[Atrium] Tiberii hospiti

  • Der Blick ihres Bruders entging ihr nicht, denn er war so typisch für ihn, so still, ohne aufdringlich zu sein, und sie ahnte in diesem Moment auch, was er wohl denken mochte. Ihren Kummer über den Tod ihres Mannes kannte er nur zu gut, und auch wenn sie diesen oft vor ihm zu verbergen versuchte, insgeheim hatte sie doch sehr oft das Gefühl, dass er sehr genau wusste, wann sie traurig war und keinen Trost fand und wann sie in ihren Erinnerungen lebte, ohne zu weit in die Zukunft zu blicken. Zehn Jahre konnte man schließlich nicht einfach wegwischen und schon gar nicht vergessen. Dafür war zu vieles geschehen. Während sie sich kurz in Gedanken verlor, betrachtete sie ihren Bruder voll stiller Zärtlichkeit und ohne darüber nachzudenken, hob sie die Hand zur Brust an, dorthin, wo unter dem Stoff ihres Kleides das Lederband mit dem hölzernen Taubenanhänger ruhte, den er einst für sie geschnitzt hatte. Es hatte sich vieles in ihrem Leben verändert, aber diese Liebe zu ihrem jüngsten Bruder war stets geblieben, und es war gut, wie es war.


    "Deine Verwandte Tiberia Livia habe ich vor einer Weile kennengelernt," sagte sie sinnierend in die Richtung des Vitamalacus und lächelte dann. "Sie ist wirklich eine sehr angenehme und intelligente Frau, bei der ich sehr gut nachvollziehen kann, wieso ihr Weg in die Politik so erfolgreich verlaufen ist. Ich hoffe, dass sie nicht beim Amt des Praetors aufhört und sich nicht von den vielen bösen Worten entmutigen lässt, die über Frauen gesprochen werden." Sie ließ kurz eine Pause entstehen, denn eigentlich wollte sie nicht zum Thema der Frauen in der Politik zurückkehren, es war in den letzten Wochen wahrlich genug besprochen worden, dafür hatte sie einige andere Fragen, die ihr schon seit einiger Zeit auf den Nägeln brannten.
    "Kannst Du uns vielleicht etwas von Mogntiacum berichten, quaestor? Unser Vater dient der Stadt als Magistrat, und er schreibt in seinen Briefen leider sehr wenig über seine Arbeit, ich fürchte, er hat sehr viel zu tun - Du aber kennst das Land und die Menschen dort aus eigener Erfahrung. Ich würde einfach gern etwas mehr über die Umgebung wissen, in der unser Vater seine Zeit verbringt."

  • Vieklleicht hätte er noch vor kurzem den jungen Iulier vorwurfsvoll gefragt, warum er denn nicht in der Nacht dagewesen war, als Nova dort ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte. Natürlich hätte dieser keinen Dienst gehabt, es war sogar so, das er damals noch gar kein Miles gewesen. Aber er hatte bis vor kurzem jedem die Schuld an ihrem Tot gegeben, sich selbst inbegriffen. Doch seit jenem Zusammentreffen am Ianus bogen, hatte er begonnen seinen Frieden zu finden.
    "In der Tat, Livia hat sich bisher sehr gut geschlagen und wenn sie entscheidet ihren Weg weiter zu gehen, werde ich natürlich sie voll und ganz unterstützen," meint er, geht aber nicht weiter auf die möglichen Wiederstände ein. Ihn langweilt dieses Thema zu genüge. Stattdessen fällt ihm auf, das sie zum wiederholten Mal die Hand zu ihrer Brust führte, etwas, das ihr viel bedeutet, musste sich dort unter ihrem Kleid verborgen sein. Vielleicht war es ein Medallion, von ihrem Mann, ähnlich wie er selbst stets jenen Dolch mit sich führte, mit dem Nova ihrem Leben ein ende machte.


    "Leider kenne ich Mogntiacum kaum, ich war nur einige Male auf der durchreise dort. schliesslich ist meine Legion weiter nördlich in Colonia Claudia Ara Agrippensum stationiert, " antwortet er leicht bedauernd, "aber ich denke, beide Städte sind sich recht ähnlich. Die Städte bieten eigentlich alles, was ein Römer zum Leben braucht. Die Häuser sind gebaut, wie wir sie kennen und durch die Fussbodenheizung ist es auch im Winter behaglich. Theater, Arenen und Thermen sind natürlich vorhanden...."
    Dann blickt er zwischen den Geschwistern hin und her. Die tiefe Verbundenheit zwischen ihnen ist offensichtlich."Anders ist es, wenn man die Städte verlässt. Dort ist es wesentlich wilder und rauer, dunkle Wälder herrschen vor und viele Einheimischen leben noch wie ihre Ahnen. Doch es gibt immer wieder typische römische Besitzungen, praktische Oasen der Civilsation."

  • Es ist wohl ein Vorrecht der Jugend träumen zu dürfen. Und Constantius hatte jahrelang von diesem Vorrecht gebrauch gemacht und tat es in einsamen, ruhigen Momenten teilweise noch immer. Was hatte er sich für Geschichten erdacht. Welch Abenteuer in einer phantasievollen Welt erlebt. Nun, da das Gespräch sich Germanien zuwandte, wurde der junge Iulier hellhörig und aufmerksam.
    Hatte er zuvor noch trüben Gedanken nachgehangen, Gedanken über Helens Leid, das sich ihm entzog. Einen Schmerz, den er ihr nicht nehmen und oft auch nicht teilen konnte. Trotz seiner grenzenlosen brüderlichen Liebe, gab es doch etwas zwischen ihnen, dass sie voneinander trennte. Etwas, über das er später noch nachdenken würde.
    Er hob den Blick an und spürte erst jetzt, dass der Blick Helenas auf ihm ruhte. Er war so vertraut, so nah. Er ließ sein ernster gewordenes Gesicht aufhellen. Ließ ein Lächeln auf sein Gesicht treten, dass er schon im Kindesalter so oft offenbart hatte. Es war jenes Lächeln,das von großen strahlenden braunen Augen begleitet wurde, die stolz und liebevoll zu der großen Schwester aufblickten. Nur kurz schloss er die Augen. Etwas länger als einen Wimpernschlag mochte es dauern, doch war es eine Geste, die wohl hunderte von Büchern gefüllt hätte.


    „Germanien musst ein beeindruckendes Land sein. Ich hörte Geschichten über dichte, dunkle Wälder mit mächtigen Bäumen. Die Barbaren in diesen Landen sollen riesig und unbarmherzig sein. Was ihnen an Zivilisation fehlt, mangelt ihnen jedoch nicht an Kampfeswillen. Doch oft gewinne ich den Eindruck, dass das Land selbst uns feindlicher gegenübersteht, als das es seine Bewohner je könnten. Mein Onkel Iulius Numerianus selbst ist ein stolzer Reiter in der Legion.
    Ich kann nur erahnen, wie schwierig das Gelände für die Reiterei sein muss. Ja selbst für die dichten Formationen der Legionen. Doch gleichzeitig muss dieses Land trotz oder gerade wegen seiner Wildheit faszinierend sein. Ist dem so. Kann das wilde Land einen Römer faszinieren?“ Sein Blick wandte sich bei seinen Worten dem Tribun zu

  • Sie war ganz froh, dass sie den Boden der Politik verlassen hatten, auch wenn die Stellung der Frauen in der römischen Politik immer wieder ihre Aufmerksamkeit gefunden hatte, seit sie davon erfahren hatte. Vielleicht war sie zu lange von der wirklichen Welt entfernt gewesen, als sie Titus in alle Ecken des Imperiums begleitet hatte, und die Welt hatte sich schneller verändert als sie es gedacht hatte - zumindest was die Stellung der Frauen anging. Als sie geheiratet hatte, war solcherlei noch undenkbar gewesen, und nun waren Frauen Senatorinnen und sprachen selbst ihre Meinung offen und frei aus. Sie konnte nicht vor sich verhehlen, dass sie dieser Weg reizte, aber gleichzeitig wagte sie es nicht, sich in Kleidung mit dem latus clavus vorzustellen, den sie sich selbst verdient hatte, ohne zu heiraten.


    Sanft erwiederte sie das Lächeln ihres Bruders, und in diesem Augenblick fühlte sie sich so zufrieden wie schon sehr lange nicht mehr. Innerhalb kurzer Zeit waren sie in Rom gut angekommen, er ging der Tätigkeit nach, die er sich gewählt hatte, ihre Arbeit konnte den Haushalt finanzieren, was wollte man mehr? Es schien, als seien die Götter den Iuliern wieder gnädig, nachdem so lange kein Iulier mehr in den Geschicken der urbs aeterna eine Rolle gespielt hatte, hatten sie sich die Hintertür geöffnet und blickten in die bunte Welt Roms wie zwei Kinder, die noch vieles zu lernen hatten - und lernen würden. Sie würde ihm sagen müssen, wie stolz sie auf ihn war, und wie sehr er es noch immer schaffte, ihr Herz klingen zu lassen, weil es ihn gab. Für Constantius, ihren letzten und jüngsten Bruder, hätte sie wahrscheinlich alles getan.


    "Irgendwie fällt es mir noch immer schwer, in den Germanen ein Volk zu sehen, das die römische Herrschaft gut angenommen hat. Ein Teil von ihnen scheint vollkommen wild und bar jeder Vernunft, die Legionen immer anzugreifen ist doch auch wahrlich idiotisch, und wieder andere scheinen sich so an uns angepasst zu haben, dass sie römische Namen tragen und römisch leben. Herrscht denn gar keine Einigkeit unter diesen Wilden? Ein Römer ist doch stets ein Römer, egal, wo er weilt," sagte sie nachdenklich und enthüllte damit einen Gedankengang, der ihr schon öfter gekommen war.

  • Das Verhältnis zwischen den Geschwistern war, davon zeugten die Blicke, die die Beiden austauschten, tief und von grossem Vertrauen und gegenseitiger Achtung. Etwas, das er selbst nie kennengelernt hatte. Er hatte keine leiblichen Geschwister, und seine beiden Jugendfreunde waren eben nur Freunde, denen er zwar vertraute, aber sie waren keine Geschwister für ihn.


    Erst blickte er nun zu Helenas Bruder, dann wieder an Helena und setzte seine Berichte aus Germania fort. "Der Germane ist wohl in der Regel grösser und auch stärker, als so mancher Römer und ein ernst zunehmender Gegner mit grossem Mut und Kampfeswillen. Das wusste schon euer Ahne, der göttliche Caesar, beschrieb er doch eben jene Keltenstämme als die mutigsten, welcher permanent im Kampf mit Germannen seien."


    Wie oft hatte sein Grossvater ihn den gallischen Krieg lesen lassen ? Wahrschenlich könnte er ihn im Schlaf rezitieren."Doch in der Schlacht fehlt dem Germane oft die Diszplin und die Einheit, welche uns Römer auszeichnet. Tatsächlich gibt es auch nicht den Germanen, es sind hunderte von Stämmen, oft untereinander vereinfeindet, verfolgen eine einfache Politik nach den Prinzip, das der Feinde eines Feindes ein Freund ist. Gefährlich ist es, wenn sich grosse Teile der Stämme vereinen und zusammen in die Schlacht ziehen."


    Er denkt an den letzten Einfall der Barbaren, welcher nur mit grossen Anstrengungen zurückgeschlagen wurde, und an jenes dunkle Kapitel, als drei Legionen vernichtet wurden. "Doch der Germane berherrscht auch den Verrat und den Hinterhalt, erinnern wir uns doch den Verrat des Arminius. Und dann nutzen sie gerne ihre Wälder, um Hinterhalte zu legen. Gerade die dunklen Wälder verhindern es, das wir unsere taktische Stärke voll zum tagen bringen können. Männer wie euer Onkel sind es dann, die unter Einsatz ihres Lebens uns absichern. Mit ihren Pferde durch das Unterholz reiten und uns warnen, wenn ein Feind sich nähert, sei nur, weil wir nicht mehr das Geräusch ihrer Pferde höhren."


    Während er darüber spricht, verfinstert sich sein Blick etwas, doch als sein Blick wieder Helena trifft, hellt sich sein Gesicht wieder auf und er lenkt das Gespräch auf schönere Kapitel Germaniens. "Doch gerade der friedliche, gesichterte Teil Germaniens hat seine schönen Seiten, gerade im Frühjahr oder Sommer, die Wälder bieten herrliche Möglichkeiten zum Ausreiten, oder auch zur Jagd. Ihr sollte es einmal bereisen, wenn es eure Zeit erlaubt."

  • Da war es wieder. Jener Teil des jungen Iuliers, der immer noch nach Ruhm und Ehre strebte und in den Erzählungen über Germanien die Möglichkeit zur Erreichung dieser Ziele sah. Es ist jener Gedanke, der junge Männer dazu verführt, die Wirren des Krieges mit der Einfältigkeit eines Schafes zu sehen, dass zur Schlachtbank geführt wurde. Keinen Gedanken verschwendete er daran, dass mehr als 15 000 Römer alleine bei der Varusschlacht ums Leben gekommen waren. Und schon gar nicht glaubte oder dachte er daran, dass er jemals einer dieser toten Helden sein würde.


    „Gewiss werden wir eines Tages Germanien bereisen. Immerhin weilt ein Großteil unserer Familie dort. Und vor allem arbeitet auch unser Vater dort. So wird sich unser Weg bestimmt auch in diese Gefilde führen. Ich hoffe nur, dass es in der Zeit des Sommers sein wird. Trotz der Schönheit des Winters dort, soll es furchtbar kalt werden. Ganz anders als hier in Roma, wo die Götter uns doch mehr oder weniger verwöhnen. Vermisst ihr Germanien? Oder ist dies Land der Wilden zu bedrückend, als das man es vermissen könnte?“


    Er schüttelte kurz den Kopf


    „Sicherlich werdet ihr Germanien vermissen. Gewiss weilen eure Familie, eure Frau und eure Kinder in Germanien. So nehme ich an.“


    Sein Gesichtsausdruck hatte sich bei seiner Frage nicht verändert. Blieb harmlos, fast unauffällig. Und doch waren seine Augen so aufmerksam wie die eines Adlers, der seine beute aus luftiger Höhe erspäht hatte und nur darauf wartete, dass sie sich aus ihrer Deckung hervor wagte.

  • Sie warf einen amüsierten Seitenblick auf ihren Bruder und stellte etwas fest, das sie bei ihren anderen Brüdern, aber auch der sonstigen, soldatischen Verwandtschaft allzu oft hatte sehen müssen: Die Begeisterung für die Fremde, die einen eigentlich vernünftigen jungen Mann sehr schnell dazu brachte, sich der Legio anzuschließen, einige Jahre im Dreck zu waten und vermutlich dann in irgendeiner fernen Provinz auf dem Schlachtfeld gegen Gegner zu fallen, von denen man zuhause in Roma noch nie etwas gehört hatte. Und wie stets waren es die Frauen, die zurückblieben, und schweigend erdulden mussten, dass ihnen Väter, Ehemänner, Brüder und Verwandte genommen wurden, ohne dass sie etwas dagegen tun konnten.


    "Ich will mir gar nicht vorstellen, in welcher Gefahr unser Vater schweben könnte - es ist nur gut, dass Mogontiacum eine befestigte und gut gesicherte Stadt ist, sodass ihm nichts geschehen kann," sagte sie leiser, etwas nachdenklicher, ein wohl deutlicher Kontrast zur Begeisterung ihres Bruders. Und ebenso leise betrat eine Sklavin den Raum und blickte zu ihrer Herrin, näherte sich aber erst, als sie das Zeichen dazu erhielt und entschwand wieder eilig, als sie ihre Botschaft ausgerichtet hatte. Noch bevor Tiberius Vitamalacus auf die versteckte Frage antworten konnte, erhob sie sich und ein bedauerndes Lächeln zeichnete sich auf ihren Zügen ab. "Es tut mir leid, dies sagen zu müssen, aber ich werde mich nun wieder der Vorbereitung unseres Gastmahls widmen müssen - die Zeit vergeht, und ansonsten werde ich unsere Gäste heute abend eher abschrecken, weil meine Haare noch zu Berge stehen oder die Schminke nicht fertig ist." Vergnügt ob des beschriebenen Bildes lächelnd - eine wahre Vogelscheuche wäre sicherlich eine interessante Atraktion für ein Gastmahl - nickte sie den beiden Männern zu.


    "Es hat mich sehr gefreut, dass Du uns besucht hast, Tiberius Vitamalacus, und ich hoffe, es wird nicht das letzte Gespräch sein, das wir miteinander führen konnten, ich weiss Deine Ansichten sehr zu schätzen," sagte sie freundlich zu beider Gast und wandte sich dann zu jenem Bereich des Atriums, der weiter in die Casa hinein führen würde, am impluvium vorbei. Auch für Constantius würde es bald Zeit sein, sich vorzubereiten, aber glücklicherweise schienen Männer für dergleichen deutlich weniger Zeit zu brauchen als Frauen. Manchmal waren sie wirklich sehr zu beneiden. "Vale bene," verabschiedete sie sich mit einem Lächeln in Richtung des Gastes, dann auch zu Constantius, und wandte sich schließlich dem Gang zu ihrem cubiculum zu, um sich der Herausforderung der anspruchsvollen römischen, weiblichen Verschönerungskunst zu stellen.

  • Als der junge Iulier so scheinbar nebenbei ihn nach seiner Familie aushorchte, musste der Tiberier innerlich schmunzeln, doch bevor er antworten konnte, von seiner Familie, der IX., berichten erhob ich Helena und verabschiedete sich. Ganz automatisch erhob er sich auch.
    "Werte Iulia Helena, ich will dich und deinen Bruder auch nicht von euren Pflichten abhalten. Ich habe schon genug euerer Zeit in Anspruch genommen. Wenn uns die Götter gewogen sind, bietet sich vielleicht die Gelegenheit zu einem weiteren Gespräch."
    Kurz sah er ihr noch nach, gerade solange, wie es noch angemessen war, doch dann, wandte er sich wieder dem jungen Iulier zu.
    "Ich will auch dich nicht von deinen Pflichten abhalten und auch meine rufen mich wieder. So werde ich mich nun verabschieden müssen."


  • [Blockierte Grafik: http://i1294.photobucket.com/albums/b620/Zacade/IR/Home/Avas/SWonga.jpg]


    Der ianitor der Casa Iulia führte Titus, des Tiberius Vitamalacus Dauerschatten und Leibwächter, in das saubere und ordentliche Atrium des Hauses, um ihn dort stehen zu lassen. "Ich hole Herrin," schnaufte der Nubier und stapfte schon in das Innere der Casa davon, um die Hausherrin zu suchen - hoffentlich war sie überhaupt da, diesen breitschultrigen Kerl im Haus herumstehen zu lassen, gefiel dem Nubier nicht besonders. Bisher hatte er bei jedem Besucher das Gefühl gehabt, im Notfall mit ihnen fertig werden zu können, aber dieser Mann schien ein gleichwertiger Kämpfer zu sein für ihn - und so blieb Titus einstweilen zurück und musste ein wenig warten, bis die Hausherrin wohl bereit wäre, ihn zu empfangen.

  • Titus
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    Warten ! Immer wieder warten,... er hatte sich es spannender vorgerstellt, als es darum ging, dem Tribun zu folgen. Aber in der Gegend herumstehen, das könnte er bei der Legion tun. Naja, was sollte es, so schlimm war es hier auch nicht. So stand er da, wie er schon immer Wachdienst geschoben hatte, lange Jahre Wachdienst hatten ihn gweleert, wie man bequem steht, aber dennoch auszieht, also ob man stramm steht. Die Hände hatte er dabei auf dem Rücken verschränkt, die Wachstafel hielt er fest in beiden Händen.

  • Es dauerte nicht allzu lange, bis die Hausherrin denn auch wirklich erschien, das Haar hochgesteckt, die palla allerdings so darüber befestigt, dass der dünne Schleier ihr Gesicht zur Hälfte verhüllte - immerhin war Titus weder ein Bekannter der Familie noch ein Freund, und damit stand es ihm nicht zu, einer Frau aus dem Haus der Iulier allzu deutlich ins Gesicht blicken zu können. Hätte es einen Kontrast zwischen der Welt der Bildung, ehrwürdiger Ahnen und vor allem römischer Sittlichkeit und der rohen Kraft eines ehemaligen Legionärs geben müssen, so verkörperten Iulia Helena und der Begleiter des tribunus jenen Kontrast perfekt.


    "Salve, Titus," sagte die Iulierin höflich, mit einem freundlichen Unterton im Klang der Stimme, während sie ihn erwartungsvoll anblickte. "Mein ianitor sagte mir, Du hättest eine Botschaft für mich?" Sie blieb ein wenig von ihm entfernt stehen, während Wonga seinen Posten neben der Tür zum Vorraum einnahm und stur auf Titus' Rücken starrte.
    "Du kannst gehen," sagte sie sanft in die Richtung des Nubiers, der sie kurz überrascht anglotzte, eine nun deutlich herrischere Handbewegung später allerdings abdrehte und sich in Richtung seines Verschlags begab, in welchem er den Tag zu verbringen pflegte, bis Besuch anklopfte. Dann ruhte der klare Blick ihrer blauen Augen wieder auf Titus, fragend und erwartungsvoll zugleich.

  • Titus
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    Als Iulia Helena das Atrium betritt, dreht sich der riessige Mann langsam zu ihr, mussterte die Frau kurz, nicht so eindringlich, wie er es mit anderen Frauen zu pflegen tut. Doch irgendwie spürt er, das, sollte er bei dieser Frau sich falsch verhalten und sein Tribun bekäme davon Wind, dann würde er solch einen Ärger bekommen, wie schon lange nicht mehr.


    "Salve, werte Iulia Helena." Seine Worte klingen sehr bemüht, er gibt sich sichtlich grosse Mühe, den richtigen Ton zu treffen. "Mein Tribun wünscht, das ich dir die Wachstafel persönlich überreiche."


    Fast erleichtert klingt es, als er geendete hat, wie ein Schüler, der sein sorgmass geprobten Vortrag hinter sich gebracht hat. Er hält ihr die noch geschlossene Wachstafel hin, hält sie weit von sich, als ob er sich auch fürchtet ihr näher zu kommen, als es sich geziemt.



    Liebe Helena,


    ich danke dir noch einmal, für deine Bereitschaft, mein Mündel mit auf die Märkte zu nehmen. Leider fiel mir zu ein, das meine Bereitschaft, das die Händler ihre Bezahlung bei mir abholen können, den entscheidenden Fehler hat, das die wenigsten Händler wohl meine Mündel kennen und so ihrem Wort wohl kaum glauben schenken würden.
    Um diese kleine Problem zu lösen, würde ich dich bitten, mich im Vorfeld auf einen kleinen Rundgang zu begleiten. Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir diese Ehre erweisst. Vielleicht schon am heutigen Nachmittag ? Titus könnte dir zeigen, wo du und dein Schatten Wonga mich treffen könntet. Ansonsten nenne Titus einen Zeitpunkt und Ort, ich würde da sein.


    In der Hoffnung auf eine mir vollgesonnen Antwort,


    Quintus T. Vitamalacus


  • "Ich danke Dir," erwiederte sie mit einem Lächeln, das halb hinter dem Schleier verborgen blieb, bevor sie die Wachstafel mit einer sanften Handbewegung entgegen nahm, sich zu einer der gepolsterten Sitzbänke begab, um sie dort in aller Ruhe durchzulesen und sich die Worte durch den Kopf gehen zu lassen. Sie konnte nicht ganz verhindern, dass sich ihr Schmunzeln merklich vertiefte, hatte dieser Fuchs von Vitamalacus doch tatsächlich einen Grund gefunden, wie sie sich hochoffiziell treffen konnten, ohne irgendwelche Anstandsregeln zu verletzen oder sonstiges. Langsam aber sicher gewann ihr Bild von ihm einige deutliche Facetten mehr, und eine jede fand sie durchaus als interessant. Wieviel mehr würde sie wohl noch zu sehen bekommen, je besser sie sich kennenlernen würden? Sie bereute es in diesem Moment einmal mehr nicht, den Weg zum Ianusbogen mitten in der Nacht angetreten zu haben, er hatte ihr eine wahrlich faszinierende Begegnung beschert.


    Still strich sie die von seinem Griffel stammenden Markierungen in der Wachsschicht des Täfelchens glatt und begann, einige Worte als Antwort zu notieren, den eigenen Griffel hatte sie in einem Beutel stets bei sich, immerhin gab es in einem größeren Haushalt auch öfters etwas zu schreiben.
    "Würdest Du das dem tribunus bitte überreichen? Er soll nicht auf seine wohlverdiente Antwort warten müssen," sagte sie schließlich, als sie sich erhob, und reichte ihm das Täfelchen zurück. Irgend etwas in ihren blauen Augen fügte stumm die Tatsache hinzu, dass er es sich nicht auch nur überlegen sollte, die Nachricht zu lesen.



    Salve Vitamalacus,


    es wird mir eine Freude sein, Dich in Deiner Mündelbeschäftigungsmission zu begleiten, die junge Dame soll schließlich auch die schönen Seiten Roms ungehindert kennenlernen können, und wie erschließt sich einem Rom besser, als wenn man mit vollen Händen Sesterzen für völlig sinnlose Waren an den Mann bringen kann?
    Ich würde sagen, wir treffen uns einfach auf dem Markt, beim Stand des Tuniken- und Togenhändlers Benarus, ein ziemlich teurer Händler, aber man sieht ihn durch die leuchtenden Stoffe schon von weitem, Du kannst ihn nicht verfehlen - dort werde ich Dich erwarten, sobald die Curie für den heutigen Tag die Geschäfte ruhen lässt.


    Vale bene,
    Iulia Helena

  • Titus
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    Warten ! Immer wieder warten,... Das war wohl sein Leben. Naja, so sollte es eben sein. Während die Frau liesst und irgendwann anfängt zu schreiben, lässt Titus sein Blick unauffällig durch das Atrium schweifen. Irgendwie sag es aus wie überall, obwohl die Wandbemalung im Lupanar, in der nähe des Forums, also das, wenn man da die dritte Strasse links rein geht,.. und dan die zweite rechts,.. Nee,.. da war die Insula eingestürzt,.. also die zweite links vom Forum und dann zweite links, oder war es auf dieser Strecke die dritte ?
    Irgendwie waren seine Gedanken gerade gänzlich verworren, und es brauchte eine weile, bis er wahr nahm, das er auf eine Vase starrte, auf der anscheinend ein Mann und zwei Frauen gerade der Venus ein gemeinsames, iniges Opfer dabrachten. Oder war die eine Frau tatsächlich ein Mann ? Das musste Griechisch sein....


    Als Iulia Helena auf ihn zutrat, schrak er aus seinen verworrenen Gedabken hoch, er hatte fast vergessen, das er nicht allein war uund ihm war auch jede der Regungen der Frau entgangen, die vielleicht sichtbar gewesen waren, als sie lass und schrieb.


    Er nimmt die Wachstafel entgegen und nickt. "Sehr wohl, ich werde die Tafel überbringen." Während er spricht, steckt er die Tafel in seine Tunika. "Wenn du erlaubst, ziehe ich mich nun zurück." Irgendwie ist sie ihm etwas ungeheuer, mit dieser Frau war nicht zu spassen. Was der Tribun nur an ihr fand ?

  • Mit einem gewissen Amüsement stellte sie fest, dass er ausgerechnet vor der Vase stehen geblieben war, auf der die Männergruppe miteinander kopulierte - eins der Geschenke, die sie und Titus zur Hochzeit erhalten hatten und über das sie sich oft amüsiert hatten, sah es doch alles recht unbequem aus. Bis heute war sie sich nicht sicher, ob der eine Mann vorn nicht doch eher eine Frau war, aber vielleicht hatte er sich auch nur einfach als Frau verkleidet? Wer verstand schon die Griechen, so hatte sie es schließlich einfach sein gelassen, darüber nachzudenken. Dass ausgerechnet diese Vase das Interesse des ständigen Begleiters des Tribuns gefunden hatte, war dann doch irgendwie amüsant, bisher hatte sie ihn für einen ziemlichen Frauentypen gehalten.


    "Natürlich," erwiederte sie mit einem gelassenen, sanften Lächeln auf den Lippen, während die blauen Augen verräterisch funkelten. "Ich hoffe, Du hast einen sicheren Rückweg zur Villa Tiberia." Sie klatschte leicht mit beiden Händen und Wonga erschien wieder im Eingangsbereich des Atriums. "Herrin?" fragte er und blickte nur sie an. "Begleite unseren Gast bitte hinaus," sagte sie und nickte Titus ein letztes Mal zu, bevor sie sich abwandte und in das Innere des Hauses davon schritt. "Du mitkomme," sagte der Nubier in Titus' Richtung und blickte ihn erwartungsvoll an.

  • Titus
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    Als ob ihm irgendwer in Rom gefährlich werden könnte, ihm den grössten Schläger der IX. Irgendwie wünschte er es sich, das endlich mal jemand traute, sich ihm in den Weg zu stellen. Vielleicht sollte er mla wieder allein in eine Taberna gehen, da gab es meist immer Gelegenheit auf eine anständige Schlägerei.


    Doch er nickte einfach gelassen und meinte knapp, seinen eingeübten Ton verghessemd : "Werd `ich haben,..."


    Dann drehte er sich um, nickte Wonga stumm zu und folgte ihm, verliess kurz darauf die Casa Iulia.


  • [Blockierte Grafik: http://i1294.photobucket.com/albums/b620/Zacade/IR/Home/Avas/SWonga.jpg]


    Wonga führte den patrizischen Besucher in das atrium der Casa Iulia, bedeutete ihm dann, hier zu warten - Titus war auf der Höhe der Pforte zurückgeblieben wie alle Begleiter eines Besuchers es zu tun hatten, so sie nicht ausdrücklich ebenso geladen waren - dann schritt er in das Innere des Hauses erstaunlich lautlos davon, um Iulius Seneca davon zu unterrichten, dass ihn Tiberius Vitamalacus zu sprechen wünsche.

  • Er war dem Nubier gefolgt, wie er es schon einmal getan hatte. Im Atrium blieb er stehen. Alles an seiner Haltung verriet den Soldaten, nur die Toga verret sein civiles Amt.
    Geduldig wartete er das erscheinen seines Gesprächpartners an, nichts verriet wie wichtig ihm dieses Gespräch sein würde.

  • Der Ianitor hatte den Tribun in seinem Cubiculum angetroffen, wo dieser gerade ein paar seiner Sandalen verstaut hatte.


    Iulius Seneca folgte dem Sklaven, der den Weg zur Porta über das Atrium nahm.
    Der Ton, wenn genagelte Sandalen auf Marmorstein treffen, war im ganzen Atrium zu hören. Es musste sich unweigerlich um Soldatenstiefel handeln, die Seneca trug.


    Im Atrium angekommen erkannte Seneca sofort den Besucher, der von Wonga als Aedilis Curulis bezeichnet wurde. Der Iulier hatte zunächst gestutzt und bedauerlicherweise nicht gewusst, wer der neue Aedil war, denn er hatte sich bis Dato nicht viel aus Politik gemacht.


    Als er nun seinen früheren Kamerad Vitamalacus erkannte, grüßte er ihn militärisch korrekt, aber dennoch mit einem lächeln auf dem Gesicht.


    Salve, Tiberius Vitamalacus!


    Was verschafft mir die Ehre, fragte er ihn formal und grinste dabei.


    Setz dich doch.


    Er deutete dabei auf einen der Korbstühle, die rund um einen kleinen Tisch plaziert waren.


    Es ist lang her, seitdem wir uns das letzte mal sahen.


    Der ehemalige Tribun war im Frühjahr nach Rom aufgebrochen, um in den Cursus Honorum einzuziehen.

  • Geduldig hatte er eine Weile gewartert, und als er die schwere Schritte hörte, gab es für ihn nur eine Erklärung : Der Mann, welche er aufsuchen wollte, näherte sich dem Attrium.
    Gewohnt militärisch koorekt erwiederte er den Gruss.


    "Iulius Seneca !"


    Wie aufgefort nahm er Platz, trotz der Toga war seine ganze Haltung die eines Soldaten.


    "Es freut mich, das du zur Garde unsere Imperators versetzt wurdest. Es ist ein ehrenvolles Amt. Aber ich vermute, auch du vermisst wie ich immer wieder das ruhige Leben im Castellum."


    Doch er war auch kein Mann von langen Vorreden, so kam er nun zügig zur Sache.


    "Doch ich bin nicht wegen der alten Zeiten gekommen, ich habe eine wichtiges, privates Anliegen."


    Er hatte sich nicht überlegt, wie er genau seine Bitte vortragen würde, das war nicht seine Art.


    "Ich habe vor eininger Zeit deine Nichte, Iulia Helena, kennen- und auch schätzen gelernt. Vor einiger Zeit schickte ich einem Brief an ihren Vater, deinen Bruder, mit der Bitte um sie werben zu dürfen. Da dein Bruder in Germania weilt, war es mir nicht möglich, diese Bitte persönlich vorzutragen, wie ich es bevorzugt getan hätte. Vor ein paar Tagen erhielt ich seine Antwort, in welcher er mich bezüglich meines Wunsche an dich verwiess."


    Er machte eine kleine Pause, dann wiederholte er noch einmal seine Bitte.


    "Iulius Seneca, ich würde gerne die Erlaubnis einholen, um Iulia Helena die Tochter deines Bruders zu werben."

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