[Cubiculum] Gästezimmer III

  • Minervina kam gemeinsam mit ihrer Tante in deren Gästezimmer. Hier würde sie für die nächsten Wochen untergebracht werden, denn es würde gewiss eine längere Zeit als nur ein paar Tage verstreichen. Sie blickte sich im Zimmer um. Es war nicht überaus groß und auch nicht prunkvoll ausgestattet, aber es wies einen gewissen Stil auf und es war sehr ordentlich. "So, ich hoffe es genügt deinen Vorstellungen!" meinte Minervina mit einem Schmunzeln in der Stimme und deutete einmal um sich.

  • Claudia betrat das Zimmer in Minervinas Schlepptau und als sie sich umschaute musste sie sehnsüchtig an die großen Zimmer ihres Landhauses denken.
    Aber es war ja nur kurzzeitig, bis alles hier erledigt war und dann würde es auch schon zurück nach Rom gehen und sie konnte sich wieder dem Luxus des Landsitzes hingeben.


    "Ja, es ist ausreichend." sagte sie und schaffte es fast den spottenden Unterton aus ihrer Stimme zu verscheuchen.

  • Minervina betrachtete ihre Tante mit einem amüsierten Blick. Sie verstand den Ton in Claudias Stimme, denn anders kannte sie diese auch gar nicht. Es genügte kaum ihren Ansprüchen, das war der jungen Frau durchaus bewusst, aber daran vermochte sie nun auch nichts mehr zu ändern. Minervina selbst war mit der Größe des Haushaltes nicht zufrieden, wenn sie daran dachte, wie sie leben könnte - und es bald auch wieder tun würde. Sie mochte standesbewusst werden, doch sie blieb ebenso ein Mensch. Mit dem gleichen Amusement in der Stimme fragte sie: "Aber erzähl mir doch! Was gibt es für Neuigkeiten?" Sie vermochte es nicht, die lustige Stimmung zu bannen und musste darauf hoffen, dass ihre Tante dies nicht falsch verstünde.

  • Claudia machte einige Schritte durch das Zimmer und nahm sich vor Helena baldigst das ein oder andere Mobiliar zukommen zu lassen.


    "Neuigkeiten? Hmm.. Mal überlegen. Es gibt nicht sehr viel neues. Unsere liebe Verwandte Livia hat es endlich geschafft ihre Vermählung zu vollziehen und versucht nun Eheleben und Praetur unter einen Hut zu bekommen. Allerdings dürfte das bei diesem Ehemann nicht ganz so schwer sein, schliesslich wird sie ihn eher selten sehen..." sagte sie und überlegte angestrengt, welche Neuigkeiten es noch gab.


    "Lucius freut sich bereits darauf dich näher kennenzulernen. Du hast bei unserer Verlobung einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen."

  • Als sie von Livia hörte, musste Minervina lächeln. Auch Livia würde sie bald endlich wieder sehen, wenn sie auch immer eine engere Bindung zu Claudia gehabt hatte. Sie freute sich, denn Tiberia war mehr Familie als Rediviva. Hier war alles fremd und sie kannte all die Leute nicht. Vielleicht wollte sie dies aber auch nicht unbedingt. Sie betrachtete ihre Tante beinahe zärtlich, bald würde sie ihr Leben endlich bei ihr fortsetzen können. "Ich bin gespannt, Livia endlich wieder zu sehen. Und auch darauf, ihren Mann kennenzulernen." meinte sie und lächelte dabei.


    Immer wieder malte sie sich aus, was alles anders werden würde. In Rom könnte sie endlich einen Beruf ausüben, jenen, den ihr Vater sich immer für sie gewünscht hatte. Und sie würde unter anderen Umständen leben können. Dort erhielte sie die Chance alle seine Wünsche zu erfüllen. "Ja, ich mochte ihn auch sehr gut leiden! Auch wenn es schon eine kleine Weile her ist. Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?" fragte sie diese so typische Frage für heranwachsende Frauen, die ebenfalls von einer eigenen Familie träumten.

  • Sie musste lächeln als sie an damals zurückdachte.
    "Wir haben uns in einem Venustempel in Rom kennengelernt. Ich half ihm bei einem Opfer an die Göttin und er lud mich danach zum Essen ein. Und das weitere hat sich danach irgendwie ergeben."


    Sie nahm auf einem Stuhl Platz um ihre Füsse etwas zu schonen.

  • Minervina lauschte aufmerksam den Worten Claudias. Also eigentlich eine gewöhnliche Begegnung, nicht unbedingt romantisch, aber genausowenig unglücklich. Ein leises Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie fragte: "Weißt du, wie Mutter und Vater sich damals kennengelernt haben?" Ihre Stimme war gerade eben so laut, dass Claudia ihre Worte deutlich verstehen konnte. Mit wenigen Schritten war sie beim Fenster angelangt und sah nachdenklich hinaus.

  • "Er hatte sie flüchtig auf den Stufen des Marstempels von Mogontiacum getroffen. Wenige Tage darauf trafen sie sich vor den Toren wieder. Er... hatte einen Grashalm genutzt um Mutter damit, die döste, unter der Nase zu kitzeln." meinte sie mit leiser Stimme und blickte in die Weite des blauen Himmels. Dieses endlose Blau. Sie verschwieg, dass Mutter den Halm aufbewahrt hatte und ihn mit Maximus nach Germanien schickte - der Halm aber nie zurückkehrte. Es war eine unangemehme Stille, die nun eintrat, fand Minervina und sie wandte den Blick zu Claudia.

  • Ein leichtes Lächeln trat wieder auf ihre Lippen, als Claudia die Stille mit dieser Frage unterbrach. Hierauf wusste Minervina sofort eine Antwort. Schon lange erfüllte sie die Vorfreude und sie war kaum in der Lage einen anderen Gedanken zu fassen. "Ja!" sagte sie mit einem breiter werdenden Lächeln und lehnte sich nun mit dem Rücken ans Fenster. "Seit Wochen schon habe ich mich auf dich gefreut. In Rom wird alles anders. Dort wache ich aus diesem Traum gewiss aus, der nur aus Vater und Mutter besteht. Dort werde ich Vaters Wünsche erfüllen können. Rom gibt mir eine einmalige Chance!"

  • Minervina zögerte einen Moment, ehe sie ihre Antwort gab. "An Tarraco haften so viele Erinnerungen an die Vergangenheit. Und an sich ist es nicht schlimm, aber es belastet. In Rom wird all das leichter fallen. Und ich möchte Vaters Andenken bewahren, aber nicht in Trauer." sagte sie dann bestimmt und blickte ihre 'Tante' fest an. Sicher gefiel es ihr in Tarraco, aber gewiss nicht so gut wie im Schoß ihrer Familie, wie sie auch fort fuhr. "Zudem gehöre ich nicht in die Rediviva oder Matinia, sondern zu euch. Ich wurde als Tiberia geboren und als solche fühle ich mich auch noch immer."

  • "Das verstehe ich." sagte sie. "Ich bin mir sicher, dass es dir in Rom gefallen wird."


    Sie schwieg wieder eine Weile.


    "Würdest du lieber in der Villa oder auf dem Landsitz wohnen?" fragte sie plötzlich.

  • Wieder eine schwierige Frage. Sie wusste weder genaueres über die Villa, noch das Geringste über den Landsitz. Sie schwieg eine kurze Weile, ehe sie sagte: "Am liebsten möchte ich bei dir sein, aber ich mache es davon abhängig, wie es am praktischten ist. Ansonsten kann ich ja auch hin und wieder wechseln. Da müsste man schauen, was sich am ehesten anbietet." Nachdenklich musterte sie Claudia. "Was würdest du wollen?"

  • "Bisher wohnte ich auf dem Landsitz vor der Stadt und fuhr morgens in die Stadt. Allerdings hatte ich vor bald in die Villa zu ziehen. Wobei auch das nur vorübergehend sein wird. Bis zur Hochzeit, danach werde ich sehen, wo Lucius uns ein Heim sucht."

  • Damit hatte sich für Minervina die Hoffnung erfüllt, in die Villa zu ziehen. Es wäre um einiges bequemer unmittelbar in Rom zu wohnen und dann würde sie auch bei Claudia sein können. Es würde gewiss ein herrliches Leben. "Dann werde ich mich dir wohl anschließen, immerhin habe ich auch entschieden, in den Dienst der Minerva zu treten." schmunzelte Minervina und beobachtete Claudia genau, um eine Reaktion erkennen zu können. Ob sie es auch lernen würde stets so gefasst zu wirken? So perfekt?

  • Claudia nickte wohlwollend. "Eine erfreuliche Wendung. Ich freue mich darauf dir Rom zeigen zu können und dich in die Gesellschaft dort einzuführen." sagte sie und ihr Blick wanderte zum Fenster.

  • Minervina beobachtete den Blick von Claudia und musste lächeln. Bald wär all das hier wieder ein Stück Vergangenheit und würde hinter ihr liegen. All die Leute die sie kannte, alles würde neu werden. Ein Kribbeln in ihrem Bauch machte sich breit. Ob sie Tarraco jemals wiedersehen würde? Ganz gewiss. Sie wandte den Blick langsam gen Boden. "Das wird ein hartes Stück Arbeit für dich werden. Ich möchte nur eines: So werden, dass Vater stolz auf mich sein kann, also keineswegs wie Mutter." Nun war es heraus. Doch sie hielt den Blick gesenkt und ließ nichts weiter vernehmen.

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