[Insula]Unterkunft Prudentia

  • Prolog: Und so trat ich in die Insula herein. Die Frau, mit einer duftenden Öllampe in der Hand erschien mir in diesem Moment beinahe wie die letzte Hoffnung in der Finsternis und müde folgte ich ihr die Treppen hinauf. Ich brachte kaum einen Fuß vor den Anderen. Ich wusste an jenem Abend nicht mehr, ob es der zweite, dritte oder vierte Stock war, doch war es mir auch reichlich egal. Heute weiß ich, dass es die Nummer Vier ist, doch das reicht für meine Verhältnisse. Froh überhaupt etwas gefunden zu haben, zog ich die Tür knarzend hinter mir zu. Sie war nicht zu verriegeln, aber auch das sollte mir egal sein. Hauptsache, ich hatte ein Dach über dem Kopf.


    An diesem Abend schaffte Aquilia es nicht einmal mehr, überhaupt noch näher ihr Zimmer zu inspizieren. Sie ließ sich wie sie war, einfach auf das schmutzige Laken fallen und schloss die schweren Lider. Sehr schnell schon war sie eingeschlafen. Als die Holztür laut knarzte, erwachte sie noch immer nicht. Erst als das helle Licht direkt in ihr Gesicht schien, öffnete sie mit einem unwilligen Stöhnen die Augen.
    "AH!" rief sie laut und starrte den Mann an. Noch im gleichen Affekt hatte sie ihre Ellenbogen auf dem Bett abgestützt und sich zur Seite gedrückt. Doch der alte Mann mit schütterem Haar ließ ein grausiges Lächeln mit beinahe nur verfaulten Zähnen sehen, was sie zwar nicht ungemein beruhigte, ihn aber zumindest davor bewahrte, weggeschubst zu werden.
    "Wer bist du?" zischte sie ihm wütend entgegen. Sie wollte sich bemühen niemand anderen aus diesem Hause durch weitere laute Gespräche aus dem Schlaf zu reißen. Und schon gar nicht so unsanft, wie es bei ihr geschehen war. Ihr Atem ging schwer, während sie die Antwort erwartete.
    >Iff bin Flaves, iff wohne unter vir.< lautete die ebenso undeutliche Antwort wie auch der unschöne Anblick stark war. Doch sie ließ sich ob des fauligen Mundgeruchs keinen Ekel anmerken, denn dass er unter ihr wohnen würde, war gut aus seinen Worten hervorgegangen. Sie wollte es sich nicht von Anfang an mit ihrem Mitbewohnern verderben.
    "Aquilia, sehr erfreut." stotterte sie zurück. Sein Grinsen war noch unverändert unverhohlen, als er dann wieder eine aufrechte Position einnehmen; wenn man seinen Buckel so bezeichnen konnte; und holperte wieder heraus. Als sie sich schwer atmend wieder ins Bett zurücksinken ließ, konnte sie vorerst einmal nicht mehr einschlafen. Sie fürchtete, dass dieser Methusalem sie wieder aus dem Schlaf reißen würde. Letztlich holte sie die Müdigkeit aber doch wieder ein...

  • Prolog: Ich schätze jeder würde mir zustimmen, dass ich eine seltsame Nacht durchlebt habe, aber eigentlich war sie recht normal. Ich habe nie etwas anderes gekannt, als offene Türen und ständige Besuche. Wobei ein alter Greis natürlich noch nie über mir stand und mich betrachtete. Das war auch für mich ein neues Ereignis. Es schien ein interessantes Leben hier in Mogontiacum in der Insula zu werden.


    Als die ersten Sonnenstrahlen herein schienen, schlug Prudentia Aquilia die Augen auf. Doch ihr Gesicht wies keine Entspannung auf. Vielmehr war ihr Blick zornig an die Decke gerichtet und ihre Hände in die Laken gekrallt. Es mochte wirken als litte sie unter starken Krämpfen. Vermutlich hätte niemand anders geschaut, wenn mit den ersten Sonnenstrahlen ein alter Greis ins Zimmer marschierte, der unter zahnlosem Lachen auf einem Topf trommelte und undefinierbare Geräusche machte. Leise wimmernd zog Aquilia sich die Decke über den Kopf, doch das >Dong, Dong< schien jede Faser ihres Bettes zu erfüllen.
    "Ist ja gut!" schrie sie laut und schwang ihre Beine über den Bettrand. Sie stieß kurz ein lautes Schnauben aus, während der Alte giggelnd wieder die Treppen hinunterpolterte. Sie begann den wohl nicht abwegigen Verdacht zu hegen, in einem Irrenhaus gelandet zu sein. In ein paar Tagen würde sie vermutlich in ein Laken gehüllt durch die Straße um das Haus herum geistern und laut 'Huuh' rufen. Sie entkrampfte schnell ihre Mundwinkel, die zu einem grimmigen Grinsen verzogen waren, als sie diese Grimasse bemerkte. Ihr war jedes Interesse an einem Essen vergangen. Ein angenehmer Morgen begann für die junge Prudentia mit einem sanften Erwachen, einem Lächeln an die Sonne und anschließendem Essen. Wurde diese Reihenfolge allerdings unterbrochen, konnte sie auch nicht weiter eingehalten werden. So erhob sie sich also, wusch sich mit einer handvoll brackigem Wasser grob das Gesicht und Dekolleté, betupfte sich zur Übertünchung grob mit Duftöl und kleidete sich in eine frische Tunika.
    Frohen Mutes machte sie sich auf den Weg, um Mogontiacum zu erkunden - und zu allererst die Thermae aufzusuchen. Nach der langen Reise, der anstrengenden Nacht und dem abgestandenen Wasser wurde es höchste Zeit, einmal an eine richtige Wäsche zu kommen.


  • Lucius hatte heute wirklich alles Andere als gute Laune, nicht nur weil er wieder einmal nichts Anständiges gefrühstückt hatte, sondern auch, weil er abermals umsonst auf den markt geritten war um endlich einen brauchbaren Sklaven für seinen Vater zu finden, der dem alternden Marcus bei den täglichen Arbeiten zur Hand gehen konte. Es schien wie verhext, immer wenn er bei den Händlern vorbei kam hatten sie entweder alle brauchbaren Männer gerade verkauft oder warteten auf eine neue Lieferung. Lucius biss mißmutig in einen Apfel, den er sich an einem der Obststände gekauft hatte und führte den Gescheckten über den Platz nahe den Thermen als er auf die junge Frau aufmerksam wurde, die ein paar hundert Schritte entfernt durch die Stadt schlenderte. Ihre Gesichtszüge waren fein aber verschlossen und sie wirkte interessiert und distanziert zugleich als ihre Blicke über ihre Umgebung wanderten. Lucius schluckte den Bissen Apfel hinunter, den er gerade im Mund hatte und musterte sie eingehend. Dann blickte er sein Reittier mit einem Lächeln an. ,,Komm mein Guter. Vielleicht wird dieser Tag noch besser...'' Und so bewegte er sich eiligen Schrittes durch die größer werdende Menge auf die Frau zu um ihr wohin auch immer zu folgen...

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