Res Gestae der Quästrix Tiberia Honoria

  • Aufmerksam hatte Tiberius Vitamalacus das Geschen auf der Rostra verfolgt und die Einwände, welche einige Vorbrachten liessen ihn unverständlich den Kopf schütteln.


    Die beiden Patrizier bliickt er nach einander an.


    "Hat denn die Quaestrix nicht gesagt, warum sich die beiden Herren von ihr abwandten ? Wenn du der Meinung bist, der Grund sei nicht der, den die Quaestrix nannte, dann stell die beiden anderen Herren die Frage."


    Dann blickt er zu dem zweiten Mann.


    "Wenn der Duumvir der Meinung ist, die Quaestrix hätte schlechte Arbeit geleistet, so frage ich mich, warum hat er sich dazu nicht bei passender Gelegenheit geäussert, nämlich bei der Wahlrede der Quaestrix zum Aedilat ?"


    Heftig schüttelt er den Kopf. Was er persönlich von dieser Geste hielt, würde er seinem zukünftigen Gelegenheit bei passender erzählen.


    "Bei dir Frage ich mich, ob du je ein Amt inne hattest, in welchem du einem Dienstherren zur Verschwiegenheit verpflichtet warst, denn dann wüsstest du, das es Berichte gibt, welche aus den verschiedenen Gründen der Vertaulichkeit unterliegen."


    "Als Quaestrix Provincialis war sie dem Proconsul als Sekretärin und Gehilfin zu geteilt. Also ist sie in erster Linie verpflichtet, der Provinzverwaltung zu berichten. Dies tat sie, so berichtete sie, dem ranghöchsten Beamten der Provinzverwaltung gegenüber der Anwesend war."


    "Natürlich kann die Quaestrix ihren Bericht hier offen verlesen, doch dazu Bedarf es des Einverständnis des Proconsuls. Dies kann er natürlich jederzeit und auch hier und jetzt geben. Ich schätze, dann wäre die Quaestrix sofort bereit, ihren Bericht an die Provinzverwaltung hier zu verlesen."

  • Claudius fand diese Wahlen und die anschließenden Rechenschaftsberichte spannend wie noch nie. Immer wieder machte er einen Umweg zur Rostra, wenn er in Rom die Curia Italica aufsuchte.



    Über alle Maßen amüsiert stellte er sich neben den Mann, verschränkte die Arme vor der Brust und begann zu lachen.


    "Sag mal, merkst du nicht, dass du die Qaestr... - wie hieß noch mal das für Frauen abgeleitete Wort? ... dass du sie der Lächerlichkeit preis gibs? Indem du für sie antwortest, wirkt sie nicht nur unmündig, sondern auch über alle Maßen unselbständig. Vermutlich ist sie das auch. Kompetenz habe ich weder bei ihrem Antritt noch jetzt am Ende feststellen können."

  • Einer meiner Klienten flüsterte mir ins Ohr.
    Ah ja, dachte ich. Ein Aurelier und ein Mitglied einer politisch unbedeutenden patrizischen Gens, dass mit den Aureliern symphatisierte. Das Rudelprinzip dieses Packs würde sich nie ändern.
    Den Aurelier ignorierte ich ganz, denn ich pflegte mich nicht zu wiederholen. und wandte mich dem Claudier zu.

    "Nun, im Gegensatz zu meinem Wahlgegner bin ich bisher recht gut ohne die Hilfe meiner Familienmitglieder ausgekommen und brauche sie auch nicht, denn mit meinen Taten und Worten überzeuge ich, statt die Meinen in Rudeln auf politische Gegner zu hetzen. Dieser Mann befindet sich hier, weil er selbst kandidierte und es seine Pflicht ist, auf der Rostra zu sein. Mein Verwandter der edle Quintus Tiberius Vitamalacus besitzt mein grösstes Vertrauen und Ehrerbietung und darf für mich sprechen, wann immer er es möchte, denn seine Worte sind aufrichtig und so gradlinig wie die meinen.
    Ich halte diese Res gestae für meine Wähler, zu denen Ihr ganz sicher nicht gehört. Mein Wahlvolk hatte das Recht von meinen Taten zu hören und hat dieses mit Beifall quittiert. Dass es mir vertraute und mich für würdig hielt, zeigte schon das letzte Wahlergebnis und ich schreite voller Hoffnung in meine Zukunft, mich meiner glorreichen Ahnen würdig zu erweisen. Insbesondere was die Einhaltung von anstand und Moral auf der politischen bühne angeht, denn das scheint vielen abhanden gekommen zu sein. Da meine Wähler keine weiteren Fragen zu haben scheinen, gehe ich zufrieden von dannen und überlasse die Rostra gerne euren leeren Forderungen.
    Gehabt euch wohl.! "

    ich nickte den Herren zu und ging.

  • Er drehte sich kurz zu dem Mann, der, obwohl äuserlich von Stand, scheinbar noch nichts von Gravitas und Dignitas gehört hatte.

    "Das Wort, welches du suchst ist Quaestrix. Wobei ich zu deinem Gunsten annehmen will, das deine Unkenntniss gespielt ist, um deine Ansicht in dieser albernen Diskussion um Frauen in Politik deutlich zu machen."


    Er musterte den Mann eindringlich von oben nach unten. Etwas militärisches hatte er schon, doch sein Auftritt liess den Tribun doch zweifeln.


    "Doch wie kommst du darauf, das ich sie der lächerlichkeit Preis gebe ? Nur, weil ich jene Antworten, die sie schon gab, wiederholte ? Meine Ergfahrung hat mich gelehrt, das, wenn ein Mensch eine Antwort nicht versteht, es hilft, wenn ein anderen die Antwort wiederholt."


    "Das ein Verwandter einem Mitglied seiner Gens unterstützend zur Seite steht, erachte ich als einer der wichtigsten und ältesten Traditionen Roms."


    Er applaudiete der abtretender Quaestrix dezent...


    "Aber ich nehme an, egal, was die Quaestrix gesagt hätte, diese beiden und wahrscheinlich auch du, hätten sich daran gestört... "


    "Aus deinen Worten leite ich hab, das du kürzlich in Hispania warst ?

  • Da die Quaestrix die Rostra verließ, schien bis auf einige Nachwehen diese Diskussion beendet. Auch Glabrio verließ die Rostra, um einige Erfahrungen reicher, die hauptsächlich politischer Natur waren.

  • "Eigentlich kümmere ich mich ja kaum um dieses Theater auf der Rostra", begann Claudius auf den Tiberier einzugehen. "Aber mal ganz im Vertrauen und von Mann zu Mann: Hättest du dir als gestandener Soldat von einem anderen die Antworten vorkauen oder abnehmen lassen? Also mir wäre das jedenfalls gegen den Strich gegangen. Ich bin selbst Manns genug, um auf Angriffe reagieren zu können und genau das meine ich - du bist ihr über den Mund gefahren und hast sie damit nicht als gleichwertig anerkannt, sondern behandelt wie ein Kind oder eben eine schwache Frau.


    Naja, und sein wir mal ehrlich, ich habe auch keine erschöpfende Antwort auf die an sie gerichteten Fragen gehört."


    Der Centurio winkte jedoch ab, er wollte sich jetzt nicht mit Geschwätz aufhalten.


    "Ich jedenfalls bestehe auf keiner Antwort, ich habe mir nur das Schauspiel zu Gemüte geführt. Vale!"


    Mit einem Kopfnicken bekräftigte Claudius sein Vorhaben und verließ sodann die Rostra, um zu seiner Einheit zurückzukehren. In Gedanken weilte er bereits wieder beim aktuellen Thema der Curia: Dem Fall Subdulus.

  • Nachdenklich sah der Tribun, den davon gehenden Mann nach.


    "Vale !"


    Er wandte sich leise an Titus, der wie üblich dicht hinter ihm stand.


    "Irgendetwas ist in Rom passiert, hat sich verändert und leider nicht zum Gutem. Wo ist das Verständniss für den Zusammenhalt einer Familie, des Einstehens für Einander ? Stattdessen schreien gestandene Patrizier Zeter und Mordio, nur weil sie anscheinend Angst vor einer Frau haben..."


    Er schüttelt den Kopf.


    "Ich fürchte, wir haben einen Verfall von Sitten und Traditionen zu beklagen. Doch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut und es wird auch nicht an einem Tag zerfallen."


    Er wendet sich zum Gehen.


    "Titus, imus !"


    Er verlässt die Rostra.

  • Zitat

    Original von Tiberia Honoria

    "
    Ich halte diese Res gestae für meine Wähler, zu denen Ihr ganz sicher nicht gehört. Mein Wahlvolk hatte das Recht von meinen Taten zu hören und hat dieses mit Beifall quittiert."

    ich nickte den Herren zu und ging.


    "Das sehe ich aber ganz anders. Deine Res gestae hältst du nicht nur für deine Wähler, sondern vor allen Bürgern. Ich sehe weiter, dass du Fragen ausweichst. Das reicht mir, um deine Qualität einzuschätzen. Danke."

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