• Nach einem Weg quer durch Tarraco vom Forum bis hierher kamen die Sklavin der Pontifex, Eretha, und er, Quintus Matinius Valens, am Eingang der Stadtkurie an. Der Eingang lag vor einem kleinen Platz und war geschmückt von zwei imposanten korinthischen Säulen. Man sah aus diesem Eingang Laufburschen und auch Würdenträger ein und aus gehen, ebenso wie Antragsteller und Bürger mit Beschwerden und Verbesserungsvorschlägen. Kurz schaute er auf das Eingangstor und dann zu seiner Begleiterin. "Das hier ist die Kurie, von der ich dir erzählt habe. Hier arbeite ich." Dann blickte er schnell zur Sonne hoch. "Die Sonne steht schon am Himmel, ich fürchte, ich bin spät dran. Ich muss gehen, fürchte ich..." Dann sah er sie direkt an. "Treffen wir uns wieder? Es würde mich wirklich sehr freuen."

  • "Die Zeit ist tatsächlich schneller vergangen, als ich dachte," sagte sie nachdenklich und betrachtete wie er kurz den Stand der Sonne. Es musste schon später Morgen geworden sein, wenn sie nach dem Verkehr auf den Straßen ging. Wahrscheinlich würde er Ärger bekommen, weil er so spät dran war, und für einen Moment lang empfand sie ein flüchtiges Bedauern darüber, bevor sie nickte. "Es war ein interessanter Morgen, Matinius Valens, und ich danke Dir dafür." Sie blickte ihn an, die Kurie war nicht ganz so entscheidend für sie, ein Gebäude würde schließlich nicht wegrennen, ein Mensch konnte sehr viel schneller wieder weg sein. Und gerade machte sich ihre Morgenbekanntschaft auf, sie zu verlassen. Sollte es sie froh machen? Früher hatte sie die Nähe von Römern nicht ertragen können. Und heute? Sie stellte fest, dass ihr das Gespräch gut getan hatte, ebenso der Rest des Morgens. Es hatte sich etwas verändert ...


    "Vielleicht wieder morgen früh," sagte sie ausweichend und hob etwas ihre Brauen an, ihn mit einem nachdenklichen Blick bedenkend. Er wollte sie tatsächlich wiedersehen? War er wirklich daran interessiert, ihr Gespräch fortzusetzen? "Ich werde wieder laufen gehen, um zu trainieren. Vielleicht begegnen wir uns dabei?" Sich mit einem Mann zu treffen erschien ihr fast widersinnig, denn wie sie es früher erlebt hatte, war Sklaven kein Privatleben vergönnt und sie hatten auch immer ihren Herren genau Rechenschaft ablegen müssen, was sie getan hatten.

  • "Ja, es war auch ein sehr interessanter und...schöner Morgen für mich.", meinte Valens, der Eretha im Innersten zustimmte, was der Länge des Morgens anbelangte. Er war sehr schnell vergangen. "Ach, falls du die Kurie von innen sehen möchtest...tu dir keinen Zwang an. Jeder kann hier hinein. Allerdings kann ich dir das ganze heute nicht mehr zeigen - ich muss so schnell wie möglich ins Officium."
    Anschließend sagte er, um auf ihre Ansage, sie würde morgen am Morgen wieder laufen gehen, etwas zu erwidern: "Ich hoffe wirklich, dass wir uns morgen wieder sehen, falls es die Umstände erlauben." Man konnte spüren, dass er diese Worte ernst meinte und es nicht nur eine matte Höflichkeit war - er war außerdem schon immer ein schlechter Lügner gewesen, und man hätte es ihm angesehen.
    "Na...dann...ich muss gehen. Mach noch das beste aus diesem Tag. Bis - hoffentlich - morgen." Dann blickte er sie noch einmal an, schließlich wandte er sich um und ging schnellen Schrittes in die Kurie hinein, während er mit Horror an den Stapel von Arbeit dachte, den er heute zu erledigen hatte.

  • "Vale, Matinius Valens," sagte sie und blickte ihm nach, während er im Inneren der Curia Tarraconiensis verschwand, um dann eine Weile mit verschränkten Armen unter dem Eingang stehen zu bleiben, bis ein beleibter Bürger, der an ihr nicht vorbei kam, sie mit einem missmutigen Schnaufen vertrieb. Aber entgegen der Einladung des Valens begutachtete sie die Curia nicht von innen, denn diese Art von Gebäuden flößten ihr ein vages Unbehagen ein. Als Steppenbewohnerin war ihr die Notwendigkeit eines Hauses für eine Verwaltung schleierhaft, und nur um Pergamente aufzubewahren, brauchte man kaum ein solches Gebäude, oder doch?


    Eretha stellte fest, dass sie die Römer wahrscheinlich nie verstehen würde, egal wie lange sie noch bei ihnen leben musste. Sie verließ die Curia schließlich, den Kopf etwas schüttelnd, und wandte sich der Stadt zu, um im strahlenden Sonnenschein des hellen Tages noch ein wenig dem Elefanten und seinem Wärter zuzusehen, bevor sie den Rückweg zur Casa Rediviva antrat. Ob sie ihrer Herrin vom heutigen Tag erzählen sollte? Sie würde sicher wissen wollen, was sie bereits über die Stadt gelernt hatte ... so verlor sich die Amazone in Gedanken und schlenderte durch die Gassen, die sie sich gemerkt hatte, bis sie von jenen verschluckt wurde.

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