[Tabularium] Die Bibliothek

  • Im Haus war es ungewohnt ruhig und Livianus zog sich in die Bibliothek zurück. Die Sklaven hatten einige Kohlenschalen aufgestellt und der Raum war angenehm warm. Auf einen kleinen Beistelltisch stand eine Schale heißen Tee bereit und Livianus ließ sich auf einer der Kline nieder. Gleich darauf betrat einer der Sklaven den Raum und brachte einige Schriftrollen, die er dem Legaten übergab. Livianus nickte dankend.


    „Miriam soll kommen.“


    Der Sklave verneigte sich knapp und verschwand wieder, um die ihm aufgetragene Aufgabe zu erfüllen.

  • Langsam betrat sie die Bibiliothek und ihr fiel auf, dass sie diese zuvor noch nie betreten hatte. In Germanien war sie wenigstens in allen Räumen einmal gewesen, aber hier schien alles so anders zu sein, auch wenn es doch gleich aussah. Die Bauweise der Gebäude schienen alle immer in den gleichen Stil zu gehen, als hätten sie keine Architekten die einmal etwas anderes entwerfen konnten. Ein seltsamer Gedanke darüber nachzudenken.


    Miriam erblickte ihn auf einen der Klinen und trat näher. Sie war sich nicht sicher wie er im Moment drauf war und wie es ihm eigentlich ging. Sie erinnerte sich an die Zeit in Germanien was dort alles geschehen war und die vielen Veränderungen die er eigentlich durchgemacht hatte. Und sie hatte das Gefühl, dass er sich schon wieder verändert hatte.


    Du hast mich rufen lassen?

  • Livianus sah auch und legte die Schriftrollen zur Seite, als er Miriam hörte. Er sah auf und zeigte zugleich auf eine freie Kline neben sich, auch wenn es nicht üblich war, dass Frauen - geschweige denn Sklaven - auf einer Kline Platz nahmen.


    „Bitte setzt dich zu mir. Ich möchte etwas mit dir besprechen.“

  • Miriam zögerte wegen dieser Geste und seiner Bitte sich zu setzen. Sie hatte noch nie auf einer Kline gesessen und blinzelte einen Moment lang, kam seinen Wunsch dann aber nach und setzte sich an den Rand der Kline die neben ihm stand.
    Ihre Hände legte sie in ihren Schoß und sie wirkte auf einmal noch viel kleiner und zerbrechlicher als sie war. Ein seltsames Gefühl beschlich sie und sie sah Livianus auch dementsprechend unsicher und etwas verängstigt an. Was möchtest du mit mir bereden, Herr?

  • Er wartete ab, bis Miriam sich gesetzt hatte und sprach dann mit ruhiger Stimme weiter.


    „Es ist eine etwas ungewöhnliche Frage, die ein Herr seiner Sklavin normalerweise nicht stellt, aber dennoch interessiert es mich und ich hoffe, dass du mir auch ehrlich antwortest. Was würdest du mit deinem Leben anfangen, wenn du morgen keine Sklavin mehr wärst?“

  • Auf einmal war da wieder dieser Abgrund, der sich in letzter Zeit immer häufiger unter ihren Füßen auftun wollte und auch jetzt wo sie saß spürte sie seine Anziehungskraft ziemlich und ihre Hände griffen fest ineinander, als würde sie sich so halten können.
    Es war eine sehr ungewöhnliche Frage und sie wusste nicht recht was sie antworten sollte. Irgendwie wünschte sie sich wieder nach Hispania zrück wo sie noch auf der Flucht gewesen war und alles anders war. Sie selber war zu dieser Zeit auch anders gewesen und nun hatte sie sich verändert, ob zum positiven oder negativen konnte sie selber nicht sagen. Immer noch fühlte sie sich schuldig und die Schuld lastete schwer auf ihren Schultern.


    Ich kann diese Frage nicht beantworten Herr. Ich denke ich hätte Angst davor. Ich habe niemanden mehr, weder Familie noch Freunde noch einen Ort wohin ich möchte.


    Nein eigentlich war das gelogen. Da war Cato, aber ihm konnte sie nicht vor die Augen treten. Sie hatte ihr Leben von Tag zu Tag komplizierte gemacht und saß nun in diesem Strudel fest.

  • „Die Freiheit zu erlangen, heißt nicht alles zurück zu lassen und auf sich allein gestellt zu sein. Der ehemalige Sklave ist weiterhin Klient seines früheren Herren und kann immer noch für ihn arbeiten. Nur eben unter anderen Bedingungen. Würde dir das nicht gefallen?“

  • In diesen Dingen hatte sie keine Ahnung. Man hatte ihr nie gesagt wie es sein würde wenn man freigelassen wird, denn anscheinend hatte man eher damit gerechnet, dass sie eines Tages am Kreuz landen würde, als etwas anderes. Doch es würde mir gefallen. Nur ich verstehe nicht warum du mir diese Frage stellst.
    Natürlich hatte sie mittlerweile eine Ahnung, aber diese war so absurd, dass sie diese schon wieder verworfen hatte noch bevor der Gedanke zu ende gedacht war.

  • Livianus seufzte leise.


    „Nun ich habe mir gedacht, dass es vielleicht an der Zeit wäre dir die Freiheit zu schenken. Es bleibt dir natürlich überlassen welchen Weg du danach einschlagen möchtest, aber es würde mich sehr freuen, wenn du als meine Angestellte hier bleibst. Du würdest in Zukunft für deine Arbeit entlohnt werden.“


    Es gab dazu zwar noch mehr zu sagen, doch er wollte sie nicht überfordern, da dieses Angebot ohnehin schon aufregend genug sein musste, für einen Menschen, der sein bisheriges Leben ständig als Eigentum betrachtet wurde.

  • Nun hob sie ihren Kopf wieder an und sah ihm in die Augen. Sie musste sich verhört haben, das war nicht sein Ernst. Nach allem was war? Man konnte hören wie sie die Luft anhielt und nach einer Weile wieder ausatmtete. Das war viel, eigentlich zu viel in den ganzen letzten Tagen und Wochen und sie wusste nicht wie sie damit jetzt umgehen sollte. Wenn sie wenigstens sagen könnte, dass sie es verdient hatte, aber in ihren Augen hatte sie vieles verdient aber sich er nicht das, oder doch?


    Mit die Freiheit schenken? Ihre Frage kam so unglübig rüber wie sie es sich auch dachte. Wieder machte sie eine Pause und versuchte sich das alles klar zu machen ,denn es war schwer, sehr schwer für die junge Sklavin damit umzugehen.


    Miriam bekam feuchte Augen, aber auch ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Ein Audruck der schon lange nicht mehr dagewesen war. Ich würde auch nicht gehen wollen und hier bleiben sagte sie leise und wischte sich in einer schnellen Bewegung eine Träne weg.

  • Livianus nickte zufrieden.


    „Gut Miriam! Dann wird es so geschehen, wie ich es eben gesagt habe. Ich werde Morgen das notwendige Schreiben aufsetzen, dass dir deine Freiheit schenkt. Für heute machst du am besten Schluss und ziehst dich zurück. Ich denke das war alles ein wenig viel für dich. Morgen Vormittag reden wir dann weiter.“

  • Sicher würde sie morgen aufwachen und feststellen, dass das alles nur ein Traum war, doch er war viel zu wirklich für einen Traum. Ihr Blick ihm gegenüber war immer noch tränenverhangen und sie hielt sich ziemlich zurück vor ihm nicht total in Tränen auszubrechen. Miriam nickte und stand auf, aber vor seiner Kline blieb sie stehen und sah ihn an. Wie kann ich dir je dafür danken Herr? Ich meine nach allem was war.

  • „In dem du nicht mehr über die Vergangenheit, sonder nur noch deine Zukunft sprichst.“


    Livianus wirkte Müde und erschöpft. Für ihn war das Gespräch damit beendet und er nahm wieder die Schriftrollen auf, die er zuvor zur Seite gelegt hatte. Sein Blick blieb jedoch weiterhin auf Miriam, die wie angewurzelt vor ihm stand und offenbar tief gerührt war.

  • Ja Herr sagte sie immer noch mit einem Hauch Unglauben in ihrer Stimme. Eigentlich wollte sie nicht alleine sein, aber ihr Herr hatte sie ja schon weggeschickt und so blickte sie ihn noch einmal an um sich dann langsam umzudrehen und in Richtung Tür zu laufen. Sie ging langsam und ihr Kopf war voller Gedanken und sie bekam langsam das Gefühl, dass er deswegen irgendwann platzen müsste. Frei sein, wie sehr hatte sie dafür immer gekämpft, schon damals in Hispanien und nun war es soweit und es war ein seltsames Gefühl.

  • Nach seiner Rückkehr aus Rom hatte Livianus noch spät am Abend nach Miriam und Silanus schicken lassen, die sich zum Glück beide im Haus befanden. Er hatte zwar bereits gehört, dass sein Gesuch beim Kaiser, Silanus in den Ritterstand zu erheben und ihm bei einer Einheit unter zu bringen, erfolg gehabt hatte, aber Silanus war gerade in Mantua, um seine restlichen Sachen mitzunehmen. Es war notwendig die weiteren Schritte zu klären und mit ihnen über die kommenden Ereignisse zu reden. Langsam ließ er sich auf einer der bequemen Klienen nieder und wartete auf das Eintreffen der beiden.

  • Silanus war in seinem Zimmer gewesen und hatte alles für seine Abreise nach Rom gepackt, als ihn ein Sklave von der Ankunft des Senators informierte. Zweifelsohne musste etwas Wichtiges zu Berichten geben, wenn dieser direkt nach seinem Eintreffen nach ihm rufen ließ, ohne sich vorher auszuruhen oder frisch zu machen. Der Iunier ließ natürlich sofort alles liegen und stehen und betrat kurze Zeit später das Tabularium.


    "Salve Senator Livianus! Du hast nach mir geschickt?"

  • Man hatte nach ihr geschickt und sofort hatte sich ein ungutes Gefühl in sie geschlichen. Etwas sagte ihr, dass was kommen würde was sie nicht wollte. Sie fühlte sich in den letzten Tagen eh ein wenig komisch und sie konnte ihren Zustand einfach nicht beschreiben. Bis das Kind kam war noch ein wenig Zeit soviel stand fest.
    Sie kam nur kurz nach Silanus an, und alleine, dass er auch anwesend war ließ ihr Gefühl nur noch schlimmer werden anstatt besser. Ich sollte kommen? fragte sie als sie zu den beiden Männern trat.

  • Silanus war der Erste, der in der Bibliothek eintraf und Livianus erhob sich wieder von seiner bequemen Position, um seinen Klienten zu begrüßen.


    „Salve Silanus! Ich habe bereits davon gehört, dass der Kaiser meinem Vorschlag zugestimmt hat und dich zum Tribunus Vigilum ernannt hat. Meine Gratulation. Natürlich ist damit auch deine Anstellung als mein Scriba Personlis hinfällig geworden und ich möchte mich bei dir für alles Bedanken und dir viel Glück und Erfolg auf deinen zukünftigen Wegen wünschen.“


    In diesem Moment trat Miriam ein und Livianus unterbrach das Gespräch um auch sie zu begrüßen.


    „Miriam! Ich hoffe es geht dir gut? Komm nur zu uns. Ich habe etwas wichtiges mit euch zu besprechen.“


    Er deutete auf die Klinen und ging dann wieder zurück zu seiner eigenen, um es sich darauf gemütlich zu machen. Nachdem die drei unter sich waren, konnte auch Miriam ausnahmsweise auf einer der Klinen Platz nehmen.

  • Salve! Unsicher blickte sie die beiden Männer an und folgte dann Livianus Einladung sich wieder auf einer der Klinen zu legen. Das liegen tat ihr in letzter Zeit auch besser als das Sitzen. Es geht mir gut, danke. Miriam wurde einfach da ungute Gefühl nicht los, dass etwas kam was lieber nicht kommen sollte und als sie sich gelegt hatte wartete sie nur darauf, dass etwas gesagt wurde.

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