Pünktlich erreichte ich in die toga praetexta gehüllt den Tempel des Volturnus in der Nähe des Tiber. Die kleine Prozession war mit Musik und Weihrauchstäbchen vom Mons Quirinal aufgebrochen, um zu Ehren des Volturnus zu opfern. Sie erreichte den Tempelvorplatz, auf dem sich auch die Opferung ausdehnen würde zeitig genug um der Sonne zuzusehen, wie sie ihre Strahlen über den Esquilin hob und jene in der Ferne liegenden pompösen Villen im Dunst der Stadt erleuchtete. Doch ich war hier um meinen religiösen Verpflichtungen und Freuden nach zu gehen. So hatte ich nicht viele Opferhelfer bestellt. Sondern wollte jene Opferung zu Ehren des Volturnus selbst mit jedweder Hingabe durchführen.
Der Tempel gehörte eher zu den Kleineren in Rom. Fiel aber vorallem durch seine mamorösen Säulen auf und den reich verzierten Eingangsbereich. Meine Augen schweifen umher und sogen die frische Luft am Fluss ein. Dann hob ich das vor mir abgestellte Weihrauchdöschen auf und zündete es an. Sie hing an einer langen Kette, sodas die Schwaden bereits sich verteilten, bevor sie meine Nase erklommen hatten.
Mit einem Becher Wein in der anderen Hand begab ich mich zum Fuße des Tempels und murmelte einige Liebkostungen vor mich hin.
Furius Magnus, einer der Priester des Tempels bestellte derweil das Voropfer mit frisch duftenden Opferkuchen, einigen Tellerchen Keksen und einer Schale voll Blumenblüten. Mein Arm hindes verteilte das Weihrauch auf dem Opferplatz. Meine Lippen sangen das Lied des Volturnus. In dessen Silben auch die anderen Priester und Opferhelfer einstimmten.
Wieder folgte reges Gemurmel und ich erreichte den Opferstein am Tempelaltar.
"Volturnus, oh Volturnus großer Gott des Wassers, Beschützer der Brunnen und des Tibers. Vater von Juturna wir ehren dich."
Ein Klagelied wurde angestimmt um die Wichtigkeit Volturnus hervor zu heben. Wieder sangen alle Anwesenden lauthals und mit reiner Stimme. Nach der Beendigung eben jenes führte ich meine Hand nach Oben, reckte den Wienbecher empor.
"Volturnus, oh Volturnus der Wein ist deine göttliche Gabe, wir danken dir dafür und ehren dich mit dem Saft der Trauben."
Dabei schüttete ich aus niedriger Höhe den kleinen Teil des Becherinhaltes über den Weihestein und gab Volturnus so ein Trinkopfer dar. Danach führte ich ihn zum Mund und nahm einen winzigen Schluck. Jener Becher wurde von den Priestern und Opferhelfern mit einem kleinen Schluck für jedermann durchgereicht.
Einer jener Diener entzündete die Kerzen am Fuße, dem Sockel und dem Tisch des Altars und setze dem Tischchen vor dem Opferstein die Voropfergaben auf. Den Weihrauch stellte ich dünselnd daneben.
Wieder wurde gemurmelt und ein weiteres Lied zu Ehren Volturnus machte die Runde. In dessen Aura führte man einen schwarzen Bock an den Altar. Das Fell war geradlinig und sauber. Die hostiam probare wurde von mir selbst am Vortag mit besten Wissen und Gewissen ausgeführt, der Bock von einem vertrauenswürdigen Diener bis zum jetzigen Opferzeitpunkt bewacht. Ich wollte heute keine Überraschungen erleben, so wie einst bei meinem ersten öffentlichen Opfer.
Dann hob man das Tier auf den Altar mit fachmännischen Griffen band man es am Altartisch fest und ließ auch nicht zu, das es seinen Willen bekam auszubücksen.
Zu meiner Linken erschien Furius Magnus. Mit beiden Händen hielt er ein seidenes Kissen in purpurner Farbe. Aus dessen Mitte zog ich das Opfermesser und führte es im Lichte der Gesänge durch die Luft. Als auch die letzten Zuschauerreihen den Stand der Dinge mitbekommen hatten, verstummte abruppt der Gesang und meine rechte Hand führte das Messer über die Rückenhaare des schwarzen Bocks.
"Volturnus, oh Volturnus wir verehren dich und bringen dir heute diesen Bock als Opfer dar. Möge sein Herzen reiner sein als das Wasser, seien seine Leber, Milz und Lende saftig und gesund. Dann sei auch dieses Opfer dir zu Ehren gerecht und tugendhaft
Volturnus, oh Volturnus ich führe zu deiner Ehre das Messer und warte auf dein Zeichen. Möge es anerkennend sein, so die edlen Teile des Tieres deine Zustimmung erlangen."
Dabei fuhr meine Hand von der Halsschlagader abwärts ein. Diesmal hatte ich mich günstiger gestellt und blieb sauber, während sowohl der Altar, als auch der Opferplatz in tiefes Rot getaucht wurde. Wieder wurden kleine Amphoren gefüllt, die ich diesmal auch etwas größer und angemessener wählte. Mit geschickten Händen trennte ich das Fleisch vom Herzen, den Nieren, der Lunge, dem Hirn, die Milz und den anderen Innereien, die zu Ehren des Gottes auf einer Opferschale angerichtet wurden. Mein Blick war angestrengt und nervös, aber nachdem ich auch das letzte Organ, den Hoden abgetrennt hatte, konnte mein Mund verkünden:
"Litatio!"
Ich reinigte meine Hände vom Blut und wischte sie mit einem fein gewebten Schafwolltuch rein. Dann ließ ich erneut Gesänge anstimmen, die den Tag des Gottes Volturnus zu einem Fest ausbreiten sollten und würden. Im Mantel der Laute wurde ihm das Mahl dargebracht und jene Statue des Volturnus neben den Opferaltar gestellt. Dann brannten die Innereien in jener Opferschale und die Gesänge wurden lauter, bis sie verstummten und Volturnus Ruhe zum Speise gaben. Als man davon ausgehen konnte, das das göttliche Mahl beendet war, ließ ich jene Fleischberge des Bockes in kleinere Portionen schneiden und gab mit einigen aufmunternden Worten jenen vom Getier, die sich in einer langen Schlange bis zum Opferplatz gereiht hatten.