Wasser auf der Haut

  • Auf nichts, ausser auf ihren Vater natürlich, hatte sich Severina so gefreut als auf die Thermen Roms. Sicher, in Achaia gab es natürlich auch Thermen, sogar wirklich sehr hübsche und saubere sogar, aber die Thermen von Rom waren etwas ganz eigenes, hatten eine eigene Stimmung, eine eigene Atmosphäre für Severina. Und dieses Mal liess sie Drusilla zu Hause und nahm nur einen Sklaven mit, der ein wenig auf sie aufpassen sollte auf dem Weg zur Therme und wieder zurück. Eine kluge Entscheidung, denn sie wollte endlich unter andere Leute, die Seele ein wenig baumeln lassen und vor allem den neuesten Tratsch hören. Und dafür war eine Therme genau das richtige.


    Severina verstaute ihre Kleidung und begab sich dann zum Warmwasserbecken, in das sie wohlig seufzend hineingleitete. Ein paar andere Frauen unterhielten sich auf der anderen Seite des Beckens über die im Moment laufenden Ludi, über die Fahrer, von denen ein paar besonders gut aussehen dürften, und über ihre Männer, die ständig bei den Ludi hockten und sich sonst um nichts kümmerten. Männer. Severina lächelte und sah sich um. Sie kannte natürlich niemanden der Anwesenden hier, aber das war ja nur zu verständlich. Rom war groß, viele Menschen lebten hier und ausserdem war Severina doch eine Zeit lang weg gewesen.

  • Minervina hatte sich ebenfalls entspannt zurück gelehnt. Sie ahnte nicht, dass in diesen Thermae ebenfalls jemand ist, der sich lang auf Roma gefreut hatte und 'neu' hier war. Und darüber dachte sie in diesem Moment auch nicht nach. In Gedanken war sie bei den neuen Bekanntschaften, die sie in Rom machen konnte. Iulier, Artorier und Helvetier. Alle waren ihr sehr sympathisch erschienen. Weniger erfreut war sie über die Sergia und diesen Unbekannten gewesen. Ein leises Seufzen rann über ihre Lippen und träge hob sie den Kopf um sich umzusehen. Ein bekanntes Gesicht erwartete sie allerdings nicht, denn dies wären nur Iulia Helena und Tiberia Claudia - beide würden wohl nicht hier sein.


    Minervina machte abermals leise "Hmm.." und lauschte dann den Gesprächen um sie herum. Es ging zumeist um die Ludi, die auch sie besucht hatte. Doch mit den Fahrern hatte sie sich nicht näher befasst. Genauso wenig hatten sie damals Interesse für die vielen Gladiatoren in Tarraco entwickeln können. Mit freundlicher Stimme wandte sie sich dann allerdings an die Frau, die neben ihr saß. "Salve." Ihr war langweilig und vielleicht war es ihr möglich diese Ödnis zu bannen.

  • Severina war immer viel zu schüchtern, jemanden anzusprechen. Sie wusste nicht warum, aber es gab da immer diese Blockade, welche erfolgreich verhinderte, dass sie auf jemanden von sich aus zugehen konnte. Sie hatte schon fast gefürchtet, dass sie diesen Nachmittag alleine ihre Runden im Becken drehen musste, doch den Göttern sei Dank, es war nicht so. Freundlich lächelte Severina die andere Frau an.


    "Salve." Und jetzt wusste sie schon nicht mehr weiter. Das fing ja schon mal gut an. Vielleicht sollte sie ihren Namen sagen? Aber vielleicht wollte sie den ja gar nicht wissen. "Anscheinend sind die Ludi DAS Thema derzeit in Rom? bemerkte Severina eher etwas überflüssig, aber ihr fiel gerade kein anderes Gesprächsthema ein.

  • Um die Mundwinkel der fünfzehnjährigen Minervina herum, hätte es beinahe begonnen zu zucken, als dem 'Salve' für gewisse Zeit Schweigen folgte. Diese Zeit versuchte Minervina das Alter der Frau einzuschätzen. Sie mochte etwas älter sein als sie, doch wie alt konnte Minervina nicht bestimmen. Vielleicht zwanzig oder etwas älter? "Ja," begann Minervina, "Die Ludi sind derzeit in der Tat sehr aktuell. Ich habe ihnen selbst beigewohnt, wenn auch nicht wegen... wegen der Männer." Sie musste schmunzeln, als sie um sich blickte. Doch ihr Grund, jener der Unwissenheit, war auch nicht viel besser.


    "Ich bin Rediviva Minervina." stellte sie sich dann allerdings mit einem verschmitzten Lächeln vor und nickte der noch unbekannten Helvetia aufmunternd zu. Minervina, selbst nicht mit vollstem Selbstvertrauen ausgestattet, kam es vor als sei ihre Gegenüber noch verschüchterter als sie selbst.

  • Severina prüfte ganz nebenbei die Gesichtszüge und auch den Körper ihrer Gesprächspartnerin. Sie sah jung aus, war aber sicher nicht jünger als Severina selbst, zumindest konnte nicht viel Unterschied sein.


    "Ja, mich interessieren die Ludi nicht unbedingt. Zumindest ist es mir egal, wer gewinnt. Aber ich war auch zu lange weg von Rom. begann Severina, nicht ahnend, dass auch die andere keine gebürtige Römerin war.


    "Ach verzeih, wo habe ich bloss meine Manieren. Mein Name ist Helvetia Severina." antwortete sie auf Minervina etwas verschämt und tat so, als hätte sie wirklich darauf vergessen. Ein "Ich habe mich nicht getraut zu fragen" wäre wohl wirklich nicht angemessen gewesen und dazu wahrscheinlich noch höchst peinlich für Severina. Aber Minvervina schien sympathisch zu sein, was es für Severina etwas leichter machte, mit ihr zu sprechen.

  • Während sie Severina lauschte, konnte sie nicht abstreiten, dass diese Frau ihr sympathisch wurde. Oder doch eher diese 'junge Frau'? Zumindest war nun sicher, dass sie etwas eingeschüchtert schien und Minervina nahm sich vor, jede dünne Mauer zwischen ihnen zu brechen. Ob sie es auch schaffen würde? "Als ich zu den Ludi ging, war ich selbst ohne jede Erfahrung. Dummerweise bin ich in roter Kleidung in dem Gebiet der Blauen geraten." Sie musste lachen. Die Erinnerungen an die Ludi und die damit verbundene Bekanntschaft löste Frohsinn in ihr aus.


    "Macht doch nichts!" erwiderte Minervina zwinkernd, als auch Severina sich ihr vorstellte. "Minervina, Severina.. Ich finde unsere Namen hören sich ziemlich ähnlich an." ihre Augen sprühten förmlich vor Freude die dem Leben zuzuschreiben war. Selten war die junge Frau so glücklich gewesen, wie in den letzten Tagen. Und, wie ihr auffiel, traf sie nun die zweite Helvetia. "Wo warst du denn, ehe du nach Rom kamst?" fragte Minervina interessiert.

  • Severina kicherte, als Minervina von ihrem Erlebnis in der blauen Fraktion erzählte. "Männer. Ich werde nie verstehen, warum sich manche so hineinsteigern können. Sicher ist es ein netter Zeitvertreib, aber sich deswegen nur in der jeweiligen Farbe anziehen dürfen ist doch lächerlich." Sie schüttelte den Kopf vor Unverständnis.


    "Stimmt, sie hören sich wirklich ähnlich an." stimmte Severina zu. "Ich war bis vor einigen Tagen in Achaia. Mutter und Vater meinten, dass ich dort eine anständige Erziehung erfahren sollte. Es war langweilig." sprach sie den letzten Satz gedehnt aus. "Sicher, Achaia ist hübsch und eine Reise wert, aber über mehrere Jahre dort wohnen? Dort ist ja nichts los. Ganz anders als hier in Roma." bekam Severina jetzt ihrerseits leuchtende Augen. "Und du? Bist du auch von hier?" Ein wenig neugierig schaute sie Minervina an.

  • "Nicht nur Männer! Auch Frauen! Aber ein Vorwurf wurde mir auch nicht gemacht, denn da ich mit ihnen jubelte mussten sie sehen, dass es reine Unwissenheit war. Das nächste Mal schau ich, wo ich eine neutralere Zone finden kann." lachte sie. Sie mochte die junge Frau neben sich auf Anhieb und noch immer lastete die Frage in ihren Gedanken, wie alt sie wohl sein mochte. Doch diese Frage zu stellen wäre unhöflich gewesen.


    Als Minervina allerdings Severina weitersprechen hörte, vergrößerten sich ihre Augen leicht und überrascht sah sie diese an. "Nein, ich bin ebenfalls nicht von hier. Beide Teile meiner Familie schon, doch ich selbst wurde in Tarraco geboren und war zwischendurch nur einmal in Rom. Aber nach Achaia wollte mich Mutter nicht schicken. Für meine Weiterbildung hat sie sich um die besten Sklaven gemüht und hier in Rom soll ich die Gesellschaft kennenlernen. Ich lebe nun bei meinem anderen Familienteil." erzählte sie auch ihrerseits. In ihren Augen funkelte es. Sie beide schienen mehr gemeinsam zu haben, als sie Anfangs dachte. Nur das Alter würde sie sicherlich trennen, bis heute hatte Minervina noch keine Frau im Alter von 15 Jahren getroffen.

  • "Auch Frauen?" echote Severina erstaunt. "Unmöglich, nein, wirklich?" Unwillkürlich dachte sie sofort an Drusilla, ihre Amme und Erzieherin, die bei solchen Frauen mindestens den Kopf schütteln würde, geschweige denn gutheissen. Severina kicherte bei der Vorstellung, Drusilla sitzend zwischen lauter Frauen, die den gutaussehenden, muskulösen und leicht bekleideten Männern zujubeln.


    "Du kommst aus Tarraco?" fragte sie eher unnütz nach. "Dort war ich noch nie. Wie ist es dort? Heisser als hier?" Sie zögerte etwas, da ihr sogleich einfiel, wie langweilig Achaia für sie war und wollte daher wissen, wie es in Tarraco wohl sein möge. Allerdings fand sie dann, dass sie nicht fragen würde, zumindest nicht sofort.

  • Sim-Off:

    Verzeihung ich hake in letzter Zeit etwas aus privaten Gründen :)


    Minervina nickte noch einmal bestätigend. Im heutigen Rom mochte es nicht einmal abwegig sein, dass auch Frauen zwischen den Männern den Fahrern zujubelten - es war selten anders gewesen. Scheinbar war Severina einer anderen Meinung, denn sie schien belustigt, was Minervina wiederum fragenderweise den Kopf schieflegen ließ. Dann nahm das Gespräch allerdings wieder andere Züge an und Minervina nickte.


    "In Tarraco erschien es mir durchaus wärmer, wenn die Hitze auf den Straßen allerdings auch nicht so drückend wirkte wie hier." begann sie mit ihrer Erzählung und dachte dabei an die Straßen zurück, die sie früher so oft durchwandert hatte. "In Tarraco ist es sehr schön. Dennoch zog mein Herz mich aufgrund mancher Dinge nach Rom." Sie spürte kaum, dass sie versuchte eine Blockade zu errichten. Tarraco war wie ein dunkler Schatten ihrer Kindheit geworden, seit sie in Rom war.


    "Und Achaia? Erzähl mir davon." forderte Minervina rasch auf um von diesem Thema fortzukommen. Sie musterte die junge Frau vor sich weiterhin interessiert.

  • Sim-Off:

    Macht doch nichts. :)


    Severina hörte ihr interessiert zu, kannte sie doch wirklich noch nichts anderes als Rom und Achaia. Doch sie war schon fast enttäuscht, weil Minervina nicht mehr aus Hispania erzählte, aber dieser eine Satz weckte doch ihre Neugierde. "Dein Herz zog dich nach Rom." sprach Severina den Satz nach. "Wie poetisch. Man könnte fast meinen wegen eines Mannes?" Sie kicherte, denn für sich selber konnte sie sich das nicht vorstellen, war Severina doch noch nie verliebt gewesen. Es gab zwar durchaus einige kleinere Schwärmereien, aber nie war etwas Ernsteres gewesen.


    "Achaia? Hmm... begann sie ihrerseits mit ihrer Erzählung. "Viel Kultur, viele Sehenswürdigkeiten, Theater und sowas. Aber kein Vergleich zu Rom. In Achaia war es fast langweilig, ich weiss nicht, ob es an dem Land lag oder an meiner Amme, die mich überall hinbegleitete." Mit Grauen erinnerte sich Severina an die ständigen Lektionen, was eine Dame tun dürfe und was nicht.

  • Um ihre Lippen zuckte es amüsiert, ehe sie sich von ihrem Gefühl tu einen Grinsen hinreißen ließ. "In der Tat, allerdings handelt es sich weniger um einen Manne in dem Sinne, wie du es vielleicht verstehst. Nein, ich bin aufgrund meines Vaters nach Rom gekommen." erklärte sie und versuchte, die dunklen Gedanken wieder zu bannen. Sie kamen immer automatisch mit dem Gedanken an ihren Vater. Mehr über ihn und sein Schicksal gab Minervina allerdings niciht preis.


    Allerdings zuckte es wieder verräterisch um ihre Mundwinkel herum, als Severina von ihrer Amme berichtete. Severina hatte immer die richtige Ausbildung erhalten und war dieser überdrüssig - Minervina hingegen wünschte sie hätte mehr Erziehung erhalten. Wie gegensätzlich Menschen doch sein konnten. "War es so schlimm?" fragte sie amüsiert.

  • Severina schaute sie nun endgültig enttäuscht an. "Ach so..." schloss sie dieses Thema ab. Sie hatte eigentlich auf ein wenig Klatsch gehofft und auf eine kleine Liebesgeschichte, doch der Vater, das war für Severina nicht interessant genug, weswegen sie dieses Thema auch auf sich beruhen liess.


    "Schlimm?" Mittlerweile war Severina so schön im Plaudern, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie ihre Schüchternheit von ihr abfiel. "Ich weiss nicht. Wenn du eine Person über zwei Jahre lang jeden Tag und zu jeder Zeit siehst, sie dir immer sagt, was du zu tun und was du zu lassen hast... Ich durfte nur ganz selten alleine aus dem Hause gehen und musste immer sticken und nähen." Das Lächeln war zwischenzeitlich aus ihrem Gesicht entwichen, doch gleich darauf blitzte der Schalk auf in ihren Augen. "Aber dafür sind die Männer hübsch." zwinkerte sie Minervina zu.

  • Minervina war froh, dass ihre Gesprächspartnerin nicht weiter nachbohrte. der Grund war ihr dabei völlig egal. Desinteresse, Rücksichtnahme - Hauptsache war, dass sie nicht darüber sprechen musste. So behielt sie auch ihre Ziele für Roma bei sich, die sie sich zu Ehren ihres verstorbenen Vaters vorgenommen hatte.


    "Das ist natürlich hart!" schmunzelte Minervina bei den Erzählungen. Während Severina berichtete, hatte Minervina eine Handvoll des kühlen Wassers über ihr Haupt rinnen lassen und genoss die sanfte Bahn der Rinnsäle, die ihre Schläfen liefen. Sie konnte sich bei dieser Hitze kaum etwas schöneres vorstellen als das kühle Nass. "Ich hatte hingegen eine wohl etwas zu lockere Kindheit. Alles was ich einst versäumte muss ich nun nach holen." Sie grinste und legte den Kopf etwas zurück.


    "Hübsche Männer?" fragte sie kurz nachdenklich und ihr Gesicht nahm ebensolche Züge an. "Sag, was macht einen Mann für dich interessant? Gehst du danach, was er alles hat oder glaubst du es ist irgendwann da.. dieses Gefühl...?" Warum Minervina sich so für die Meinung anderer interessierte, wusste sie nicht so recht. Fragend wandte sie den Blick nun wieder auf Helvetia.

  • In diesem Moment beneidete Severina Minervinas Kindheit. Wie oft hatte sie sich mehr Freiheiten gewünscht und wie selten sie bekommen. Aber Severina wusste auch, dass sich in der nahen Zukunft sicher nichts daran ändern wird. Sie seufzte kurz auf und tauchte ihrerseits den Kopf in das Wasser.


    "Interessant?" Sie begann nachzudenken und fixierte dabei unbemerkt einen Punkt an der Wand. "Ich weiss es nicht. Drusilla, also meine Amme, die mich erzogen hat, meinte immer, dass es wichtig sei, wieviel Geld oder Einfluss ein Mann hat und dass mein Vater mich eines Tages einem Mann zur Frau gibt, der sicher kein Habenichts ist." Ihre schlimmste Befürchtung war, dass es ein dicker, fetter, alter Mann sein wird, den Severina so gar nicht leiden konnte. Sie schüttelte sich kurz und das nicht wegen der angenehmen Temperaturen des Wassers, sondern eher wegen dieser Vorstellung. Sie löste sich von diesem fixierten Punkt und drehte sich im Wasser um."Ich weiss nicht, ob dann so ein Gefühl da ist. Und wenn ich ehrlich bin, hatte ich das noch nie erlebt. Die Männer in Achaia waren hübsch anzusehen, aber besonders interessiert hat mich keiner bisher. Drusilla meint immer, ich wäre noch zu jung für so etwas." Nachdenklich, aber auch interessiert blickte sie wieder Minervina an. "Hast du schon so etwas erlebt?"

  • Als Severina wiederum die Frage an Minervina richtete, schwieg diese einige Atemzüge und sah aufs Wasser. Ja, wie war das eigentlich? Hatte sie so etwas schon einmal erlebt? Oder erlebte sie es momentan sogar schon? Sie stieß leise die Luft aus und meinte dann nachdenklich: "Ich weiß es nicht genau. Ich habe damals einen Jungen kennengelernt, mit dem ich an einem Tag mehr erlebt habe als sonst in meinem ganzen Leben. Und je länger ich über ihn nachdachte, nachdem er fort war, je mehr mochte ich ihn. Und ich muss zugeben, ich habe ihn mit jedem Tag mehr vermisst." Sie hatte die Hand gehoben und malte nun Muster auf die Wasseroberfläche, die hinfortgetragen wurden und sich letztlich im Wasser verloren.


    "Möglicherweise aber.." begann sie wieder, stockte dann allerdings. Sollte sie es wirklich sagen, zumal die Frau ihr gegenüber eine fast völlig Fremde war? "... geschieht es momentan mit mir. Ich fühle mich immer sehr glücklich, wenn ich an ihn denke und wenn ich betrachte, wieviel ich über ihn weiß.. Dann ist es Wahnsinn." nahm ihr Mund dem Verstand die Entscheidung ab. Keineswegs mehr lächelnd, sondern eher hilflos sah sie zu Severina, zwang sich dann aber zu einem gutgelaunten Grinsen. "Wie alt bist du denn?" stellte sie nun doch die Frage, die seit einigen Momenten in ihr brannte.

  • Gebannt hörte Severina ihr zu und kam immer mehr zu der Ansicht, dass sie wirklich noch nie dieses Gefühl gespürt hatte. Schon wieder beneidete sie Minervina, dieses Mal um die Erfahrung, die Minervina vor Severina getan hatte. Ob es wohl an der Erziehung lag, dass Severina sich noch nie verliebt hatte? Oder vielleicht war sie noch nicht soweit? Severina wusste es nicht und fühlte sich auch ausserstande, diese Frage im Moment beantworten zu können.


    "Ich beneide dich." sprach Severina mit ernstem Blick. "Er muss ein toller Mann sein. Wirbt er um dich? Ihr werdet euch sicher wiedersehen, nicht wahr? Erzähl mir mehr!" Severina war ungemein wissbegierig und diese Unterhaltung versprach mehr Kurzweil als alle Gespräche mit Drusilla. Ausserdem hatte Drusilla immer eher abfällig von der Liebe gesprochen, so als wäre ihre Amme früher sehr enttäuscht gewesen, doch das war nur eine Vermutung, gesprochen hat Drusilla nie darüber.


    "Ich bin vor einigen Wochen 16 geworden." antwortete Severina nicht ohne ein gutes Gefühl in ihrem Inneren. 16... Sie fand schon immer, dass man mit 16 schon zur Welt der Erwachsenen gehörte. "Und du? Du sicher auch, habe ich recht?"

  • Minervina ahnte nichts von den 'Neidern', die Severina durch den Kopf gingen. Doch selbst wenn sie es täte, sie wünschte sich zumeist in ein anderes Leben hinein. Sie hatte kein schlechtes Leben und doch war sie nicht glücklich. Es mochte am vorzeitigen Dahinscheiden ihres Vaters liegen, vielleicht an der schlechten Mutter. Doch sie war sich mittlerweile sicher, dass es einfach zuwenig Aufmerksamkeit war. Ein Zustand, an den sie sich schon beinahe gewöhnt hatte.


    Allerdings stand, als Severina ihr Geständnis machte, große Überraschung und beinahe Unglauben in ihrem Gesicht. Dann errötete sie kurz. Es war ein Missverständnis entstanden, an welchem Severina allerdings keine Schuld trug. "Nun, es handelte von zwei.. Männern. Ersterer war eine Bekanntschaft aus Hispania, jener, den ich nur so kurz sah. Und der andere... Nun, er stammt hier aus Rom." Sie schwieg wieder, um Gesprochenes bei Severina ankommen zu lassen, ehe sie fortfuhr.


    "Dass ich Marcus, jenen aus Hispania, jemals wiedersehe, bezweifle ich. Ich weiß nicht, wo er ist. Und er weiß ebenso wenig von meinem Aufenthalt in Rom." Sie zuckte mit den Schultern, doch ganz so gleichgültig war es ihr nun doch nicht mehr, wenn sie an Marcus Hipparchus zurückdachte. Sie hatte der Begegnung immer zu wenig Bedeutung zugemessen. Doch nun... "Nun und den anderen werde ich ganz gewiss wiedersehen. Marcus.. das liegt nun schon 4 Jahre zurück, glaube ich." Der leichte Rotschimmer war noch immer auf ihre Wangen gehaucht. Nein, dachte sie an ihn, dann lag Marcus tatsächlich in der Vergangenheit.


    Als ihre Frage bezüglich des Alters beantwortet wurde, sah sie Severina kurz mit halbgeöffnetem Mund an und fing auf einmal an zu lachen. "Das gibt es nicht!" rief sie aus und besann sich sofort einer weniger lauten Stimme. Ruhiger fuhr sie fort: "Ich werrde bald 16. Ich sollte allmählich zusehen, dass ich einem Manne versprochen werde." zwinkerte sie. Zwar hatte sie noch Zeit, aber ab einem Alter von 20 wurde das Alleinsein langsam etwas unangenehm, da es nicht dienlich war, der Familie Ehre zu machen. Derzeit war sie im, wie sie fand, idealen Heiratsalter, selbst wenn die Heirat schon mit 12 erlaubt war.

  • Und der Neid wurde immer grösser und grösser. Minervina hatte schon zwei Männer und Severina noch überhaupt niemanden. Sie kam sich jetzt ganz und gar nicht erwachsen vor, drängte aber schnell diese Gedanken beiseite und machte der Überraschung Platz, als Minervina ihr Alter nannte. Es bestand wirklich kaum ein altersmässiger Unterschied.


    "Du hast recht, ich sollte vielleicht auch einmal Vater fragen, wann ich versprochen werden... und an wen." Ganz leise kicherte sie in sich hinein. "Ich hoffe nur, dass er ansehnlich ist und mich gut behandelt. Aber vielleicht dauert das noch eine Weile, ich bin ja doch etwas überraschend nach Hause gekommen. So wie ich Vater kenne, hat er überhaupt noch keinen Bräutigam für mich in Aussicht."


    Was ihr - ganz ehrlich gesagt - durchaus recht war. Sie hatte so Heimweh gehabt in Achaia, jetzt wollte Severina Rom geniessen und Zeit mit ihrem Vater verbringen. Sie tauchte ihren Kopf in das Wasser, das für Severina noch immer eine angenehme Temperatur hatte, und dachte nach über mögliche Heiratskandidaten. Vielleicht ein Amtskollege ihres Vaters? Oder ein Sohn eines Kollegen? Was, wenn ihre Mutter für sie einen Bräutigam aussuche? Severina erschrak und tauchte ganz schnell mit ihrem Kopf wieder auf. Nein, das durfte wirklich nicht sein.


    "Nein, Vater wird schon den richtigen finden für mich." sagte Severina, sich selber beruhigend.

  • Minervina legte vergnügt lächelnd den Kopf schief. Vielleicht hatte sie in diesem 'Mädchen' endlich eine Freundin gefunden. Alle anderen Frauen die sie kennengelernt hatte, mochten auch sehr nett sein aber sie musste diese eher mit höflichem Respekt behandeln, da diese auch deutlich älter waren. "Worauf käme es dir denn bei einer Ehe an? Auf Stand und Namen oder eher darauf, dass der Mann auch einer ist den du gerne hättest?" fragte Minervina, beinahe etwas kleinlaut. Sie wusste nicht, wie es bei ihr war. Sie würde ihren Mann gerne lieben, aber ihr Vater hätte auf den Stand geachtet. Und was ihr Vater wollte, das wollte auch sie.


    Nachdenklich lächelnd betrachtete Minervina Severina, als diese untertauchte. Und noch immer als sie wieder auftauchte. Ob Marcus überhaupt noch wohlbehalten war? Germanien war grauenhaft und dass er in die Richtung wollte, hatte sie durchaus mitbekommen. Sie gab ein leises Seufzen von sich. Warum machte sie sich noch soviele Gedanken um ihn? Sie würde ihn ohnehin nicht mehr wiedersehen. Das Imperium war groß und voller Menschen. Dass sich zwei Seelen wieder trafen war mehr als unwahrscheinlich. "Du kannst deinem Vater ja bei der Suche helfen." schmunzelte Minervina.

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