Cubiculum - Lucius Iunius Silanus

  • Iunia klopfte an die Tür ihres Cousins. Sie hoffte, dass er sich inzwischen etwas ausgeruht und von der Reise erholt hatte und sie ihn nicht in einem unpassenden Moment störte.

  • Silanus hatte sich gerade gewaschen und eine frische Tunika angelegt. Der Schlaf hatte ihn nach dieser langen und anstrengenden Reise gut getan und er fühlte sich wieder ausgeruht und voller Tatendrang. Als es an der Türe klopfte, sah er auf, wischte sich mit einem Tuch über sein nasses Gesicht und trat von der Waschgelegenheit weg, in die Mitte des Raumes.


    "Ja bitte?"

  • Nach der Aufforderung zögerte sie nicht das Zimmer zu betreten. Die Sklaven hatten schon ihre Arbeit getan, das Gepäck war verstaut und ihr Cousin sah erfrischt aus, also war der Zeitpunkt gut gewählt.


    "Du wolltest mit mir über deine Zukunft reden...Du siehst jedenfalls aus, als wenn du nun bereit dafür wärest."bemerkte sie mit einem Lächeln, wurde dann aber ernster.

  • Der junge Mann deutete mit der Hand auf einen der Korbsessel, die in seinem Zimmer standen und setzte sich selbst auf die Bettkante. Er war froh, dass Attica sich Zeit nahm und ihn wirklich Interesse an seiner Zukunft vermittelte.


    "Danke, dass du Zeit für mich hast Attica. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber, dass mich die Familie so herzlich Willkommen geheißen hat. Setz dich doch bitte."

  • Sie kam seiner Aufforderung gern nach und machte es sich im Korbstuhl bequem.


    "Warum denn auch nicht? Du warst zwar einige Zeit weg, aber nicht lange genug um in Vergessenheit zugeraten. meinte sie mit dem Anflug eines Grinsens. "Und unsere Familie ist nicht gerade groß...Aber jetzt wo du wieder in Rom bist, welche Pläne hast du da?" Fragte sie ehrlich interessiert.

  • Noch immer wusste Axilla nicht so recht, was sie eigentlich sagen wollte. Aber sie musste etwas sagen, sonst würde sie die ganze Nacht wach liegen und nur wieder verdammt wütend werden. Sie hatte es allerdings so sehr satt, immer diejenige zu sein, die hier alles wieder ins Lot brachte. Sie wollte nicht andauernd streiten müssen.


    Mit tausend Fragen im Kopf und sehr wenig Antworten dazu klopfte Axilla also bei ihrem Cousin ans Cubiculum. “Silanus?“ fragte sie. Wahrscheinlich war ihr ihre Verwirrung selbst durch die Tür hindurch an der Stimme anzuhören.

  • Seit er zurück in sein Zimmer gekommen war hatte Silanus vermutlich schon einige Kilometer zurück gelegt. Denn nach diesem aufwühlenden Aufeinandertreffen mit seiner Großcousine schaffte er es einfach nicht sich wieder zu beruhigen und in einer solchen Situation auch nicht sich irgendwo hinzusetzen. Stattdessen marschierte er in seinem Raum auf und ab bzw. im Kreis und wartete ungeduldig auf das Eintreffen von Hiera. Natürlich war ihm klar, dass Axilla sie mit ihren Fragen weiterhin löchern würde, doch er hoffte innständig, dass seine neue Sklavin stark blieb und sich einfach herausreden würde. Es dauerte nun schon ziemlich lange und als endlich das erlösende Klopfen an der Türe zu hören war, atmete der Iuner erleichtert durch. Doch nur kurz, denn gleich darauf war nicht Hieras Stimme, sondern die von Axilla zu hören, die noch dazu ein wenig eigenartig klang. Zumindest war sie wohl nicht mehr so aufgebracht wie vorhin. Vielleicht wollte sie sich ja sogar dafür entschuldigen. Vielleicht brachte sie auch nur Hiera persönlich vorbei. Er ging zu seiner Türe und öffnete sie, doch davor stand nur Axilla. Von seiner neuen Sklavin war weit und breit keine Spur. Verwundert sah er seine Großcousine an.


    "Wo ist Hiera?"

  • Oh, Axilla, schön dich zu sehen. Es tut mir ja so leid, dass ich dich angelogen habe.... Ach, macht doch nichts, Silanus, kann ja mal vorkommen.... Nein, nein, es war nicht in Ordnung von mir! Ich schäme mich!
    Ja, so hätte das Gespräch vielleicht laufen sollen, nur ohne den sarkastischen Unterton in Axillas Gedanken. Aber stattdessen erkundigte sich Silanus nur nach der Sklavin und ließ seine Cousine damit – schon wieder – vollkommen ignorant stehen. “Zerstückelt im Garten, wo denn sonst?“ sagte Axilla nur vollkommen trocken. Bevor Silanus ihre Ironie noch ernst nahm, fügte sie hinzu. “Natürlich noch im Bad und hoffentlich schafft das Veilchenöl, den Gestank von ihr wegzubekommen.“
    Axilla schwankte sehr mit ihren Gefühlen, und ihr Cousin tat gerade reichlich wenig dazu, dass sie sich auf eine Richtung festlegen konnte. “Würdest du mir jetzt bitte einmal ehrlich sagen, warum du sie hier hergebracht hast. Und vor allen Dingen, warum du meinst, mich deswegen anlügen zu müssen. Ich würde es wirklich gerne verstehen.“

  • "Bona Dea! Axilla! Hast du das arme Ding wirklich so lange bearbeitet bis sie es dir gesagt hat."


    Sichtlich entnervt und sich mit den Händen an den Kopf fassend stapfte Silanus wieder zurück in sein Zimmer und ging davon aus, dass ihm Axilla folgen würde. Man wollte schließlich solche Dinge nicht zwischen Tür und Angel besprechen. Soviel dann auch zum Thema wie treu ergeben ihm Hiera war. Seine Großcousine hatte Hiera wohl kaum mit dem Brenneisen bearbeitet um die Wahrheit heraus zu bekommen. Denn während Axillas Bitte nach Ehrlichkeit noch ein Schuss ins Blaue sein konnte, war der Vorwurf der Lüge doch schon ziemlich konkret. So konkret, dass Axilla wissen musste wer Hiera wirklich war. Er versuchte sich dennoch wieder ein wenig zu beruhigen, wobei auch in seiner Stimme ziemlich viel Ironie mitschwang.


    "Ich weiß noch nicht ob du es mitbekommen hast liebe Cousine, aber ich bin Tribun bei den Prätorianern. Es ist jetzt mehr oder minder mein Job Geheimnisse zu haben... und bevor du fragst.... ja, natürlich auch vor dir und hier in unserem Haus. Vor allem seit in diesem Haushalt nicht nur Iunier leben. Oder denkst du ich bin erpicht darauf, dass dein Zukünftiger alles brühwarm weiter zum Kaiser trägt, um seine Karriere zu fördern und meine vielleicht ganz nebenbei wieder zerstört?"

  • “Na, wenn du mir nichts sagst und nur versuchst, irgendeinen Blödsinn aufzutischen!“ schnappte Axilla zurück und folgte Silanus in sein Cubiculum.


    Als er sie daraufhin weiter anfuhr, wurden ihre Gefühle etwas weniger gemischt. Was bildete sich dieser Kerl ein! Nur, weil er jetzt bei den Prätorianern war, war sie auf einmal weniger vertrauenswürdig, oder was?
    “Hab ich dir jemals in all den Jahren, seit wir uns kennen, auch nur ein einziges Mal Grund gegeben, mir nicht zu vertrauen? Hm? Hab ich auch nur ein einziges Mal unserer Familie geschadet? Hab ich auch nur ein einziges Mal irgend etwas getan, das deiner Karriere schadet? Auch nur ein einziges Geheimnis ausgeplaudert? Irgendwas?
    Ich bewahre Geheimnisse dieser Familie, von denen noch nicht einmal du weißt, und das schon, seit ich denken kann! Und jetzt stellst du dich hier hin und willst mir erzählen, dass ich auf einmal nicht mehr vertrauenswürdig bin? Nur weil du jetzt Prätorianer bist? Na, wunderbar! Wofür hab ich denn hier seit Jahren die Stellung gehalten und dafür gesorgt, dass der Ruf der Familie weder unter Salinator, noch unter Palma, noch jetzt unter Aquilius Severus gelitten hat? Wer von uns beiden ist denn hin gegangen unter der Gefahr für das eigene Leben und hat dafür gesorgt, dass unser Haus noch steht und niemand verhaftet und eingekerkert wurde? Du, oder ich?
    Und jetzt willst du mir ernsthaft sagen, dass du mir nicht vertraust? Jetzt auf einmal? Ernsthaft?“

    Axilla fragte sich, was die Praetorianer wohl mit seinem Kopf gemacht hatten, dass er so einen Unsinn auch nur eine Sekunde denken konnte. Vermutlich sehr feste drauf gehauen. “Weißt du, Silanus, wenn du ernsthaft meinst, dass du mir nicht mehr vertrauen kannst, warum auch immer, wie auch immer ich dieses Urteil verdient habe von dir, dann herzlichen Glückwunsch. Dann bist du auf der großen, weiten Welt nämlich endlich ganz allein. Weil dann kannst du niemandem trauen. Hoffentlich bist du damit dann glücklich.“ Axilla war es nicht. Axilla sah nur diesen zotteligen Kerl mit seinem schrecklichen Bart an und war zutiefst verletzt. Sie hatte für diese Familie so viel mehr aufgegeben als die meisten anderen Mitglieder, so viel mehr geopfert, wieder und wieder. Und dennoch nur Misstrauen dann zu ernten, das tat weh.

  • Da kam es wieder. Axillas Totschlagargument mit dem sie die Diskussion abzudrehen versuchte. Meistens gelang es ihr auch, aber Silanus wollte nicht nachgeben. Heute musste einmal Tacheles gesprochen werden.


    "Verdammt Axilla! Jetzt verdreh mir nicht schon wieder alle Worte im Mund. Natürlich vertraue ich dir! Das weißt du sehr gut. Ich würde dir mein Leben anvertrauen. Aber halte mir nicht bei jedem Streit vor, was du nicht alles für unsere Familie getan hast und was du dafür durchstehen musstest. Auch das weiß ich sehr gut und DU weißt auch, dass ich und alle anderen dir dafür auf Ewig dankbar sein werden. Aber du musst es mir nicht auch noch unter die Nase reiben. Das löst auch keine Probleme!"


    Vielleicht konnte er das ja damit ein für alle Mal klar stellen. Zumindest hoffte er das. Doch nun kam das eigentliche Thema dran, um das es hier eigentlich ging. Die Wut im Bauch wich mittlerweile auch eher einer Frustration und dem Gefühl nicht verstanden zu werden. Er meinte es doch nur gut und wurde hier nun als der Böse hingestellt.


    "Diese Sache mit Hiera hat damit auch gar nichts zu tun. Ich wollte nicht das du es weißt um dich zu schützen, um euch zu schützen! Was hat sie dir denn überhaupt gesagt bei den Göttern? Bitte sag nicht, dass sie dir alles erzählt hat."

  • “Wenn du es nicht bei jeder nächstbesten Gelegenheit immer vergessen würdest, müsste ich dich auch nicht andauernd daran erinnern!“ schnappte Axilla zurück. Grade eben noch unterstellte er ihr, sie würde wie eine dumme Gans alles Torquatus weitererzählen und Silanus' Karriere zerstören, und im nächsten Atemzug sagte er ihr, dass er ihr vertraute. Na, was denn nun? Wie sollte da ein normaler Mensch noch mitkommen, was er meinte, wenn er es nicht sagte?!


    “Inwiefern beschützt es mich, nicht zu wissen, dass du eine Amazone hier ins Haus schleppst?“ fragte Axilla ehrlich verwirrt zurück auf Silanus' Erklärung. Sie wollte ihm ja gerne glauben, dass er das nicht aus bösem Willen oder einer praetorianischen Paranoia getan hatte, aber er machte es ihr da nicht gerade leicht.
    Da er aber den Anschein erweckte, jetzt die Schuld bei Hiera zu suchen, erwachte bei Axilla eine seltsame Art von Mutterinstinkt. “Oh, lass das Mädchen in Ruhe, sie hat sich wirklich, wirklich bemüht, deine Lügerei zu decken. Und angesichts der Tatsache, dass sie schließlich unter Tränen mit der Wahrheit rausgerückt ist, hoffe ich, dass es die ganze Wahrheit war und da nicht noch mehr kommt. Aber falls doch, möchte ich dieses 'mehr' gerne von dir hören. Ernsthaft, Silanus, ich ertrage den Gedanken schon nicht, von dir angelogen zu werden.“ Das tat sie wirklich nicht. Sie war einmal in diesen Kerl verliebt gewesen, sogar sehr. Dass er sich so gewandelt haben sollte, dass er sie jetzt anlog, das tat gleich noch einmal mehr weh.
    “Sie hat mir erzählt, dass sie aus Themiskyra kommt und Varia kannte, aber nichts mit ihr zu tun hatte. Dass sie sterben sollte deswegen. Wobei ich da irgendwie die Verlautbarung des Kaisers mit einem so lautenden Befehl wohl verpasst haben muss.“ Und das wäre doch eigentlich nichts, was der Kaiser nicht weitergeben würde. Immerhin dürstete Rom nach Blut nach der Gewalt des Aufstandes, und wenn der Pöbel eines noch mehr liebte als irgendwelche Hinrichtungen in der Arena, dann war es das Versprechen auf mehr Blut und noch mehr Hinrichtungen. “Sie hat mir erzählt, dass sie mit dir gekämpft hat und du gewonnen hast und sie daher jetzt deine Sklavin ist. Und dass die Sache mit dem Gürtel irgendeine seltsame Art von religiösem Ritual für ihre Göttin war. Und wenn da nun noch etwas fehlt, dann wäre jetzt die perfekte Gelegenheit, das ganze zu ergänzen.“ Insbesondere wollte Axilla wirklich gerne wissen, warum Silanus sich für eine zum Tode verurteilte Amazone einsetzte.

  • Corinna war es, die Hiera nun durch das Haus zum Cubiculum führte und dabei versuchte beruhigend auf die Amazone einzureden. Immer wieder versicherte sie ihr, dass sie ganz bestimmt nichts zu befürchten hätte. Ja Corinna war die Nervosität der anderen Sklavin nicht entgangen. Auch wenn diese schwieg konnte man sich ausmalen, was ihr durch den Kopf ging. So zupfte Hiera nun auch nervös an der für sie so ungewohnte Tunika herum, während Corinna klopfte. „Dominus? Ich bringe deine Sklavin.“ Hiera bekam noch ein aufmunterndes Lächeln. Doch irgendwie konnte gerade niemand die junge Frau aufmuntern. Die war ganz in Gedanken versunken und machte sich bitterliche Vorwürfe. Sie hätte nichts sagen sollen, aber auf der anderen Seite hatte sie auch nicht Lügen wollen. Unsicher war sie und ihr „neues“ ungewohntes Aussehen trug nicht gerade zu ihrem Selbstbewusstsein bei, nein im Gegenteil es förderte ihre Unsicherheit sogar noch.

  • "Na wunderbar! Dann hat sie dir ja ohnehin schon alles erzählt."


    Frustriert und resignierend hob der Iunier erneut seine Arme. Nicht nur, dass Hiera überhaupt etwas gesagt hatte, erzählte sie Axilla gleich ihre halbe Lebensgeschichte. Zuvor war er noch vor Aufregung im Kreis gelaufen, doch nun ließ er sich aufgesetzt auf sein Bett fallen und dachte einen Moment lang nach. Ehe er antworten konnte, traf auch die Sklavin Corinna mit Hiera im Schlepptau ein. Eigentlich hätte es ihm gleich sein können vor den Sklaven mit Axilla zu streiten, doch aus irgendeinem Grund war es ihm dann doch unangenehm und er versuchte sich wieder ein wenig zu beruhigen, ehe er in einem weitaus angemessenen Ton weitersprach und die Sklavinnen vorerst ignorierte.


    "Du bist so klug Axilla und manchmal doch so naiv. Glaubst du denn wirklich das der Kaiser jede seiner Entscheidungen mit dir oder der Öffentlichkeit teilt? Er trifft oft hunderte Entscheidungen am Tag und nicht jede davon ist für das Volk bestimmt. Vor allem wenn es mit den Prätorianern oder der Staatssicherheit zusammenhängt. Und auch die beiden Präfekten können weitreichende Entscheidungen treffen, wenn es dem Wohle Roms dient.


    Ich wollte dich nicht anlügen, aber wenn du nun schon alles weißt, dann sollte dir auch klar sein, dass ich einiges auf mich nehmen und riskieren musste, um Hiera aus der Castra zu bekommen. Sie hat nichts verbrochen außer die zu sein die sie nun mal ist und möchte niemanden einzig und alleine wegen seiner Herkunft verurteilen. Aber es gibt einige Prätorianer, die das bestimmt anders sehen werden. Diese Sache ist also bestimmt noch nicht ausgestanden. Daher möchte ich, dass so wenig Leute wie möglich über sie bescheid wissen. Sie ist einfach meine neue Sklavin und Punkt. Und das wäre sie auch für dich gewesen, wenn du es einfach gut sein hättest lassen. Aber nein, du musst ja wieder neugierig sein und die große Matrone unseres Hauses spielen. Manchmal ist Wissen auch gefährlich. Aber was erzählt ich dir da, du weißt das sehr gut selbst. Und wem bringt es nun was, dass du es weißt, außer dass ich mir nun auch noch darum sorgen machen muss, dass du als Mitwisserin unter verdacht kommst, wenn meine Vorgesetzten doch der Ansicht sind, dass mein Verhalten falsch war?"


    Silanus seufzte tief und sah dann kurz zu Hiera, die nun wirklich nichts dafür konnte, aber hier sehr wohl die durchaus begründeten Bedenken ihres neuen Herrns mitbekam. Wenn der Trecenarius davon Wind bekam, dass die Amazone nicht getötet sondern aus der Castra verschwunden war, dann konnte es durchaus Stunk geben, wenn sich der Tiberier nicht sogar einbildete Jagd auf die Amazone machen zu müssen. Und das letzte was Silanus brauchte, war dass seine Großcousine dabei als Mitwisserin ins Kreuzfeuer kam. Axilla war zwar verdammt schlau - und immer noch verdammt schön wie sie hier anmutig vor ihm stand und ihm mit ihren entwaffnenden Augen anfunkelte - aber gerade das und ihre unbändige Neugierde bereitete Silanus sorgen. Wie sollte das erst gut gehen, wenn er es tatsächlich mit der Hilfe der Kaiserin schaffte und Praefectus Praetorio werden würde? Dann hatte er es mit noch mehr Geheimniskrämerei zu tun, die er unter Umständen auch mit nach Hause schleppen musste. Er sah wieder zu seiner Großcousine und seine Stimme wurde erneut ruhiger und sachlicher.


    "Rom ist immer noch eine Schlangengrube und ich sitze als Prätorianer nun wieder mitten drinnen."

  • Er hielt sie für naiv? Axilla legte den Kopf leicht schief und sah sich Silanus genau an, wie er da wie ein Häuflein Elend dasaß und versuchte, ein Problem zu lösen, das eigentlich gar nicht existierte. Corinna kam mit Hiera herein, und Axilla sah sie sich einen Augenblick länger an, ohne jedoch etwas zu kommentieren. Jetzt, wo der ganze Dreck und Filz einmal herunter war, sah das Mädchen richtig hübsch und nett aus. Groß, schlank wie ein Speer, Axilla hätte fast eifersüchtig werden mögen. Wenn Silanus sich viel mit seiner neuen Sklavin allein aufhalten würde, würde sie das vielleicht noch werden.


    Aber jetzt musste sie sich erst einmal um den Knoten in Silanus' Gedanken kümmern. “Ich bin weit weniger naiv, als du denkst, Silanus. Ich fände es nur reichlich dumm vom Kaiser, so etwas seinem Volk vorzuenthalten, wo es so sehr nach Rache dürstet.“ Axilla ging zu Silanus hinüber und setzte sich neben ihn. “Und für einen Praetorianerpraefecten wäre es sehr gefährlich, so eine Entscheidung allein zu treffen, ohne den Kaiser zu fragen. Nicht erst ein Praefectus hat wegen Entscheidungen, die zu sehr in die Machtsphäre eines Kaisers eingegriffen haben, ihren Kopf verloren. Und die momentanen Praefecten haben nicht genug Rückhalt im Senat oder im Volk, um so etwas auch gegen den Kaiser durchsetzen zu können, und es zu überleben.“ Axilla zwinkerte Silanus zu. Sie verstand Politik sehr wohl, und wohl auch recht gut. Sie wusste nur nicht, welcher Mann mit dieser Entscheidung ein eigenwilliges Spiel trieb und hoffte, dass Silanus am Ende auf der richtigen Seite herauskam.


    Ungefragt rückte sie näher an Silanus, schlang einen Arm um seine Hüfte und kuschelte sich in einer Geste der Vertrautheit an ihn. “Es ist dir schwer gefallen, sie zu töten, weil du ein guter Mensch bist. Und das ist nichts schlechtes, Silanus. In diesen guten Menschen habe ich mich einmal verliebt, und es wäre sehr traurig, wenn dieser Mensch vom Praetorianer Iunius Silanus getötet würde.


    Du musst dir um mich keine Sorgen machen. Das hier ist bei weitem nicht das schlimmste, was unsere Familie durchstehen musste. Und je besser ich die Wahrheit kenne, umso besser kann ich mich auf die Gefahren vorbereiten. Und mal ehrlich, schau sie dir doch jetzt mal an.“ Axilla drehte leicht den Kopf, um Hiera noch einmal ansehen zu können. Ja, sie sah wirklich anders aus als zuvor. “Wer würde sie denn jetzt noch erkennen?“

  • Ein eigenartiges Gefühl der Geborgenheit breitete sich in Silanus aus, als Axilla sich neben ihn gesetzt und ihren Arm um ihn geschlungen hatte. Es war schon lange her, dass er sich jemanden so Nahe und auch gleichzeit so behütet gefühlt hatte. Nie hätte er es zugegeben, dass ihm, einen erwachsenen Mann und Offizier bei den Prätorianern, diese Nestwärme und Zuwendung schon sehr gefehlt hatte. Doch hier ließ er nun für einen Moment los und legte seinen Kopf behutsam und sanft auf den von Axilla ab. Das die Sklavinnen hier waren, war ihm in diesem Moment egal und auch das seine Großcousine ihr kleine Geheimnis ziemlich unbedacht ausplauderte störte ihm in diesem Moment nicht. Auch er wusste sich bisher keinen Reim auf alles zu machen, dass in den letzten Wochen seit seiner Ernennung zum Gardetribun auf ihn an Informationen eingeprasselt war. Wobei auch gerade der Trecenarius bewusst viele Informationen vor dem Initiationsritus vor ihm zurück gehalten hatte. Und nun lag eben jener auf irgendeinem Landgut in der Nähe Roms im Sterben und Silanus konnte wieder nicht auf dessen geheimes Wissen zugreifen. Er seufzte noch einmal tief und warf einen kurzen Blick zu Hiera, die wirklich vollkommen verändert aussah. Erst jetzt wo er sie richtig wahr nahm und sie kurz musterte wurde ihm bewusst, welch schönes junges Mädchen sich unter dieser Rüstung versteckt hatte. Auch hier hatte seine Cousine einmal mehr recht. So würde sie gewiss keiner Erkennen. Jetzt musste nur noch der Iulier still halten. Vielleicht war es wirklich richtiger Axilla in seine Pläne und Geheimnisse einzuweihen. Zumindest in jene, die direkt die Familie oder ihr Umfeld betrafen. Daher sollte Axilla auch wissen, da sie eben gerade noch über die Köpfe andere Präfekten gesprochen hatte, wie es mit Silanus Karriereplänen aussah. Seinen Kopf ließ er dabei nach wie vor wo er war.


    "Wo wir gerade ehrlich zu einander sind und du Köpfe erwähnt hast... Ich habe mich vor kurzem mehr oder minder der Kaiserin verpflichtet und sie hat mir im Gegenzug versprochen dafür zu sorgen, dass ich der nächste Praefectus Praetorio werde."


    Sim-Off:

    Danke an den aufmerksamen Mod/SL ;)

  • Endlich entspannte Silanus sich ein wenig. Axilla drückte ihn kurz einmal etwas fester, um ihm zu zeigen, dass sie das kuscheln durchaus als sehr angenehm empfand. Ein kleines Zeichen noch an Corinna, dass sie gehen konnte, und die ältere Sklavin schlich davon. Zwar war sich Axilla sicher, dass alle iunischen Geheimnisse bei den Sklaven des Hauses absolut sicher waren – immerhin hing auch deren Leben an diesen Geheimnissen – musste Corinna ja jetzt nicht alles mitbekommen. Am liebsten hätte Axilla auch Hiera wieder weggeschickt, aber Silanus hatte gewollt, dass sie herkam, also war es an ihm, sie wegzuschicken.


    In dieser entspannten Dreisamkeit kam Silanus auch endlich ins Reden. Die Kaiserin wollte, dass er Praefectus Praetorio wurde? “Oh, das ist ja wundervoll! Das hast du dir nach der ganzen Zeit auch verdient. Wäre deine Krankheit nicht dazwischen gekommen, wärst du auf dem Posten schon seit Jahren“ strahlte Axilla ihren Vetter an, wenngleich sie sich da auch ein wenig Sorgen machte. Axilla löste etwas ihre kuschelige Umarmung, um Silanus besser ansehen zu können und seine Hände zu ergreifen.
    “Aber wenn sie dich wirklich zum Praefectus Praetorio macht, musst du mir etwas versprechen. Friss deine Geheimnisse nicht in dich hinein und denke nicht, dass du durch das alles allein durch musst. Egal, was es ist, egal, wie schlimm und gefährlich es ist, ganz gleichgültig. Du hast immer eine Familie, auf die du dich verlassen kannst. Du kannst dich immer auf mich verlassen. Das darfst du nie vergessen. Versprichst du mir das?“

  • In der Tat hätte Silanus wohl ohne seiner krankheitsbedingten Pause bereits die höchste Stufe seiner Militia Equestris erreicht. Doch nun war es offensichtlich endlich soweit und Axilla freute sich ebenso darüber, wie auch der Iunier selbst. Als sie ihre Umarmung wieder löste, verflog auch das Gefühl der Geborgenheit recht rasch wieder. Doch als sie seine Hände nahm und ihm sagte, dass er nicht alleine war und sie immer für ihn da sein wollte, flammte auch eine innere Wärme und das starke Gefühl der Vertrautheit wieder auf, das er für Axilla schon früher empfunden hatte.


    "Ich danke dir Axilla. Und natürlich verspreche ich es dir. Es tut gut wieder jemanden an seiner Seite zu haben, der einen den Kopf manchmal wieder zurechtrückt."


    Er drückte kurz ihre Hand ein wenig stärker und beugte sich dann vor, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben, der seine Zuneigung und Dankbarkeit zum Ausdruck brachte.

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