[Cubiculum] Rediviva Minervina

  • Giftig sah sie Lanas Silhouette hinterher und griff nach dem Brief. Sie ahnte nicht im Geringsten, was hier für ein MIssverständnis vorlag. Für sie war Lana in diesem Moment einfach nur wahnsinnig hysterisch. Sie hatte Kopfschmerzen. Sie griff mit der anderen Hand an ihren Kopf und sah sich kurz im Raum um. Hinter der Ecke, an der sie saß, müsste noch eine Öllampe brennen - sie hatte erst vor kurzem nachgießen lassen. Mühsam stand sie auf. Ihre Glieder waren durch die nächtliche Kühle und das lange Sitzen etwas steif geworden und eben so unbeholfen sahen ihre kleinen Schritten in Richtung jener Öllampe auch aus. Sie entfaltete das Pergament und überflog die geschriebenen Zeilen.


    Rediviva Minervina, Villa Tiberia, Roma


    Decemvir litibus iudicandis Manius Flavius Gracchus Redivivae Minervinae s.d.


    Tiefes Mitgefühl über den Verlust deiner Verwandten Tiberia Claudia sei dir mit diesem Schreiben versichert. Die Erinnerungen an jene Zeit, welche wir mit ihnen teilen durften, sind sicherlich das Wertvollste, was die Verstorbenen uns zurücklassen. Doch obwohl es dir im Augenblicke womöglich unerheblich erscheinen mag, so hat deine Verwandte dennoch gleichsam weltliche Güter hinterlassen, deren Verteilung unter den Erben meine Aufgabe als Decemvir litibus iudicandis ist. Tiberia Claudia hat für die Verteilung ihres Erbes durch ein Testament Sorge getragen, hinterlegt im Tempel der Vesta und in Kopie diesem Schreiben beigefügt, in welchem sie dich durch einen Anteil von einem Drittel ihres Barvermögens bedachte.


    Nach den Gesetzen der lex Iulia bist du als unverheiratete Bürgerin jedoch nicht dazu berechtigt, dieses Erbe anzutreten, da dich keine ausreichend nahe verwandtschaftliche Beziehung mit Tiberia Claudia verband. Es bleibt dir daher eine Frist von 100 Tagen, bis ANTE DIEM XI KAL SEP DCCCLVII A.U.C. (22.8.2007/104 n.Chr.), eine Ehe nach den Gesetzen des Imperium Romanum einzugehen und dahin folgend im Sinne des Gesetzes die Hälfte des dir zugedachten Erbes zugesprochen zu bekommen. Der dir in diesem Falle zustehende Betrag beläuft sich auf 101,21 Sesterzen. Natürlich steht es dir ebenso frei, das Erbe abzulehnen.


    Aufgrund des baldig anstehenden Wechsels der Amtszeit des Cursus Honorum muss die Meldung über eine geschlossene Ehe in der Basilica Ulpia eingehen.


    Zum Trost über den Verlust eines geliebten Menschen bleiben letztlich einzig die Worte der Weisen unserer Welt, so sprach denn schon Seneca: »Der Tod ist die Befreiung und das Ende von allem Übel, über ihn gehen unsere Leiden nicht hinaus, der uns in jene Ruhe zurückversetzt, in der wir lagen, ehe wir geboren wurden.«


    M.F.G.


    Nachdem sie ihre Hand sinken ließ, glomm die Wut förmlich in ihren Augen. Nun musste sie sich auch noch um das Erbe von Claudia kümmern, zu der sie wohl von der gesamten Familie mit die engste Bindung gehabt hatte. Und warum? Weil diese angeblich nicht bestand. Eigentlich ging es ihr auch nicht im Geringsten darum, dass sie das Geld haben wollte. Nein, eher im Gegenteil. Es ging nur darum, dass es eine Hinterlassenschaft ihrer Tante war. "Verfluchter Dreck!" schimpfte sie ganz undamenhaft und schmiss das Pergament gen Boden. Ihr Blick streifte kurz Lana, doch nun befand sie doch, dass sie ihr hier keine Bestrafung geben sollte. Sie war schließlich nur die Überbringern. Sie wandte sich ab und ging zu einem der Fenster, um davor stehen zu bleiben und in die Nacht hinauszusehen. Am liebsten würde sie direkt aufbrechen. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und lockerte den Griff wieder. So ging es eine ganze Weile, während ihr Leib nur leicht im Feuerschein zu sehen war. Wut und Trauer wechselten sich gleichermaßen ab.

  • Lana zuckte bei dem Fluch der Herrin zusammen und rechnete jeden Augenblick mit einer saftigen Ohrfeige oder etwas, was nicht minder schmerzhaft war. Die Herrin hatte sich so verändert. So war der Todesfall zwar da, aber es war auch vorher schon da, dieses böse und kalte etwas. Wo ist die Nacht geblieben? Sonst, wenn sie mit der Herrin allein war, hatte sie sogar schon ihren Namen sprechen dürfen. „Ich...ich kann nichts dafür Herrin. Der Brief ist mir zu Boden gefallen zusammen mit einer Lampe und deswegen ist er...Ist er befleckt. Und ich...die Tinte es sah aus wie Blut“ Nun war es raus und Lana hoffte sie stand nun etwas besser da. Das leichte Zittern war noch nicht aus ihren Knochen heraus und ihre Augen ließen die Angst auch klar und deutlich ins halbdunkeln hineinscheinen. Früher war sie so anders gewesen, aber was nützte es. Sie seufzte vorsichtig und ging wieder zu Tür..."Ich gehe wieder ja Herrin?"

  • Die wenigen Augenblicke, die in völliger Stille dahingingen, ließen Minervina völlig vergessen machen, dass Lana auch noch im Raum war. So war es schon immer gewesen, denn die Sklavin war sehr unauffällig und ruhig. Minervina rieb mit der linken Hand ihren rechten Oberarm, der einfach nur herab hing. Die Nacht war so kalt. Wo waren warme, freundliche Worte, die sie wieder lächeln ließen? Sie erschrak, als sie Lanas Stimme wieder hörte - und das merklich. Es war zu deutlich, dass Minervina ihre Anwesenheit völlig verkannt hatte. "Sei still." befahl sie nur kalt, während Lana begann sich fortwährend zu entschuldigen. Sie konnte ihren Gedankengängen kaum folgen und wollte sich damit auch nicht weiter beschäftigen. Sie war nur eine Sklavin und ihre Sorgen nicht von Belang.
    Minervina wandte sich nach Lanas Bitte wieder zu dieser herum und bedachte sie mit einem frostigen Blick. "Ja, geh! Morgen in aller Frühe hast du wieder hier zu sein. Ich habe zu tun und du wirst mich begleiten." Sie sah Lanas Angst, aber anstatt dass sie sich wie sonst davon erweichen ließ, fühlte sie sich beschuldigt. Sie sah es als Vorwurf und von einer Sklavin wollte sie sich nichts vorwerfen lassen. Doch noch sagte sie nichts dazu.

  • Nachdem Lana gegangen war, hob Minervina den Brief wieder auf und legte ihn sorgfältig auf den Tisch. Die Sauerei würde Lana morgen auch noch vollends beseitigen. Dann zog sie sich die schwere Tunika aus und hing diese über eine Kiste um sich anschließend zur Ruhe zu begeben. Es wurde langsam wieder Zeit, ein wenig ins Leben zurückzukehren. Sie würde morgen einen kleinen Irrtum aufklären müssen. Sie wollte mit demjenigen sprechen, der ihr diesen Brief hatte zukommen lassen. Da musste doch etwas zu machen sein und wenn sie... Ja, schlimmstenfalls würde sie versuchen, dass die doch recht geringe Summe jemand anderem zufiel. Entweder Tiberius Vitamalacus oder Tiberius Durus. Und mit diesen Gedanken beseelt, schlief sie ein.


    _____


    Am nächsten Morgen wurde Minervina von Lana aufgeweckt und schweigend ließ sie sich von dieser ein wenig frisch machen und waschen. Dieses Mal trug sie einen teuren, dunkelroten Stoff als Tunika und darüber eine weiße Palla. Sie hatte noch kein Interesse an wirklich freundlicher Kleidung, aber ein wenig normaler wollte sie sich doch schon kleiden. Mit wenigen Worten gab sie Lana zu verstehen, dass ihre Augen dunkel umrandet werden sollten. Dann ging es los, wieder auf die Straße.

  • Minervina saß am Fenster ihres Zimmers und blickte in den Garten. Sie schätzte sich ein weiteres Mal glücklich, einen so schönen Ausblick zu haben. Besser als zur Straße hin. Weiter unten, am Fuße des Esquilins oder schon wirklich im Ballungszentrum war es sicher kaum auszuhalten. All der Straßenlärm. Doch hier oben war es recht angenehm. Viele Grünflächen waren vorhanden, wohlhabende Nachbarschaft und freiere Luft. Und zu alledem noch einen hübschen Ausblick, anstelle nur einer benachbarten Wand einer Insula. Sie lehnte sich in ihren Korbsessel zurück und sank in diesem ein kleines Stück abwärts. Es war richtig bequem. Sie hatte sich extra viele Kissen auf das Geflecht gelegt und lag weich. Ihre Füße hatte sie auf einem flachen Hocker deponiert. So ließ es sich angenehm nachdenken. Neben ihr flackerte das Licht einer Öllampe.
    Was hatte sie heute alles in Erfahrung bringen können? Der Kopf der Familie, Helvetius Geminus war scheinbar schon etwas altersschwach. Doch er hat zwei Söhne. Helvetius Falco und Helvetius Marcellus. Und beide, um einmal eine rein weibliche Sicht der Dinge zu nennen, waren recht attraktiv. Wenngleich Falco sichtlich älter war als Marcellus. Beide hatten ihre Reize. Falcos besonderes Plus war wohl, dass er der Anführer der Praetorianer gewesen ist und vorhat, diesen Posten wieder zu erlangen. Sie war sehr gespannt, ob es wirklich nur mit Gunst laufen sollte, oder ob da mehr hintersteckte. Aber in jedem Fall liebte er das Spiel mit dem Feuer. Ebenso wie sie. Marcellus hingegen war sehr männlich. Dabei etwas roh, aber durchaus in passablen Maßen. Ihr gegenüber hatte er sich als ernst- und gewissenhaft erwiesen. Aber das waren keine wichtigen Informationen. Viel wichtiger war, wie es ihnen in Partien erginge und ob sie aus ihrer Bekanntschaft noch einen größeren Nutzen ziehen könnte. Korrupt waren sie beide, wenn auch nicht unbedingt die Geldeinheit, denn die Redegewandtheit und andere Mittel diese Bereitschaft bezeugten. Das zumindest vermutete sie. Sie war ihnen nicht unähnlich und schätzte sie darum auch so ein.
    Sie griff mit einer Hand nach dem Kelch neben der Öllampe und führte den unverdünnten Wein in einer langsamen Geste zum Munde. Er war ihr vielleicht sogar schon etwas zu Kopfe gestiegen, doch sie musste einfach wieder ein wenig Rebensaft genießen. Als sie den Becher wieder absetzte, ließ sie ihn in ihrer Hand ein wenig kreisen. Sie hatte noch immer sehr am Tode ihrer Tante zu knabbern, doch er schien ihr nun entschieden erträglicher als noch vor Tagen. Als sogar noch vor gestern. Am gestrigen Tage hatte sie mit Lana den neuen Sklaven erworben. Wilbert. Nun, er würde sich erst einmal an den Namen 'Servus' gewöhnen müssen. Eine eigene Identität billigte sie ihm erst dann zu, wenn er es ihrer Meinung nach auch verdiente. Mit leisem Klacken stellte si den Becher wieder auf den kleinen Tisch zu ihrer Seite und schloss die Augen. Die Luft war warm, schwül. Aber ein leichter Wind zog herein und kühlte ihr den hauchdünnen Schweißfilm auf der Stirne angenehm. Sie lächelte leicht. Zumindest allein gestattete sie sich ein warmes Lächeln. Nun war Vater nicht mehr allein und Claudia gesellte sich zu ihm. Sie würde ihn direkt vor der enttäuschenden Helena warnen können. Der Rabenmutter, die ihren Mann alsbald verriet.
    "Und Marcus?" Ja, wieder einmal musste sie an ihn denken. War er auch dort? Hatte er vielleicht dazu geführt, dass ihr Vater von ihr und weniger von Helena enttäuscht war? Oder lebte er noch irgendwo dort draußen? Vielleicht war es zu fantasievoll zu glauben, dass er sie suchte. Sacht fächelte sie sich mit der Hand ein wenig Luft zu. Sie würde ihn wohl nicht mehr wiedersehen. Würde sich damit abfinden müssen. Dann würde ihr dunkles Geheimnis nur noch in eigenem Gewahrsam sein. Sacht öffnete sie wieder die Augen und blickte in den Sternenhimmel. Es wurde allmählich Zeit, Pläne für die Zukunft zu schmieden. Die Vergangenheit hat schon gar schrecklich viel Zeit für sich beansprucht. Sie versuchte, sich eine Strähne aus dem Gesicht zu blasen, doch haftete diese schwer dem Schweiße an. Auch ihre sehr dünne, weiße Tunika klebte ihr am Leib. Doch alles in Allem war sie recht zufrieden mit sich.

  • Eine Weile lang stand sie vor der Tür der Herrin und wusste nicht ob sie nun wirklich das Zimmer betreten sollte. Ihre Hand lag schon an der Tür und sie müsste nur kurz klopfen und dann auf die Stimme der Herrin warten. Sie zitterte leicht. Sie wollte keine Bestrafung. Das war doch alles sicherlich nur ein kleines Missverständnis gewesen und die Herrin würde sicherlich Verständnis dafür haben, wenn Lana es ihr richtig beibrachte. Sie klopfte nun und schob die Tür im gleichen Augenblick auch schon ein Stück auf und trat in das Zimmer hinein. Sie kam mit dem Rücken zur Herrin ins Zimmer hinein um die Tür gleich hinter sich wieder schließen zu können.
    „Du hast nach mir rufen lassen?“, hauchte sie mehr, als dass sie fest etwas von sich gab. Ihre Hände waren auf dem Rücken verschränkt und sie hatte den Blick etwas gen Boden gewandt als sie sich nun zur Herrin drehte. „Ich wollte sicherlich deine Geduld nicht überreizen...Es tut mir leid“ Dann sah man wie eine Träne über ihre Wange rollte und zu Boden fiel. Lana war sehr vielschichtig und man brauchte nicht viel um sie in Angst zu versetzen, besonders wenn man ihre Vergangenheit kannte. Sie sah vielleicht selbstbewusst und sehr sicher aus, dies war jedoch nicht immer der Fall, ja eher sogar das Gegenteil. Wenn sie sich, zum Beispiel wie jetzt gerade, über etwas zu lange Gedanken gemacht hatte.

  • Gedankenversunken blickte Minervina zum Halbmond und beachtete die eingetrene Lana erst nicht weiter. Ihre Stirn reflektierte ganz leicht von dem Schweiß auf ihrer Haut. Sie genoss zwar die Wärme irgendwie, aber ein klärendes Gewitter wäre jetzt vielleicht auch nicht das Schlechteste. Die Luft war danach wieder so rein und wunderbar zu atmen. Erst als Lana eine Entschuldigung anbrachte, wandte sie ihr Gesicht in die Richtung der zierlichen Sklavin. Sie betrachtete ihre Silhouette einige Momente stillschweigend, als sann sie nach. Und das tat sie auch. Sie hatte sich eigentlich fest vorgenommen, sie zu strafen. Aber sie wusste nicht so recht, wie sie das tun sollte. Peitschenhiebe waren ein sehr hartes Mittel.


    "Was hast du gestern mit dem Sänftenträger gesprochen? Dein Grinsen war später nur schwer zu übersehen." sprach sie dann mit gefühlsneutraler Stimme. Vielleicht schwang da auch ein wenig gekränkter Stolz mit, denn sie konnte Verheimlichung gar nicht leiden. Sie selbst verheimlichte zwar auch viele Dinge, tat dies jedoch ohne vorherige Anspielungen. Das hatte sie schon bei den helvetischen Brüder fast maßlos geärgert. Während sie die Sklavin so ansah, bekam sie fast Mitleid. Sie musste sich an die warmen Gespräche mit ihr erinnern. Aber es wurde wirklich Zeit, dass sie ihre kindlichen Gedanken ablegte. "Also?"

  • Lana überlegte für einen Augenblick und sah dann mit einem leicht zittrigen Blick zu der Herrin hin auf. Sie wollte erst etwas beginnen, brach dann aber ab und begann erneut. „Wir haben nicht böse über dich gesprochen Herrin. Ein Träger hat mir nur gesagt und das sollen seine Worte sein und nicht meine...Er hat gesagt, dass so ein nordischer Dummkopf einen Fehler gemacht hat und seinen Herren hat fallen lassen. Zudem sagte er mir noch, dass...dass es daran liegen könnte, dass sein Herr so fett sei und dass er eben ein nordischer Dummkopf ist. Ich kann es euch nicht besser übersetzen. Der Wortwitz liegt in meiner Sprache, aber den Sinn habe ich euch genau überliefert...“ Ihre Blicke führten wieder zu Boden und sie blieb bei der Tür stehen. So konnte sie jedenfalls sehen, wenn die Herrin wutentbrannt auf sie zukommen würde um zuzuschlagen. Ein Schlag, denn man sieht, ist nicht so schlimm, als kommt er einfach so und unvorbereitet.

  • Sie beobachtete Lana genau, während diese sprach. Während sie so lauschend da saß, begann sie immer wieder mit ihrem Finger eine Haarsträhne aufzuwickeln und diese sogleich wieder zu entrollen. Auch als die letzten Worte verstummt waren, wartete Minervina eine kurze Zeit, ehe sie etwas sagte. "Ich glaube dir." sagte sie. Mehr nicht. Dann wandte sie den Blick wieder nachdenklich aus dem Fenster. Sie war leicht amüsiert und das konnte man auch an ihren Zügen überdeutlich erkennen. Doch freudiger Humor war es beileibe nicht. Eher zynisch.


    Dann griff sie wieder nach dem Wein um einen kleinen Zug nachzutun, schluckte ihn genüsslich herunter und fuhr sich mit der Zunge über die hübsch geformten Lippen. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Lana zu. "Dann werde ich mit dem Träger einmal reden müssen. Ich dulde nicht, dass meine Sklaven schlecht über andere, wohledle Herren sprechen." erklärte sie kühl und musterte Lana. Dass sie selber niemals mit einem niederen Sklaven sprechen würde, war ebenso klar, wie die Tatsache, dass sie eher einen kräftigen Sklaven zu ihm senden würde. Mit einer Peitsche. Eine Peitsche, die sprach. "Und was soll ich mit dir machen? Du widersprichst mir zu oft ungefragt, erteilst mir ungewünschte Belehrungen..." Sie sprach mit sanfter, weiblicher Stimme, die ihren Hintergrund nicht durchschimmern ließ.

  • Lana wusste, dass sie sich nun auf sehr dünnem Eis bewegte. Eine Hand hielt sich nervös an dem Stoff ihrer Kleidung fest und wollte und wollte nicht still werden. Die Herrin würde sie nun wahrscheinlich im Sicheren wiegen wollen, damit sie ohne Angst sprach. Der Tonfall der Herrin jedenfalls, war nicht mehr vorgekommen, seitdem die Herrin Lana geschlagen hatte und Lana gefallen war.
    Lana schien die Worte in ihrem Kopf nun im ersten Augenblick ordnen zu wollen, dann dauerte es etwas und sie erhob die jetzt gerade zierlich klingende Stimme. „Ich will dir nichts böses Herrin, wenn ich es tue Herrin und es kommt einfach aus mir heraus. Ich kann mich dann nicht zügeln und weiß mich noch nicht ganz richtig zu beherrschen, aber sei gnädig und ich will meinen ganzen Willen dazu aufwenden mich zu bessern“ Ihr scheuer Blick ging nun wieder vom Boden ab, lief an der Decke entlang und nahm schließlich vorsichtig die Herrin ins Visier. In dem Blick lag Hoffnung, dass die Bestrafung nicht so hart ausfallen würde, wie für einen niederen Sklaven, aber doch verriet er der Herrin auch Angst und Unwissenheit darüber, was mit ihr nun passieren sollte "Es liegt an meinem Volk, an meiner Art, aber wenn ich es soll, dann schaffe ich sie vollkommen ab...Nur Herrin ich bitte dich, sei gändig"

  • Aufmerksam beobachtete sie Lana. Ihr Blick ließ keinen ihrer Gedanken nach außen. Sie staunte ein wenig über sich selber. Zwar war der Anlass, Claudias Tod, ein sehr trauriger gewesen, doch seitdem konnte sie perfekt abwägen und eine kleine Schau abziehen. Sie öffnete ihre trockenen Lippen einen kleinen Spalt und feuchtete diese wieder an. Es war zu warm. Die Wärme und der Wein stiegen ihr zu Kopfe. Doch ihre Gedanken hatte sie noch vollkommen beisammen. Es war nur so, dass sie ungeduldig wurde. Und vielleicht ihre Zunge etwas lockerer wurde, ebenso wie ihre Gedanken. "Lana. Es gibt zwei Dinge, die du dringend ändern solltest. Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst, aber..." Sie hielt kurz inne und rang ein wenig nach Worten. Wie sollte sie es ihr am Besten beibringen? Sie konnte es leicht falsch ausdrücken und dann müsste sie sich wiederholen. Vielleicht sogar mehrere Male. Und dazu hatte sie keine Lust.


    "Hör auf, immer so ängstlich zu sein. Hab mehr eigenen Charakter." führte sie ihren ersten Punkt aus und strich sich dann mit der Hand über die Stirn, als strenge sie das Denken an. Als sie wieder zu Sprechen anhub, senkte sie ihren Arm wieder. "Wenn du Schritt eins geschafft hast, lerne, selbstbewusster zu sein. Strafen anzunehmen, wenn sie kommen. Ich bin nicht nachtragend. Aber du hast zu wenig Standhaftigkeit. Ich habe Pläne, ich muss Pläne haben. Und wenn du mir dabei behiflich sein willst, oder, nein, musst, haben sich diese Dinge zu ändern. Es geht mir nicht darum, dass du nicht widersorechen sollst. Aber widerspreche mit dem Bewusstsein, es sei richtig und dennoch musst du dafür einstehen." Sie hatte viel gesprochen. Zuviel. Langsam führte sie wieder ihren Becher an den Mund und trank einen Zug, während sie Lana beobachtete. Ob sie verstanden hatte?

  • Lana nickte nur sachte, während die Herrin sprach und sah dann mit festem Blick auf. Sie konnte diesen Blick nicht lange halten und musste dann leicht verlegen lächeln. „Ich glaube, ich habe verstanden, was du meinst Herrin. Aber ich kann dir am Ende nicht ganz folgen. Ich werde darüber nachdenken...Wirst du mich nun noch bestrafen wollen?“ Lana ging nun auf die Herrin zu und nahm die Karaffe vom Tisch um der Herrin noch Wein nachzuschenken. Sie begann nun einfachsten Sachen im Zimmer um sich etwas abzulenken. Ihr Kopf dröhnte und sie konnte kaum mehr über etwas nachdenken. Es war alles so komisch in letzter Zeit.

  • Minervina nahm den festen Blick mit erspieltem Erstaunen zur Erkenntnis. Lana war nur minimal jünger als sie selbst, aber in diesem Moment hatte sie das Gefühl, es lägen viele Jahre zwischen ihnen. Aber Sklaven hatten nun einmal nicht soviele Sorgen wie ihre Herren. Sie fürchteten nur um ihre gute Behandlung und taten alles, um den Wünschen gerecht zu werden. Aber ein wirklich guter Sklave, fand Minervina, litt mit dem Herrn mit. Las ihm die Wünsche von den Augen ab. Lana musste alles hinterfragen. Sie seufzte leise auf, beinahe so, als habe nicht Lana, sondern sie selbst ein schweres Los zu tragen. Das Leben eines Sklaven war einfach zu leicht. "Doch." war also auch die kurze Antwort auf Lanas Frage hin. Kurz ließ sie ihre Entscheidung noch unbegründet. Sie griff wieder nach dem nun gefüllten Weinbecher und sah Lana an.


    "Ich muss doch sichergehen, dass du deine guten Vorsätze auch wirklich nicht vergisst." erklärte sie ihren Entscheid dann doch und sah Lana amüsiert an. Im gleichen Zuge legte sie ihre schlanken Beine übereinander. Wenge Augenblicke später wandte sie den Blick wieder aus dem Fenster.

  • „Natürlich Herrin, aber nicht die Peitsche?“ Lana blieb für den Augenblick regungslos stehen, dann machte sie das Bett schon einmal fertig und zog den Vorhang vor das Fenster, da es nun langsam frisch im Zimmer wurde. „Willst du noch etwas Spezielles für die Nacht im Zimmer stehen haben Herrin?“
    Lana verneigte sich und ließ sich auf ihrem kleinen Hocker neben dem Kleiderschrank nieder. Sie sah immer noch etwas vorsichtig zu der Herrin und wusste nicht so Recht, wie sie nun handeln sollte. Schließlich war alles doch ein wenig fremd gewesen, diese gut gemeinten Räte der Herrin. Sie würde wohl noch etwas länger brauchen bis sie, diese verarbeiten konnte. „Ich würde sonst nämlich gerne zu Bett gehen Herrin und über deine Worte nachdenken. Ich bin sehr müde vom heutigen Tag und wenn ihr morgen wieder früh aufstehen wollt, ist es vielleicht besser, wenn ich zur Ruhe gehe“

  • Minervina drehte sich beinahe schnell wieder zu Lana um, als diese von der Peitsche sprach. In ihren Augen funkelte es, denn gerade Lanas Nicht-Bereitschaft veranlasste sie, diesen Gedanken in Erwägung zu ziehen. Sie stand auf und ging ein paar Schritte, als sie dann begann zu sprechen. "So, nicht die Peitsche? Aber was verdienen denn Sklaven, welche meinen, ihre eigene Strafe zu bestimmen und sich anmaßen, ihren Herren Anweisungen zu geben?" Ihre Stimme war wieder kalt, während sie Lana die Vorbereitungen für die Nacht treffen ließ. Sie fixierte die Sklavin, als sie sich auf den Hocker niederließ, als ihr noch eine bessere Idee für diese zur Strafe einfiel. Da war es wieder, dieses berechnende Lächeln.


    "Nein, du wirst nicht schlafen gehen. Auf dich wartet noch einiges an Arbeit. Du wirst bis zum Morgen, da du mich weckst, kein Auge zu tun. Und höre ich etwas Gegenteiliges werde ich keine Sekunde mehr warten, nach der Peitsche zu greifen. Und glaube mir, ich komme dahinter, wenn du mir morgen ins Gesicht lügen solltest." erklärte sie mit strenger Stimme und sah ihr direkt in die Augen, wartend, dass Lana den Blick senkte. Sie befand ihre Strafe für gut. Sie schadete der Sklavin nicht nachhaltig, aber Tage ohne Schlaf konnten sehr zehren. Und sie würde Lana so lange nicht schlafen lassen, wie es ihr passte. Bis Lana vor Erschöpfung im Stehen einzuschlafen drohte. "Und bei dem kleinsten Missfallen, was sich in mir regt, werde ich zur Peitsche greifen. Weil du es bist, werde ich es tun. Wirst du daraus noch immer nicht lernen, werde ich die Aufgabe einem Sklaven übertragen. Der kann es sicher kräftiger."

  • Lana zuckte innerlich bei jedem Wort der Herrin zusammen, zeigte es jedoch nicht nach außen. Sie hatte doch nur geflohen und wollte ganz bestimmt nicht ihre eigene Strafe bestimmen. Warum verstand die Herrin das immer falsch? Warum nur? Lana nickte, sah jedoch nicht vom Boden auf und sprach auch keinen Ton. Sie war jetzt schon müde, aber unter die Peitsche, wollte sie bestimmt nicht. Sie nickte immer wieder und faltete zittrig die Hände im Schoß. Sie sah dann fragend zu der Herrin auf, da sie nun nicht wusste, wo sie bleiben sollte. Sollte sie jetzt das Zimmer verlassen? Ihr Blick glitt zu Tür und dann wieder zu der Herrin herüber.
    "Ich möchte nicht unter die Peitsche Herrin, aber sag mir wohin ich nun gehen soll. Wenn ich deines Blickes nicht mehr würdig bin, werde ich unten meine Strafe absitzen. Ich will etwas im Hause tun, wenn ich eh wach bleiben muss. Man wird mich auch nicht hören."

  • Minervina war innerlich ein wenig befriedigt, als sie sah, wie Lana dort saß. Gleichzeitig aber bekam sie ein schlechtes Gewissen. Das Spiel was sie mit ihrer Sklavin spielte, war nicht gerecht. Natürlich, ein Sklave mussste einem die Wünsche von den Augen ablesen können und Strafe war auch in Ordnung. Aber Lana konnte ihre Herrin vermutlich bald nicht mehr einschätzen, wenn sie nur 'spielte'. Dass sie ihre schlechte Laune mit einberechnen musste, war auch nur normal, aber sie spielte diese ja manchmal nur. Sie seufzte leise und schritt auf Lana zu. Sie mochte das junge Ding. Sie gestand sich selbst auch ein, dass sie selber nicht genau wusste, was sie wollte. Eine Freundin oder eine Sklavin. Beides war nur schlecht zu vereinbaren, denn mit einer Freundin sprach man, eine Sklavin lässt man ausführen.


    Als sie vor Lana stehen blieb, legte sie dieser ihre Hand auf die Wange. Sacht strich sie mit ihrem Daumen über die weiche Haut. Und sie wusste sofort, dass sie Lana nur dann schlagen könnte, wenn diese sie wirklich zur Weißglut brachte und sie nur noch aus dem Affekt handelte. Doch die Strafe, die sie soeben verhängte, konnte sie auch nicht einfach zurücknehmen. "Verzeih. Meine Strafe hat nichts mit deinem Antlitz zu tun, Lana." sprach sie leise und mit ruhiger Stimme. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie konnte die Worte doch nicht herausbringen, dass sie sie mochte. Das sagte man einfach nicht. So hoffte sie, dass ein wenig ihrer Zuneigung durch das Streicheln der Wange übermittelt wurde.

  • Lana blieb weiterhin auf dem Hocker sitzen und nahm den Blick direkt wieder herunter, als die Herrin auf sie zukam. „Ich werde die Strafe annehmen, so wie ich es soll Herrin“, hauchte sie nur und schmiegte sich dann gegen die warme Hand der Herrin. Sie hatte zwar Angst davor geschlagen zu werden, aber die Nähe, die sie nun durch die Hand bekam übermalte zurzeit alle Gefühle die sie in sich trug. Es dauerte etwas, bis sie wieder eine Regung zeigte, aber sie genoss einfach die Berührung der Herrin und war somit nicht in der Lage irgendetwas anderes von sich zu geben.
    Es war so eine Berührung, wie Lana sie auch in der Nacht bekommen hatte, als sie bei der Herrin war. Es war ein kleiner Rutsch in ihre Anfangszeit hinein. Dort wo die Herrin noch nicht so komisch war und noch nicht immer so böse auf Lana war. „Hasst du mich Herrin?“, Lana sah nun vorsichtig an der Herrin hoch und nahm die Hände an den Hocke, als Zeichen dafür, dass sie nichts machen wollte. Doch erhob sie sich dann vom Hocker und zeigte immernoch keine Miene in ihrem Gesicht. Nur als die Herrin sie gestreichelt hatte, zeigte sie kurz, dass sie traurig war. "Ich werde jetzt gehen, wenn du mich lässt Herrin"

  • Auch Minervina ließ den erinnerungsschwangeren Moment stillschweigend verstreichen und beobachtete Lana, wie sie sich an ihre Hand schmiegte. Unbeirrt streichelte sie weiter. Niemals würde sie einem anderen Sklaven eine solche Behandlung zuteil werden lassen. Nicht einmal einem kleinen Kind. Doch Lana war eine besondere Sklavin. Sie wollte sie behandeln wie sie es mit Jedem tat, doch jeder Versuch missglückte in ihrem Herzen. Sie schaffte es nicht, willkürlich zu schlagen. Und diese Unbeständigkeit machte es für beide wohl noch schwerer.
    Lanas Frage traf sie mehr, als sie jemals gedacht hätte. Sie ließ ihre Hand sinken und sah die Sklavin fragend an. Doch war es keine nach Wissen verlangende Frage, die in ihren Augen stand, sondern Betrübtheit. "Nein, Lana. Ganz... ganz im Gegenteil." gab sie die nur sehr leise Antwort. Dann wandte sie sich ab und nahm wieder mit ein paar Schritten Abstand von Lana. Mit dem Rücken zu ihr stehend, kämpfte sie um ihre Beherrschung. Doch diesmal war es keine Wut, die in ihr aufstieg. Es war Traurigkeit. Sie atmete tief durch und entließ Lana dann. Sie war bemüht, ihrer Stimme nicht den Zwiespalt ihrer Gefühle anmerken zu lassen, doch konnte sie ein leises Räuspern mitten im Satz nicht vermeiden. "Ja, Lana. Geh. Mach eine gründliche Küchenkontrolle und säubere alles, was nicht sehr sauber ist."
    Mit diesen Worten, die deutlich zeigte, dass Minervina allein gelassen werden wollten, sandte sie Lana an die Arbeit.

  • Es war schon interessant, dass sich die Wände zu verändern schienen, wenn man lange auf sie starrte, befand Minervina. Sie hatte ihren Blick schon eine ganze Weile auf die Wand vor sich gerichtet und nicht abgewendet. Die schöne Malerei, eine Szene aus einer der vielen Sagen, veränderte sich zunehmend in ihren Augen. Es war nicht so, dass das Bild sich veränderte, irgendwelche Haare einen anderen Farbton annahmen oder sich die Gestalten gar bewegten. Es war vielmehr, dass sie eine gewisse Kunst entdeckte. Ihr gefiel es sehr gut, wie rund die Figuren gezeichnet waren, wie fließend die Übergänge verliefen. Weniger gut gefiel es ihr, dass auch die Bäuche und nicht nur die Zeichenart rundlich waren. All das war ihr vorher niemals so genau aufgefallen.


    Minervina war langweilig. Die Hoffnung, dass Marcus auftauchte, hatte sie schon vor längerer Zeit verworfen. Auch die Trauer darüber hatte sie hinter sich gelassen. In Anbetracht ihrer Familie war das Ganze so vermutlich sogar besser. Sie schnaubte leise und sah zu ihrer Laute. Nicht einmal um auf dieser Klänge durch den Raum schweben zu lassen, fühlte sie sich ermutigt. Es war warm. Nicht furchtbar warm, aber zu warm wiederum, um großartig durch die Stadt zu schlendern. Sie brauchte unbedingt etwas zu tun, dessen war sie sich bewusst. Aber gewöhnliche Arbeit kam nicht in Frage, Ausreiten wollte sie alleine schon einmal gar nicht und Spazierengehen wurde auch allmählich langweilig. Eine Möglichkeit wäre es, einen Brief an ihren Onkel zu schreiben - und dann? Er konnte ihr auch nicht helfen und mit ihrem kindischen Gejammer wollte sie ihn auch nicht nerven. Sie seufzte tief.


    Eine grausame Krise. Die Menschen, welche auf der Straße lebten, wussten ihrem Leiden wenigstens einen Grund zu geben und damit auch eine Möglichkeit, dieses zu ändern. Vielleicht eine schwindend geringe Chance, aber immerhin etwas. Sie hingegen wusste nicht einmal zu ergründen, warum sie derzeit so ermattete. Lustlos nippte sie an dem Becher mit dem verdünnten Wein. Sie hatte ihn sehr stark verdünnt und das blanke Wasser hätte vermutlich mehr Geschmack geborgen. Mit einem höheren Satz an Wein wäre sie wahrscheinlich wenigstens einigermaßen müde oder beschwippst geworden, sodass sie Schlafen oder mehr interessante Dinge sehen konnte. Aber sich zügellos zu betrinken, das passte nicht zu einer Dame.


    Oh, und die Locken der jungen Frau waren ebenfalls sehr schön dargestellt, sinnierte sie..

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