Das Arbeitszimmer des Aurelius Corvinus

  • Lächeld nahm ich den Wein entgegen und trank grinsend einen Schluck. ‚Römer‘ dachte ich. Immer mit kleinen Schritten durch das Leben laufen, anstatt direkt einen großen zu machen. Hätte er vorher nach meinen Qualifikationen gefragt, hätten wir diesen Bereich bereites verlassen und uns einen weiteren zugewandt. So sind sie, die Römer. Allerdings verwundert mich, dass er zum wiederholten male Achaia sagte. Bei uns sagt das kein Mensch mehr. Vielleicht sollte das abwertend sein, weil die Achaier zwar den Trojanischen Krieg gewannen, aber die Trojaner nun, im römischen Blut weiter existierend, ihre Herrschaft auf fast die ganze Welt ausgedehnt haben. Möglich. Aber wahrscheinlich meinte er nur den lateinischen Ordnungsbegriff für unsere Region. Dieser lautet doch Achaea, glaub ich zumindest. Als Korinther müsste ich es doch eigentlich wissen, ich und Politik! Mal im Auge behalten.


    Ich hörte seine Worte, nahm noch einen Schluck von diesem Italischen Wein und antwortete auf Griechisch:


    „Athen ist groß, sehr groß! Alle großen Philosophen waren einmal dort bzw. zog es dorthin. Ich lebte auch einige Wochen dort, aber fühlte mich dort nicht wohl. Zu viel Trubel, zu viele Leute, zu wenig Stille! Zu viele Leute die einem die eigenen Ansichten aufdrücken wollen. Da ging ich lieber in mein beschauliches Korinth zurück. Dort ist es zwar auch nicht ruhig, und klein ist Korinth auch nicht, aber es ist die Heimat.“


    Ich machte eine Sprechpause, strich mir einige Haare aus dem Gesicht und sprach weiter.


    „Tja, was gibt es zu mir zu sagen? Ich komme wie gesagt aus Korinth, beschäftigte mich schon früh mit Philosophie und las die Werke von Philosophen. Mein Vater meinte, dass ich mich auch mit Römischer Geschichte beschäftigen sollte, weil es mir vielleicht nützlich sein kann. Ihm zu liebe tat ich dieses auch, aber da sie selten in meinem Umkreis zur Sprache kam, ist vieles nicht gleich zur Hand. Das müsste ich also auffrischen, falls der Bedarf besteht. Frau und Kinder habe ich keine, nur ein gebrochenes Herz; Geschwister habe ich 5. Bis vor kurzem lebte ich als Stoiker in der Heimat und baute Gemüse an. Ich verließ die Heimat, weil es in Korinth unruhig wurde. Die Mentalität hast du bereits angesprochen. Griechen sind offen für neues, fürchten aber unbekanntes. Bei uns dehnte sich die Christengemeinde immer weiter aus. Es war nicht mehr schön, die einen feindeten sich mit ihnen an, die anderen freundeten sich mit ihnen an und es gab nur noch Chaos.“

  • Felsenfest davon überzeugt, dass es Achaia hieß, dachte ich nicht über einen möglichen Fehler meinerseits nach und lauschte zunächst Drakontios' Worten, die ich recht gut nachvollziehen konnte. Athen war groß und lärmend, doch wer Rom gewohnt war, der wusste die Hauptstadt Griechenlands dennoch zu schätzen. Zweifelsohne jedoch befanden sich die bedeutendsten Philosophen und Rhetoriker in dieser Stadt oder hatten zumindest eine gewisse Zeit ihres Lebens dort verbracht. Das und die Mentalität der Griechen war es, die mich seither fasziniert hatte. Interessiert vernahm ich, dass der Grieche scheinbar eine unglückliche Liebe hatte oder etwas in der Art, doch ich ging nicht weiter darauf ein, da ich keine alten Wunden wieder aufbrechen wollte. Der Werdegang erschien mir recht stimmig, die Erwähnung der Christianer allerdings brachte meine Nase dazu, sich zu rümpfen.


    "Eines Tages werden diese Verräter an den einzig wahren Göttern das bekommen, was sie verdienen. Eine gerechte Strafe für ihr Tun. Stell dir vor, auch in Ostia haben sie einen Tempel gebaut, in dem sie ihren Gott anbeten. Ist man denn nirgends vor diesem falschen Denken sicher? Man muss dieser Tage noch besser auf seine Sklaven und Kinder aufpassen. Nicht auszudenken, was geschähe, liefen sie diesen Christianern in die Hände."


    Ich trank einen Schluck Wein und schüttelte den Kopf. Mir fiel der Brief wieder ein, über dem ich gebrütet hatte.


    "Drakontios, es gibt noch eine Frage, dich ich dir stellen muss. Der Kaiser schickt mich demnächst als tribunus nach Germanien in die legio secunda. Wärest du gewillt, mit mir nach Germanien zu reisen? Wenn ja, würde ich dich mit Freuden als meinen scriba personalis einstellen."




  • ‚Das Christenthema wäre also auch geklärt‘, dachte ich, als ich lächelnd den letzten Schluck des Weines trank, wollte aber es aber nicht ganz so negativ im Raume stehen lassen und kramte einige Augenblicke schweigend in meinen Gedanken, nach den passenden Worten suchend.


    „Christen sind ein schwieriges Thema in diesen Tagen. Von vielen Menschen werden sie nur als Feindbilder betrachtet, ohne das sie Fragen, warum es die Menschen zu den Christen zieht und warum sie sich von den Traditionen abwenden und wie sie es vermeiden können. Viele gebildete Leute sind darunter; ich halte es für unwahrscheinlich, dass diese geblendet werden. Also scheinen sie dort etwas zu finden, was sie sonst nirgends fanden. Allerdings ist dies nicht der richtige Moment, um mit einem so beschäftigten Mann über solche Dinge zu philosophieren!


    Ich hätte erwähnen sollen, dass ich grade aus Germanien komme. Natürlich stellt das für mich kein Problem dar. Der Vollständigkeit halber sollte noch erwähnt sein, dass mein erstes Ziel nach meiner Abreise Hispania war und ich im Anschluss einige Wochen in Germania verweilte. Ich bin mit dem Duumvir von CCAA gut bekannt und arbeitete auf dessen Hühnerfarm.“


    Mit dem rechten Zeigefinger tippte ich auf meine Lippen und fragte dann:


    „Wahrscheinlich bin ich einfach nur zu penibel mit den Worten und deren Auslegung, aber du hast von reisen gesprochen; unter reisen verstehe ich einen kurzen Aufenthalt. Als Tribunus wird dein Aufenthalt doch sicherlich eine längere Zeit in Anspruch nehmen?! Natürlich stellt dieses kein Hindernis dar, die Frage hat nur informativen Charakter“


    Langsam hatte ich mich warm geredet und begann in flapsigem Ton zu scherzen:


    „Der Wein in Germania schmeckt allerdings genauso wenig griechisch wie dieser hier!“

  • "Es sollte allgemein bekannt sein, dass die Söhne Roms das imperium nur mit Hilfe des Wohlwollens der Götter so weit ausdehenen konnten. Sieh dir an, wie weit entfernt die Grenzen des römischen Reiches liegen, Drakontios. Nicht nur bei genauer Betrachtung dieses Umstandes kann man darauf schließen, dass die römischen Götter die mächstigsten sind, die existieren. Die Christianer haben kein vereintes Reich, sie haben nur einen Gott. Einen, der keine Opfer verlangt und trotzdem gutmütig sein soll, allein aus jenem Grund, dass man an ihn glaubt? Oh, ich habe mich durchaus informiert über diese Seuche, die neuerdings auch im imperium eingezogen ist. Meiner Meinung nach sind die Christianer verblendet, vielleicht besessen von schlechten Geistern, wer weiß. Aber ernst zu nehmen sind sie auf keinen Fall."


    Ich stellte meinen Becher zurück auf die Tischplatte und schloss damit das Thema. Drakontios berichtete mir von einer Tätigkeit in Germanien, und das war wiederum recht interessant für mich. Ich legte dien Zeigefinger an die Lippen und nickte.


    "Ich weiß nicht, ob sich eine Ortskenntnis nur auf Colonia beschränkt, doch da ich nach Mogontiacum versetzt werde und zuvor lediglich für die Kurzweil eines Besuchs in Germanien weilte, könnte sich dein Wissen um die Gepflogenheiten der romanisierten Römer und auch jene der freien Germanen durchaus als nützlich erweisen. So du also mit einem Aufenthalt von rund einem Jahr zufrieden bist, ehe es nach Gutdünken des Kaisers wieder ins heimische Mantua zurück geht, hätte ich dich sehr gern als meinen scriba."


    Ich legte die Fingerspitzen aneinander und sah Drakontios darüberhinweg an.


    "Kommen wir nun zur Bezahlung,würde ich vorschlagen. Was hast du dir vorgestellt? Vorab sollte ich vielleicht gleich erwähnen, dass du Arbeitsmaterial und Unterkunft nicht zahlen musst, und ich dich für eventuell anfallende Extra-Arbeit angemessen entlohnen werde."

  • Bevor ein Reicher in das Himmelreich einzieht, passt ein Tau durch ein Nadelöhr. Also wenn das kein Opfer ist. Aber dies ist nicht der Richtige Moment, um philosophische oder theologische Fragen zu diskutieren und so hörte ich seinen Worten aufmerksam zu.


    „Bezahlung, hm. Es sollte natürlich ein Betrag sein, der es mir erlaubt, mich so auszustatten, dass es deiner gerecht wird. Der Sciba eines Tribunus sollte sicherlich nicht in schlichter Kleidung seine Arbeit verrichten, da es sonst ein schlechtes Licht auf seinen Arbeitgeber werfen könnte. Um diese Frage angemessen zu beantworten, müsste ich natürlich die jeweiligen Kosten kennen, welche diese Ausstattungen tragen. Zufrieden bin ich mit Unterkunft, Nahrung, etwas Wein und meiner Flöte.“


    Ich überlegte kurz und Erinnerte mich lächelnd an meinen kurzen Aufenthalt in Mogontiacum.


    „In Mogontiacum war ich einmal, ich suchte einen der Märkte auf und stellte mich an einen der Stände. Ein germanischer Sklave kaufte, ich glaube eine Tunika, für seine erkrankte Herrin und war sich mit der Farbe unsicher. Ich kann mich noch erinnern, dass ich im ersten Moment dachte, dass dieses germanische Ungeheuer einhändig den Minotaurus erwürgen könnte. Das war mein erster Kontakt mit Germanen.“

  • Ich tippte mir mit dem Zeigefinger grübelnd an die Lippen und grinste schief, als Drakontios seine erste Begegnung mit einem Germanen beschrieb. Meine war schon länger her, wie ich bei genauem Nachdenken feststellte.


    "Mein erster Kontakt mit einem Germanen liegt länger zurück. Meine... Deandra hat einen germanischen Sklaven, der auch nicht gerade einfach war, als er hier angekommen ist. Nicht, dass er inzwischen einfach ist. Er ist eben, ja, ein Germane", endete ich und grinste. In der Tat, Assindius war ein Mensch fürs Grobe, und Bildung, ohne Höflichkeit, aber mit einem weichen und treuen Herz. Vermutlich mochte Deandra in deswegen so sehr, auch wenn er nur ein Sklave war.


    Gedanklich ging ich kurz durch, was ich als Tribun an Sold bekommen würde und was abzüglich meiner eigenen Lebensunterhaltung noch übrig bleiben würde, dann schlug ich vor:
    "Was hältst du von dreißig Sesterzen wöchentlich, zuzüglich Sonderentlohnung bei Mehrarbeit und pauschal einhundert Sesterzen dafür, dass du mit mir nach Germanien reist?"

  • Ich lächelte.


    „Diese Germanen sind echte Tiere! Von Bildung keine Spur, schlechte Manieren, keine guten Sitten, saufen den ganzen Tag und haben immer schlechte Laune!“


    Überrascht hob ich die Brauen. 30 hat er gesagt, Sonderleistungen werden extra bezahlt.


    „Da überlege ich nicht lang, da sag ich ja.

  • Während seiner meiner Meinung nach ziemlich zutreffenden Beschreibung hinsichtlich der freien Germanen hatte ich unweigerlich Assindius' Antlitz vor meinem inneren Auge. Wie wahr, wie wahr, dachte ich in einem Schmunzeln und nahm einen Bogen Pergament aus der Schublade.


    "Sehr schön, Drakontius. Dann bis du ab heute mein neuer scriba personalis."
    Ich grinste vorfreudig, als ich mir sein Zusammentreffen mit Livius Pyrrus ausmalte. Der alte Griesgram wäre sicherlich nicht sonderlich angetan von dieser Neuerung. Ich hielt die Summe der Entohnung, den Namen und die gesonderte Extra-Entlohnung auf dem Pergament fest, unterschrieb und siegelte mit dem Ring, den ich von Cicero erhalten hatte. Anschließend reichte ich ihm den 'Vertrag', wenn man es denn so nennen mochte.



    "So. Damit du etwas in der Hand hast", erklärte ich.
    "Was die Abreise betrifft: Ich wollte in fünf Tagen aufbrechen. Lasse deine Sachen von aurelischen Sklaven herschaffen, entweder jetzt oder später, du könntest solange auch hier nächtigen. Wie es dir beliebt, nur lass es mich vorher wissen."


    Ich sah den scriba an. Er schein mir fähig zu sein, und ich freute mich bereits auf die Zusammenarbeit mit ihm, die wohl um einiges spaßiger werden dürfte als mit Livius Pyrrus...

  • Ich musste unweigerlich in mich hinein grinsen. Drakontius, mit U, das war mir neu, aber es war witzig. Das konnte ja noch Eiter werden :), aber ich war sehr gespannt und freute mich auf meine neue Aufgabe.


    „Alle meine Sachen trage ich bei mir! Da ich von nun an dein Scriba bin, sollte ich mich auch so verhalten. Wenn die Unterkunft gestellt wird, sollte ich sie von nun an auch in Anspruch nehmen;“


    Ich zählte, mit nüchternem Blick, mit den Fingern ab


    „ ich sollte mich mit deinen Gepflogenheiten, deinen Sklaven, deinem sonstigen Personal vertraut machen, damit es möglichst schnell möglichst professionell abläuft.“

  • Sim-Off:

    Ups. :D Wurdest du glatt romanisiert... 8)


    Er trug all seine Sachen bei sich? Eine tunica? Keinen Kamm? Gut, das war ersichtlich. Aber dennoch hob ich die Brauen und wirkte erstaunt, und schon griff ich wieder in eine Schublade und suchte nach etwas, das nach einigem Stöbern leise klimperte. Während ich im Geiste zählte, antwortete ich ihm.


    "Das Kannst du gern tun. Im Grunde werden uns alle im Haus befindlichen Sklaven nach Germanien begleiten, ausgenommen Noralf, Tullia und diejenigen, die für die Instandhaltung der villa verantwortlich sind. Meine Leibsklavin ist Camryn, allerdings steckt sie derzeitig in den Planungen der Abreise. Ich denke, auf der Reise nach Mogontiacum wird uns darüberhinaus noch genug Zeit bleiben, um uns pber Grundlegendes zu unterhalten."


    Meine Hand förderte nun einen kleinen Lederbeutel zu Tage, der beim Aufsetzen auf den Tisch erneut leise klimperte.


    "Solltest du wirklich alles bei dir tragen, was du besitzt, möchte ich, dass du dir hiervon warme Kleidung kaufst und das, was du sonst noch benötigst. Germanien ist kühl im Frühjahr", kommentierte ich und deutete auf das Säckchen.


    Sim-Off:

    WiSim :D

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