• Ich sah sie genau an und bemerkte, dass sie auf diese Enttarnung nicht wirklich positiv reagierte. Langsam näherte ich mich ihr.


    "Es tut mir leid, aber anders hätte ich nie erfahren, wie das Volk wirklich über die Politiker denkt. Ich danke dir sehr für deine Kritik, denn sie ist schlau formuliert und hilft mir."

  • Mit der Hand wehrte ich seine Annäherung ab. Die Wut stockte sich in mir.


    "Dies war wirklich keine ratsame Idee, mich so verschwörerisch hinters Licht zu führen. Und dann auch noch zu behaupten, meine Worte wären weise gewesen. Besäße ich mehr Menschenverstand hätte ich erkannt das du weitaus mehr bist als ein Vigil, ehemaliger Quaestor."


    Warf ich ihn mit einer zornigen gereizten Stimme entgegen. Da er eine bedeuterne Person war, hätte ich mich zurückhalten sollen, doch ich konnte mich nicht beruhigen und ich war so dankbar, das er meinen Namen nicht kannte.

  • "Sie waren weise. Ich war der Tor, der dich in die Irre geführt hat. Versuch mich trotzdem zu verstehen... ich bin ein Mann des Volkes und sitze tagtäglich in einem stickigen Officium ohne Kontakt zu diesem, weil es die Etikette verbietet. Wie soll ich da verstehen, was das Volk begehrt?"

  • Entsetzt sah ich ihn an.


    "Ich soll dich verstehen? Wie naiv muss ich eigenlich sein, einen fremden meinen Meinung zur Politik zu geben. Wir sollten nun getrennte Wege gehen, Decimus Pompeius Strabo."


    Immer noch am Höhepunkt des Zornes eilte ich in die entgegengesetzte Richtung. Verspürte ich so viel Scham in mir, doch einen Fehler hatte ich nicht begangen, ihm meinen Namen zu nennen.

  • Ich seufzte, beschleunigte aber meinen Schritt und stellte mich ihr in den Weg.


    "So warte doch! Warum sollte mir eine Frau nicht ihre Meinung sagen? Du bist eine starke Frau und wenn du jetzt gehst, hast du dadurch nichts gewonnen. Bitte bleib!"


    Ich stand einfach nur vor ihr und hielt meine Arme am Körper. Wenn sie es wollte, konnte sie vorbeikommen.

  • Augenblicklich sah ich auf seine Arme herab und sofort fand ich mich in seinem Gesicht wieder. Er hinderte mich sogar am gehen. Tief atmete ich durch um meine Wut ein bisschen einzudämmen. Vernahm ich aber aus seinen Worten, das ich "Stärke" besaß und mein Interesse an ihn wuchs aufs neue.


    "Woher möchtest du wissen das ich stark bin? Für einen Politiker musst du aber wenig Menschenerfahrungen haben, denn du scheinst dich zu irren."


    Ich fühlte mich schwach und auch wenn man mir das Gegenteil erzählte, konnte ich dem nicht zustimmen, obwohl ich nicht immer bescheiden war.

  • Ich schüttelte ruhig lächelnd den Kopf. Innerlich atmete ich auf und war erleichtert, dass sie mich nicht sofort über den Haufen rannte.


    "Aus mir spricht nicht der Politiker Strabo, sondern der Privatmann. Und aus deinen Worten spricht Stärke, sonst würdest du mir nicht so die Stirn bieten. Bitte verzeih mir...."

  • Mein Blick war immer noch skeptisch. Denn ich sah ihn nicht als einen Privatmann, diese Kenntnis das er Politiker war, ging mir nicht mehr aus den Kopf. Und so stellte ich mir die Frage, woher er wissen konnte was Stärke ist, wenn er die Schwachen gar nicht kannte?


    "Ich hoffe du empfindest das nicht als eine Beleidigung, denn immerhin warst du es, der nach meiner Meinung fragte. "


    Mit einer ruhigeren Stimme setzte ich meine Worte fort.


    "Aber spricht nicht so laut von der Stärke, denn ich bin jung und sehe mich in den Tätigkeiten, die das Imperium ansprechen, noch sehr unerfahren."

  • Ich lächelte still. Scheinbar war sie sich ihrer eigenen Stärke nicht ganz bewusst.


    "Deine Stärke ist doch gerade, dass du dir eingestehst, dass du noch viel zu lernen hast. Und deine Stärke wird es sein, jede dir gestellte Aufgabe gewissenhaft auszuführen.
    Du bist stark, nenn es ein Bauchgefühl, aber ich bin davon überzeugt."

  • Etwas unheimlich beruhigendes fühlte ich tief in mir. Und wenn auch nur sehr langsam, erschien jetzt ein strahlendes Lächeln auf meinen Gesicht, es lies meinen ganzen Geist wieder beleben. Lag es an seinen Worten, das die Hoffnung jetzt endlich doch noch den letzten Lichtblick fand, denn ich dachte, ihn schon für immer verloren zu haben. Lange sah ich ihn an, ich fühlte mich so frei nach seinen Worten, befreit von jeder Last, die mich gefangen hielt.


    "Stärke! Entwickelt man diese nicht in der größten Not? Dann muss ich es wohl zurücknehmen, da ich zu voreilige war. Aber entschuldige, das ich deinen Worten nicht ganz glauben kann, so selbstsicher wie du es bist, bin ich nicht", anwortete ich Strabo und wendete meinen Kopf leicht verlegen von ihm ab, aber schenkte ihm immer noch dieses zufriedene Lächeln.

  • Ich trat näher an sie heran und sah wieder hinab zur Stadt. In zehn, vielleicht zwanzig Jahren, würde ich dort als hoher Politiker ein ehrenvolles Amt ausführen. Ich blickte der jungen Frau tief in die Augen und versuchte zu ergründen, was sich wirklich hinter ihrem Wesen verbarg. Da fiel mir ein, dass ich ihren Namen nicht wusste.


    "Wie heißt du eigentlich?"

  • Ich sah keinen Grund mehr ihm meinen Namen zu verschweigen, auch wenn diese Tat, sich als ein Fehler heraustellen würde, musste es wohl daran liegen, das mich seine Behauptungen, so gar mit mir ein bisschen zufrieden stellten.


    "Iulia Livilla! Verzeih mir es, war sehr unhöflich von mir, dir meinen Namen zu verschweigen, als du den deinigen bekannt gegeben hast. Jetzt wissen wir endlich, wer sich gegenüber steht."


    Viel höflicher konnte Strabo diese Worte aufnehmen, als die restlichen übermäßigen Beschimpfungen von mir.

  • Nachdem er seine Frage stellte blickte ich mich und sah jetzt erst wie weit ich mich von den Sklaven entfernt hatte. Doch was sollte ich ihm antworten? Sollte ich einmal ehrlich sein wenn es um mich ging. So antwortete ich nicht sofort nach seiner Frage und starrte dann auf den Boden, während wir weiter gingen.


    "Ich glaube es war die Einsamkeit, weshalb ich hierher kam. Hier muss ich mich nicht beobachtet fühlen, wenn ich Sorgen habe. Ich schätze, ich bin wohl sehr leicht durchschaubar."

  • "Nunja, ein aufmerksamer Mann spürt doch, wenn eine Frau bedrückt ist. Ich wäre doch ein gefühlloser Eisklotz, wenn dem nicht so wäre.
    Benötigst du die Einsamkeit noch immer?"


    Ich sah sie ruhig an und versuchte nicht zuviel zu sagen. Schließlich hatte sie Probleme, nicht ich. Sie interessierte mich und das Schicksal trieb schon wieder Scherze mit mir.

  • "Die Sehnsucht nach Einsamkeit ist mir jetzt vergangen, nach dieser kleinen Auseinandersetzung. Es wäre nicht sehr höflich danach zu verlagen und außerdem interessiert mich, wie ein Politikter von sich behaupten kann, das er kein gefühloser Eisklotz ist. Oder folgt hier schon eine zweite listige Falle?", antwortete ich ihm mit einer leicht ironischen Stimme, nachdem ich wieder Blickkontakt mit ihm aufnahm.


    "Deine Neugierde ist auch nicht gerade gering. Doch auch eine junge Iulierin wurde damit gesegnet. Weshalb hast du also die Stadt verlassen?"


    Jedes weitere Wort klang nun viel erleichterter, entspannter und fröhlicher.

  • Ich grinste verschmitzt und setzte mich schließlich zusammen mit ihr unter einen Baum. Dort sah ich sie nickend an und antwortete.


    "Nun, wie kann ich ein Eisklotz sein, wenn mich einige Gedanken hierhertreiben? Ich musste einfach wieder mit mir ins Reine kommen. Die Politik fordert einigen Tribut und da bleibt nicht viel Zeit, um mal nachzudenken..."

  • Es tat gut jetzt im Schatten eines Baumes zu sitzen, denn die Sonne stach vom Himmel und so hauchdünn meine Tunika auch war, mir war sehr heiß, wahrscheinlich vor Aufregung nach der Auseinandersetzung. Und so schob ich, so unauffällig wie möglich, meine Tunika ein bisschen nach oben, lies Strabo aber nicht aus den Augen, um seine Blicke verfolgen zu können.


    Oh, dieser Politiker möchte mir weismachen, er pflege auf sein Privatleben zu achten, damit wohl niemand vernachlässigt wird." ,antwortete ich ihm leicht scherzend.


    Gleich verschwand dieses Grinsen auch wieder auf meinen Lippen.
    "Ich wollte nicht unhöflich wirken, ich bin viel zu anständig, dass ich dich ausfragen würde."

  • Nach Strabos Erkenntnis lies ich meine Hand an meiner Tunika ruhen und sah ihm überrascht in die Augen, wieder zeichnete sich ein Grinsen auf meinen Gesicht.


    "Auch wirklich alles? Oh, nein ich möchte gar nicht in das wirre Leben eines Politikers einen Blick werfen. Ist da nicht alles zu verstrickt? Zuletzt weiß man dann zu viel.", antwortete ich ihm, gefolgt mit einem wohltuenden Lachen. Setzte dabei mein Vorhaben fort, meinen Beinen, etwas Kühle zu verschaffen.

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