sollten ihre Augen gerötet sein würde es in diesem dämmrigen Zustand in der Hütte nicht weiter auffallen, doch hatte er es vielleicht draußen gesehen und sprach deshalb so wenig? Weil er nicht wusste, wie er mit dieser Situation umgehen sollte? Vielleicht kam ja daher auch seine Fürsorglichkeit. Und er schien immer wieder für eine Überraschung gut zu sein, denn recht bald hatte er mittels einer Öllampe für eine Lichtquelle innerhalb der Hütte gesorgt. Es war ein angenehmes Licht und - so sehr sie es manchmal auf nicht mochte - ein Labsal im Gegensatz zu der Finsternis und dem unheimlichen Blitzen die draußen umhersurrten.


    Doch nicht lange und die nächste Überraschung erwartete sie, als sie ihn das Netz herunterholen sah. Noch hatte sie sich nicht gesetzt, sondern es vorgezogen, stehen zu bleiben. Während sie ihn beobachtete, schien die Traurigkeit wieder aus ihrem Gesicht zu verschwinden und das freundliche Lächeln verwandelte sich in einen grührten Blick. Als er ihr zu verstehen gab, dass sie sich setzen sollte, schüttelte sie allerdings nur den Kopf und deutete auf ihn und dann darauf. "Du! Du hast es dir verdient." Ihre Worte klangen in ihren Augen recht herrisch, was sie bedauerte, doch er verstand sie ja ohnehin nicht. So also legte sie mild den Kopf seitlich und lehnte sich an ein freies Stück Wand um zu verdeutlichen, dass sie nicht so gerne sitzen wollte - auch wenn dies natürlich nicht der Wahrheit entsprach.


    Allerdings waren in dieser Hütte, zumindest für sie, die Standesunterschiede unwichtiger denn je. Sie musste hier jetzt eine kurze Weile miteinander zurechtkommen und ihrer Meinung nach hatte er sich genug um sie gesorgt, sodass er sich ruhig setzen konnte. Wenn sie sich recht entsann, hatte sie erst ein einziges Mal solche Selbstlosigkeit erlebt und das war bei diesem jungen Peregrinus gewesen. Marcus Hipparchus. Seinen Namen würde sie so schnell nicht vergessen, hatte er ihr doch ein wundervolles Geschenk gemacht, das keinen weltlichen Wert besaß und für sie doch so teuer war. Während sie an die beiden schönen und doch schrecklichen Tage zurückdachte, entrann ein dünnes Seufzen ihrer Kehle und so recht vermochte man nicht mehr zu sagen, welcher Art das Lächeln war - ob traurig, sehnsüchtig oder gar glücklich. Doch womöglich enthielt es alle drei Eigenschaften zugleich.

  • Irgendwie schien Belenor nicht zu begreifen was sie nun mit dem Netz hatte und runzelte die Stirn, kratzte sich den Nacken und sah etwas unschlüssig auf das Netz, dann zu ihr. Erneut machte er eine vage Geste das sie sich setzen solle, doch scheinbar war ihr das Netz am Ende nicht gut genug? Falten wanderten auf seine Stirn grübelte und blieb hocken wie er war, starrte kurz in die Lampe und beschloss nicht weiter darüber nachzudenken. Einiges hatte der Knabe ja erzählt, das sie eine Herrin sei, wohl seine, auch wenn er sich mit derlei Dingen bisher glücklicherweise noch nicht hatte befassen müssen.
    Wieder sah er zu dem Netz und schüttelte den Kopf, runzelte die Stirn und sah abermals auf. Ihm war anzusehen das es ihn extrem störte sich nicht mit ihr unterhalten zu können, aber was nutzte es, seine Zunge war nunmal nicht dafür geschaffen diese seltsamen Worte zu formen, die die Römer sprachen.


    Wahrscheinlich hatten des die Asen es für besser gehalten, also fand er sich eben damit ab. Belenor machte keinerlei anstalten sich zu erheben und hinzusetzen, deutete erneut aufs Netz und versuchte es somit zum letzten mal ihr aufzuzeigen das ein Fischernetz besser war, als die ganze Zeit zu stehen. Wer wusste schon wie lange das Unwetter anhalten würde.
    Kurzerhand beschloss er nicht weiter darauf einzugehen, irgendwann würde sie sich wohl setzen, oder es lassen. Frauen machten ohnehin was sie wollten und nur selten was sie sollten, soviel hatte er auch ohne Geschichten von Alten herausgefunden und würde jene Erkenntnis eines Tages an seinen Sohn weitergeben. So es die Götter denn so wollten. Das Netz, das Boot, die Öllampe. Ein perfekter Zeitpunkt sich endlich....


    Kurz runzelte er die Stirn und sah Minervine recht lange an, wie sie da mit ihrer Decke stand und sah wohl einige endlos lange Momente zu ihr, vielmehr an ihr vorbei, was allerdings so kaum zu erkennen war, als überlege er. Ein kurzer Blick zur Seite, hinter sich, vor sich, zwischen seine Füße folgte, ehe er sich erhob und auf sie zuging, sie kurz zur Seite schob und ins Boot schaute. Ein Griff hinein und alsbald hatte er gefunden, was er erhofft hatte. Eine Fischerahle. Mit jener machte er sich kurzerhand wieder zur Kiste auf, legte die Muschel auf jene und begann sie mit der Ahle zu bearbeiten. Es mochte etwas sehr seltsam aussehen, wie die globigen Hände mit der Ahle an der Muschel herumwerkelten. Es brauchte etwas Zeit, bis er endlich die Schale ein gutes Stück bearbeitet hatte, sah an sich hinab und friemelte am Saum seiner groben Tunika herum, zog einen Faden und riss jenen ab, kaum das er ihn einmal um sich herum..und aus der Tunika gezogen hatte. Dann hob er die Muschel an und werkelte weiter herum, drehte die Ahle einige male, drückte, schob und fluchte kurz später, als er die Muschel durchstoßen hatte. Zumindest mochte das "Scheyd!" wohl leicht im Sinn zu verassen sein, als er die doch etwas dicke Ahle aus seinem Finger zog und in den Mund steckte. Immerhin war nun das Loch in der Muschel.


    Ein knapper Blick auf seinen Finger allerdings offenbarte das er es wohl eben so überleben würde und verschwendete er keinen weiteren Gedanken daran, führte den Faden durchs Loch, verknotete jenen und hängte sich jenen um. Als er sah das die Muschel mittig der Brust hing, nickte er knapp und legte die Ahle wieder auf die Kiste und sah auf, zu Minervine, ob jene immernoch stand.


    Kurz rollte er die Schulter und verschränkte die Arme vor der Brust, rieb sich die Oberarme und sah zur Tür, die etwas im Wind klapperte.
    "Viele sagen die Römer wären schlau, aber germanisch können die wenigsten!", brummend. Wieder sah er auf runzelte die Stirn und deutete er aufs Netz. "Setz Dich doch! Der Sturm kann noch eine Weile dauern!", legte den Kopf schief und grübelte im stillen ob das nicht sogar wünschenswert wäre. Lieber mit einer Römerin alleine in einer Hütte, als einer ganzen Horde Römer in einer Stadt. Die Wahl fiel ihm da nicht sonderlich schwer. Ein Mensch alleine war ja bisweilen in der Lage vernünftig zu sein, wohingegen eine ganze Horde manchmal dazu neigte vollkommen durchzudrehen.

  • Während sie ihn im sanften Dämmerlicht ansah, konnte sie den gleichen Missmut in seinem Blick erkennen. Es schien der gleiche Missmut zu sein, der auch sie beseelt hatte. Sie würde ihm gerne verständlich machen, warum sie sich nicht setzte, denn eben jenes schien er nicht zu verstehen und möglicherweise sogar als unhöflich auszulegen. Wieder deutete sie in fast der gleichen Geste auf den 'Sessel', der vielleicht ein wenig schmutzig aber durchaus auch verlockend aussah, wenn man so lange gestanden hatte. Ihr Blick glitt wieder zu dem Germanen hinüber und ein hilfloses Lächeln schimmerte in ihren Augen. So lustig diese Situation vorhin auch noch gewesen war, so langsam sah sie ein, dass die mangelnden Möglichkeiten zu kommunizieren sich zu einem ernsthaften Gespräch entwickeln könnten. Mit der Zeit würde er der römischen Sprache gewiss zurecht kommen, aber wie lange mochte das dauern? Wieviele Jahre musste sie dafür einbeziehen?


    Sie fuhr sich mit ihrer Hand, die fortwährend unter der Decke gesteckt hatte, durch das nasse Haar um es sich nach hinten zu streichen. Sie spürte seinen Blick auf sich ruhen, während sie haderte ob es höflich sei, sich zu setzen oder doch eher besser, stehen zu bleiben. Letztlich entschied sie sich vorerst für letztere Methode, denn derzeit schien er über irgendetwas nachzudenken, wo sie ihm nicht hineinfunken wollte. Ein leises und nur sehr kurzes Lachen entrang sich ihrer Kehle, als sie sah, warum er so plötzlich auf sie zugekommen war und etwas im Boot gesucht hatte. Sie hatte sich ziemlich erschreckt, doch nun kam die Erleichterung über sie und ob ihrer Angst musste sie über sich selbst lachen. Ihre Gedanken waren zu überspannt.


    Aber war es nicht auch verständlich? Immerhin gehörte er jener Sorte Mensch an, die ihr ihren geliebten Vater genommen hatte. Und hier war sie ganz allein mit dem blonden Hünen der eine kräftigere Statur als mancher Gladiator aufwies. Sie waren allein und niemand würde ihr in einem Notfall helfen können, sollte er böse Absichten haben. Und doch lautete ihre Antwort 'Nein'. Sie konnte noch alles befürchten was sie wollte, doch dass er ihr etwas antun würde, war mehr als nur unrealistisch. Er hätte es längst tun können und musste sich vor Allem nicht so um sie kümmern. Nein, vor ihm fürchten musste sie sich nicht. So groß er auch war und möglicherweise auch barbarisch sein konnte. Sie rieb sich kurz die Unterarme, da wieder ein leichter Schauer über sie kam.


    Mit einem leichten Lächeln beobachtete sie den Germanen eingehend, während er mit seinen groben Händen und den wenig geeigneten Hilfsmitteln versuchte, die Muschel zu bearbeiten. Und doch wirkte jeder Handgriff einigermaßen sicher. Der Fluch seinerseits erschreckte sie. Sie hatte einen kurzen Schritt nach hinten gemacht und war dabei an die Wand gestoßen, was ihr wiederum ein kurzes erschrockenes Einsaugen der Luft aufzwang. Doch dann sah sie, was geschehen war und Besorgnis zeichnete sich in ihrem Blick ab, das Lächeln war verschwunden. Ihm zu helfen traute sie sich allerdings noch nicht, denn er schien ebenfalls keine weitere Notiz von seiner Verletzung zu nehmen.


    Als er dann letztlich zu ihr blickte, die Muschel um den Hals tragend, nickte sie ihm allerdings mit einem schwachen Lächeln wieder zu. Der Schreck stand ihr immer noch ins Gesicht geschrieben, doch ihr Blick sollte dennoch Anerkennung für sein Werk zeigen. Wobei auch ihr diese Idee ganz gut gefiel. Besser jedenfalls als wenn man sich für teures Geld solch schöne Muscheln kaufte und dabei nicht einmal einen Finger rührte. Nun, das war wohl allgemein der Sinn des Handels jeder Art. Als er etwas unverständliches vor sich hin brummelte, legte sie durchaus etwas verwirrt den Kopf seitlich, was seine Worte für ihn wohl noch unterstreichen musste. Auch darauf folgende Worte war sie nicht in der Lage zu deuten, aber scheinbar ärgerte er sich wohl darüber, dass sie zu stur war, um sich hinzusetzen. Deshalb entschied sie sich, seiner Bitte Folge zu leisten, allerdings nicht ehe sie...


    Mit direkten Schritten ging das zierliche Mädchen nun auf ihn zu und ging mit einer flüssigen Bewegung in die Knie, um nach seiner Hand zu greifen. Nur vorsichtig und so, dass er jederzeit seine Hand hätte wegziehen können, hielt sie diese fest und betrachtete sich die Wunde an seinem verletzten Finger. Ohne langes Zögern presste sie die Decke bestimmt darauf, um die Blutung zu stillen. Es mochte keine schwere und schon gar keine gefährliche Verletzung sein, aber sie wollte ihm wieder einmal ihren guten Willen beweisen. Mit einem fragenden Blick und unsicheren Lächeln sah sie zu ihm auf.


    Diesen Abend verhielt sie sich ohnehin ganz anders ihrer Gewohnheiten, fiel ihr hierbei auf. Normalerweise ging sie zwar still und höflich, aber auch stolz und selbstsicher durch die Welt und scheute sich nicht, zu handeln. Doch heute war sie mehr ein Schatten ihrer selbst. Lag es vielleicht auch ein wenig an dem Traum, der ihr noch immer durch die Gedanken spukte? Oder mehr an dem Germanen, mit dem sie nun bei prasselndem Regen, Donner und Blitz in einer von flackernden Licht erhellten Hütte saß? Es war gleich. Noch immer presste sie vorsichtig den Stoff auf die Blutung und sah nachdenklich in sein Gesicht. Und dies alles, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

  • Belenor konnte Minervine wohl tagelang anschauen und würde wohl auch noch nach Monaten nicht schlau aus ihr werden. Viele ihrer Reaktionen schienen ihm so seltsam, das er nichtmal entfernt den Grund dafür erfasste, sondern sich einfach nur wunderte. Vor was oder wem sie sich allenthalben erschreckte war ihm nicht klar, sicher, das es manchmal ausreichte Leute dazu zu bewegen einen Raum zu verlassen wenn er wirklich sauer wurde, nur verbal, oder im Kopf, konnte er noch verstehen. Abr wer ihn kannte, wusste wohl wie man ihn zu nehmen hatte. Scheinbar hatte sie, aus welchem Grund auch immer, Angst vor ihm.


    Vielleicht hatte sie Angst weil er beinahe die Wache auf diesem Podium umgebracht hätte? Nun, das wäre ihm einleuchtend, nur warum er dann kurz später in ihrem Zimmer aufgewacht war, wiederum nicht. Kurz rieb er sich den Arm, rollte ein weiteres mal die Schultern und fluchte gedanklich das doch ab und zu ein frischer Zug durch die Spalten der Hütte kam und ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Die klamme Haut und der Wind waren nunmal keine all zu gute Mischung, aber im Moment war das nicht zu ändern. Als sie jedoch seinen Finger versorgte, runzelte er die Stirn und sah ihr verwundert zu. Sicherlich war das Loch nicht gerade klein, das in seinem Finger klaffte, aber es war nur ein Loch in einem Finger. Kurz runzelte er die Stirn und sah ihr zu wie sie die Decke auf den Finger presste und zog etwas seltsam die Augenbrauen zusammen. Das sie sich so sorgte liess kurz seine Wangenmuskeln zucken, lachen wollte er auf keinen Fall, auch wenn er merkte das es schwer sein würde sich nicht darüber zu belustigen.


    Es gab Menschen die sich einfach um alles sorgten, scheinbar gehörte sie zu dieser Sorte. Jenen Schlag hätte er bei den römern am wenigsten erwartet und sah sie einige Zeit an und versuchte seine Wangen und die Mundwinkel unter Kontrolle zu halten. "Danke.", nickte kurz und wiederholte es.
    "Ich werde es überleben. Es wird schwer, aber ich werde deswegen nicht in die Hallen gehen.", gab seiner Stimme den nötigen Ernst.
    "Du bist wie sie. Gwyn. Sie war genauso.", schmunzelte kurz und nickte erneut. Er winkte kurz geistig ab und schüttelte den Kopf. "Du verstehst mich nicht."


    Warum er dann dennoch etwas sagte, wusste er selbst nicht. "Du bist eine Frau, aber im Kopf noch ein Kind. Das ist gut. Kinder sind die besseren Menschen. Versuch so lange wie möglich jung im Kopf zu bleiben!", sah sie an und legte den Kopf schief. Kurz tippte er ihr an die Stirn und überlegte. Dann kam ihm der Gedanke es anders zu probieren und malte mit dem Finger im Sand herum.
    Sicherlich war er kein Künstler, aber zumindest brachte er zwei recht einfache Figuren zustande. Scheinbar eine Frau, wobei er die Rundungen dabei bewusst etwas deutlicher zeigte. Und ein Kind, oder ein kleinerer Mensch.
    "Du....", deutete auf sie und die größere Figur, machte noch die dementsprechende verdeutlichenden Handbewegungen in der Luft, "...bist eine Frau. Aber im Kopf und im Herzen noch ein Kind.", deutete auf die kleinere Figur, auf den Kopf und das Herz.
    "Das ist gut.", sah sie kurz an und versuchte abzulesen ob sie begriff.
    "Du sorgst Dich. Zwar zuviel, aber das ist gut.", nickte.
    "Ich kenne keine Römer die sind wie Du. Du bist wie Gwyn!"

  • Als er sich mit einem kurzen Wort an sie wandte und nickte, begann sie zu verstehen, was dieses rauhe Wort hieß. Sie war sich sicher, dass der hiermit seinen Dank ausdrückte, denn wäre ihm ihre Hilfe unwillkommen hätte er sicherlich nicht damit gezögert, seine Hand fortzuziehen. Aber was zählte hier drinnen auch schon das Ansehen? Momentan behandelte sie ihn nicht einmal wie einen Gleichgestellten, geschweige denn einen Sklaven, sondern eher als einen Mann, vor dem sie größten Respekt hatte. Und womöglich war dies auch mittlerweile der Fall, wenngleich sie auch hoffte, dass sich dies während der nächsten Zeit nicht auf ihre Umgangsweise auswirken würde. Sie durfte auf keinen Fall ihr Gesicht verlieren. Aber hier, dachte sie wiederholt, hier war es nicht wichtig. Nicht heute und nicht an diesem Ort.


    Als er wieder begann, von einer Gwyn zu sprechen, wurde ihr Blick ernst, denn sie interessierte sich zunehmend für diese Frau, die er so oft erwähnte und würde gerne wissen, wer sie war. Anscheinend, so kam es ihr zunehmend vor, verglich er sie mit dieser Gwyn. Am vorigen Abend in ihrem Bette hatte er sie als Gwyn angesprochen und sein Tonfall verriet ihr wieder mehr. Er schien Gwyn sehr zu mögen und ihr Verdacht, dass sie eine Nahstehende oder gar seine Frau gewesen war - oder noch immer ist - wurde bestärkt. Vielleicht war diese Erinnerung sogar die Begründung für den Eid, den er ihr geschworen hatte. Vielleicht hatte er Gwyn verloren. Dies würde sein eindringliches Sprechen vom Vorabend hervorragend erklären.


    Als er begann, im Sand zu zeichnen, sah sie beinahe gespannt zu. Er schien zwei Figuren zu malen, auch wenn sie noch nicht so recht verstand, was diese aussagen sollten. Die eine schien ziemlich klar eine erwachsene Frau zu sein und das andere stellte gewiss ein Kind dar. Sobald sie diese Erkenntnis erlangt hatte, hob sie den Blick um ihn fragend anzusehen. Doch natürlich fand sie in seinem Blick nicht direkt die Antwort auf diese Frage. Und erstaunlicherweise verstand sie sogar, was er ihr mitteilen wollte. Nicht nur anhand seiner bildlichen Darstellung, sondern auch an diesem Abend. Ihr eigenes Verhalten war ihr ebenso bewusst, wie er es dort auf dem Boden anzeigte. Ein schmales Lächeln zeigte sich wieder auf ihren Lippen und sie nickte. Und eine weitere Klarheit tat sich auf. Seinen letzten Satz verstand sie. So oft hatten sie schon verneint und von dem Gegenüber gesprochen, dass sie gut deuten konnte, dass es um 'kein Römer' und 'Du Gwyn'. In dieser Art zumindest und das bestätigte all ihre Vermutungen.


    Sacht verwischte sie dieses Bild und überlegte sich, wie sie ihm eine kurze Mitteilung machen könnte. Es war eine gute Idee von ihm und womöglich ohnehin die beste Art nun miteinander zu kommunizieren. Dann begann sie, zwei Körper auf den Boden zu zeichnen. Eine etwas kleinere Gestalt die ebenfalls offensichtlich weiblich war - und eine männliche, große Gestalt. Diese beiden umschloss sie mit einem Kreis und fragte mit etwas brüchiger Stimme, da sie sich schon etwas länger ausgeschwiegen hatte: "Gwyn et Belenor?" IHrer Miene haftete etwas sanftes an und um ihren Gedankengang noch klarer zu gestalten, wischte sie einen Arm von ihm fort und zeichnete diesen erneut in einer etwas höheren Position. So wirkte es, als Griffe 'Belenor' nach der Hand 'Gwyns'. Fragend sah sie ihn an.

  • Belenor legte den Kopf schief und betrachtete was sie malte, runzelte kurz die Stirn und nickte alsbald. Doch verwischte er die große Figur und machte sie etwas kleiner. Zwar war er vor zwölf Jahren nicht wesentlich kleiner gewesen, aber dennoch war es für den Augenblick die einzige Möglichkeit, oder doch nicht? Kurz drückte er 28 Punkte über die Figuren, kam ins grübeln und machte mit einer vagen Geste noch einen 29. Punkt hinzu, wischte allerdings zwölf davon wieder weg. Der Rest war recht einfach und brauchte keine weiteren Worte. Ein Haus um die beiden war schnell gemalt, ein paar Strichmänchen mit Quadraten und Speeren in der Hand, ordentlich aufgestellt. Ein paar auf Pferden. Ein paar Schlangenlinien über dem Haus, dann malte er ein Schwert und verwischte die kleine Figur wieder. Kurz presste er die Lippen aufeinander und nickte, erschreckend einfach mit dem Finger im Staub diesen furchtbaren Tag festzuhalten.


    Kurzerhand schnaubte er, presste die Lippen aufeinander und verwischte mit der Hand die Zeichnung. "Lange her.", schloss er ab und wischte erneut darüber. "Lange her." und sah kurz zu dem Netz und grübelte, zog es dann schließlich auseinander und setzte sich auf eine Hälfte davon, zog die Beine an und verschränkte die Arme, während er sich an der Bretterwand anlehnte und sich die Arme rieb. Scheinbar war vorerst sein Mitteilungsbedürfnis damit erledigt zu haben und strich sich stattdessen über die tätowierten Oberarme. "Der Tag soll verflucht sein, an dem die Römer gekommen sind.", etwas Bitterkeit sprach aus seiner Stimme, machte dann allerdings eine zweite Geste. Kurz schüttelte er den Kopf. "Vergangenes ist vergangen. Und ich lebe weiter.", sah dann zu ihr hinüber und strich sich weiter über die Arme.

  • Aufmerksam beobachtete sie, wie sie die größere Figur, die ihn darstellen sollte, wieder verkleinerte. Noch ehe er die Punkte über dieses kleine Bild 'zeichnete', verstand sie, was dies bedeuten sollte. Er musste damals noch sehr jung gewesen sein, wenn er seine dargestellte Figur schmälerte. Und sie rechnete bemüht mit, als er versuchte sein Alter in Punkten darzustellen. Dieser logische Schritt seines Handelns musste nicht eine Sekunde überdacht werden. Er schien eine glückliche Familie darstellen zu wollen, als er das Haus um sie errichtete und ebenso die Krieger. Leise entfuhr ein fragendes "Rich?" ihrem Mund, während sie wie gebannt auf seine Malerei starrte. Sie versuchte sich vorzustellen, wie er wohl als junger Mann ausgesehen haben mochte. Gewiss noch nicht so zerschlagen. Doch konnte dieser Eindruck nicht auch entstanden sein, da er 'nur' ein Sklave war? Sie schob diese Gedanken rasch wieder beiseite, was aber durch sein Handeln auch von ganz allein heraufbeschworen wurde.


    Er verwischte wieder eine der beiden Figuren und sie erschrak dabei. Es war nur Sand, durch wenige Handzeichen zu einem Gebilde geformt und doch jagte es ihr einen Stich durchs Herz. Sie konnte sich vorstellen, dass grauenhaftes Geschehen vorgefallen sein musste. Das Schwert sprach bände. Sacht und unsicher hob sie den Blick wieder, als er das ganze Bild verwischte und damit den 'Zauber' aufhob, der durch diesen Moment entstanden war. Vielleicht hätte sie besser nicht gefragt. Betrübt nahm sie seine Worte war, von denen sie wie eh und je nichts verstand, aber er schien dem Thema ausweichen zu wollen. Nein, er schien zu leiden und sie würde es nicht weiter aufwühlen.


    Sie beobachtete ihn, wie er seine Arme rieb und wieder traten Bilder aus seiner Vergangenheit in ihren Kopf, die durch ihre Fantasie ausgelöst wurden. Bedrückt senkte sie ihren Blick wieder zu dem zerstörten Bild. Es schien ihr so bekannt. Auch sie, Minervina fühlte sich zerstört. Durch den Tod ihres Vaters und der Untreue ihrer Mutter. Denn nichts anderes war es, auch wenn Metellus sie möglicherweise 'verführt' hatte. Beinahe wie ertappt hob sie den Blick wieder an, um zu dem Germanen zu blicken. Er musste recht einfühlsam sein, wenn er selbst so manches durchlitten hatte. Und wieder ermahnte sie sich, da sie mehr als nur den Sklaven sah. Mit einer Bestrafung würde sie viel zu milde sein, doch war es nicht ohnehin schon zu spät um sich ihrer Zuneigung für den Germanen zu erwehren?


    Da plötzlich zuckte ein Blitz über den Himmel, dich gefolgt von einem lauten Donnern. Minervina zuckte heftig zusammen und blickte erschrocken zur Decke, doch nun war es wieder dunkel. Das Gewitter musste sehr nah sein, wenn es in der Lage war für Helligkeit in einem geschlossenen Raum zu sorgen, indem es durch die annähernd wasserdichten Holzritzen leuchtete. Kurz wanderte ihr Bllick wieder zum Germanen, der, zumindest ihrer Ansicht nach, erstaunlich ruhig auf dem, mittlerweile in die Briete gezogenen Netz saß. Nun, da sie beide die Möglichkeit hatten zu sitzen, ließ sie sich nicht zweimal bitten und huschte auf 'ihren' Platz, während sie sich wieder in die Decke kuschelte.


    Sie empfand etwas wie schlechtes Gewissen und ertappte sich selbst immer wieder dabei, wie sie aus den Augenwinkeln zu Belenor hinüber sah. Es war, als fühlte sie sich an dem Tode seiner Familie schuld, ebenso auch an seiner Gefangenschaft. Aber hatte nicht er sich sogar noch bei ihr bedankt, als seine Retterin? Vielleicht hätte ihm noch etwas bedeutend schlimmeres erwartet als lediglich das Leibwächterdasein bei einer reichen Herrin. Was ihr an dieser Lage missfiel, war, dass sie wie ihre Mutter fühlt. Und das wollte sie nicht. Diese war schwach und nicht einmal Herrin ihrer eigenen Gefühle, geschweige denn ihrer vielen Sklaven. Unmerklich schüttelte Minervina den Kopf und blickte in das leichte Flacken der Öllampe. Inzwischen kroch wieder eine leichte Gänsehaut ihren Rücken hinauf, der aber auch durch das Blitzen an sich und nicht allein durch die Nässe ihrer Kleidung bewirkt wurde.

  • Belenor runzelte die Stirn, als er das ihm recht vertraute Wort vernahm, überlegte und fragte sich, ob sie ihn damit meinte. Ein kurzes Kopfschütteln folgte etwas später. Wäre er Rich, wäre er gewiss nicht so lange untätig geblieben, sondern schon weit früher etwas unternommen. Das Haus war seines, was er durch ein kurzes Deuten von sich aus machte. "Das Haus meiner Sippe.", nickte, deutete dann aber kurz auf die Figuren mit den Quadraten. "Roman.", eine unfreiwillig lange Pause folgte.
    Cadeyrn Roma.", malte einer der Figuren ein paar Federn auf den Kopf.
    Was gab es mehr dazu zu sagen? Ein Schicksal wie viele andere, auf beiden Seiten wohl.


    Das schlimme daran war allerdings, das trots aller Erkenntnis es nunmal sein Schicksal, seine Tragödie war, die er wohl über alle anderen Schicksale stellte. Nun, eine menschliche Eigenschaft wohl, aber dennoch wusste er es besser. Soetwas passierte dort hundertfach, Römern wie Germanen und dennoch brannte der Hass in ihm. Niemand hatte die Römer eingeladen....
    Ein kurzer Blick zur Seite, zu Minervine hin, ein paar Falten auf der Stirn, dann beliess er es dabei. Die Zeichnung war verwischt und damit hoffentlich auch alle unliebsamen Gedanken darum. Wenn dem nur so wäre, was es aber nicht war. Es gab tausende Frauen, aber keine mochte sein wie diese eine.


    Belenor spannte kurz die Wangenmuskeln an und überlegte. Was wäre geschehen, wenn er sich eine neue Frau genommen hätte? Eine Familie gegründet hätte. Wäre dann alles anders gekommen? Besser? Oder wäre es genauso gekommen, wie es bereits gekommen war? Fragen die er sich schon so oft gestellt hatte. Kurz sah er zur Decke auf, als es kurz hell im Raum wurde. Scheinbar war das Gewitter fast mit dem Zentrum über der Hütte. Diese unglaubliche Gelassenheit auf seinem Gesicht mochte wohl nur zwei Schlüsse zulassen: das er kein Gewitter fürchtete, oder das er schon soweit war das er nichts mehr zu verlieren hatte. Wohl war beides der Fall und selbst wenn Donar seinen Blitz mittig in die Hütte treiben würde, würde er doch nur römischen Besitz zerstören. Kurz trat ein etwas schiefes Grinsen auf seine Züge. Römischer Besitz.


    War er denn römischer Besitz? Kurz sah er ein weiteres mal zu Minervine und liess sich die Antwort offen, gleich wie er es sehen würde, es würde wohl kaum etwas an der Tatsache ändern das andere das so beschlossen hatten. "Du wirst morgen vielleicht einen dicken Kopf haben.", brummte er knapp. Als ihm klar wurde das er wieder einmal seiner Gewohnheit gefolgt war und germanisch mit ihr sprach, fasste er sich an den Kopf, auch an den Hals und legte beide Hände daran.
    "Krank. Du. Du wirst krank wenn Du die nassen Kleider anbehälst. Der Wind....", pustete kurz etwas unbeholfen, zog dann etwas Haut vom Arm ab.
    "Macht Dich vielleicht krank.", das seltsame aufblasen der Backen und die nachgemachte Gänsehaut mochten ein komisches Bild abliefern, aber was versuchte man eben nicht alles, um sich irgendwie mitzuteilen. Malte Kinderbilder auf den Boden und schnitt Grimassen.

  • Minervina konnte es nicht verstehen, dass er so ruhig war. Sie fand Gewitter immer sehr schön anzusehen, aber das rasche Aufblitzen und der Donner hatten sie für einige Momente wahrlich aus der Fassung gebracht. Langsam versuchte sie sich wieder Atemzug für Atemzug zu beruhigen, ehe sie leise seufzte. Da vernahm sie wieder sein Reden und wandte den Blick und somit auch ihre Aufmerksamkeit ihm zu. Wieder sprach er germanisch und wieder schien er zu verstehen, dass sie seiner Worte nicht so recht einen Sinn zuordnen konnte.


    Doch dann musste sie glucksen. Er mochte ihr etwas vielleicht sogar wichtiges mitteilen wollen, aber seine Grimassen waren einfach zu komisch. Sie versuchte das verräterische Zucken um ihre Mundwinkel herum zu unterdrücken, aber so recht wollte es ihr nicht gelingen. Vielleicht waren seine Versuche sogar niedlich. Doch ihr fiel niciht ein, was er ihr möglicherweise sagen wollte. Das Blasen konnte vielleicht das Tösen des Windes bedeuten. Und das Hochziehen seiner Haut - vielleicht ihre nasse Kleidung? Sie legte fragend den Kopf schief und betrachtete ihn. Ihre Vermutungen waren doch recht freigiebig, wenn sie diese auch als nicht völlig absurd abtun konnte.


    Sie wandte kurz ihren Blick wieder ab und starrte auf das dämmrige Licht, das von der Öllampe ausging. Es warf leichte Schemen an die Wand und sorgte zusätzlich für eine unheimliche Atmosphäre in diesem Raum. Es war wirklich verrückt. Noch vor wenigen Tagen hatte sie einen grundsätzlichen Hass auf Germanen und nun saß sie direkt neben einem solchen auf einem schmutzigen Fischernetz. Und sie konnte ihn bislang recht gut leiden, wenn ihnen auch leider keine richtige Unterhaltung vergönnt war. Dann wandte sie ihm wieder den Blick zu und strich sich kurz durchs Haar. Es war noch immer feucht, wenn es auch langsam abtrocknete und dadurch verknotete. Sie deutete auf sich und ließ mit fragendem Blick die Decke sinken. Vielleicht meinte er wirklich die nassen Kleider.

  • Das eigentlich komische war, wie er fand, das man manchmal keine gemeinsame Sprache brauchte, um sich zu unterhalten. Irgendwie ging alles..und sei es das man sich der einfachsten Mittel bediente. Als er ihr seltsames Mienenspiel im Gesicht las, das dagegen ankämpfte wohl zu lachen, zog er die Mundwinkel nach oben. Anfangs war es wohl nur ein zucken der Schultern und der Brust, ein paar wenige belustigte Töne, bevor er eine Reihe perlenweiser Zähne entblöste und aufgrund ihrer Mimik zu lachen begann.


    Zumindest fand er es lustig, woraus er keinen Hehl machte und und versuchte das Glucksen nachzuahmen, was zwar nicht recht gelang, aber einmal mehr dazu reichte um ihn erneut lachen zu lassen. Ein kurze Kopfschütteln folgte, ein breites Grinsen, ehe er den Kopf leicht in Schieflage brachte und zu ihr sah. Wahrscheinlich würden sie sich morgen den Tod geholt haben, aber was sollte es? Was einen nicht umbrachte, machte nur hart. So oder so würde wohl der Hals kratzig sein und der Kopf wehtun, oder aber nichts von alledem eintreten. Das hatten nur die Asen in der Hand, Sif hielt es da nach ihrem eigenen Gutdünken.


    Als sie die Decke senkte, zog er kurz die Augenbraue nach oben und nickte, streckte die Hand aus und zog an der Palla, fuhr ihr kurz durchs Haar und führte die geballten Fäuste zusammen, die er gegeneinander drehte.
    Nun, tausend Worte sagten manchmal weniger als eine Tat, als er kurzerhand ihre Tunika an ihrer Schulter nach oben zog und zupfte.
    Schließlich biss er sich auf die Unterlippe und überlegte einen Moment, ehe er ihr deutete das sie sich wohl die Kleider ausziehen solle. Ein kurzer Deut gen Decke folgte, dann betrachtete er die Holzkiste etwas nachdenklich und überlegte. Kurzerhand erhob er sich, öffnete die Tür einen Spalt und sah nach draussen. Es war nicht ganz das Ende der Welt, was dort herrschte, aber zumindest ein kleinerer Vorbote.


    Das die Kleider kaum über eine Öllampe trocknen würden war ihm natürlich klar, zumal er langsam selbst etwas fröstelte. Kurz rieb er sich die Arme, schloss die Tür, rieb sich erneut die Arme und sah sich in der Hütte um.
    Viel gab sie wirklich nicht her, aber nach kurzem überlegen machte er sich daran die Kiste zu zerlegen und stellte die Bretter ordentlich gegeneinader auf, bevor er etwas Lampenöl darüber goss und sie in Brand setzte. Es war kein sonderlich großes Feuer, aber mehr als garkeins. Es rauchte nichtmal, da der Wind von draussen den Rauch aus einigen Spalten der Bretterwand blies. Dann deutete er gen Decke, zu den Haken an welchen zuvor das Netz hing. Immerhin war es einen Versuch wert und schlimmer werden konnte es kaum. Nicht das seine Tunika eine große Zierde gewesen wäre, im Grunde war sie wohl groß genug für einen mickrigen Römer. An ihm sah sie vier Nummern zu klein aus.


    Schließlich lachte er kurz und deutete Minervine sich umzudrehen, lachte ein weiteres mal und zog sich die Tunika über den Kopf, um sie kurz danach an einen der Zapfen über das kleine Feuer zu hängen. Immerhin bedeckte ihn noch ein Lendenschurz, gerade so. Aber mit etwas Fantasie mochten die aufwendigen Hautbilder auf Brust und Rücken als passabler Ersatz dienen. Das er scherzte, als sie sich umdrehen solle, war offensichtlich. Noch immer grinste er breit und schüttelte unmerklich den Kopf, bevor er sich wieder am Feuer niederliess und sie abwartend ansah. Im schlimmsten Fall würde der Stoff wohl etwas durchgeräuchert werden. Ein Blick gen Decke, ein weiterer zu ihr, bevor er sich die Arme zu reiben begann.

  • Als er begann zu lachen, wurde auch ihr geziertes Glucksen etwas lauter und auch ihrer Kehle entrang sich ein leises, aber fröhliches Lachen. Er hatte es wahrlich gebracht, sie von ihren trüben Gedanken fort zu locken, was sie selbst nicht für möglich gehalten hätte. In diesem Moment konnte sie es sich plastisch vorstellen, wie eine dunkle Insel inmitten des Ozeans ihrer Seele war, auf die sie stets zuhielt und wieder abdriftete. Und nun war sie gar nicht erst in Versuchung gekommen, auf diese Insel zuzuschwimmen. Ihre Hände lagen ineinander, aber nun starrte sie nicht trübselig auf diese, sondern hatte die Augen vor Lachen schließen müssen.


    Nach wenigen Augenblicken hatte sie sich wieder soweit beruhigt, dass sie ihn wieder problemlos ansehen konnte. Seine Heiterkeit war unverhohlen und ihr gemeinsames Lachen schien jede Spannung aus der Zweisamkeit genommen zu haben. So zumindest empfand Minervina. Lachen bedeutete unheimlich viel und dass dieses Lachen sogar in einer solchen Situation zustande kam, machte selbst die bedrohliche Situation entspannter - und machte ihn für sie wieder mehr zu einem Menschen.


    Als er jedoch wieder mit seiner Zeichensprache begann, versuchte sie sich wieder darauf zu konzentrieren und weitesgehend glückte es ihr auch. Ihr Gesicht zeigte keinen Hauch eines Grinsens mehr und auch wenn der Schalk noch in ihren Augen blitzte, versuchte sie aufmerksam zu erschließen, was er ihr 'sagen' wollte. Was an und für sich auch wirklich nicht schwer war. Sie verstand das Zupfen an ihrer Tunika keine Sekunde lang falsch, bestätigte es doch ihren Verdacht, dass sie sich ausziehen sollte. Und es war wohl auch vernünftig, dachte sie daran, was wohl Eretha oder Pentesilea gesagt hätten, wenn sie diese nun zu Rate ziehen könnte.


    Aber sie wollte nicht unbedingt krank werden und auch wenn es wohl unziemlich war, hier war Stolz an der falschen Stelle. Als er allerdings aufstand und sich an der Tür zu schaffen machte und den Anschein erweckte, hinauszugehen, wandte sie ihren Blick wieder auf seinen Rücken. Kaum dass die Tür offen war, hörte sie das unbehagliche Prasseln des Regens und demonstrativ schlang sie ihre Arme wieder um den Leib. Erleichtert stellte sie allerdings fest, dass er nicht vorhatte wieder in das grauenhafte Wetter hinauszugehen - was aber wohl auch keinen Sinn gemacht hätte, wenn er wollte, dass sie sich entkleidete.


    Ahnungslos beobachtete sie nun sein weiteres Vorgehen, aber sie wurde nicht schlau daraus. Es war als würden ihre Augen alles erblicken, doch der Geist wurde versperrt. Und so begriff sie erst, als die zerlegte Hütte zu fackeln begann, was er vorgehabt hatte. "Nein, das ist doch viel zu gefährlich, wir sitzen doch in einer Holzhütte." versuchte sie mit, allerdings krächzender Stimme, einzuwenden. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie zu wenig gesprochen hatte und sich mittlerweile ein Kloß in ihrer Kehle gebildet hatte. Sie musste unweigerlich schmunzeln und beschloss ein weiteres Mal, sich ihm anzuvertrauen. Er würde schon wissen, was er tat. Immerhin lebten die Germanen auch in primitiven Holzhütten und so ganz anders würde es dort auch nicht aussehen.


    Als er dann allerdings andeutete, dass sie sich umdrehen sollte, sah sie ihn zweifelnd an. Sie verstand seine Geste erst nicht, besonders da er einen Scherz zu machen schien - warum sollte er sonst so laut lachen? Die leichte Bildung von Lachfältchen wurde allerdings in dem Moment eingedämmt, da er begann sich die Tunika vom Leib zu streifen. Beinahe beschämend starr blickte sie auf seinen Oberkörper, der voller Muster war - und durchaus gut gebaut. Und langsam Stück für Stück wanderte ihr Blick tiefer, wohl zur Kontrolle, was zumindest ihre Begründung war. Und sie konnte sich nur knapp davon abhalten, einen erleichterten Ausruf zu tätigen.


    Mit einem Schlag schien es, als sei sie aus einer Trance erwacht und ihre Wangen wie Ohren färbten sich ziemlich rasch in rote Farbe. Und diese konnte nicht vom prasselnden Feuer her stammen, welches deutlich mehr Wärme als die Öllampe verbreitete. Er war vernünftig, aber schien nun auch deutlich skrupelllos. Wieder versuchte sie sich Pentesileas sanfte Stimme ins Gedächtnis zu rufen, die ihr Vernunft predigte. Verschüchtert stand sie auf und drehte sich nun in der gleichen Bewegung um, die Palla lag schon längst am Boden. Vor einigen Jahren wäre es für sie noch überhaupt kein Problem gewesen - aber nun war sie eine heiratsfähige Frau. Und ob sich das hier ziemte? Es war eine ziemliche Doppelmoral. Einerseits waren Sklaven "Gegenstände", da musste sie sich nicht schämen. Aber für sie war vor Allem er deutlich mehr.


    Sie löste die Fibel aus ihrer Tunika und nun glitt auch diese sacht zu Boden. Sie hatte nur die Schultern bedeckt und war dem Mädchen noch ein wenig zu groß, was dieses rasche Entledigen leicht machte - und natürlich auch die Nässe. Das Katastrophale, gerade aus ihrer Sicht, war ja, dass sie es bislang noch nicht für nötig empfand, ein Brustband zu tragen. Sie war zwar für ihr Alter recht gut entwickelt, doch soviel dass sie dergleichen als notwendig empfand, wiesen ihre Brüste noch nicht auf. Wenn ihre Mutter auch stets etwas anderes sagte - aber sie war eben eine Mutter. Eine Mutter, auf deren Wort sie in diesem Moment großen Wert legen würde. Hätte sie doch bloß besser zugehört. Und sich die Worte zu Herzen genommen.


    Der Blick war nun frei auf einen nahezu makellosen Rücken, der Minervina selbst noch recht fremd war. Sie verschrönkte nun ihre Arme vor der Brust und wandte sich zögerlich um, während ihr die Verlegenheit ins Gesicht geschrieben stand. Sie sah ihn kurz an und senkte dann ihren Blick zu Boden. Etwas unbeholfen versuchte sie mit ihrem Fuß die Tunika hochzuangeln, denn ihre Deckung wollte sie um keinen Fall auslassen. "hmm." kam es nur leise und sie senkte den Blick immer wieder, wenn sich ihre Blicke trafen.

  • Sim-Off:

    Belenor ist derzeit nicht da, also schreibe ich Mal einen kurzen (denn ich kann auf nichts eingehen :D )Abschlussspost :) Für Minervina geht es die Tage nämlich nach Rom und ich würde dich bitten, mir dann zu folgen :) Thx! Das RPG, wie wir es im Hinterkopf hielten, kann ja dennoch im Privatforum nachgeholt werden, damit es zumindest existenz ist ;)


    Als das Unwetter um war, blieben sie noch eine kleine Weile schweigend sitzen. Minervina aus jenem Grunde, da sie eingedöst war. Der aufregende Morgen forderte nun am Nachmittag seinen Tribut. Die Sonne begann bereits die Regentropfen aufzusaugen, als sie sich erhob und sich rasch wieder anzog. Ihr Haar war mittlerweile wieder getrocknet und auch die Tunika ließ sich probemlos anziehen. Zwar war nicht jede Feuchte aus dem Stoff gewichen, doch nass war sie nicht mehr.


    So machte sich das ungleiche Paar wieder auf den Heimweg, wo die Mutter wartete. Minervina war sich sicher, dass diese es tat. Doch hatte sie es nicht eilig, denn der Tag hatte sie schon jetzt manches mehr gelehrt als es mehrere Wochen vermocht hätten.

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