• Als er Rom verließ, war sein Leben noch heil. Im Bauch der Mutter Diva Lacrima Flavia Nyreti sah er nichts von jener Stadt, die nach zwanzig Jahren sein Ziel sein sollte. Sie reisten damals auf das Landgut in Oberitalien auf dessen Fluren - die so weit das Auge reichten- vorallem die edlen Früchte der Erde angebaut wurden. So gab es feinen Wein, saftige Oliven und schmackhaftes Obst an den leicht ansteigenden Berghängen der Krete. Ihr Ziel war es den vierten Sohn in einer anderen Umgebung zu lehren, als Gracchus zum Beispiel.


    Er der nach Achaia geschickt wurde, war Lucullus nur durch einige wenige Briefe bekannt und doch sogleich völlig fremd. Er selbst hatte das Leben auf eben jenen Gut genossen, wurde durch verschiedenste bekannte Gelehrte erzogen und gebildet. Lernte die Welt von ihrer traditionellen Seite kennen, derjenigen ehrbaren, welche die alten Familien beherrschten.


    Doch irgendwann hatten seine Eltern gesagt und das wo der Zeitpunkt fest stand: nämlich sein einundzwanzigster Geburtstag, sollte er nach Rom gehen und dort das Quartier im Schutze des Kapitols suchen. Sie würden ihn leiten und er sollte bis dato die ehrbaren Voraussetzungen haben, um ihnen zu dienen. Dabei würde er auf seiner Reise zwischen Larius und Rom schon erfahren, wer die Quadriga in seinen Augen lenkt und er würde eben jenem Lenker sein vollstes Vertrauen aussprechen und vorallem jenes der Familie mehren, das sie so reich und einzigartig gemacht hatte.


    Mit einem Wagen voller Andenken und Erinnerungen war Lucullus am zweiten Tage nach seinem einundzwanzigsten Geburtstag aufgebrochen und auf dem Weg nach Rom. Am dreizehnten Tag überquerte er den Umbro und folgte der Via Aurelia weiter gen Süden. Nach nochmal so vielen Tagen sollte er die ewige Stadt erreichen und jenen Punkt in seinem Leben, der zur Fortführung seiner Bildung bestimmt wurde.

  • Warum waren seine Eltern so darauf bedacht gewesen, das ich diese Stadt solang nicht zu Gesicht bekam. Was würde sie aus mir machen? Würde sie meine Ruhe und Gelassenheit zum Beben bringen, sollte sie mein reines Gewissen beschmutzen? Die größte Stadt, die ich kannte war Pisae gewesen. Mit ihren knapp dreihunderttausend Einwohnern ein Glanzstück römischer Baukunst. Und doch ein so typisches Beispiel einer römischen Stadt. Die durch ihre immensen Reichtümer weit hin bekannt war.


    |Was Lucullus jedoch in Rom erwarten würde, konnte er sich nur schwer vorstellen. Zu mythisch waren jene Geschichten, die die Lehrer ihm erzählten. Zu ungläubig stand er jenen Worten gegenüber, als das er sich ein wahres Bild jener Stadt machen konnte, die durch seine Urahnen errichtet worden war und nun den Nabel der Welt bildete.|


    Mit einer letzten Kehre in der Straße erreichte die Reisegruppe bestehend aus mehreren Edelleuten, Kaufmännern und Reisenden die mächtigen Aequaduktanlagen vor Rom. Sie vereinten sich hier: Aquae Alsientina und Aquae Traiana nurnoch fünf Kilometer bis zur Porta Aurelia. Wie oft hatte ich mir jene Skizzen angesehen, die Straßenverläufe eingeprägt. Doch jetzt als die mächtigen Bollwerke der Stadt Rom in greifbare Nähe rückten umhüllte mich ein Schleier der Furcht.


    Wie würde ich jenen Hügel finden, der meine Seele beherbergte, wie konnte ich die Pforte Flavia entdecken, wenn sich die Gruppe im dichten Gedränge verlor. Mit einem Handschlag wischte ich jene Gedanken beiseite und blickte hinüber zu den Türmen, die die Mauer verstärkten. Vor dem Stadttor wurde der Inhalt des Wagens umgeladen. Na klar in der Stadt herrschte am Tage Fahrverbot. Träger übernahmen nun die kostbare Fracht und ich durfte in einer edlen Sänfte Platz nehmen.


    Natürlich würde ich zuerst zur Villa Flavia gebracht werden. Gespannt war ich und auch nervös, was mich erwartete. War Gracchus da, würde ich meine Schwester sehen, wie ging es jenen die mir so liebe Briefe geschickt hatten und denen ich mit den Worten eines unbedarften Jungen immer und immer wieder antwortete. Doch nun da ich in Rom war, sollten diese Briefe der Vergangenheit angehören. Ich würde mich schon zurecht finden in dieser Stadt. Mit Sicherheit mußte man einen Großteil der Viertel meiden und die Blüte der Stadt würde messbar sein.


    So setzte sich nach einigen Verabschiedungsfloskeln die Gruppe auseinander. Die Händler zogen nach Ostia weiter, einige Kaufleute strömten in das Mekka der Stadt Rom dem Trajansmarkt. Andere zog es zu den Familien und Patronen. Ich hingegen wurde durch die Stadt getragen. Ein angenehmes Gefühl, anders als auf einem Pferderücken zu reisen und sehr bequem zugleich...


    Intressiert blickte ich mich um und versuchte alles in mir aufzunehmen, aber es war zuviel und es war unangenehm laut.

  • Die Sänfte gleitete durch die Straßen und Gassen. Die Sklaven vorneweg wußten den Weg, besser als ich ihn mir hätte jemals einprägen können. Mit dem Kopf gestützt auf die Hand hockte ich in der Sänfte und fühlte mich elend. Dieses Geschrei, dieser Lärm, diese wirren Laute und das Gepläff unzähliger Hunde zehrten an meinen Nerven.


    War es das, was sie vor mir verborgen hatten? Meine Seele brodelte und meine Gedanken umschlungen die schönen Erinnerungen an den Lago Larius und der Ansammlung unzähliger natürlicher Wunder. Ich versuchte mich damit abzulenken, doch schien dieser Weg unendlich. Ich zwänkte meinen Geist in eine unsichtbare Hülle und bot ihm nur den Ausweg der Wiesen und Äcker. Die Leute da draußen waren mir egal, ich wollte weg von hier und war noch nichteinmal richtig da.


    Was taten sie mir an, das sie mich hierher holten, warum sollte ich hier sein, an jenem Ort, der vor Krawall, Prollität und unzivilisierten Volks bebte? Es ist eine Prüfung, nur eine Prüfung und Morgen, ja Morgen wird es anders sein, versuchte ich mich zu beruhigen, doch mit jeder Meile wurde es schlimmer. Bis ja bis zu jener Kreuzung, wie ein Schlagbaum hüllte mich das Schweigen ein, selbst Vögel glaubte ich zu hören und das Bellen der Hunde wich einem Glucksen der Fasane.


    Man sah mich überrascht, die Straße schlängelte sich hindes einem Berghang hinauf. Das Gelände wurde offener und an den Berghängen blühten Blumen. Sie durchquerten einige Obstgärten, bevor die Straße einem sandigen, jedoch fest verstampften Weg wich. Ich blickte mich um und sog diese Stille ein. Es war ein gänzlich anderes Lebensgefühl, was mich hier erwartet hatte und nun fand ich mich dort wieder wo vor zwei Wochen meine Reise begann.


    Die Sonnenstrahlen wiesen den Weg und so konnte ich schon von weiten eine jener prächtigen Villen erkennen, die die Gens Flavia so berühmt gemacht hatten. Die Steine schimmerten im Licht und die reichlichen Verzierungen an den Außenwänden glänzten wie am ersten Tag ihrer Geburt. Ich blickte nicht überrascht drein, denn ich war es gewohnt gute Häuser zu bewohnen und so war es auch dem Stande angemessen in Rom so zu leben. Doch wunderte ich mich darüber, das meine Eltern mir diese Kleinod doch solange verwehrt hatten. Ihre Gründe waren sicher zweckmäßig und wohl bedacht. Oder einfach nur jene von besorgten Eltern.



    Mein Weg war hier zuende, mein Leben stand im zweiten Kapitel.

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