• Ich saß über meinem breiten Eichenholzschreibtisch in meinem Tablinium, fast apathisch starrte ich die weite Leere der kahlen Wand mir gegenüber an.


    Ich hatte mich in meinen Sessel zurückgelehnt, den Arm auf der Lehne abgestützt und hatte dabei den Kopf schräg gelegt.


    Es war ganz still im Haus, auf dem Anwesen, draußen auf dem Hof, selbst von den Ställen drang kein Lärm.


    Wie ich sie genoß diese stillen Momente in völliger Abgeschiedenheit, sie wurden zur Mangelware und einem kostbaren Gut.
    Vor mir auf dem Tisch lag eine Wachstafel, an der ich gerade geschrieben hatte. Die Worte drehten sich in meinem Kopf und ich hatte sie mehrmals hin-und hergeschoben wie in einem Spiel. Solange bis es passte.


    Nun stand es da, unerschütterlich, unzerüttbar und ich war zufrieden. Nur noch mein 'imperator iulianus' mußte ich daruntersetzen, dann war es komplett. Und so presste ich Siegel und Unterschrift in den Ton hinein. Da stand es nun.



    MANVMISSIO


    IN ANGESICHT VNSERER GEHEILIGTEN TRADITIONEN VND RITEN VOR DEVS OMNIPOTENS IVPPITER OPTIMVS MAXIMVS VND DEM GOETTLICHEN IMPERATOR VLPIVS IVLIANUS CAESAR AVGVSTVS SEI


    DEM SERVVS NVMERIVS OPEROSVS


    FVER SEINE AVFOPFERUNGSVOLLEN DIENSTE, FVER SEINE TREVE VND LOYALITAET ZV SEINEM HERRN VND BESITZER ALS ZEICHEN DER WERTSCHAETZVNG VND DANKBARKEIT DIE FREIHEIT GESCHENKT.


    SO SOLL ER VNTER DEM NAMEN TITVS DIDIVS T l OPEROSVS ALS FREIER MANN SVI IVRIS SEINEN WEG GEHEN, NIEMANDEN VNTERWORFEN ODER VERPFLICHTET ZV IRGENDEINER OBLIEGENHEIT.


    VRKVNDLICH BESTAETIGT


    T DIDIVS GORDIANVS


    ANTE DIEM III KAL IUL DCCCLVI A.U.C. (29.6.2006/103 n.Chr.)


    Zufrieden betrachtete ich die Urkunde, datiert und gesiegelt. Den glücklichen Empfänger mußte ich noch informieren, also ließ ich durch einen Sklaven, der gerade an meinem Büro vorbeischlich, Numerius herbeiholen.

  • Ich hatte keine Ahnung, was mein Herr um diese Zeit von mir wollte. Dennoch beeilte ich mich, um seinem Wunsch nachzukommen und betrat kurzerhand - nachdem ich mich durch ein Klopfen an den inneren Türrahmen bemerkbar gemacht hatte - das Zimmer.


    Als mein Herr mir wortlos die Wachstafel überreichte und ich begann diese zu lesen, fingen meine Hände aufeinmal an zu zittern, als ich merkte, was ich in meinen Händen hielt.


    Mein Herz schlug wie wild. Begreifen konnte ich es in diesem Moment noch nicht, diesen Augenblick, den ich über all die Jahre so ersehnt hatte. Mir fehlten die Worte. Ich musste schlucken. Mehr als ein dünnes "Danke, Herr" brachte ich nicht zustande.


    Ich war fassungslos, starrte immer wieder auf die Urkunde und zu meinem Herrn und wieder zurück auf die Urkunde. Ich lass die Zeilen mehrmals, es stand da wie es geschrieben stand. Und doch richtig realisieren konnte ich es noch nicht, was es bedeuten würde, für mich, für mein Leben...

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!